DGUV Information 205-021 - Leitfaden zur Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung im Feuerwehrdienst

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Abschnitt 2 - Grundlagen

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Unfallverhütungsvorschriften, Regeln, Informationen und Grundsätze

Die gesetzlichen Unfallversicherungsträger erlassen Unfallverhütungsvorschriften (DGUV Vorschriften), um z. B. den Feuerwehrdienst möglichst sicher zu gestalten. DGUV Regeln, DGUV Informationen und DGUV Grundsätze konkretisieren die Anforderungen der Unfallverhütungsvorschriften für die Praxis. Die Inhalte richten sich an den Unternehmer bzw. die Unternehmerin und die Versicherten. Im kommunalen Bereich ist die Unternehmerin die Gemeinde bzw. die Stadt und wird durch den Bürgermeister oder die Bürgermeisterin und den Gemeinde- bzw. Stadtrat vertreten. Es stellt sich die Frage, welche Inhalte des Regelwerkes sind zwingend einzuhalten und welche haben einen empfehlenden Charakter? Darf von Empfehlungen abgewichen werden und welche möglichen Konsequenzen könnten sich dadurch im Falle eines Unfalles ergeben?

ccc_2049_190401_02.jpgUnfallverhütungsvorschriften
Unfallverhütungsvorschriften sind als autonomes Recht für Unternehmer, Unternehmerinnen und Versicherte - wie staatliche Gesetze und Verordnungen - verbindlich. Ein Abweichen von Unfallverhütungsvorschriften ist nicht zulässig.
Besondere Bedeutung für die Freiwilligen Feuerwehren haben die Unfallverhütungsvorschriften DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention" und die DGUV Vorschrift 49 "Feuerwehren".
ccc_2049_190401_03.jpgDGUV Regeln
DGUV Regeln geben den Verantwortlichen Hilfestellung bei der Umsetzung ihrer Pflichten aus den Unfallverhütungsvorschriften. Bei Beachtung der dort enthaltenen Empfehlungen kann davon ausgegangen werden, dass die geforderten Schutzziele der Unfallverhütungsvorschriften erreicht werden. Abweichungen von den von DGUV Regeln sind möglich, soweit mindestens die gleiche Sicherheit und der gleiche Gesundheitsschutz gewährleistet sind.
ccc_2049_190401_04.jpgDGUV Informationen und DGUV Grundsätze
DGUV Informationen und DGUV Grundsätze enthalten Hinweise und Empfehlungen zur praktischen Umsetzung von DGUV Vorschriften und DGUV Regeln in verschiedensten Tätigkeitsbereichen. Auch hier kann davon ausgegangen werden, dass bei Beachtung der Inhalte das entsprechende Schutzziel der Unfallverhütungsvorschrift erreicht wird.

Warum ist eine Gefährdungsbeurteilung bei der Feuerwehr erforderlich?

Die Gefährdungsbeurteilung ist ein geeignetes Hilfsmittel bei der eigenverantwortlichen Auswahl wirksamer Maßnahmen für Sicherheit und Gesundheitsschutz für alle Feuerwehrangehörigen. Aus diesem Grund hat die Unternehmerin oder der Unternehmer nach § 4 der Unfallverhütungsvorschrift "Feuerwehren" (DGUV Vorschrift 49) eine Gefährdungsbeurteilung zu erstellen. Dabei sind relevante physische und psychische Gefährdungen systematisch zu ermitteln und zu bewerten.

Die Unternehmerin oder der Unternehmer hat daraus wirksame Maßnahmen abzuleiten, diese umzusetzen sowie sie regelmäßig auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung sind auch Tätigkeiten zu berücksichtigen, die nicht unmittelbar das Einsatzgeschehen betreffen, wie z. B. Dienst in Werkstätten und andere Tätigkeiten in der Feuerwehr. Zusätzlich ergeht in § 3 Abs. 5 dieser Vorschrift ein besonderer Hinweis für Personen, die in Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen unentgeltlich tätig werden. Für diese hat der Unternehmer Maßnahmen zu ergreifen, die denen dieser Vorschrift gleichwertig sind.

ccc_2049_190401_05.jpgDamit ergibt sich auch für Träger bzw. Trägerinnen der Freiwilligen Feuerwehren die Verpflichtung zur Gefährdungsbeurteilung.

Müssen für alle Tätigkeiten im Feuerwehrdienst Gefährdungsbeurteilungen erstellt werden?

Nicht für jede Tätigkeit des Feuerwehrdienstes muss eine Gefährdungsbeurteilung erstellt werden. Denn die DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention" (s. § 3 Abs. 5) ermöglicht der Unternehmerin bzw. dem Unternehmer, dass sie für ehrenamtliche Feuerwehrangehörige gleichwertige Maßnahmen ergreifen, die den Zielen und Grundsätzen der Gefährdungsbeurteilung entsprechen.

Was sind "gleichwertige Maßnahmen"?

Bei Feuerwehren entsprechen die nach dem spezifischen Vorschriften- und Regelwerk der Unfallversicherungsträger und den Feuerwehr-Dienstvorschriften zu ergreifenden Maßnahmen in der Regel den Maßnahmen, die infolge einer ordnungsgemäß durchgeführten Gefährdungsbeurteilung zu ergreifen wären. Ihre Einhaltung spricht daher für die Gleichwertigkeit im Sinne der DGUV Vorschrift 1. Anstatt einer Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung genügt hier also die Anwendung und Umsetzung des für diese Betriebsart spezifischen Vorschriften- und Regelwerks der Unfallversicherungsträger und der Feuerwehr-Dienstvorschriften.

Wann ist die Gefährdungsbeurteilung erforderlich?

Durchzuführen ist eine Gefährdungsbeurteilung insbesondere dann, wenn für bestimmte Tätigkeiten im Feuerwehrdienst keine Regelungen durch das Vorschriften- und Regelwerk der Unfallversicherungsträger bzw. Dienstvorschriften bestehen oder sich darin keine ausreichenden Hinweise zu konkreten Maßnahmen finden.

Darüber hinaus erfordern insbesondere folgende Anlässe die Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung:

  • sofern ein Abweichen von DGUV Regeln, DGUV Informationen und DGUV Grundsätzen erforderlich ist

  • bei Beschaffung und Umrüstung von Arbeitsmitteln (z. B. Werkzeuge, Maschinen)

  • beim Einsatz neuer Arbeitsstoffe (z. B. Desinfektionsmittel, Schaummittel)

  • nach Unfällen oder Beinaheunfällen im Feuerwehrdienst oder tätigkeitsbedingten Erkrankungen

  • wenn bauliche Anlagen nicht den Anforderungen des feuerwehrspezifischen Regelwerks entsprechen

  • bei Hinweisen zu gefährlichen Situationen, z. B. von Behörden, Unfallversicherungsträgern oder Feuerwehrverbänden

  • Vorbereitung auf Übungen

Gefährdungsbeurteilung auch im Einsatz?

Im Einsatz gilt, dass ein Vorgehen entsprechend der Feuerwehr-Dienstvorschrift 100 "Führung und Leitung im Einsatz" (FwDV 100) den Maßnahmen aus der Gefährdungsbeurteilung gleichwertig ist. Der dort aufgezeigte Führungsvorgang mit Lagefeststellung, Planung und Befehlsgebung entspricht den wesentlichen Schritten der Gefährdungsbeurteilung.

Dabei muss abgewogen werden, ob das Restrisiko für Feuerwehrangehörige im Verhältnis zum Einsatzziel steht. Es gilt: "Eigenschutz geht vor Fremdschutz".

Gefährdungsbeurteilung im Rahmen der Einsatzvorbereitung

Zur Vorbereitung auf Einsätze hat es sich bewährt, die Vorgehensweise für Standardsituationen bereits im Vorfeld festzulegen, z. B. in einer Standard-Einsatz-Regel. Dabei sind insbesondere die ortsspezifischen Besonderheiten zu berücksichtigen, die im allgemeinen Regelwerk keinen Niederschlag gefunden haben. Werden hierbei Sicherheit und Gesundheitsschutz der Feuerwehrangehörigen ausreichend berücksichtigt, ist dies das Ergebnis einer Gefährdungsbeurteilung.

Für die Auswahl geeigneter persönlicher Schutzausrüstung wird auch auf die DGUV Information 205-014 "Auswahl von persönlicher Schutzausrüstung für Einsätze bei der Feuerwehr" hingewiesen.

Wer ist für die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung verantwortlich?

Es ist Aufgabe der Trägerin bzw. des Trägers der Feuerwehr, Gefährdungsbeurteilungen zu erstellen (s. § 4 DGUV Vorschrift 49).

Die Leitung der Feuerwehr ist aufgefordert, dem Träger oder der Trägerin der Feuerwehr erkannte Anlässe für die Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung zu melden. Sinnvoller Weise sind die Leitung und evtl. weiteres Fachpersonal der Feuerwehr bei der Erstellung der Gefährdungsbeurteilung zur Beratung hinzu zu ziehen. Mit Hilfe ihrer Kenntnisse und Erfahrungen können relevante Gefährdungen analysiert und wirksame - vor allem praxisgerechte - Maßnahmen ergriffen werden.

Erforderlichenfalls hat sich die Unternehmerin oder der Unternehmer bei der Erstellung der Gefährdungsbeurteilung gemäß § 5 der DGUV Vorschrift 49 "Feuerwehren" beraten zu lassen. Diese Beratung soll z. B. durch

  • Fachkräfte für Arbeitssicherheit (vorzugsweise mit Kenntnissen im Feuerwehrbereich),

  • mit den Aufgaben der Feuerwehr vertraute Ärztinnen oder Ärzte,

  • geeignete psychosoziale Fachkräfte

erfolgen.

Gerade die Fachkraft für Arbeitssicherheit kann die systematische Vorgehensweise bei der Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung erläutern und steht mit ihrem Fachwissen bei der Suche nach geeigneten Maßnahmen beratend zur Seite.

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