DGUV Information 215-316 - Sicherheit bei Produktionen und Veranstaltungen - Brandschutz im Dekorationsbau Fernsehen, Hörfunk, Film, Theater, Veranstaltungen

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Abschnitt 6.1 - 6 Dekorationsbau
6.1 Auswahl der Werkstoffe und Konstruktion

Bei der Auswahl der Werkstoffe für die anzufertigende Ausstattung werden die gestalterischen Anforderungen und die im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung ermittelten Gefährdungen berücksichtigt. Für das Brandverhalten sind sowohl die Eigenschaften der Werkstoffe als auch die Konstruktion entscheidend.

Anzustrebende Brandschutzeigenschaften der Werkstoffe im Ausstattungsbereich:

  • Nichtbrennbar

  • Schwerentflammbar

  • Selbst verlöschend

  • Nicht brennend abtropfend

  • Geringe Rauchdichte

  • Keine toxischen Rauchgase

  • Isolationswirkung (Abschirmung von Zündquellen)

Die Auswahl der Werkstoffe erfolgt nach Ermittlung der produktionsbezogenen Schutzziele und der anzuwendenden Vorschriften anhand der Eigenschaften in den Tabellen der Anhänge 4 und 5.

Die Brandschutzeigenschaften von Werkstoffen werden in entsprechenden Regeln der Technik beschrieben. Nach Baurecht benötigen Materialien im Dekorationsbau einen Verwendbarkeitsnachweis. Eine Gefährdungsbeurteilung allein ist hier nicht ausreichend.

Ein Verwendbarkeitsnachweis ist:

  • Die Klassifizierung des Brandverhaltens nach den Baustoffklassen nach Bauregelliste A Teil 1

  • Eine Klassifizierung nach gleichwertigen Regeln der Technik für Textilien und Möbel (siehe Anhang 2)

  • Eine Einzelprüfung durch eine zugelassene Prüfstelle

  • Der Nachweis einer Behandlung mit einem geeigneten, bauaufsichtlich zugelassenen Feuerschutzmittel

Nachfolgend ist eine Gegenüberstellung der im deutschen Baurecht gebräuchlichen Benennung für Baustoffe und der Klassifizierung der Brandschutzeigenschaften nach europäischer Normung wiedergegeben. Zurzeit können sowohl die DIN EN 13501-1 als auch die DIN 4102-1 angewendet werden.

Die harmonisierte europäische Klassifizierungsnorm DIN EN 13501-1 legt die Verfahren zur Klassifizierung des Brandverhaltens von Bauprodukten (ausgenommen Bodenbeläge) fest.

"Bauprodukte" sind Baustoffe, Bauteile und Anlagen, die hergestellt werden, um dauerhaft in baulichen Anlagen eingebaut zu werden. Hierunter fallen zum Beispiel:

  • Vorhänge und Sitze, die fest mit dem Gebäude verbunden sind

  • Bühnenvorhänge

  • Verdunklungseinrichtungen

  • Bildwände

Die Produkte werden nach ihrem energetischen Beitrag zum Feuer in die Euroklassen A bis F eingeteilt. Das europäische Klassifizierungssystem regelt zusätzlich zum Brandverhalten die Brandparallelerscheinungen. Jeweils drei Klassen für die Rauchentwicklung (s1 bis s3) und das brennende Abtropfen/Abfallen (d0 bis d2) eines Baustoffes sind festgelegt.

Besonders die Rauchentwicklung und das Abtropfverhalten sind wichtige Kriterien für die Evakuierung.

ccc_3012_dreieck_blau.jpgZuordnung der Euroklassen (DIN EN 13501-1) zu den bauaufsichtlichen Benennungen nach Bauregelliste A
Bauaufsichtliche BenennungenBezeichnung nach DIN 4102Europäische Klasse nach DIN EN 13501-1
Energetischer Beitrag zum FeuerRauchentwicklungAbtropfverhalten
NichtbrennbarA1A1
A2A2s1d0
SchwerentflammbarB1B, Cs1d0
A2, B, Cs2d0
A2, B, Cs3d0
A2, B, Cs1d1
A2, B, Cs1d2
A2, B, Cs3d2
NormalentflammbarB2Ds1d0
s2d0
s3d0
E
Ds1d2
s2d2
s3d2
Ed2
Keine Leistung festgestellt *B3F

Bauaufsichtlich mit "leichtentflammbar" gleichgesetzt

Tabelle 1

In den folgenden Tabellen werden die im Rahmen der europäischen Klassifizierung verwendeten Buchstaben sowie die zusätzlichen Angaben zur Klassifizierung des Brandverhaltens von Baustoffen nach DIN EN 13501-1 erläutert.

ccc_3012_dreieck_blau.jpgEuroklassen und Anforderungsniveau
A1Nichtbrennbar
Kein Beitrag zum Brand
A2Vernachlässigbarer Beitrag zum Brand
BSchwerentflammbar
Sehr begrenzter Beitrag zum Brand
CNormalentflammbar
Begrenzter Beitrag zum Brand
DNormalentflammbar
Hinnehmbarer Beitrag zum Brand
ENormalentflammbar
Hinnehmbares Brandverhalten
FLeichtentflammbar
Keine Leistung feststellbar

Tabelle 2

ccc_3012_dreieck_blau.jpgRauchentwicklung
s1Vernachlässigbar
s2Schwach
s3Stark

Tabelle 3

ccc_3012_dreieck_blau.jpgAbtropfverhalten
d0Kein brennendes Abtropfen innerhalb der ersten 10 Minuten
d1Kein brennendes Abtropfen mit einer Nachbrennzeit > 10 Sekunden innerhalb der ersten 10 Minuten
d2Weder d0 noch d1

Tabelle 4

Durch die Verwendung von schwerentflammbaren Werkstoffen wird die Möglichkeit einer Brandentstehung verringert. Für den Brandfall sollten die verwendeten Werkstoffe Eigenschaften besitzen, die eine schnelle Brand- und Rauchausbreitung verhindern.

Materialien, an die brandschutztechnische Anforderungen gestellt werden, die jedoch nicht als Bauprodukte im obigen Sinne gelten, da sie nicht fest eingebaut sind, bezeichnet man als "Einrichtungen". Hierunter fallen zum Beispiel:

  • Bühnendekorationen (Kulissen)

  • Dekorationen, textile Stoffe

  • Möbel

Die Einstufung als "Einrichtung" bedingt, dass diese Materialen hinsichtlich der Anforderung an das Brandverhalten wie Baustoffe zu behandeln sind. Das Brandverhalten kann auch anhand spezieller Normen für diese Materialien nachgewiesen werden, wenn die Klassifizierung des Brandverhaltens mit den Baustoffklassen der DIN 4102-1 gleichwertig ist und der Nachweis von einer anerkannten Prüfstelle erstellt wurde. Dies kann beim Nachweis des Brandverhaltens von Textilien und Möbeln nach den nachstehend aufgeführten Normen zutreffen (siehe auch Anhang 2):

  • DIN 66080 (Textile Erzeugnisse)

  • DIN 66084 (Polsterverbunde)

  • DIN 66090-1 (Textile Fußbodenbeläge)

  • DIN EN 1021-1 und -2 (Polstermöbel)

  • DIN EN 1624, DIN EN 1625 (Industrielle und technische Textilien)

  • DIN EN 13772, DIN EN 13773 (Vorhänge und Gardinen)

Beim Materialeinkauf ist darauf zu achten, dass vom Hersteller aussagefähige Produktinformationen und Prüfzeugnisse zum Brandverhalten mitgeliefert werden. Die Produktinformationen und Prüfzeugnisse sind am Produktions- oder Veranstaltungsort vorzuhalten. Rechnungen oder Lieferscheine sind kein ausreichender rechtlicher Nachweis.

Zur Erfüllung bestimmter gestalterischer oder szenischer Vorgaben kommen in manchen Fällen nur Werkstoffe oder Konstruktionen infrage, die keine schwerentflammbaren Eigenschaften haben. Ergibt sich aus der Gefährdungsbeurteilung, dass das Risiko einer Brandentstehung vertretbar gering ist, können derartige Werkstoffe und Konstruktionen verwendet werden. Gegebenenfalls ist nach Baurecht eine Abstimmung mit der für den Brandschutz zuständigen Stelle erforderlich.

Umgang mit Nachweisen über das Brandverhalten
Teilweise sind die Herstellerangaben zu Brandschutzeigenschaften sehr knapp und ungenau. Grundsätzlich ist es immer notwendig, die technischen Datenblätter oder Nachweise bezogen auf den konkreten Anwendungsfall zu überprüfen. Die Brandschutzeigenschaften sind immer nur unter ganz bestimmten Prüfbedingungen zertifiziert, die im Dekorationsbereich selten eingehalten werden können.

Typische Kriterien sind zum Beispiel bestimmte Untergründe, Verbünde (Materialabstand untereinander), Umgebungsbedingungen (innen, außen) und Mindestmaterialdicken. Ebenfalls können flächige statt räumliche Prüfsituationen (Schnee auf einer Metallplatte statt frei fallender Schnee) von Bedeutung sein. Eventuell ist nur das Basismaterial statt des Fertigprodukts zertifiziert (Papier, jedoch nicht das vertriebene Konfetti).

Weiterhin haben zum Beispiel Auftragsmengen, Schichtdicken und Imprägnierungen Einfluss auf die gewünschte Eigenschaft. Ausstattungen mit schmalen Kanten (Stirnseiten) oder aus sehr rauen und porigen Materialien sind besonders brandgefährdet. Im Gegensatz dazu sind glatte Oberflächen in der Regel nur sehr schwer zu entzünden. Zu beachten ist, dass auch klassifizierte Baustoffe ihre Eigenschaften zum Beispiel nach dem mechanischen Bearbeiten, dem Beschichten oder Verkleben verlieren können. Zur Kompensation dieser Abweichungen können zusätzliche Brandschutzmaßnahmen erforderlich werden.