Scheuermann, Praxishandbuch Brandschutz

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3.3.4 Bauaufsichtliche Bestimmungen und Brandschutzkonzepte

Einleitung

Der Weg nach Europa im Bereich des Trockenbaues ist durch Unsicherheiten am Markt geprägt. Das bisherige Nachweisverfahren für Trockenbaukonstruktionen über DIN 4102–4, allgemeine bauaufsichtliche Prüfzeugnisse und allgemeine bauaufsichtliche Zulassungen wird verändert bzw. ergänzt durch europäisch-technische Zulassungen1 (ETA) auf der Basis von Zulassungsleitlinien2 (ETAG), durch europäische Produkte nach Produktnormen auf der Basis von europäischen Prüf- und Klassifizierungsnormen mit völlig veränderten Bezeichnungen und auch mit von den nationalen Produkten abweichenden Produktleistungen.

Die Hersteller und die Bauaufsicht sind sich weitgehend einig, wie der Weg beschritten werden soll, jedoch wissen die anderen am Bau Beteiligten bisher sehr wenig und können mit den neuen Wegen noch nicht viel anfangen, zumal das Standardwerk, das den Weg erläutern sollte, in der Praxis noch nicht angekommen ist (siehe Bauregelliste).

Probleme ergeben sich z.T. auch für die Hersteller und die Prüfinstitutionen u.a.:

  • Aus den Extrapolationsregeln, die aus den durchgeführten Prüfungen abgeleitet werden und für die Anwendung von entscheidender Bedeutung sind,

  • aus den Übergangsregelungen, die bisher nicht eindeutig darstellen, wie lange die nationalen Produkte und Konstruktionen noch verwendet werden können, und

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  • aus der Definition von Bausätzen, die wie Bauprodukte behandelt werden sollen und gekennzeichnet werden müssen.

Europa hat neue Prüfverfahren und neue Baustoff- und Bauteilklassen gebracht. Die Prüfverfahren führen nicht immer zu den gleichen Ergebnissen wie die auch heute noch gültigen Prüfverfahren nach DIN 4102. Die neuen Klassen für die Trockenbaukonstruktionen sind zunächst gewöhnungsbedürftig, werden je doch im Laufe der Jahre unproblematischer als die alten deutschen Klassen, da jeder Buchstabe einem klaren Leistungskriterium zugeordnet ist.

Die europäischen Verfahren bringen jedoch keine Angleichung der nationalen Bauordnungen, d.h. die Schutzziele, wie sie in den gegenwärtigen Landesbauordnungen bzw. der Muster-Bauordnung vorgegeben sind, bleiben auch im europäischen Kontext erhalten.

Im Rahmen dieses Beitrages sollen neben den gesetzlichen Grundlagen mit den neuen europäischen Regeln und ihren Umsetzungen auch die bauaufsichtlichen Schutzziele für Trockenbaukonstruktionen erläutert werden mit der Zielsetzung, im Rahmen von Brandschutzkonzepten bei materiellen Abweichungen Lösungsansätze zu finden.

Bauaufsichtliche Grundlagen

a) Allgemeines

Grundlagen für die Nachweisverfahren sind die Landesbauordnungen, stellvertretend wird die Musterbauordnung3 (MBO) 2002 gewählt, die auch auf weitere Technische Baubestimmungen, unter anderem auf die Bauregellisten, hinweist. National ist auch das Bauproduktengesetz4 (BPG) bzw. die Bauproduktenverordnung5 mit zu berücksichtigen, die das »Inverkehrbringen« von Bauprodukten und Bausätzen regelt. Die Verordnung stellt eine entscheidende Verbesserung gegenüber der alten Bauproduktenrichtlinie dar, da sie erstmals auf europäischer Ebene Anforderungen an die Sicherheit von Bauprodukten festlegt. Damit wird eine Gesetzeslücke geschlossen.

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b) Musterbauordnung (MBO)

Bezug genommen wird im Wesentlichen auf die §§ 2, 3, 14, 17–25 MBO, in denen Begriffe (§ 2) und Allgemeine Anforderungen (§§ 3 und 14) sowie die Verwendung von Bauprodukten und Bauarten (§§ 17–25) aufgelistet sind. Weitere Abschnitte geben Hinweise zur Umsetzung der Nachweise. Zur besseren Übersicht werden hier nachfolgend die entscheidenden Abschnitte der MBO aufgelistet:

§ 2

Begriffe

§ 3

Allgemeine Anforderungen, Absätze 2, 3 und 5

§ 14

Brandschutz

§ 17

Bauprodukt, Absätze 1, 2, 3 und 7

§ 18

Allgemeine bauaufsichtliche Zulassung, Absätze 1, 4 und 6

§ 19

Allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis, Absätze 1 und 2

§ 20

Nachweis über Zustimmung im Einzelfall, Absätze 1 und 2

§ 21

Bauarten, Absätze 1 und 2

§ 22

Übereinstimmungsnachweis, Absätze 1 bis 5

§ 52–

§ 56

Die am Bau Beteiligten

§ 67

Abweichungen, Absatz 1

§ 81

Bauüberwachung, Absatz 4

Bei einigen Paragrafen wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass nach Landesrecht gegebenenfalls andere oder weitergehende Anforderungen gestellt werden.

c) Bauregelliste

Als weitere wesentliche Grundlagen sind in diesem Zusammenhang die Bauregellisten A und B sowie die Liste C heranzuziehen, die in Verbindung mit § 17 MBO als Technische Baubestimmung im Sinne des § 3 Abs. 3 MBO zu bewerten ist. In Bild 1 wird zur Übersicht die Gliederung der Bauregelliste6 (BRL) mit den wesentlichen Bezügen wiedergegeben.

Da die Bedeutung der Bauregelliste den meisten am Bau Beteiligten weitgehend unbekannt ist, muss im Rahmen dieses Beitrages deutlich gemacht werden, dass jeder am Bau Beteiligte diese Technischen Baubestimmungen kennen soll und anzuwenden hat. Um einen Einblick in die Anwendung der BRL zu gewinnen, wird jedem empfohlen, die Vorbemerkungen zur BRL im Anhang 1 genauer zu lesen, da nur so ein Überblick über die verschiedensten Bauprodukte und Bauarten zu erreichen ist.

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Bild 1: Aufbau der Bauregellisten

Die Bauregelliste (Bild 1) wird etwa zweimal pro Jahr in aktualisierter Form als Sonderheft der Mitteilungen des DIBt veröffentlicht.

Des Weiteren sind die europäische Bauproduktenrichtlinie (BPR) bzw. ab dem 01.07.2013 die Bauproduktenverordnung (BauPVo) und das nationale Bauproduktengesetz (BauPG) zu beachten.

Bezogen auf den nationalen Bereich muss verdeutlicht werden, dass das BauPG das »Inverkehrbringen« der Bauprodukte und Bausätze regelt, d.h. welche Bauprodukte/Bausätze in Deutschland verkauft werden dürfen.

Die Verwendung der Bauprodukte/Bausätze wird eindeutig in den jeweiligen Landes Bauordnungen geregelt, in denen – in Verbindung mit den Bauregellisten – die Leistungsklassen und Leistungsstufen, die die europäischen Bauprodukte/Bausätze zu erfüllen haben, festgelegt sind.

Zusätzliche Grundlagen sind als Übergangsregelungen die entsprechenden Leitpapiere der Europäischen Kommission (Guidance Paper) i.V.m. den Bauregellisten zu betrachten, da nur in Verbindung mit diesen beiden Grundlagen festgelegt werden kann, wann welche Nachweise im bauaufsichtlichen Verfahren erbracht werden müssen.

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Begriffsdefinition im Trockenbau: Bauprodukte/Bausätze/Bauarten

a) Allgemeines

Rechtlich sind die Definitionen (Begriffe) für Bauprodukte und Bauarten in § 2 Abs. 10 und 11 MBO wiedergegeben.

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Bild 2: Bauprodukte – Bauart – Bausatz

In dem Begriff »Bauprodukte« ist der Begriff »Bausatz« subsumiert, der sich aus der europäischen Terminologie »kits« ergibt und auch nur unmittelbar auf europäische Bauzusätze anwendbar ist – es sei denn, man bezieht sich national auf die vorgefertigten Bauteile nach Bauregelliste A Teil 2, die in diesem Sinne auch als Bausätze bewertet werden können.

Es erscheint erforderlich, hier den Begriff »Bausatz« etwas näher zu erläutern, da er sich materiell häufig gar nicht von dem der »Bauart« unterscheidet. Lediglich die formale Zuordnung von Einzelkomponenten bildet den Unterschied.

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Aus den anderen Abschnitten der MBO lassen sich Begriffsdefinitionen nicht ableiten:

  • § 3 Abs. 2 definiert, unter welchen Randbedingungen Bauprodukte zu verwenden sind, und die

  • §§ 17–25 regeln nur die Verwendung bzw. die Anwendung, die Nachweisverfahren und die damit befassten Stellen. Sie zeigen auch auf, aus welchen technischen Baubestimmungen die Nachweise abgeleitet werden können.

Im Folgenden wird versucht, anhand konkreter Beispiele die einzelnen Begriffe zu veranschaulichen.

b) Bauprodukte

Bauprodukte sind Baustoffe oder Bauteile, die unter Beachtung der Überwachungsvorgaben (werkseigene Produktionskontrolle/Fremdüberwachung) im Werk hergestellt und unmittelbar in bauliche Anlagen eingebaut werden. Man unterscheidet verschiedene Systeme von Bauprodukten, die Verwendbarkeitsnachweise sind im Wesentlichen in den §§ 17–20 MBO verankert.

Der größte Teil der im bauaufsichtlichen Verfahren eingesetzten Bauprodukte wird in der Bauregelliste (BRL) A Teil 1 geregelt, wobei dort neben dem Bauprodukt die jeweils zugehörige Technische Regel, der Übereinstimmungsnachweis und der Verwendbarkeitsnachweis bei wesentlichen Abweichungen festgelegt werden.

Welche Bauprodukte nach den europäischen Regeln mit dem Übereinstimmungsnachweis »CE«-Zeichen im bauaufsichtlichen Verfahren zulässig sind, ist in der Bauregelliste B Teil 1 dokumentiert, wobei für die entsprechenden Leistungsstufen und -klassen die Angaben aus den entsprechenden Anlagen maßgeblich sind. In diesen Anlagen wird auf weitere Anlagen in der BRL A Teil 1 verwiesen, aus denen abzuleiten ist, welche europäischen Klassen die bauaufsichtlichen Benennungen (nichtbrennbar, schwerentflammbar und normalentflammbar) erfüllen.

c) Bausätze

Nach den ursprünglichen Regeln sollte sich die BPR nur auf Bauprodukte beziehen, die grenzüberschreitend verkauft werden können. Nachdem europäische Regeln (Prüfnormen) auch für Bauteile entwickelt wurden und bei den europäischen Produktnormen die Endverwendung mitgeregelt wurde (end-used-condition), suchte man Wege, auch Bauteile mit dem CE-Zeichen zu versehen.

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Neben den Produktnormen unter Berücksichtigung der end-used conditions wurden EOTA-guidelines (z.B. über nicht tragende Trennwände – ETAG 003) entwickelt, die eine europäische technische Zulassung für Bausätze (kits) nach sich ziehen, d.h. Zulassungen für Wände aus unterschiedlichen Komponenten mit einer eindeutigen Zuordnung (Ständer, Bekleidungen, Dämmungen und Verschraubungen jeweils mit Bauprodukten der Firma Mustermann). Diese Bausätze erhalten ein CE-Zeichen auf der Basis der jeweiligen Zulassungen, sie sind formal wie Bauprodukte zu behandeln mit der Problematik der Verantwortlichkeit beim Einbau.

d) Bauarten

Bauarten sind solche Bauteile, die vor Ort aus verschiedenen Bauprodukten zusammengesetzt werden auf der Grundlage von Technischen Regeln (z.B. GKF-Wände nach DIN 18183) oder Prüfverfahren (z.B. Trennwände nach DIN 4102–2).

Bauarten sind bisher lediglich national zu betrachten; sie werden auf der Grundlage von § 21 MBO dann, wenn sie von nationalen technischen Baubestimmungen (z.B. DIN 4102–4) abweichen und wenn es allgemein anerkannte Regeln der Technik nicht gibt, über abZ, abP oder ZiE geregelt.

Unterschiedliche Systeme von Bauprodukten, Bausätzen, Bauarten

a) Allgemeines

Die MBO und die BRL unterscheiden zwischen geregelten, nicht geregelten und sonstigen Bauprodukten, Bausätzen und Bauarten sowie solchen, die aufgrund der MBO eine untergeordnete Bedeutung haben.

In Abhängigkeit von diesen Unterscheidungen wird es notwendig, eine Erklärung für den Anwender zu schaffen, damit er bei der Umsetzung seines Bauwerkes die Spielregeln anwenden kann. In diesem Abschnitt werden sowohl nationale als auch europäische Bauprodukte abgehandelt, da sie auch zukünftig parallel am Markt eingesetzt werden können. Das erschwert zwar zunächst die Übersichtlichkeit, wird jedoch langfristig das Handling der Bauprodukte im Bauwerk erleichtern.

b) Geregelte Bauprodukte/Bauarten

Bauprodukte und Bauarten gelten dann als »geregelt«, wenn Produktnormen existieren, die über die BRL A Teil 1 bzw. BRL B in das bauaufsichtliche Verfahren eingeführt wurden. Der Verwendbarkeitsnachweis ist damit jeweils die nationale bzw. europäische Produktnorm, der Übereinstimmungsnachweis muss auf der Basis der jeweiligen Produktnorm geführt werden (Ü-Zeichen, CE-Zeichen):

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  • GKF-Platte nach DIN 18180,

  • Mauerziegel nach DIN 105 jeweils auf der Grundlage der BRL A Teil 1.

Im nationalen Kontext sind die geregelten Bauprodukte in DIN 4102–4 aufgelistet. Das gilt auch für die geregelten Bauarten (z.B. Mauerwerkswände, Holzwände, Unterdecken aus GKF-Platten und bekleidete Stahlstützen), die den entsprechenden Abschnitten von DIN 4102–4 zu entnehmen sind. Ein Übereinstimmungsnachweis für die geregelten Bauarten muss nicht geführt werden ebenso wenig wie für Erleichterungen nach der Leitungsanlagen-Richtlinie, es kann jedoch empfohlen werden, auch hierfür eine entsprechende Erklärung abzugeben.

c) Nicht geregelte Bauprodukte/Bauarten

Nicht geregelte Bauprodukte weichen entweder von den geregelten Bauprodukten nach Bauregelliste A Teil 1 wesentlich ab, oder es gibt weder Technische Baubestimmungen noch allgemein anerkannte Regeln der Technik (Produktnormen o.Ä.).

Als Verwendbarkeitsnachweis müssen – in Abhängigkeit von den Vorgaben der BRL – entweder

  • eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung oder

  • ein allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis auf der Basis der BRL A Teil 2 oder

  • eine Zustimmung im Einzelfall erbracht werden.

Für nicht geregelte Bauarten gilt Entsprechendes, wobei die Allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnisse auf der Basis der BRL A Teil 3 erstellt werden müssen.

Bei den Bauprodukten muss der Übereinstimmungsnachweis durch das in den Verwendbarkeitsnachweisen vorgegebene Ü-Zeichen (nationale Bauprodukte) oder CE-Zeichen (europäische Bauprodukte) geführt werden.

Bei den nicht geregelten Bauarten wird, anders als bei den geregelten Bauarten, eine Übereinstimmungserklärung durch den Ausführenden erforderlich. Nachfolgend werden Beispiele für nicht geregelte Bauprodukte und Bauarten aufgelistet.

d) Bauprodukte

  • Gipsfaserplatten nach AbZ7

  • Nichtbrennbare Spanplatten nach AbZ

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  • Dämmschichtbildende Baustoffe (Anstriche, Spachtel, Kitte) nach AbZ

  • Klappen in raumlufttechnischen Anlagen nach AbZ

  • Rohrummantelungen nach AbP8 usw.

e) Bauarten

  • nicht tragende Trennwände aus Gipsfaserplatten nach AbP

  • Unterdecken aus Gipskartonplatten nach AbP

  • Lüftungskanäle nach AbP

  • Brandschutzverglasungen nach AbZ

  • Trägerbekleidungen mit Spritzputzen nach AbZ

f) Sonstige Bauprodukte

Eine Vielzahl von Bauprodukten wird nach anerkannten Regeln der Technik hergestellt. Sie sind nicht in der BRL A Teil 1 aufgeführt, weil sie entweder nicht zur Erfüllung der MBO bzw. der Sonderbauverordnungen erforderlich sind oder weil sie ohne besondere baurechtliche Behandlung das Schutzziel der MBO erreichen. Als Technische Regeln können z.B. herangezogen werden:

  • DIN-Normen, soweit nicht durch starren Verweis in Bezug genommen

  • Richtlinien des VDI

  • Richtlinien des DVGW

  • Technisches Regelwerk der Sachversicherer, VdS Schadenverhütung

Diese Bauprodukte bedürfen keines besonderen Verwendbarkeitsnachweises und auch keines Übereinstimmungsnachweises. Selbst Abweichungen von den o. a. Technischen Regeln lösen nicht ein solches Erfordernis aus.

Beispiele:

  • Dächer nach DIN 18134 (Industriedächer)

  • Löschanlagen nach VdS-Richtlinien

  • Armaturen für Trinkwasser

Die neuen europäischen Klassen

Dieser Beitrag kann in der geplanten Kürze nur einen groben Einblick und Hinweise geben, wo und wie sich die Anwender über das neue System informieren können.

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a) Die neuen Baustoffklassen

Die neuen Baustoffklassen in Verbindung mit den Prüfverfahren und den entsprechenden Kriterien sind Tabelle 1 zu entnehmen, wobei darauf hingewiesen werden muss, dass – anders als im bisherigen deutschen DIN 4102-System – Zusatzkriterien mitgeprüft werden, die sich auf Rauchentwicklung und brennendes Abfallen bzw. Abtropfen beziehen, die durch Rauchklassen (s1-s3) oder durch Klassen für das brennende Abtropfen/Abfallen (d0-d2) bewertet werden.

Tab. 1: Europäische Baustoffverfahren

Europäische Klassifizierung des Brandverhaltens von Baustoffen (ohne Bodenbeläge)

Klasse

Prüfverfahren

Kriterien

Zusatzkriterien

A1

DIN EN ISO 1182 und DIN EN ISO 1716

Temperaturanstieg ΔT, Gewichtsverlust Am, Dauer der Entflammung tf

Brennwert PCS

A2

DIN EN ISO 1182 oder

Temperaturanstieg ΔT, Gewichtsverlust Am, Dauer der Entflammung tf

DIN EN ISO 1716 und DIN EN 13823
(SBI-Test)
Single-Burning-Item-Test

Brennwert PCS

Geschwindigkeit der Brandausbreitung FIGRA, seitliche Flammenausbreitung LFS, freigesetzte Wärme THR

Rauchentwicklung, beim Brennen Abtropfen/Abfallen

B

DIN EN 13823 (SBI-Test) und DIN EN ISO 11925–2

Geschwindigkeit der Brandausbreitung FIGRA, seitliche Flammenausbreitung LFS, freigesetzte Wärme THR

Rauchentwicklung, beim Brennen Abtropfen/Abfallen

Flammenausbreitung Fs

C

DIN EN 13823 (SBI-Test) und DIN EN ISO 11925–2

Geschwindigkeit der Brandausbreitung FIGRA, seitliche Flammenausbreitung LFS, freigesetzte Wärme THR

Rauchentwicklung, beim Brennen Abtropfen/Abfallen

Flammenausbreitung Fs

D

DIN EN 13823 (SBI-Test) und DIN EN ISO 11925–2

Geschwindigkeit der Brandausbreitung FIGRA

Rauchentwicklung, beim Brennen Abtropfen/Abfallen

Flammenausbreitung Fs

E

DIN EN ISO 11925–2

Flammenausbreitung Fs

beim Brennen Abtropfen/Abfallen

F

keine Leistung festgestellt

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Die Anwendungen der europäischen Baustoffklassen im deutschen bauaufsichtlichen Verfahren werden bezogen auf die bauaufsichtlichen Benennungen:

  • nichtbrennbar,

  • schwerentflammbar,

  • normalentflammbar und

  • leichtentflammbar.

Die Zugehörigkeit zu diesen bauaufsichtlichen Benennungen sowohl der europäischen Klassen als auch der alten deutschen Klassen wird in zwei Tabellen in der BauRL verankert, die alten deutschen Klassen in Anlage 0.2.1 Tabelle 1 und die neuen europäischen Klassen in Anlage 0.2.2 Tabelle 1.

Beide zusammengefasst sind in Tabelle 2 wiedergegeben, wobei aus dieser Zusammenfassung nicht abgeleitet werden kann, dass eine unmittelbare Übertragung von den nationalen Klassen auf die europäische Klassifizierung möglich ist.

Tab. 2: Zuordnung zu den bauaufsichtlichen Begriffen

Bauaufsichtliche Benennung

Zusatzanforderungen

Europäische Klasse nach DIN EN 13501–1

Klasse nach DIN 4102–1

kein Rauch

kein brennendes Abfallen/Abtropfen

Nichtbrennbar

X

X

A1

A1

X

X

A2 – s1 d0

A2

Schwerentflammbar

X

X

B,C – s1 d0

B1*)

X

B,C – s3 d0

X

B,C – s1 d2

B,C – s3 d2

Normalentflammbar

X

D – s3 d0
E

B2*)

D – s3 d2

E – s3 d2

Leichtentflammbar

F

B3

*) Angaben über hohe Rauchentwicklung und brennendes Abtropfen/Abfallen im Verwendbarkeitsnachweis und in der Kennzeichnung

b) Die neuen Bauteilklassen

Das Brandverhalten von Bauteilen wird im zukünftigen Nachweissystem auf der Grundlage einer Vielzahl von europäischen Prüfnormen bewertet.

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Das Klassifizierungssystem ist zunächst auf den ersten Blick wesentlich komplizierter, da es vollständig vom bisherigen »Kurzzeichensystem« im nationalen Bereich abweicht. Bei genauerem Hinsehen vereinfacht es jedoch die Bewertung der Bauteile, da aus der Klassifizierung unmittelbar abgeleitet werden kann, welche Leistungsmerkmale die Bauteile erfüllen. In Tabelle 3 ist daher eine Zusammenfassung der verschiedenen Symbole dargestellt.

Tab. 3: Klassifizierungen der Bauteile, Baurichtlinie Anlage 0.1.2, Tabelle 3

Herleitung des Kurzzeichens

Kriterium

R (Résistance)

Tragfähigkeit

E (Étanchéité)

Raumabschluss

I (Isolation)

Wärmedämmung (unter Brandeinwirkung)

M (Mechanical)

Mechanische Einwirkung auf Wände (Stoßbeanspruchung

sm (Smoke)

Begrenzung der Rauchdurchlässigkeit (Dichtheit, Leckrate)

C (Closing)

Selbstschließende Eigenschaft (ggf. mit Anzahl der Lastspiele) einschließl. Dauerfunktion

P
PH

Aufrechterhaltung der Energieversorgung und/oder Signalübermittlung

I1, I2

Unterschiedliche Wärmedämmungskriterien

…, 200, 300, … (C˚)

Angabe der Temperaturbeanspruchung

i → o
i ← o
i ↔ o (in – out)

Richtung der klassifizierten Feuerwiderstandsfähigkeit

a → b
a ← b
a ↔ b (above – below)

Richtung der klassifizierten Feuerwiderstandsfähigkeit

ve, ho (vertical), (horizontal)

vertikal/horizontal

U/U

Rohrabschaltungen – Rohrenden jeweils offen

C/U

Rohrabschottung – Rohrende geschlossen im Ofen/Rohrende offen außerhalb des Ofens

U/C

Rohrabschottung offen im Ofen/geschlossen außerhalb des Ofens

K1, K2

Wand-, Deckenbekleidung im Holzbau

Aus den Tabellen 1 und 2 der Anlage 0.1.2 zur Baurichtlinie lassen sich die Zuordnungen der Bauteilklassen zu den bauaufsichtlichen Anforderungen ableiten, ein Auszug in Verbindung mit der Zuordnung der nationalen Klassen (BRL, Anlage 0.1.1, Tabelle 1) ist in Tabelle 4 wiedergegeben.

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Tab. 4: Zuordnung der Bauteilklassen zu den bauaufsichtlichen Begriffen

Bauaufsichtliche Benennung

Tragende Bauteile Raumabschluss:

Nichttragende Innenwände

Nichttragende Außenwände

Selbständige Unterdecken

ohne

mit

feuerhemmend

R 30

REI 30

EI 30

E 30 (i→o) und EI 30 (i←o)

EI 30 (a↔b)

[F 30]

[F 30]

[F 30]

[W 30]

[F 30 von beiden Richtungen]

hoch feuerhemmend

R 60

REI 60

EI 60

E 60 (i→o) und EI 60 (i←o)

EI 60 (a↔b)

[F 60]

[F 60]

[F 60]

[F 60]

[F 60 von beiden Richtungen]

feuerbeständig*)

R 90

REI 90

EI 90

E 90 (i→o) und EI 90 (i←o)

EI 90 (a↔b)

[F 90]

[F 90]

[F 90]

[W 90]

[F 90 von beiden Richtungen]

Feuerwiderstandsdauer 120 min

R 120

REI 120

[F 120]

[F 120]

Brandwand

REI-M 90

EI-M 90

*) nach § 26 MBO (in den wesentlichen Teilen aus nichtbrennbaren Baustoffen)
kursiv: Klassen nach DIN 4102

c) Übergangsregeln

In den europäischen Dokumenten gibt es die Vorgabe, dass nationale Schutzziele durch die europäische Harmonisierung nicht wesentlich verändert werden dürfen, so dass die Inhaber der zurzeit existierenden Nachweise daraus ein Anrecht ableiten könnten, dass die bisher im deutschen bauaufsichtlichen Verfahren eingesetzten Bauteile weiterhin verwendet werden können, ohne dass erneute Prüfungen mit hohen Prüfkosten notwendig werden. Bei der Abschätzung im Hinblick auf mögliche Zeitvorgaben für die Übergangsregelungen kann man davon ausgehen, dass die zurzeit verwendeten nationalen Bauarten bzw. Bauteile im deutschen bauaufsichtlichen System voraussichtlich noch weitere fünf Jahre eingesetzt werden können. Inwieweit jedoch »europäische Bauteile« in welcher Zeit in den deutschen Markt eindringen und aufgrund von Wettbewerbsrandbedingungen den Markt auch verändern, lässt sich heute nicht abschließend bewerten. Bei den Baustoffen (Bauprodukten) sind wesentlich kürzere Übergangszeiten zu erwarten, bei den Gipskartonplatten sind derzeit nur noch Platten mit CE-Kennzeichen auf dem Markt.

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Konsequenzen aus dem neuen Verfahren

Aus den neuen europäischen Produkten (z.B. Baustoffe für Unterdecken, Trennwände und Kanäle) ergeben sich vor allem Probleme bezogen auf die Anwendbarkeitsnachweise der Bauarten (Bauteile). Sowohl DIN 4102–4 – geregelte Bauarten – als auch die allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnisse und die Zulassungen – nicht geregelte Bauarten – nehmen bisher meistens Bezug auf die »alten« nationalen Produkte, so dass ein unmittelbarer Nachweis mit den »neuen« Produkten nicht mehr möglich ist. Hier sind in der Praxis Übertragungsmechanismen gefunden worden, die deren Anwender, d.h. den ausführenden Firmen, Sicherheit geben, dass ihre Bauteile im Objekt auch abgenommen werden.

In Verbindung mit den Gipskartonplatten wurde neben der europäischen Produktnorm DIN EN 520:2009–12 eine Rest-Norm DIN 18180:2007–01 erarbeitet, in der die alten Klassen (GKB und GKF) mit einer Produktqualität enthalten sind, die der bisherigen weitgehend entspricht. Das wurde notwendig, weil nach DIN EN 520 auch Gipskartonplatten möglich sind, die deutlich unter der bisherigen nationalen Qualität liegen. Eine entsprechende Auflistung ist in der BRL erfolgt bzw. in den Technischen Baubestimmungen ist eine entsprechende Ergänzung in DIN 4102–4 aufgenommen worden. Alternativ kann für andere Produkte auch unmittelbar ohne den Zwischenweg einer Rest-Norm eine Verwendungsmöglichkeit in die Technischen Baubestimmungen aufgenommen werden, wenn im Vorfeld geklärt wurde, dass die Abweichungen zu den »neuen« europäischen Produkten im Vergleich zu den nationalen Produkten »unwesentlich« sind. Eine andere Problematik ergibt sich aus der Bewertung der europäischen »kits« – übersetzt: Bausätze –, die zukünftig auf der Grundlage von europäischen Zulassungen in den Markt gebracht werden können, siehe auch Abschnitt 3. Als Beispiel sollen die leichten Trennwände aufgeführt werden mit den zukünftig unterschiedlichen Nachweisverfahren:

  • geregelte Bauart nach DIN 4102–4, z.B. Gipskartonwände oder Wände in Holztafelbauart

  • nicht geregelte Bauarten nach abP mit Anpassung der Baustoffnormen

  • Europäische Zulassung auf der Grundlage der ETAG 003 für leichte Trennwände (Bausatz)

  • Europäische Zulassung auf der Grundlage einer EOTA-Guideline für Brandschutzplatten (end-used-condition wie Wände, Kanäle, Unterdecken usw.)

Bei den Bauarten wird, wie bisher, eine Übereinstimmungserklärung des Ausführenden erforderlich, bei den Bausätzen und bei der Zulassung für die Platten in der endgültigen Verwendung eine CE-Kennzeichnung, wobei nicht geklärt ist, wie das funktionieren soll.

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Bauaufsichtliche Anforderungen im Trockenbau und Schutzziele

Im Rahmen dieses Beitrages macht es wenig Sinn, im Detail auf die Anforderungen für die Konstruktionen einzugehen, da die Schutzziele durch die europäischen Regeln nicht verändert wurden.

Die Gestaltung der tragenden Bauteile und der raumabschließenden Konstruktionen ist in den Anforderungen ebenso wenig verändert wie die Gestaltung der Rettungswege. Positiv ist jedoch festzustellen, dass sich mit der Musterbauordnung (MBO) und den Landesbauordnungen auf der Basis dieser MBO die Schutzziele deutlich besser fassen lassen.

Zunächst sind in den §§ 3 und 14 die allgemeinen Schutzziele mit dem Hinweis verankert, dass von den Technischen Baubestimmungen abgewichen werden kann, wenn mit anderen Lösungen die Schutzziele abgedeckt werden. Außerdem ist vor jedem Abschnitt mit materiellen Anforderungen ein Schutzziel definiert, das zwar nicht unmittelbar in Zahlen gefasst werden kann, das aber den Sinn der Anforderung deutlich werden lässt, z.B.:

Trennwände müssen als raumabschließende Bauteile ausreichend lange widerstandsfähig gegen eine Brandausbreitung sein. Notwendige Flure müssen so ausgebildet sein, dass die Nutzung im Brandfall ausreichend lang möglich ist, und Leitungen dürfen durch die raumabschließenden Bauteile nur hindurchgeführt werden, wenn eine Brandausbreitung ausreichend lange nicht zu befürchten ist.

Bauproduktenverordnung (BauPVo)

Am 24. April 2011 trat die neue EU-Bauproduktenverordnung in Kraft. Sie gilt als Verordnung unmittelbar, wird in Bezug auf die Herstellerpflichten jedoch erst ab dem 01. Juli 2013 verbindlich.

Die Erarbeitung der neuen Bauproduktenverordnung9 wurde national von Beginn an intensiv verfolgt und die Erarbeitung beim Bundesbauministerium, dem Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission begleitet und so die Aufnahme von Anforderungen an die Produktsicherheit sichergestellt. Die nun verabschiedeten Regelungen stellen allgemein aber auch für den Arbeitsschutz einen großen Schritt nach vorne dar:

  • Nach Grundanforderung 3 in Anhang I muss ein Bauwerk derart entworfen und ausgeführt sein, dass es während seines gesamten Lebenszyklus nicht »die Gesundheit und Sicherheit von Arbeitnehmern … gefährdet«. Durch den Bezug auf den Lebenszyklus sind alle Phasen eines Produktlebens von der Beschaffung der Rohstoffe bis zur Entsorgung abgedeckt.

     3.3.4 Bauaufsichtliche Bestimmungen und Brandschutzkonzepte – Seite 16 – 01.03.2013<<>>
  • Die Europäische Kommission kann für bestimmte Familien von Bauprodukten in delegierten Rechtsakten diejenigen wesentlichen Merkmale bestimmen, für die der Hersteller in jedem Fall die Leistung eines Produktes zu erklären hat (Art. 3), unabhängig von nationalen Regelungen am Ort des beabsichtigten Inverkehrbringens.

  • Stellt ein Mitgliedstaat fest, dass ein Bauprodukt eine Gefahr für die Gesundheit oder Sicherheit von Personen darstellt, kann er den betroffenen Wirtschaftsakteur auffordern, Maßnahmen zur Vermeidung der Gefahr zu ergreifen oder das Produkt vom Markt zu nehmen (Art. 58).

Mit dem seit 2010 geltenden Neuen Rechtsrahmen10 unterliegen erstmals auch Bauprodukte der Marktüberwachung. Die Bauproduktenverordnung greift die Regelungen auf und präzisiert sie.

a) Rechtliche Besonderheiten

Wie die alte Richtlinie beruht auch die Verordnung auf dem Prinzip, dass die Wesentlichen Leistungsmerkmale der Bauprodukte nicht festgeschrieben sind, sondern aus den in Anhang I genannten Grundanforderungen an Bauwerke abgeleitet werden müssen. Für diese Merkmale werden dann in harmonisierten technischen Spezifikationen (z.B. Normen) konkrete Anforderungen formuliert. Diese bilden die Grundlage für die Leistungserklärung des Herstellers und die Vergabe der CE-Kennzeichnung.

Als wichtige Besonderheit des Baubereiches gilt weiterhin, dass eine bestimmte Leistung für ein Produkt nur dann erklärt werden muss, wenn am »beabsichtigten« Ort der Bereitstellung auf dem Markt einschlägige nationale Bestimmungen zu berücksichtigen sind (Art. 6 (3)e). Es bleibt zu hoffen, dass diese Regelung nicht missbraucht wird, denn ein Bauherr kann der CE-Kennzeichnung nicht entnehmen, für welches EU-Land die ursprüngliche Erklärung Gültigkeit hatte.

Bis zum Vollzug der Änderungen hat der Gesetzgeber bewusst lange Übergangsfristen gesetzt, um den Herstellern genügend Zeit für die notwendigen Anpassungen zu geben. Die in Art. 66 der neuen Bauproduktenverordnung enthaltenen Übergangsbestimmungen sehen Folgendes vor:

  • Bis zum 30.6.2013 CE-gekennzeichnete Produkte dürfen ungehindert vermarktet werden.

  • Ausgestellte Konformitätsnachweise dürfen weiter verwendet werden.

  • Ausgestellte europäische technische Zulassungen dürfen bis zum Ablauf ihres Geltungsdatums weiter verwendet werden.

 3.3.4 Bauaufsichtliche Bestimmungen und Brandschutzkonzepte – Seite 17 – 01.03.2013<<>>

Trotz zahlreicher Präzisierungen, einiger inhaltlicher Neuerungen und vieler neuer Begriffe bleiben wesentliche Kernelemente weiterhin gültig:

  • Pflicht zur CE-Kennzeichnung

  • Bestehende Konformitätsverfahren

  • Verpflichtung zur werkseigenen Produktionskontrolle

  • Erstprüfung (ITT)

  • Einhaltung der Anforderungen harmonisierter Normen

Die neue BauPVo präzisiert an vielen Stellen die Aussagen der Bauproduktenrichtlinie und bietet eine Reihe von Vereinfachungen. Interessant sind sicher folgende Aspekte:

  • Erweiterung der wesentlichen Eigenschaften bzw. Grundanforderungen, beispielsweise die Sicherheit von Arbeitnehmern, Energieeffizienz und die nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen (Anlage I).

  • Der Begriff »Leistungserklärung« wird als Beschreibung der zugesicherten Eigenschaft eingeführt (Kapitel II, Art. 4) und ist obligatorische Voraussetzung für die CE-Kennzeichnung (Kapitel II, Art. 8).

  • Detailliertere Beschreibung der Pflichten von CE-Akteuren wie Herstellern, Bevollmächtigten und Importeuren in Kapitel III, wobei nun auch »Bausätze« in den Geltungsbereich der Verordnung einbezogen sind.

  • Einführung vereinfachter Nachweisverfahren in Kapitel VI, beispielsweise für Kleinstunternehmen mit bis zu 10 Mitarbeitern und 2 Millionen Euro Jahresumsatz (Artikel 37).

  • Erweiterte Pflichten zur CE-Kennzeichnung, beispielsweise muss das CE-Kennzeichen nun eine Identifikation des Herstellers und dessen Anschrift ermöglichen.

  • Mehr Rechte und Durchgriffsmöglichkeiten für die »Marktüberwachungsbehörden« (Artikel 55 ff.).

In Deutschland arbeiten Bund, Länder und DIBt gemeinsam an den erforderlichen Maßnahmen zur Durchführung der EU-BauPVo.

Schlussfolgerungen

Die neuen bautechnischen Bestimmungen beziehen sich in erster Linie auf die veränderten Baustoff- und Bauteilklassifizierungen und die neuen europäischen Nachweisverfahren mit europäischen Produktnormen und europäischen Zulassungen.

Der europäische Weg ist vorgezeichnet, wie jedoch die Detailumsetzung im nationalen Verfahren laufen wird, ist noch nicht für alle Bereiche absehbar.

 3.3.4 Bauaufsichtliche Bestimmungen und Brandschutzkonzepte – Seite 18 – 01.03.2013<<

Unterschiedliche Industrieinteressen, bauaufsichtliche Zurückhaltung und fehlende Vorgaben in vielen Produktnormen werden ebensolche Hürden sein wie wirtschaftliche Aspekte mit den hohen Investitionskosten in die bisherigen nationalen Produkte und Konstruktionen sowie die Unsicherheit bei den Planern und Ausschreibenden.

Es wird allen am Bau Beteiligten nichts anderes übrig bleiben, als sich mit den neuen europäischen Regeln intensiv auseinanderzusetzen – u.a. Kenntnisnahme der BRL –, die Produkte ggf. an die neuen Spielregeln anzupassen und bei Ausschreibung, Vergabe und Ausführung die neuen Spielregeln zu beachten.

Die Brandschutzkonzepte werden durch die europäischen Regeln nicht beeinflusst, sie werden jedoch erleichtert, wenn man die in den Bauordnungen dargestellten Schutzziele und Verfahren begriffen hat.

Die Europäische Technische Zulassung bzw. European Technical Approval (ETA) ist ein allgemein anerkannter Nachweis zur technischen Brauchbarkeit eines Bauproduktes im Sinne der Bauproduktenrichtlinie in den Mitgliedsstaaten der EU. In Deutschland wird diese Richtlinie bundesweit hoheitlich durch das Bauproduktengesetz (BauPG) geregelt

Eine Europäische Technische Zulassung (ETA) kann auf der Grundlage einer Leitlinie erteilt werden (§ 6 Abs. 4 BauPG u. Art. 9 Abs. 1 bzw. Art. 11 BPR). Die Leitlinie wird auch als ETAG (Abkürzung für »European Technical Approval Guideline«) bezeichnet. Die Entscheidung darüber, ob eine Leitlinie erstellt wird, trifft die Europäische Kommission nach Befassung des Ständigen Ausschusses für das Bauwesen. Die Erarbeitung der Leitlinie erfolgt in der Europäischen Organisation für Technische Zulassungen EOTA (European Organisation for Technical Approvals). Das DIBt ist in allen Arbeitsgruppen zur Erarbeitung von Leitlinien vertreten. Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung gibt die Leitlinien im Bundesanzeiger bekannt (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 BauPG). Die Liste Leitlinien für die europäische technische Zulassung (ETAG enthält alle Leitlinien, die zurzeit für die Erteilung europäischer technischer Zulassungen verfügbar sind. Die deutsche Fassung dieser Leitlinien kann vom DIBt (Service, Publikationen) bezogen werden. Die Liste Leitlinien für die europäische technische Zulassung (ETAG) in Vorbereitung enthält Angaben zu weiteren, in Vorbereitung befindlichen Leitlinien. Bis zur Fertigstellung dieser Leitlinien können europäische technische Zulassungen in den entsprechenden Produktbereichen auf der Grundlage des Verfahrens nach Art. 9 Abs. 2 der BPR erteilt werden (europäische technische Zulassung ohne Leitlinie).

Zuletzt geändert durch Beschluss der Bauministerkonferenz vom Oktober 2008 einschließlich Änderung von § 20 Satz 1 gem. Beschluss der FK Bauaufsicht vom Mai 2009

In Deutschland ist die Bauproduktenrichtlinie durch das Bauproduktengesetz (BauPG) umgesetzt, das in der Neufassung vom 28. April 1998 bekannt gemacht worden ist. Seither wurde das BauPG dreimal geändert: Im Oktober 2001 gab es Änderungen zur Anpassung an die neue Bezeichnung des im Gesetz genannten Ministeriums, im Dezember 2001 erfolgte die »Euro«-Anpassung, im Januar 2004 eine Änderung des § 13 BauPG (Marktaufsicht), die seit dem 1. Mai 2004 in Kraft ist, und zuletzt erfolgte im Oktober 2006 wieder eine Änderung zur Anpassung um die neuen Bezeichnung des im Gesetz genannten Ministeriums (jetzt: Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung).

Die Richtlinie wurde, aufbauend auf den bisherigen Erfahrungen, überarbeitet und als Europäische Verordnung verabschiedet. Diese trat in Teilen am 24. April 2011 in Kraft, vollständig wird sie zum 1. Juli 2013 wirksam.

Herausgeber Deutsches Institut für Bautechnik. Diese Publikation wird im Internet unter www.dibt.de veröffentlicht und ist kostenfrei verfügbar. Die Printversion ist gegen Gebühr beim DIBt erhältlich.

Allgemeine bauaufsichtliche Zulassung

Allgemeines bauamtliches Prüfzeugnis

Verordnung (EU) Nr. 305/2011, http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L: 2011:088:0005:01:DE:HTML

Verordnung (EG) Nr. 765/2008 zur Akkreditierung und Marktüberwachung