TRBS 1115 - TR Betriebssicherheit 1115

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Abschnitt 3 TRBS 1115 - Sicherheitsrelevante MSR-Einrichtungen

3.1 Allgemeines

(1) Gemäß § 5 Absatz 1 BetrSichV müssen Arbeitsmittel, also auch zugehörige sicherheitsrelevante MSR-Einrichtungen, für den Einsatzzweck geeignet und unter den vorgesehenen Einsatzbedingungen und den vorhersehbaren Beanspruchungen sicher sein.

(2) Gemäß § 5 Absatz 3 BetrSichV müssen auch Arbeitsmittel, die der Arbeitgeber für eigene Zwecke selbst hergestellt hat, den grundlegenden Sicherheitsanforderungen der für sie geltenden EU-Richtlinien und -Verordnungen entsprechen. Den formalen Anforderungen der für das Arbeitsmittel geltenden EU-Richtlinien brauchen die Arbeitsmittel nicht zu entsprechen, es sei denn, es ist in der jeweiligen Richtlinie ausdrücklich anders bestimmt.

(3) Sicherheitsrelevante MSR-Einrichtungen, ihre Integration in das Arbeitsmittel und ihre Anwendung müssen dem Stand der Technik entsprechen. Der Stand der Technik ergibt sich aus den einschlägigen Normen des z. B. Produktsicherheitsrechts und ggf. aus staatlichen Regeln. Sie bezeichnen sicherheitsrelevante MSR-Einrichtungen auch als sicherheitsbezogene Steuerungen oder PLT-Sicherheitseinrichtungen (PLT = Prozessleittechnik).

(4) Sicherheitsrelevante MSR-Einrichtungen dienen der Verhinderung von Gefährdungen bei der Verwendung von Arbeitsmitteln, die nicht durch inhärent sichere Konstruktion des Arbeitsmittels oder durch trennende Schutzeinrichtungen beseitigt oder ausreichend vermindert werden können.

(5) Die Einordnung einer sicherheitsrelevanten MSR-Einrichtung in den Prozess der Gefährdungsbeurteilung wird in Abbildung 1 dargestellt.

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Abb. 1
Schematische Darstellung der Einordnung einer sicherheitsrelevanten MSR-Einrichtung in den Prozess der Gefährdungsbeurteilung

(6) Zu den sicherheitsrelevanten MSR-Einrichtungen gehören beispielsweise:

  1. 1.

    Mess-, Steuer- und Regeleinrichtungen von Arbeitsmitteln, die gemäß § 8 Absatz 2 BetrSichV erforderlich sind. Dazu gehören beispielsweise:

    1. a)

      Steuerungen an Maschinen gemäß Richtlinie 2006/42/ EG (Maschinen-Richtlinie), insbesondere solche Schutzeinrichtungen und Schutzmaßnahmen für besondere Betriebsarten (z. B. im Einrichtbetrieb) gemäß TRBS 2111, die in die Steuerung des Arbeitsmittels gemäß der Steuerungsaufgabe eingebunden sind,

    2. b)

      mess- und regeltechnische Sicherheitseinrichtungen (Safety Related Measurement Control and Regulation, SRMCR), die Ausrüstungsteile mit Sicherheitsfunktion im Sinne von Artikel 2 Absatz 4 der Richtlinie 2014/68/EU (Druckgeräte-Richtlinie) sind,

    3. c)

      elektrische Sicherheitseinrichtungen, die Sicherheitsbauteile im Sinne von Anhang III der Richtlinie 2014/33/EU (Aufzugsrichtlinie) sind u. a. elektrische Sicherheitseinrichtungen nach DIN EN 81-20:2014 Anhang A,

    4. d)

      Sicherheits-, Kontroll- und Regelvorrichtungen im Sinne der Richtlinie 2014/34/EU (ATEX-Richtlinie).

  2. 2.

    Notbefehlseinrichtungen mit den zugehörigen Sicherheitsfunktionen, die gemäß § 8 Absatz 6 BetrSichV erforderlich sind, und

  3. 3.

    hinsichtlich der funktionalen Sicherheit bewertete Funktionseinheiten einer Ex-Einrichtung gemäß TRGS 725.

3.2 Phasen im Sicherheitslebenszyklus

Der Sicherheitslebenszyklus einer sicherheitsrelevanten MSR-Einrichtung (siehe Abschnitt 2.3) umfasst die:

  1. 1.

    Ermittlung des Sollzustands (Festlegung aller Schutzmaßnahmen für die Gesamtsicherheit des Arbeitsmittels und Zuordnung der daraus resultierenden Schutzmaßnahmen hinsichtlich der sicherheitsrelevanten MSR-Einrichtungen),

  2. 2.

    Planung und Realisierung einschließlich

    1. a)

      Spezifikation der MSR-Einrichtung

    2. b)

      Errichtung

    3. c)

      Inbetriebnahme der sicherheitsrelevanten MSR-Einrichtung,

  3. 3.

    Überprüfung der Wirksamkeit der sicherheitsrelevanten MSR-Einrichtung,

  4. 4.

    Verwendung (Betrieb) und Instandhaltung,

  5. 5.

    Außerbetriebnahme.

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Abb. 2
Abläufe bei Planung, Realisierung und Verwendung einer sicherheitsrelevanten MSR-Einrichtung

3.3 Organisatorische Maßnahmen

3.3.1 Allgemeines

(1) Die Wirksamkeit sicherheitsrelevanter MSR-Einrichtungen als Schutzmaßnahme muss dauerhaft sichergestellt werden. Dafür ist es erforderlich, Fachkunde (Qualifikation), Tätigkeiten und Zuständigkeiten derjenigen Personen festzulegen, die für den Auswahl- und Beschaffungsprozess verantwortlich sind und die im Betrieb Umgang mit einer sicherheitsrelevanten MSR-Einrichtung haben. Ihre Verantwortlichkeiten und Aufgaben müssen eindeutig festgelegt werden und alle vorgenannten beteiligten Personen müssen über ein der Aufgabe entsprechendes Fachwissen verfügen.

(2) Für die Art und den Umfang der organisatorischen Maßnahmen sind zwei Fälle zu unterscheiden:

  1. 1.

    die sicherheitsrelevante MSR-Einrichtung wird verwendungsfertig als Teil des Arbeitsmittels durch den Hersteller auf dem Markt bereitgestellt.

    In diesem Fall hat der Arbeitgeber die Installations- und Betriebsanleitung des Arbeitsmittels zu beachten und die Funktionsfähigkeit der sicherheitsrelevanten MSR-Einrichtung durch die Veranlassung von Instandhaltungsmaßnahmen, Prüfungen und Kontrollen unter Berücksichtigung entsprechender Herstellervorgaben aufrechtzuerhalten.

  2. 2.

    die sicherheitsrelevante MSR-Einrichtung wird durch den Arbeitgeber in eigener Verantwortung zur Verfügung gestellt (z. B. Temperaturüberwachung bezüglich der Verhinderung des Durchgehens einer chemischen Reaktion oder der Selbstentzündung einer Staubschüttung). Dies kann entweder durch die Beschaffung einer sicherheitsrelevanten MSR-Einrichtung als verwendungsfertiges Produkt oder durch den Zusammenbau eigenständiger Bauteile durch den Arbeitgeber erfolgen.

    In diesen Fällen hat der Arbeitgeber eigene Verfahren festzulegen, um die Wirksamkeit und die Funktionsfähigkeit der sicherheitsrelevanten MSR-Einrichtung über die gesamte Verwendungsdauer sicherzustellen. Dafür sind die erforderliche Fachkunde, die Verantwortlichkeiten und die zu nutzenden Werkzeuge und Methoden festzulegen (siehe hierzu Abschnitt 4).

(3) Wenn der Arbeitgeber zur Aufrechterhaltung von Wirksamkeit und Funktionsfähigkeit sicherheitsrelevanter MSR-Einrichtungen ein Management der funktionalen Sicherheit im Betrieb einführt, sind die in Anhang A beschriebenen Maßnahmen zu berücksichtigen.

3.3.2 Qualifikation der fachkundigen Personen

(1) Nach § 3 Absatz 3 BetrSichV darf eine Gefährdungsbeurteilung nur von fachkundigen Personen durchgeführt werden. Diese müssen in der Lage sein, Gefährdungen der Beschäftigten bei der Verwendung von MSR-Einrichtungen bzw. Arbeitsmitteln mit MSR-Einrichtungen systematisch zu ermitteln und zu bewerten sowie aus dem Ergebnis Schutzmaßnahmen abzuleiten.

(2) Die nachstehend genannten Aspekte zur erforderlichen Fachkunde für eine Gefährdungsbeurteilung sind für die Arbeitgeber gedacht, die am Markt bereitgestellte sicherheitsrelevante MSR-Einrichtungen einsetzen.

Die erforderliche Fachkunde umfasst in Abhängigkeit von der Komplexität des Arbeitsmittels technische Kenntnisse, Ausbildung und Erfahrung auf mehreren Gebieten:

  1. 1.

    regulatorische und normative Anforderungen

    1. a)

      Kenntnis gesetzlicher Vorschriften zum Arbeitsschutz

    2. b)

      Befähigung zur sachgerechten Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung

    3. c)

      Kenntnis einschlägiger Sicherheitsanforderungen und Sicherheitsvorschriften

  2. 2.

    Branchenkenntnisse

    Da die Gefährdungsbeurteilung dem Ziel dient, die notwendigen und geeigneten Schutzmaßnahmen für Sicherheit und Gesundheitsschutz festzulegen (siehe TRBS 1111 Abschnitt 2 Absatz 1), sind grundlegende Kenntnisse der Branche in Bezug auf die Gefährdungen unerlässlich. Zu diesen Kenntnissen können branchentypische Gegebenheiten gehören wie (nicht abschließende Aufzählung):

    1. a)

      branchenübliche Arbeitsprozesse und Arbeitsmittel

    2. b)

      typische Gefährdungen und Gefahrenschwerpunkte

    3. c)

      verarbeitete Materialien (Werkstoffe)

    4. d)

      Eigenschaften der Produkte

    5. e)

      Ausbildung der Beschäftigten

    6. f)

      Unfallstatistik

  3. 3.

    spezifische Kenntnis über das jeweilige Unternehmen

    Für die Festlegung von wirksamen Schutzmaßnahmen müssen zusätzlich zu b) die individuellen Gegebenheiten des jeweiligen Unternehmens bekannt sein, insbesondere ortsabhängige Einflussfaktoren, wie (nicht abschließende Aufzählung):

    1. a)

      Besonderheiten des Betriebes, wie z. B. spezifische Gefährdungen, Zonen mit explosionsfähiger Atmosphäre usw.

    2. b)

      Arbeitsprozesse und verwendete Arbeitsmittel

    3. c)

      Aufstellung der Arbeitsmittel in der Betriebsstätte

    4. d)

      verarbeitete Materialien (Werkstoffe) und hergestellte Produkte

    5. e)

      übliche Betriebsvorgänge (Bedienung, Instandhaltung usw.)

    6. f)

      verfügbare Kommunikationsmittel und Warneinrichtungen

  4. 4.

    angemessene Kenntnisse über sicherheitsrelevante MSR-Einrichtungen und funktionale Sicherheit

    Sicherheitsrelevante MSR-Einrichtungen wirken immer zusammen mit anderen Schutzmaßnahmen zur Verhinderung von Gefährdungen. Deshalb sind technisches Wissen und Erfahrung über die Verwendung von sicherheitsrelevanten MSR-Einrichtungen erforderlich:

    1. a)

      grundsätzliche Funktion von sicherheitsrelevanten MSR-Einrichtungen

    2. b)

      Beurteilung der Eignung von Sensoren und Aktoren für die jeweilige Arbeitsaufgabe unter dem Einfluss der örtlichen Betriebs- und Umgebungsbedingungen

    3. c)

      bei Bedarf Kenntnisse über die Festlegung eines erforderlichen Sicherheitsintegritätslevels (SIL) bzw. Performance Levels (PL).

(3) Falls der Arbeitgeber für eine sicherheitsrelevante MSR-Einrichtungen geeignete Produkte (z. B. Temperatursensoren, Drucksensoren) auswählt und installiert, sind gegenüber den Anforderungen des Absatzes 2 tiefergehende Fachkenntnisse und Qualifikationen erforderlich (siehe hierzu auch Anhang A Abschnitt 2.2).

3.4 Dokumentation

Entsprechend den Anforderungen des § 3 Absatz 8 BetrSichV sind auch die auf MSR-Einrichtungen beruhenden Schutzmaßnahmen sowie Art und Umfang der diesbezüglichen Festlegungen zu Kontrollen und Prüfungen und deren Fristen zu dokumentieren (elektronische Form der Dokumentation ist zulässig).