
Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen in der Metallindustrie (bisher: BGI 805)
Abschnitt 3.2 – Festlegung von Maßnahmen
Grundsätzlich sind Beschäftigte, die Tätigkeiten ausüben, bei denen sie biologischen Arbeitsstoffen ausgesetzt sind, durch geeignete Maßnahmen zu schützen.
Generell wird in der BioStoffV zwischen
Schutzmaßnahmen (§ 10 BioStoffV, Schutzmaßnahmen - TRBA der Reihe 100 - 299),
allgemeinen Hygienemaßnahmen (§ 11 BioStoffV, TRBA 500)
und
gefährdungsabhängigen speziellen Sicherheitsmaßnahmen (Anhang II und III BioStoffV)
unterschieden.
Der Unternehmer hat auf der Grundlage der Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung und unter Berücksichtigung der genannten Vorschriften Schutzmaßnahmen festzulegen.
Die in den Anhängen II und III der BioStoffV aufgeführten Sicherheitsmaßnahmen sind jedoch vorwiegend auf gezielte Tätigkeiten ausgerichtet und auf (nicht gezielte) Tätigkeiten in der Metallbranche nur selten anwendbar. Die Schutz-/Hygienemaßnahmen nach §§ 10 und 11 der BioStoffV und die in der TRBA 500 beschriebenen allgemeinen Hygienemaßnahmen sind hingegen auch in diesen Bereichen geeignet, eine Gefährdung der Beschäftigten zu verringern.
3.2.1
Rangfolge der Schutzmaßnahmen
Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen der Risikogruppen 2, 3 und 4 unterliegen zuerst einem Substitutionsgebot (§ 10 Abs. 2 BioStoffV), d.h. auf der Grundlage der Gefährdungsermittlung ist zu prüfen, ob ggf. unbedenklichere biologische Stoffe eingesetzt werden können oder ob durch Wahl eines anderen Arbeitsverfahrens/-mittels eine geringere gesundheitliche Gefährdung erreicht werden kann.
Da im Bereich der Metallindustrie fast ausschließlich nicht gezielte Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen durchgeführt werden, ergibt sich in der Regel auch keine Ersatzmöglichkeit für den biologischen Arbeitsstoff.
Bei der Rangfolge der Maßnahmen gilt das aus dem Gefahrstoffrecht hinlänglich bekannte abgestufte Konzept mit technischen, organisatorischen und persönlichen Maßnahmen.
3.2.2
Hygienemaßnahmen
Bei allen Tätigkeiten (gezielt und nicht gezielt) mit biologischen Arbeitsstoffen sind grundsätzlich als Mindestforderung die allgemeinen Hygienemaßnahmen der Schutzstufe 1 nach TRBA 500 "Allgemeine Hygienemaßnahmen: Mindestanforderungen" einzuhalten.
Folgende Aspekte werden u.a. geregelt:
Sauberkeit im Arbeitsbereich durch leicht zu reinigende Oberflächen und regelmäßige Reinigungen,
Maßnahmen zur Vermeidung/ Verminderung von Emissionen
und
persönliche Sauberkeit: hygienische Handreinigung vor Pausen und Arbeitsende, getrennte Aufbewahrung von Arbeits- und Straßenkleidung, regelmäßige Reinigung der Arbeitskleidung oder persönlichen Schutzausrüstungen, Essen und Trinken nur in sauberen Bereichen.
Gerade der Einhaltung der allgemeinen Hygieneregeln kommt im Arbeitsschutz bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen eine besondere Bedeutung zu.
3.2.3
Weitere Schutzmaßnahmen
Ist die Tätigkeit der Schutzstufe 2 oder darüber zuzuordnen, müssen über die allgemeinen Hygieneregeln hinausgehende Schutzmaßnahmen getroffen werden. Möglichkeiten der Minimierung von gesundheitlichen Gefährdungen sind z.B.
Auswahl und Gestaltung geeigneter und sicherer Arbeitsverfahren (z.B. Kapselung, Absaugung, hoher Luftwechsel, Über- bzw. Unterdruck),
regelmäßige Kontrolle, Wartung und Pflege der technischen Schutzmaßnahmen,
regelmäßige Überprüfung des Arbeitsbereiches auf mögliche Kontamination,
Festlegung von Schutzmaßnahmen bei Betriebsstörungen bzw. Unfall
sowie
Maßnahmen zur sicheren Lagerung, zum Transport und zur Entsorgung.
Je nach Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung kann es ggf. erforderlich sein, weitere Schutzmaßnahmen zu treffen:
Begrenzung der Zahl der Exponierten (Zugangsbeschränkungen)
und
Kennzeichnung des Arbeitsbereiches mit dem Symbol der Biogefährdung (Bild 3-5).

Bild 3-5: Symbol für Biogefährdung
Bei sehr vielen nicht gezielten Tätigkeiten müssen auch allergene und toxische Wirkungen bei der Festlegung von Maßnahmen berücksichtigt werden. Oft wird eine Verminderung der Gefährdung durch biologische Arbeitsstoffe auch durch Maßnahmen zum Schutz vor Gefahrstoffen erreicht.
Der Unternehmer darf Beschäftigten gezielte/nicht gezielte Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen der Risikogruppen 3 und 4 nur übertragen, wenn diese ausreichend fachkundig und eingewiesen sind. Hier ist zusätzlich die Aufstellung eines Notfallplans zwingend erforderlich.
3.2.4
Überprüfung der Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen
In der Gefährdungsbeurteilung sind zwar in der Regel geeignete Schutzmaßnahmen festgelegt worden, ihre Wirksamkeit ist jedoch häufig nicht oder nicht mehr gegeben. Der regelmäßigen Überprüfung von Funktion und Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen kommt daher in der Praxis eine besondere Bedeutung zu.
Hierfür ist es zunächst wichtig, einen Verantwortlichen festzulegen. Die eigentliche Überprüfung der Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen kann - je nach Anwendungsfall - sehr unterschiedlich ausfallen. Parameter zur Beurteilung können beispielsweise sein:
die geforderten Luftvolumenströme,
die Luftein- und -austrittsgeschwindigkeit,
Filterrückhaltevermögen
und
Dichtheit von Anlagenkapselungen.
Die Kontrolle kann daher auch häufig aufgrund recht einfach und optisch zu beurteilender Parameter erfolgen und setzt keineswegs Messungen voraus. Im Technischen Regelwerk ist sogar nur ein einziger "Technischer Kontrollwert" (TKW) zur Überprüfung der Wirksamkeit von technischen Schutzmaßnahmen aufgestellt worden, und zwar für Kompostieranlagen (TRBA 211).
Ist für einen Bereich eine TRBA erstellt worden, können hieraus konkrete Hinweise zu geeigneten Überprüfungsmethoden entnommen werden.
3.2.5
Betriebsanweisung, Unterweisung und arbeitsmedizinische Beratung
Der Unternehmer hat auf der Grundlage der Gefährdungsbeurteilung vor Aufnahme der Tätigkeit arbeitsbereichs- und stoffbezogene Betriebsanweisungen zu erstellen (§ 12 BioStoffV).
Die Betriebsanweisung soll die Beschäftigten informieren über
mögliche Gefahren,
Schutzmaßnahmen und Verhaltensregeln,
das Verhalten bei Unfällen und Betriebsstörungen sowie
Erst-Hilfe-Maßnahmen.
Besteht an einem Arbeitsplatz sowohl Umgang mit einem Gefahrstoff als auch mit einem biologischen Arbeitsstoff, sollte eine gemeinsame Betriebsanweisung erstellt werden.
Die Betriebsanweisung ist in einer für den Beschäftigten verständlichen Form und Sprache abzufassen und an geeigneter Stelle in der Arbeitsstätte bekannt zu machen.
Die BG-Information "Betriebsanweisungen nach der Biostoffverordnung" (BGI 853) enthält Musterbetriebsanweisungen für typische branchenspezifische nicht gezielte Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen.
Für Arbeitsbereiche mit erfahrungsgemäß erhöhtem Infektions- oder Unfallrisiko (z.B. bei Instandhaltungs-, Reinigungs- oder Abbrucharbeiten in oder an kontaminierten Anlagen, Geräten oder Einrichtungen) fordert die BioStoffV (§ 12 Abs. 3) ausdrücklich zusätzlich Arbeitsanweisungen mit konkreten Hinweisen zur Reduzierung der Unfallgefahr.
Die Beschäftigten sind anhand der Betriebsanweisung gemäß § 14 Arbeitsschutzgesetz und § 12 Abs. 2 BioStoffV über die auftretenden Gefahren sowie über die Schutzmaßnahmen mündlich und arbeitsplatzbezogen zu unterweisen. Die Beschäftigten sind insbesondere über die Notwendigkeit der Einhaltung der allgemeinen Hygieneregeln am Arbeitsplatz als wichtiger Faktor zur Minderung der gesundheitlichen Gefährdung aufzuklären.
Erstmalig schreibt die novellierte BioStoffV (§ 12 Abs. 2a) im Rahmen der Unterweisung auch eine allgemeine arbeitsmedizinische Beratung für alle Beschäftigten, die Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen durchführen, vor. Die Beschäftigten sollen dabei insbesondere über die Möglichkeit von Angebotsuntersuchungen, Impfmöglichkeiten und mögliche individuelle Gefährdungen (z.B. dauernd verminderte Immunabwehr) informiert werden (siehe auch Abschnitt 4 "Arbeitsmedizinische Vorsorge").
Die Unterweisung der Beschäftigten muss vor Aufnahme der Tätigkeit durchgeführt und in Folge jährlich überprüft werden. Bei Änderung der Arbeitsbedingungen, die zu einer erhöhten Gefährdung der Beschäftigten führen können, hat erneut eine Unterweisung zu erfolgen.

Bild 3-6: Musterbetriebsanweisung - BGI 853
Weitere Gründe für eine vorgezogene Unterweisung vor Ablauf der Jahresfrist sind:
eine Kontamination des Arbeitsplatzes,
das Auftreten einer Erkrankung oder einer Infektion bei Beschäftigten, die auf Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen zurückzuführen sein kann sowie
bei Feststellung gesundheitlicher Bedenken im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchung (§ 12 Abs. 2 Satz 2).
Der Unterwiesene muss die erhaltene Unterweisung durch persönliche Unterschrift bestätigen, wobei Inhalt und Zeitpunkt ebenfalls schriftlich festzuhalten sind.