DGUV Information 202-113 - Inklusion im Schulsport Handreichung für Lehrkräfte

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Abschnitt 4.5 - 4.5 Zur Planung und Gestaltung von Schulsportangeboten

Besondere Beachtung im Schulsport erfahren gesundheitliche Einschränkungen und chronische Erkrankungen, die je nach Ausprägung

  • Auswirkungen auf die körperliche Belastbarkeit und Leistungsfähigkeit haben;

  • Auswirkungen auf die motorischen Voraussetzungen, die eingeschränkte Bewegungsfähigkeit und Bewegungssteuerung haben;

  • tagesaktuell schwankende körperliche und seelische Ausprägungen mit sich bringen;

  • zu einer akuten Notfallsituation führen können.

Um eine sichere und gesundheitsdienliche Teilnahme am Schulsport für die Schülerinnen und Schüler zu gewährleisten, kann die Gestaltung der Angebote für die Lehrkraft Anforderungen in unterschiedlichen Bereichen mit sich bringen.

Anregungen für den Umgang mit diesen Anforderungen werden im Folgenden dargestellt:

Gewährleistung erhöhter Aufsicht generell oder bei bestimmten Bewegungen oder Belastungen
  • markante Kennzeichnung der Person, z. B. durch eine farbige Badehaube

  • Sichtkontakt gewährleisten

  • Positionierung im Raum festlegen

  • wenn nötig Einzelaufsicht bereitstellen

  • geeignete Sozialformen auswählen

  • Zeichen vereinbaren


BEISPIEL
Beim Schwimmunterricht erhält eine Schülerin mit Epilepsie und akuter Anfallsgefährdung wegen Ertrinkungsgefahr für den Fall eines Anfalls Einzelaufsicht. Die Schülerin trägt während des Schwimmunterrichts eine rote Badekappe. Durch die farbliche Markierung ist das Bewegungsverhalten der Schülerin über und unter Wasser deutlich zu erkennen und zu beobachten.
Anpassung der Angebote unter Berücksichtigung der individuellen gesundheitlichen Voraussetzungen
  • Differenzierungsmöglichkeiten einplanen

  • alternative Angebote bereitstellen

  • Wahlmöglichkeiten anbieten

  • Abfrage der Tagesform vor Beginn der Einheit

  • die Schülerin oder den Schüler durch Vorankündigungen auf spezifische Belastungssituationen vorbereiten

  • Raum für individuelle Absprachen mit der Schülerin oder dem Schüler schaffen


BEISPIEL
Für einen Schüler mit Asthma und geringer konditioneller Belastungsfähigkeit plant die Lehrkraft regelmäßige Pausen ein. Vor Beginn des Laufspiels kündigt sie dem Schüler an, dass das Spiel ohne Bewegungspausen sehr anstrengend für ihn werden kann. Beide verabreden für die Spieldauer ein Handzeichen, welches eine individualisierte Pause anzeigt, in der der Schüler eine markierte Runde langsam durch die Halle geht, bevor er wieder in das Spiel einsteigt.
Vermeidung nicht förderlicher Bewegungen und Belastungen
  • Selbsteinschätzung und Selbstregulation stärken; Unterstützung geben, präventive und entlastende Maßnahmen eigenständig zu ergreifen

  • auf äußerliche Anzeichen achten (z. B. Gesichtsfarbe, Benommenheit, Ansprechbarkeit, Atemfluss, Schweißbildung)

  • Vertrauen aufbauen, damit die Schülerin, der Schüler sich traut, Hilfe einzufordern

  • Gruppenleistungsdruck vermeiden, individuelle Lernangebote als Alternative anbieten


BEISPIEL
Ein Schüler hat starkes Übergewicht. Die Lehrkraft schlägt vor, dass er beim Springen auf einem großen Trampolin immer nach zehn Sprüngen eine kurze Pause machen soll, indem er langsam drei Runden über das Trampolin geht. Die Lehrkraft baut für den Schüler eine Kastentreppe vor das Trampolin. Diese dient als Hilfestellung für das Verlassen des Trampolins, da es dem Schüler schwerfällt, sein Körpergewicht beim Absteigen vom Trampolin ohne Hilfestellung gezielt abzufangen.
Förderung und Berücksichtigung förderlicher Bewegungen und Belastungen
  • für die Beachtung von besonderen Merkmalen bei der Bewegungsausführungen Erinnerungshilfen geben

  • Ermöglichung (zusätzlicher) förderlicher Schulsportangebote


BEISPIELE
Ein Schüler mit einer Rheumaerkrankung ist auf Grund seiner ausgeprägten Bewegungseinschränkungen und Versteifungen der Gelenke im Sportunterricht in Teilbereichen vom Sportunterricht befreit. Das Bewegen im Wasser wird als besonders förderlich von seinen Eltern und dem behandelnden Arzt angesehen, da es die Gelenke mobilisiert, den Muskeltonus senkt und so die allgemeine Bewegungsfähigkeit erhöht. Er nimmt deshalb zusätzlich zum Schwimmunterricht mit der Klasse an der klassen- und stufenübergreifenden Schwimm-AG teil.

Die Lehrkraft erinnert einen Schüler mit chronischen Rückenschmerzen und einer ausgeprägten Haltungsschwäche im Rumpf wiederholt daran, bei Bewegungsausführungen den Kopf gerade zu halten. Dieser Schüler nimmt einmal wöchentlich am Sportförderunterricht teil.
Vermeidung von Bewegungen und Belastungen, die zu Gefahren führen können
  • präventive Sicherheitsvorkehrungen einplanen

  • Sonderregeln für einzelne Schülerinnen und Schüler aufstellen

  • auf Risiken hinweisen und Handlungsanweisungen in der entsprechenden Situation geben

  • erklären, warum ein individuelles Risiko besteht


BEISPIELE
Eine Schülerin mit Epilepsie und akuter Anfallsgefahr klettert an der Sprossenwand nur bis zu einer markierten Höhe, da im Falle eines Anfalls Absturzgefahr besteht.

Ein Schüler mit Hämophilie (Störung der Blutgerinnung) nimmt bei der Erarbeitung des "Hocksprungs über einen Kasten mit Anlauf" nicht teil, um Blutergüsse zu vermeiden. Er überquert den Kasten ohne Anlauf auf individuelle Art und Weise (unter Umständen auch mit besonderer Hilfestellung).
Spezifische Bedingungen schaffen und Ressourcen und Hilfsmittel bereitstellen
  • Hilfsmittel zur Verfügung haben

  • Notfall-Medikamente griffbereit an einem festgelegten Ort aufbewahren

  • den organisatorischen Rahmen anpassen


BEISPIELE
Für einen Schüler mit Diabetes liegen beim Schwimmunterricht in einer wasserdichten Kiste ein Blutzuckermessgerät und Traubenzucker am Beckenrand griffbereit. Für den Notfall hat die Lehrkraft ein Päckchen Traubenzucker im Klassensportordner dabei, um dem Schüler bei einer Unterzuckerung schnell helfen zu können.

Eine Schülerin mit ausgeprägter Neurodermitis verlässt das Schwimmbad zehn Minuten früher als die anderen Schülerinnen und Schüler der Lerngruppe, damit sie hinreichend Zeit hat, sich nach dem Duschen einzucremen.
Handlungspläne für Hilfestelllungen bei akuter gesundheitlicher Krise oder bei möglichen Notfällen bereithalten
  • Informationen für den Notfall mit relevanten Informationen für den Rettungsdienst bereithalten (evtl. in Form eines Notfall-Passes von der behandelnden Ärztin bzw. vom behandelnden Arzt)

  • organisatorische Voraussetzungen berücksichtigen

  • über Kenntnisse in Bezug auf Unterstützungsmaßnahmen bei einer akuten gesundheitlichen Krise verfügen


BEISPIEL
Die Sportlehrerin hat im Unterricht die Schülerlaufmappe eines Schülers mit Asthma griffbereit, in der relevante Informationen für den Notfall enthalten sind. Zusätzlich beinhaltet die Mappe mit den Eltern schriftlich vereinbarte und vom Hausarzt empfohlene Handlungsmaßnahmen für den Notfall. In diesem Fall wird die dem Schüler bekannte Durchführung der Lippenbremse und die Einnahme eines Asthmasprays empfohlen. Die Lehrkraft vereinbart mit dem Schüler vor jeder Unterrichtseinheit einen Ort, an dem der Schüler sein Notfallspray lagert, damit es für ihn leicht zugänglich ist und die Lehrkraft es ihm holen und in die Hand geben kann, wenn der Schüler das in der Situation allein nicht schafft.