BGHM-I 108 - Be- und Entladen von Fahrzeugen

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Abschnitt 5.1 - 5 Grundlagen der Be- und Entladung von Fahrzeugen, Fahrzeugaufbauten
5.1 Anforderungen an Fahrzeugaufbauten

Grundsätzliche Anforderungen

Die Richtlinienreihe VDI 2700 als anerkannte Regeln der Technik

Die Richtlinien VDI 2700 ff. sind bestimmt für Fahrzeugführende, Fahrzeughalterinnen und Fahrzeughalter sowie verladende Unternehmen. Sie gelten für Lastkraftwagen mit und ohne Anhänger, dabei beinhalten sie auch Sattelkraftfahrzeuge und Spezialfahrzeuge.

Für Transporter bis 7,5 t zGM wurde die Richtlinie VDI Blatt 16 erarbeitet. Dabei verweist diese Richtlinie auch immer wieder auf die DIN 75410 Teil 1 bzw. auf die DIN EN 12640 und DIN EN 12642. Die DIN EN 12642:2017-03 regelt ab März 2017 die Festigkeit für Aufbauten an Nutzfahrzeugen und Anhängern. Diese Europäische Norm gilt nicht für Kastenwagen gemäß ISO 27956.

Ebenso sind die internationalen Normen DIN ISO 27955 für Pkw, Pkw-Kombi und Mehrzweck-Pkw und DIN ISO 27956 für Kastenwagen mit einer zulässigen Gesamtmasse bis zu 7,5 t zu berücksichtigen. Darin werden international einheitliche Tests und Festigkeitsanforderungen für Fahrzeugaufbauten definiert. Sie fordern, dass je nach Ladegut ein geeignetes Fahrzeug mit einem entsprechenden Aufbau und gegebenenfalls zusätzlichen Ladungssicherungseinrichtungen einzusetzen ist.

Ein geeignetes Fahrzeug ist die Grundlage eines sicheren Transports

Das bedeutet in der Praxis, dass Fahrzeuge und Ladegut aufeinander abgestimmt sein müssen. Entscheiden die Verantwortlichen, dass die Produkte für ihren Betrieb selbst ausgefahren werden sollen, muss für diesen Zweck ein geeignetes Fahrzeug ausgewählt werden. Bei einer geringen Warenmenge kann ein Pkw-Kombi genügen, bei größeren Packstücken ein Transporter oder Lkw erforderlich sein. Gleichzeitig ist zu beurteilen, über welche Zusatzausstattungen das Fahrzeug verfügen muss: Trennnetz beim Pkw-Kombi, Trennwand zwischen Fahrerin oder Fahrer und Laderaum beim Transporter oder zertifizierter Aufbau beim Lkw. Unternehmerinnen und Unternehmer müssen also unter Berücksichtigung der Eigenschaften des Ladeguts festlegen, welches Fahrzeug mit welcher Ausstattung geeignet ist.

Generell sind bei der Auswahl des Transportfahrzeugs noch folgende Faktoren zu beachten:

  • Beschaffenheit der Ware:

    formstabil, komprimierbar, druckempfindlich

  • Verpackungsart der Ware:

    lose, foliert, palettiert

  • Ladung:

    Gewicht, Volumen, Abmessungen

  • Transportweg:

    Straße, Schiene, Seeweg, kombinierter Verkehr

  • Äußere Bedingungen:

    Wetter, Fahrstrecke

Gleiches gilt, wenn eine Spedition mit dem Transport beauftragt wird. Dann muss die Absenderin oder der Absender der Spedition die notwendigen Angaben zur Ladung machen, damit sie ein geeignetes Fahrzeug auswählen kann.

Vor der Beladung ist sorgfältig zu prüfen, ob das Fahrzeug für die Beförderung dieser Ladung geeignet ist. Hier werden bei der Verladung oft Fehler gemacht, zum Beispiel:

  • Die Gitterbox wird ungesichert im Transporter ohne Stirnwand befördert.

  • Die Paletten werden so positioniert, dass die Achslasten über- oder unterschritten werden.

  • Ladungen werden ungesichert auf Fahrzeugen ohne ausreichend feste Seitenwände transportiert.

  • Große Papierrollen werden - freistehend und ungesichert - auf der Ladefläche transportiert.

  • Der Pkw-Kombi wird beladen und die zulässige Gesamtmasse (zGM) überschritten.

  • Die Palettenware kann auf Grund fehlender Zurrpunkte nicht niedergezurrt werden.

Grundsätzlich muss jede Ladung gesichert sein!

Es gibt Ausnahmen, bei denen auf zusätzliche Ladungssicherungsmaßnahmen verzichtet werden kann, zum Beispiel:

  • Schüttgut in einer offenen Mulde, wenn die Ladung nicht über die Bordwände ragt und nicht vom Fahrtwind herabgeweht werden kann.

  • Formschlüssig vollflächig verstaute Ladung auf einem Fahrzeug mit einer ausreichend festen Laderaumbegrenzung.

5.1.1 Personenkraftwagen

Anforderungen an Pkw, Pkw-Kombi und Mehrzweck-Pkw

Wird ein Pkw oder Pkw-Kombi z. B. von einem Handwerksbetrieb gewerblich zum Transport von Ladungen eingesetzt, unterliegt das Fahrzeug den Bestimmungen der Unfallverhütungsvorschrift "Fahrzeuge" DGUV Vorschrift 70 (bisher BGV D29) und muss es eine Rückhalteeinrichtung haben. Sie kann zum Beispiel als Trennwand oder als eine andere geeignete bauliche Komponente ausgeführt sein. Belastbarkeit und Anbringung sind seit Januar 2012 in der DIN ISO 27955 geregelt, davor galt die DIN 75410-2.

Anforderungen an die Rückenlehnen und Sitze

Bei Pkw-Fahrzeugen müssen die Rückenlehnen und Sitze, wenn sie zur Begrenzung des Laderaums dienen, so stabil ausgeführt sein, dass die Insassen bei starker Verzögerung vor nicht gesicherter Ladung geschützt sind. Führt die Herstellfirma Festigkeitsprüfungen durch, so sind Verformungen der Rückenlehne und Sitze sowie deren Befestigungselemente zulässig, solange die Insassen hierdurch nicht gefährdet werden. Prallt infolge einer Notbremsung eine nicht gesicherte Ladung von hinten auf die Rückenlehne, kann es zu einer Beschädigung der Rückenlehne oder des Sitzes kommen. In solch einem Fall sollte unbedingt die Fachwerkstatt aufgesucht werden.

Anforderungen an Trennnetze und Trenngitter

Bei Pkw-Kombi und Mehrzweck-Pkw müssen die Insassen, nicht nur, wie zuvor beschrieben, im Bereich der Rückenlehnen, sondern auch oberhalb der Rückenlehnen durch ein Trennnetz oder Trenngitter vor der Ladung geschützt werden. Das Trennnetz oder Trenngitter soll so ausgeführt sein, dass die Ladung bei einer starken Verzögerung zurückgehalten wird. Werden Trennnetz oder Trenngitter bei einer Notbremsung durch die Ladung beschädigt, unbedingt die Fachwerkstatt aufsuchen. Gleiches gilt auch für verformte Zurrpunkte.

Anforderungen an Zurrpunkte

Pkw-Kombi und Mehrzweck-Pkw sind im Laderaum mit mindestens vier Zurrpunkten auszurüsten. Sie müssen paarweise gegenüberliegend angeordnet sein. Der Längsabstand zwischen zwei benachbarten Zurrpunkten darf nicht mehr als 1200 mm betragen. Bei einer Laderaumlänge von weniger als 700 mm genügen zwei Zurrpunkte, die für eine Nennzugkraft von mindestens 300 daN bis maximal 350 daN ausgelegt sind. Ist der Zurrpunkt als Ring ausgebildet, so muss der Innendurchmesser mindestens 20 mm betragen, damit ein Zurrgurt durchgezogen werden kann. Bei Ringen mit kleinerem Durchmesser muss die Fahrzeugherstellfirma entsprechende Verbindungselemente mitliefern. Gleiches gilt, wenn der Zurrpunkt aus einem Gewindeanschluss besteht.

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Abb. 5-1 bis 5-3
Pkw müssen festgelegte Anforderungen erfüllen.

Für alle Pkw, Pkw-Kombi und Mehrzweck-Pkw im Geltungsbereich der DGUV Vorschrift 70 (bisher BGV/GUV-V D29) ist die Ausrüstung mit Zurrpunkten und Rückhalteeinrichtungen in Deutschland vorgeschrieben.

5.1.2 Leichte Nutzfahrzeuge mit einer zGM bis 3,5 t

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Abb. 5-4
Leichte Nutzfahrzeuge mit Kastenaufbau müssen - je nach Baujahr - bestimmte Vorgaben erfüllen.

5.1.2.1 Leichte Nutzfahrzeuge mit einem Kastenaufbau

Seit Oktober 2004 wurden mit Inkrafttreten der überarbeiteten DIN 75410-3 neue Vorgaben für die Konstruktion von Transportern mit einem Kastenaufbau wirksam. Gleichzeitig begann für die Hersteller dieser Fahrzeuge eine Übergangsfrist. Seit Oktober 2006 musste die Aufbaufestigkeit den Vorgaben der DIN 75410-3 entsprechen. Im Januar 2011 wurde diese Norm durch die neue DIN ISO 27956 abgelöst. Auch hier gab es eine Übergangsfrist; sie endete am 31.10.2013.

Bei Transportern, die bis zum Ablauf der Übergangsfrist Oktober 2006 hergestellt wurden, kann die Aufbaufestigkeit noch auf der Basis der alten DIN 75410-3 gegeben sein. Eine durchgehende Rückhalteeinrichtung war in der alten DIN 75410-3 nicht vorgeschrieben.

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Abb. 5-5
Diese ungesicherte Ladung kann für den Fahrer lebensgefährlich werden.

Gefordert war nur eine Rückhalteeinrichtung, die die größte Breite der Rückenlehne in gesamter Höhe vom Laderaum abgrenzte. Die erhöhten Sicherheitsanforderungen wurden in der ISO manifestiert, siehe Trennwand nach DIN ISO 27956.

Die Rückhalteeinrichtung nach der neuen DIN ISO 27956

Die Rückhalteeinrichtung, z. B. Querwand, Trennwand oder Trenngitter, muss den Insassenraum vom Laderaum in gesamter Breite und Höhe abgrenzen. Die Blockierkraft dieser Rückhalteeinrichtung muss mindestens 50 % der zulässigen Nutzlast des betreffenden Fahrzeugs entsprechen.

Zum Schutz der Fahrerinnen und Fahrer sollte bei älteren Fahrzeugen eine Rückhalteeinrichtung nachgerüstet werden.
Bei Transportern mit Kastenaufbau, die seit Januar 2011 hergestellt werden, muss die Aufbaufestigkeit den Vorgaben der neuen DIN ISO 27956 entsprechen.
Die DIN ISO 27956 ist eine Norm für Fahrzeughersteller.

Sie dient Anwenderinnnen und Anwendern als Anhaltspunkt.

In der Praxis kann dies für die Anwendenden bedeuten, dass durch die individuelle und daher oft ungleichmäßige und nicht formschlüssige Beladung die Beanspruchung des Fahrzeugaufbaus nicht der Norm entspricht.
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Abb. 5-6
Dachträger müssen fest mit dem Fahrzeug verbunden sein, so dass die im Fahrbetrieb auftretenden Massenkräfte aufgenommen werden können. Bei der Beladung des Dachträgers sind die Belastbarkeit des Trägers, die zGM, die Achslasten sowie die Belastbarkeit der Befestigungspunkte des Fahrzeugs zu beachten. Achtung: Auf den Gesamtschwerpunkt achten. Anm.: Leitern sollten auf einem Dachträger direkt an der Strebe festgezurrt werden. Das auf dem Foto gezeigte Niederzurren ist keine geeignete Art der Ladungssicherung!

Zurrpunkte

Die DIN ISO 27956 (gültig ab 01.11.2011) legt die Mindestanforderungen für Zurrpunkte in Kastenwagen mit einer zulässigen Gesamtmasse (zGM) bis zu 7,5 t fest

Tabelle 15
Die Zugkraft FNder Zurrpunkte ergibt sich aus der zGM des Fahrzeugs:

FahrzeugeZugkraft FNpro Zurrpunkt gemäß DIN ISO 27956
zGM ≤ 2,5 t300 daN < FN ≤ 400 daN
zGM > 2,5 t ≤ 5,0 t350 daN < FN ≤ 500 daN
zGM > 5,0 t ≤ 7,5 t350 daN < FN ≤ 800 daN

Tabelle 16
Zugkraft FNpro Zurrpunkt gemäß DIN 75410-3 (Herstellungsdatum, gültig bis 31.10.2013) *:

FahrzeugeZugkraft FNpro Zurrpunkt gemäß DIN ISO 27956
zGM ≤ 2,0 tmindestens 400 daN
zGM > 2,0 t ≤ 5,0 tmindestens 500 daN
zGM > 5,0 t ≤ 7,5 tmindestens 800 daN
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Abb. 5-7
Beispiele für Zurrpunkte in einem Kastenwagen

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Abb. 5-8
Detailaufnahme eines im Boden eingelassenen Zurrpunkts

Anzahl und Position der Zurrpunkte:

  • Anbringung im Boden und/oder an den Seitenwänden, jedoch nicht hoher als 15 cm über der Ladefläche, dabei möglichst gleichmäßig auf den Längsseiten verteilt

  • Möglichst paarweise, einander gegenüberliegend

  • Der Abstand zum benachbarten Zurrpunkt in Längsrichtung sollte maximal 70 cm betragen.

  • Der Abstand zur vorderen oder zur hinteren Laderaumbegrenzung darf maximal 25 cm betragen.

  • Der Abstand zur seitlichen Laderaumbegrenzung darf maximal 15 cm betragen.

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Abb. 5-9
Beispiel für die Kennzeichnung von Zurrpunkten

Die Belastbarkeit von Zurrpunkten in Transportern mit einem Kastenaufbau ist begrenzt (siehe obere Tabellen).

Bei der Ladungssicherung ist daher unbedingt zu beachten, dass die Zurrpunkte nicht überlastet werden.
Die Belastbarkeit der Zurrpunkte muss am Fahrzeugaufbau gekennzeichnet sein.

5.1.2.2 Leichte Nutzfahrzeuge mit einer offenen Ladefläche

Festigkeit des Fahrzeugaufbaus

Ob ein Fahrzeug mit einem Kofferaufbau einer Konstruktionsnorm unterliegt, ist von seiner zGM abhängig.

Pritschenfahrzeuge mit einer zGM bis einschließlich 3,5 t

Die Festigkeit der Aufbauten von Pritschenfahrzeugen mit einer zGM von nicht mehr als 3,5 t ist normativ nicht geregelt. Da diese Pritschenaufbauten keiner Konstruktionsnorm unterliegen, ist die Festigkeit des Aufbaus, und damit dessen Belastbarkeit bei der Ladungssicherung, nicht festgelegt.

Zur Festigkeit dieses Aufbaus kann nur die betreffende Fahrzeugherstellfirma Auskunft geben.

Pritschenfahrzeuge mit einer zGM über 3,5 t

Bei Transportern mit einem Pritschenaufbau wird die Aufbaufestigkeit erst bei einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3,5 t durch die europäische Norm DIN EN 12642 geregelt. Für Aufbauten an Nutzfahrzeugen und Anhängern, die ab März 2017 hergestellt wurden, ist die DIN EN 12642:2017-03 einzuhalten.

Belastbarkeit des Pritschenaufbaus bei Transportern über 3,5 t:

Stirnwand40 % der Nutzlast
Seitenwand30 % der Nutzlast
Rückwand25 % der Nutzlast

Bei diesen Angaben handelt es sich um Prüfwerte, die aber auch in der Ladungssicherung angenommen werden können. Die Voraussetzung dafür ist allerdings eine formschlüssige und gleichmäßige Beladung des Fahrzeugs.

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Abb. 5-10
Besonderheit: Beim Anbau oder Einbau eines Reffs sind die Vorschriften der StVZO, die Aufbaurichtlinien der Fahrzeugherstellfirma und die Anbauanweisungen der Reff-Herstellfirma zu beachten. Bei der Nutzung von Reffs ist unbedingt eine ausgewogene Lastverteilung zu beachten. Eine falsche Beladung führt nicht selten zu Verkehrsunfällen, da sich das Fahrverhalten des Transporters dadurch dramatisch ändern kann.

Zurrpunkte

Welche Festigkeit die Zurrpunkte auf einem Fahrzeug mit Pritschenaufbau mindestens haben müssen, ist ebenfalls von der zGM des Fahrzeugs abhängig.

Pritschenfahrzeuge mit einer zGM bis 3,5 t

Auf mindestens 400 daN legt die DIN 75410-1 die Festigkeit jedes Zurrpunkts bei Transportern mit Pritschenaufbau und einer zGM bis zu 3,5 t fest.

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Abb. 5-11
Kennzeichnung am Fahrzeugaufbau

Pritschenfahrzeuge mit einer zGM über 3,5 t

Die europäische Norm DIN EN 12640 legt die Festigkeit jedes Zurrpunkts bei Transportern mit Pritschenaufbau und einer zGM über 3,5 t bis zu 7,5 t auf mindestens 800 daN fest.

Die Belastbarkeit der Zurrpunkte muss am Fahrzeugaufbau gekennzeichnet sein.

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Abb. 5-12
Zurrpunkt 400 daN

5.1.2.3 Anhänger hinter Nutzfahrzeugen

Anhänger mit Pritschenaufbau und einer zGM bis einschließlich 3,5 t

Die Festigkeit der Aufbauten dieser leichten Anhänger mit einer zulässigen Gesamtmasse von nicht mehr als 3,5 t ist normativ nicht geregelt. Damit ist auch deren Belastbarkeit bei der Ladungssicherung nicht festgelegt.

Zurrpunkte

Die Festigkeit jedes Zurrpunkts bei Anhängern mit Pritschenaufbau und einer zGM bis zu 3,5 t ist durch die DIN 75410-1 auf mindestens 400 daN festgelegt.

Anhänger mit Pritschenaufbau und einer zGM über 3,5 t

Bei Anhängern mit einem Pritschenaufbau wird die Aufbaufestigkeit erst bei einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3,5 t durch eine europäische Norm, die DIN EN 12642, geregelt. Für Aufbauten an Nutzfahrzeugen und Anhängern, die ab März 2017 hergestellt wurden, ist die DIN EN 12642:2017-03 einzuhalten. Diese Europäische Norm gilt nicht für Kastenwagen gemäß ISO 27956.

Belastbarkeit des Pritschenaufbaus bei Anhängern über 3,5 t:

Stirnwand40 % der Nutzlast
Rückwand25 % der Nutzlast
Seitenwand30 % der Nutzlast

Bei diesen Angaben handelt es sich um Prüfwerte, die aber durchaus auch in der Ladungssicherung angenommen werden können. Voraussetzung ist allerdings eine formschlüssige und gleichmäßige Beladung des Fahrzeugs.

Zurrpunkte

Die europäische Norm DIN EN 12640 legt die Festigkeit jedes Zurrpunkts bei Anhängern mit Pritschenaufbau und einer zGM über 3,5 t bis zu 7,5 t auf mindestens 800 daN fest.

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Abb. 5-13
Beispiel für einen Anhänger mit Pritschenaufbau und einer zGM bis einschließlich 3,5 t

5.1.3 Schwere Nutzfahrzeuge mit einer zGM über 3,5 t

Die Aufbaukonstruktion

Die Richtlinie VDI 2700 fordert, dass die Stirnwand, die Bordwände und die Rungen der Transportfahrzeuge ausreichend dimensioniert sind. Sie gibt dabei allerdings nicht vor, welchen konkreten Belastungen diese Bauteile standhalten müssen.

Diese Vorgaben für den Fahrzeugaufbau enthält die Konstruktionsnorm DIN EN 12642. Sie ist in der Herstellung von Fahrzeugaufbauten bindend und wird von den Kontrollbehörden als Berechnungsgrundlage der Ladungssicherung herangezogen.

Fahrzeuge, die vor April 2002 hergestellt wurden

Für Lastkraftwagen und Anhänger über 3,5 t zGM, die vor April 2002 hergestellt worden sind, gibt es keine nationalen oder internationalen Konstruktionsnormen. Nach Auskunft einiger Fahrzeugbaufirmen wurden deren Aufbauten nach den Prüfkriterien für Wechselbehälter, nach DIN EN 283, konstruiert.

Fahrzeuge, die ab April 2002 hergestellt wurden

Bei Lastkraftwagen und Anhängern über 3,5 t zGM, die ab April 2002 hergestellt worden sind, müssen die Aufbaufestigkeiten auf Basis der europäischen Konstruktionsnorm DIN EN 12642 gewährleistet sein.

Fahrzeuge, die ab März 2017 hergestellt wurden

Für Aufbauten an Nutzfahrzeugen und Anhängern, die ab März 2017 hergestellt wurden, ist die neue DIN EN 12642:2017-03 einzuhalten.

Nicht jedes Fahrzeug kann jede Ladungs transportieren!

Neuere Lkw und Anhänger entsprechen in der Regel der DIN EN 12642, in der für Standardaufbauten (Code L) und verstärkte Aufbauten (Code XL) Festigkeitsanforderungen festgelegt sind. Die Norm wurde im März 2017 geändert, die aktuell im Verkehr befindlichen Fahrzeuge entsprechen aber meistens noch der vorherigen überarbeiteten Norm, Ausgabe Januar 2007.

Die DIN EN 12642 wurde zum März 2017 überarbeitet. Dabei wurde die schon bestehende Unterteilung der Fahrzeugaufbauten in zwei Gruppen beibehalten: "Code L" Fahrzeugaufbau Standard, "Code XL" Verstärkter Aufbau:
Code LStandardaufbauten
Code XLVerstärkte Aufbauten
Die folgenden Belastungswerte müssen, gemäß der DIN EN 12642 Code L, als Prüfkriterium ohne bleibende Verformung erreicht werden (siehe Abbildungen auf S. 69):
  • Stirnwand

    40 % der Nutzlast, max. 5.000 daN Prüfkraft gefordert

  • Rückwand

    25 % der Nutzlast, max. 3.100 daN Prüfkraft gefordert

  • Seitenwand

    30 % der Nutzlast, ausgenommen Standard-Curtainsider

In der Ladungssicherung können diese Werte nur bei formschlüssiger Beladung angenommen werden!

Die vorstehenden Prüfanforderungen gelten für folgende Aufbauten: Kofferbauart, Pritsche mit Bord- und Rückwänden ohne Planenverdeck, Pritsche mit Bord- und Rückwänden mit Planenverdeck, Aufbau mit seitlicher Schiebeplane (Curtainsider)

Quelle: Auszug aus Punkt 4 der DIN EN 12642:2017-03

Achtung:

Nach DIN EN 12642:2017-03 kann die Prüflast zum Test des Fahrzeugaufbaus von der eigentlichen Nutzlast des Fahrzeugs abweichen, was vorher nicht erlaubt war. Diese Last wird Prüf-Nutzlast genannt. Höhere als die in der Tabelle genannten Werte sind erlaubt.

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Abb. 5-14
Code L-Fahrzeugaufbau

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Abb. 5-15
Code XL-Fahrzeugaufbau (Dachverstrebungen zur Aussteifung)

Anmerkung zu Code L Curtainsidern:
DIN EN 12642:2007-01 (Punkt 5.2.4.3): Die Plane muss nicht der EN 12641-2 entsprechen und ist nicht in der Lage, Kräfte zur Ladungssicherung aufzunehmen. Sie dient nur der Wetterdichtigkeit.
DIN EN 12642:2017-03 (Punkt 5.2.5): Muss die Plane die von der Ladung ausgeübten Druckkräfte aufnehmen, sollten diese Schiebeplanen mindesten den Festigkeitsanforderungen nach EN 12641-2 entsprechen.

5.1.3.1 Standardaufbau gemäß DIN EN 12642 (Code L)

1.Belastbarkeit der Stirnwand
(für die gesamte Höhe)
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2.Belastbarkeit der Rückwand
(für die gesamte Höhe)
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3.Belastbarkeit der Seitenwandccc_3623_123.jpg
Belastbarkeit der Seitenwand, Kofferaufbau
(für die gesamte Höhe)
Belastbarkeit der Seitenwand, Hamburger Verdeckccc_3623_124.jpg
Belastbarkeit der Plane, Standard-Curtainsider nach DIN EN 12642:2017-03
(für die gesamte Höhe)
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Standardaufbau gemäß DIN EN 12642:2007-01 (Code L)ccc_3623_126.jpg
Belastbarkeit der Plane, Standard-Curtainsider nach DIN EN 12642:2007-01
(für die gesamte Höhe)
NL = Nutzlast

Abb. 5-16 bis 5-20
Verschiedene Standardaufbauten (Code L)

5.1.3.2 Verstärkte Aufbauten gemäß DIN EN 12642 (Code XL)

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Abb. 5-21
Verstärkter Aufbau (Code XL)

Diese Fahrzeugaufbauten, hier besonders die Seiten- und die Dachkonstruktionen, können die Kräfte einer formschlüssig verladenen Ladung, z. B. während einer starken Kurvenfahrt, aufnehmen.

Mit jedem produzierten Sattelanhänger wird auch eine "Bestätigung über die Festigkeit des Fahrzeugaufbaus gemäß der Europäischen Norm DIN EN 12642 Code XL" geliefert. Diese sollte im Fahrzeug mitgeführt werden, damit sie dem verladenden Unternehmen oder den Kontrollbeamten vorgelegt werden kann.

Die folgenden Belastungswerte müssen, gemäß der Europäischen Norm DIN EN 12642 Code XL, als Prüfkriterium ohne bleibende Verformung erreicht werden:
  • Stirnwand: 50 % der Prüf-Nutzlast, ohne maximales Limit

  • Seitenwand: 40 % der Prüf-Nutzlast, ohne maximales Limit

  • Rückwand: 30 % der Prüf-Nutzlast, ohne maximales Limit

In der Ladungssicherung können diese Werte nur bei formschlüssiger Beladung angenommen werden!
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NL = Nutzlast

Abb. 5-22
Verstärkter Aufbau "Code XL" (für 3/4 der Höhe bei einer Stirnwandhöhe > 1,60 m )

Anmerkung zu Code XL:
Die oben genannten Prüfanforderungen gelten für folgende Aufbauten:
  • Kofferbauart

  • Pritsche mit Bordwänden ohne Planenverdeck

  • Pritsche mit Bordwänden und Planenverdeck

  • Aufbau mit seitlicher Schiebeplane

(Auszug aus Punkt 4 der DIN EN 12642, Ausgabe März 2017)
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Abb. 5-23
Beispiel für ein Kennzeichnungsetikett nach Prüfung durch eine Sachverständigenorganisation

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Abb. 5-24
Kennzeichnungsetikett für einen Code XL-Aufbau. Die Norm fordert die gut sichtbare Anbringung am Fahrzeugaufbau.

Zurrpunkte

Seit dem 01. Oktober 1993 müssen, aufgrund der Bestimmungen der Berufsgenossenschaft BG Verkehr aus § 22 der Unfallverhütungsvorschrift DGUV Vorschrift 70 (vorher BGV D 29) "Fahrzeuge", alle Neufahrzeuge mit Pritschenaufbau mit Zurrpunkten ausgerüstet sein.

Seit Juli 2000 wird diese Ausrüstungspflicht auch von der DIN EN 12640 gefordert. Eine Nachrüstpflicht gibt es (leider) nicht.

Die DIN EN 12640

Die DIN EN 12640 legt die Mindestanforderungen für Zurrpunkte an Nutzfahrzeugen zur Stückgutbeförderung mit einer zGM von mehr als 3,5 t fest.

Die Norm gilt nicht für:

  • Fahrzeuge, die ausschließlich zum Transport von Schüttgütern vorgesehen sind

  • Fahrzeuge, die für die Beförderung spezieller Güter mit besonderen Anforderungen an die Ladungssicherung bestimmt sind, zum Beispiel Autotransporter

Die Anzahl der Zurrpunkte ergibt sich u. a. aus der Länge der Ladefläche:

  • Abstand zwischen der Stirnwand und dem ersten Zurrpunkt maximal 50 cm

  • Abstand der Zurrpunkte zueinander maximal 120 cm (über den Achsen max. 150 cm)

  • Vordere Stirnwand mit mindestens zwei Zurrpunkten ausstatten

Die zulässige Zugkraft der Zurrpunkte ergibt sich aus der zGM des Fahrzeugs.

Zulässige Zugkraft von Zurrpunkten:

Fahrzeuge mit einer zGM von über 3,5 t ≤ 7,5 t800 daN
Fahrzeuge mit einer zGM von über 7,5 t ≤ 12 t1.000 daN
Fahrzeuge mit einer zGM von über 12 t2.000 daN
Zurrpunkte in der Stirnwand1.000 daN
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Abb. 5-26
Kennzeichnung eines Zurrpunktes

Die Zurrpunkte und deren zulässige Zugkraft müssen an der Ladefläche gekennzeichnet sein.
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Abb. 5-25
Zurrpunkte gemäß DIN EN 12640: Befestigungsvorrichtungen am Fahrzeug, an denen ein Zurrmittel direkt befestigt werden kann

Variable Zurrpunktsysteme

Gemäß der DIN EN 12640 können Zurrpunkte auch als Zurrschiene ausgeführt sein. Zusätzlich zu den Zurrschienen gibt es auch andere Arten variabler Zurrpunktsysteme. Alle Zurrpunktsysteme ermöglichen es Anwenderinnen und Anwendern, die Zurrmittel an der Stelle des Fahrzeugs zu verankern, an der sie zur Ladungssicherung erforderlich sind.

Fahrzeuge zum Transport von Metallerzeugnissen sollten zur formschlüssigen Ladungssicherung mit Steckrungensystemen ausgerüstet sein. Besonders sinnvoll ist es, wenn die Rungentaschen in der Ladefläche so gestaltet sind, dass man sie auch als Zurrpunkt nutzen kann.

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Abb. 5-27
Die DIN EN 12640 schreibt vor, dass alle Zurrpunkte, auch die Zurrschienen, auf einer Ladefläche, an gut sichtbarer Stelle mit einem Hinweisschild zu versehen sind, auf dem die zulässige Zugkraft der Zurrschiene angegeben ist.

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Abb. 5-28
Zurrschienensystem mit Rasterabstand

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Abb. 5-29
Rungentaschenreihe mit Zurrloch; Belastung Zurrlöcher 2.000 daN

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Abb. 5-30
Durch variable Zurrpunktsysteme können schwere Einzellasten dem Lastverteilungsplan entsprechend punktgenau platziert und gesichert werden.

Keine Nachrüstpflicht für ältere Fahrzeuge, entscheidend ist das Herstellungsdatum.