TRGS 420 - TR Gefahrstoffe 420

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Abschnitt 4 TRGS 420 - Aufstellung verfahrens- und stoffspezifischer Kriterien

4.1 Allgemeines

(1) Grundlage für die Aufstellung von VSK ist das Vorliegen einer repräsentativen Beschreibung von Tätigkeiten und Schutzmaßnahmen nach dem Stand der Technik und Daten zur Höhe der inhalativen Exposition gemäß Nummer 4.2.

(2) Methoden zur Wirksamkeitsüberprüfung sind in VSK festzulegen.

(3) Bei der Beschreibung der Tätigkeiten und Schutzmaßnahmen sind das Minimierungsgebot (§ 9 Abs. 1 GefStoffV) sowie die Verpflichtung zur Beachtung der Rangordnung der Schutzmaßnahmen (§ 7 Abs. 4 GefStoffV) zu beachten.

(4) Soweit relevant können zusätzlich Maßnahmen zur Vermeidung einer dermalen Gefährdung, von Brand- und Explosionsgefährdungen oder einer oralen Aufnahme beschrieben werden. Hierauf ist im Anwendungsbereich der VSK hinzuweisen.

4.2 Anforderungen zur inhalativen Exposition

4.2.1 Aufstellung von VSK auf der Grundlage von Arbeitsplatzmessungen

(1) Voraussetzungen sind

  1. 1.

    das Vorliegen eines validierten Messverfahrens und

  2. 2.

    eine ausreichende Zahl repräsentativer Arbeitsplatzmessungen für diese Arbeitsverfahren/Tätigkeiten.

(2) Es sind Messergebnisse zugrunde zu legen, die in Arbeitsbereichen nach dem Stand der Technik unter normaler Auslastung hinsichtlich der Arbeits- und Produktionsbedingungen während unterschiedlicher Schichten sowie unter Berücksichtigung jahreszeitlicher Einflüsse gewonnen wurden. Dabei sollen auch ungünstige Bedingungen berücksichtigt werden, z. B. An- und Abfahrvorgänge, Reparatur-, Wartungs- und Reinigungsarbeiten oder hohe Auslastung. Insbesondere sind auch Expositionsspitzen und Stoffgemische zu berücksichtigen.

(3) Messberichte über durchgeführte Arbeitsplatzmessungen sollen den Anforderungen der Anlage 1 der TRGS 402 genügen. Hierbei ist besonders auf genaue Angaben der Arbeits- und Produktionsbedingungen einschließlich der Anlagenkapazität und der Anlagenauslastung zu achten.

(4) Für die Anzahl der mindestens erforderlichen Messungen lässt sich keine allgemeingültige Regel aufstellen; sie muss vielmehr im Einzelfall in Abhängigkeit von der Validität und der Höhe der Messergebnisse, von deren Streuung und von den besonderen technischen Gegebenheiten am Arbeitsplatz festgelegt werden. Für die Befunderhebung wird das 95-Percentil der Messwerteverteilung herangezogen.

(5) Es wird empfohlen mindestens 24 repräsentative Arbeitsplatzmessungen aus möglichst vielen Betrieben mit je drei Schichtmittelwerten zur Aufstellung von VSK heranzuziehen. Eine geringere Anzahl von Messergebnissen kann auch ausreichend sein, wenn niedrige Bewertungsindices mit geringer Streuung der Einzelwerte vorliegen oder wenn sich die Arbeitsbedingungen langfristig wenig ändern. So reichen zum Beispiel 12 Arbeitsbereichsanalysen aus verschiedenen Betrieben mit je drei Schichtmittelwerten aus, wenn alle Messergebnisse ≤ 1/2 • AGW sind.

(6) Gegebenenfalls ist unter ergänzender Anwendung anderer geeigneter Ermittlungsmethoden nach Nummer 4.2.2 ein geringerer Messaufwand ausreichend.

(7) Wurden Schichtmittelwerte aufgrund einer verkürzten Exposition erhalten, so sind neben den Messergebnissen auch die auf die Expositionsdauer bezogenen Messwerte anzugeben. Ggf. ist anzugeben, wieweit eine verkürzte Exposition typisch für das Arbeitsverfahren ist. Es müssen ausreichende Informationen über die Einhaltung der Kurzzeitwertbedingungen vorliegen. Bei Schwankungen der Expositionsverhältnisse ist das Ergebnis durch Kurzzeitmessungen ausreichend abzusichern.

4.2.2 Aufstellung von VSK ohne Arbeitsplatzmessungen

Abhängig vom jeweiligen Einzelfall kommen als geeignete Ermittlungsmethoden in Betracht:

  1. 1.

    Berechnungen der Exposition unter Verwendung zuverlässiger Modelle,

  2. 2.

    Informationen zu Verfahren, die im Vergleich zu bisherigen bzw. anderen Verfahren zu einer Minimierung der Gefährdung führen,

  3. 3.

    Informationen zu Verfahren, die im Vergleich mit anderen Verfahren anerkannterweise einen hohen Sicherheitsgrad aufweisen,

  4. 4.

    Untersuchungen in der Praxis oder an Prüfständen (Modelluntersuchungen), insbesondere zur Ermittlung von Verfahren mit geringerer Gefährdung,

  5. 5.

    Ergebnisse zu Verfahren, die sich nach Meinung der zuständigen Fachkreise als bewährt und fortschrittlich herausgestellt haben.

Werden VSK ohne Arbeitsplatzmessungen aufgestellt, ist neben der Expositionsbeschreibung die Validität des eingesetzten Ermittlungsverfahrens zu belegen.

4.3 Anforderungen zu sonstigen Gefährdungen

(1) Bei der Aufstellung von VSK können neben der inhalativen Exposition zusätzlich berücksichtigt werden

  1. 1.

    die dermale Exposition bei hautresorptiven, hautgefährdenden oder hautsensibilisierenden Gefahrstoffen (s. TRGS 401 "Gefährdung durch Hautkontakt - Ermittlung, Beurteilung, Maßnahmen") sowie

  2. 2.

    weitere mögliche Aufnahmewege (z. B. orale Aufnahme) sowie

  3. 3.

    Brand- und Explosionsgefährdungen.

(2) Werden im VSK die Brand- und Explosionsgefährdungen berücksichtigt, sind insbesondere die erforderlichen Informationen gemäß § 6 Absatz 4 GefStoffV zu beurteilen und die Maßnahmen zur Erfüllung der Anforderungen des § 11 GefStoffV unter Berücksichtigung der verfahrens- und stoffspezifischen Bedingungen zu beschreiben.

4.4 Weitere Anforderungen

VSK werden vom AGS mindestens alle fünf Jahre auf Aktualität überprüft und an den Stand der Technik angepasst.

4.5 Gestaltung verfahrens- und stoffspezifischer Kriterien

4.5.1 Festlegung des Anwendungsbereichs

In VSK sind alle zu ihrer Anwendung notwendigen Informationen aufzunehmen. Sie sollen nach Möglichkeit auf eine breite Anwendbarkeit abgestellt und für den Anwender verständlich und praktikabel sein. Aus der Beschreibung des Anwendungsbereiches muss hervorgehen, für welche Verfahren und Gefahrstoffe, für welche Belastungssituationen und unter welchen betrieblichen Bedingungen die VSK anwendbar sind. Hierbei muss eine klare Abgrenzung zu Verfahren und Gefahrstoffen erkennbar sein, die nicht unter die VSK fallen.

4.5.2 Verfahrensspezifische Bedingungen

Im Text müssen die Verfahren, für die die VSK anwendbar sind, ausreichend genau beschrieben und die technischen Schutzmaßnahmen, wie z. B. Maßnahmen gegen Emissionen, Absaugungen und ihre Erfassungseinrichtungen sowie Lüftungseinrichtungen und ihre Luftführung festgelegt und detailliert beschrieben sein.

4.5.3 Stoffspezifische Bedingungen

In VSK muss eindeutig festgelegt sein, für welche Stoffe, Stoffgruppen, Gemische oder Erzeugnisse sowie für welche Einsatzmengen sie gelten sollen.

4.5.4 Beurteilungskriterien

In VSK sind immer anzugeben:

  1. 1.

    die Höhe der erreichbaren Exposition,

  2. 2.

    der Beurteilungsmaßstab (AGW, Beurteilungsmaßstäbe für krebserzeugende Gefahrstoffe, die nach § 20 Absatz 4 in der TRGS 910 bekannt gegeben worden sind, sowie andere Beurteilungsmaßstäbe gemäß Nummer 5.4.2 der TRGS 402 mit Angabe der Herkunft und Begründung, weshalb diese zur Beurteilung herangezogen werden).

4.5.5 Anwendungshinweise

(1) VSK müssen Anwendungshinweise für den Arbeitgeber enthalten. Dazu zählt, dass der Arbeitgeber bei Anwendung der Kriterien

  1. 1.

    jährlich überprüfen muss, ob die Kriterien unverändert gültig sind,

  2. 2.

    jährlich überprüfen muss, ob in seinen Arbeitsbereichen unverändert die betrieblichen Voraussetzungen zur Anwendung der Kriterien gegeben sind,

  3. 3.

    seine betrieblichen Ermittlungsergebnisse dokumentieren muss,

  4. 4.

    in vorgegebenen Intervallen Funktionsprüfungen an den Schutzeinrichtungen vorzunehmen hat. Die Art der Prüfungen ist anzugeben.

(2) VSK sollen außerdem die weiter bestehenden Arbeitgeberpflichten gemäß GefStoffV benennen.

4.5.6 VSK - Gliederung

Der Text für VSK orientiert sich an folgender Gliederung:

  1. 1.

    Anwendungsbereich

  2. 2.

    Informationsermittlung und Gefährdungsbeurteilung

  3. 3.

    Schutzmaßnahmen

  4. 4.

    Parameter für Wirksamkeitsüberprüfung

  5. 5.

    Messdaten, Berechnungsmodelle (als Anlage, ggf. auf einer Datenbank hinterlegt).