Abschnitt 6.3 - 6.3 Methode zur Ermittlung des Mindestschutzniveaus - Control Banding
6.3.1 Allgemeines
Die im Folgenden dargestellte Methode ist eine Umsetzung des Control Banding Ansatzes zur Bestimmung des Mindestschutzniveaus, falls keine Grenzwerte für die in der Luft befindlichen Schadstoffe festgelegt sind oder eine messtechnische Ermittlung der Schadstoffkonzentration nicht möglich ist.
Hierbei werden den vorliegenden oder erzeugten chemischen Stoffen oder Gemischen zugeordnete H-Sätze (Hazard Statements - Gefahrenhinweise) zugrunde gelegt. Die Gefährdung der Atemwege ergibt sich zudem aus der verwendeten Schadstoffmenge und ihrem Staubungsverhalten oder ihrer Flüchtigkeit.
Die Gefahrenhinweise durch H-Sätze beschreiben Gefährdungen, die von den chemischen Stoffen oder Gemischen ausgehen; die Kurztexte geben wichtige Sicherheitsinformationen für die Kennzeichnung von Gefahrstoffen. Sie werden im Rahmen des GHS-Systems angewendet.
Diese Methode ist bis zur Bestimmung eines erforderlichen Mindestschutzniveaus von 2.000 anwendbar. Für Expositionsniveaus, die ein höheres Mindestschutzniveau erfordern, sollte das höchste Schutzniveau (10.000) gewählt werden.
6.3.2 Gefahrenhinweise (H-Sätze)
Lieferanten müssen Informationen über die von ihnen verkauften Chemikalien angeben. Die Erstellung, Weitergabe und Aufbewahrung von Sicherheitsdatenblättern für alle EU-Mitgliedstaaten ist in der REACH-Verordnung verankert. Der Inhalt des Sicherheitsdatenblattes ist im Anhang II der REACH-Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 detailliert geregelt. Es werden u. a. durch H-Sätze Informationen zu den gefährlichen Eigenschaften der Chemikalie bzw. eine Beschreibung des Gefährdungsniveaus in einfachen Worten dargestellt.
Beispiele für H-Sätze:
H335 = kann die Atemwege reizen
H332 = gesundheitsschädlich bei Einatmen
H331 = giftig bei Einatmen
Nachdem eine Chemikalie nach ihren Auswirkungen auf die Gesundheit eingestuft wurde, wird u.a. der entsprechende H-Satz auf dem Behälteretikett oder separat mit der Chemikalie, zusammen mit ergänzenden Informationen, angegeben. Es kann mehr als ein H-Satz der Chemikalie zugeordnet sein.
Die Einstufung gefährlicher Stoffe erfolgt nach der Umsetzung der europäischen Verordnung 1272/2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen (CLP-Verordnung).
6.3.3 Gruppeneinteilung der Gesundheitsgefährdung
Für Schadstoffe, die sich auf die Atmungsorgane auswirken können oder die über den Inhalationsweg eine Sensibilisierung oder Krebs erzeugen können, werden deren relevante Gefahrenhinweise nach der Höhe der Gesundheitsgefährdung einer von fünf Gruppen (HHG = "Health Hazard Groups") zugeordnet:
HHG - A "Reizstoff"
HHG - B "schädlich"
HHG - C "toxisch"
HHG - D "sehr giftig"
HHG - E "Sonderfälle",
d. h. mutagene, karzinogene, sensibilisierende Wirkung auf die Atemwege
6.3.4 Durchführung der Control Banding Methode
Diese Methode erfolgt in vier Schritten zur Bestimmung des minimal erforderlichen Schutzniveaus.
Schritt 1: Gruppeneinteilung der Gesundheitsgefährdung (HHG)
Bestimme die Gesundheitsgefährdungsgruppe(n) (siehe Tabelle 11) für alle während der Tätigkeiten verwendeten oder prozesserzeugten Stoffe. Für diesen Schritt ist das Sicherheitsdatenblatt oder sind andere veröffentlichte Sicherheitsdaten der relevanten Stoffe bzw. Gemische erforderlich.
Identifiziere und notiere die H-Sätze, die den während der Tätigkeiten verwendeten oder erzeugten Chemikalien entsprechen.
Ordne anhand der ermittelten H-Sätze die höchste Gesundheitsgefährdungsgruppe für jeden der aufgelisteten Stoffe anhand von Tabelle 11 zu. Bei mehreren H-Sätzen, die verschiedenen Gruppen von A (am wenigsten gefährlich) bis E (am gefährlichsten) zugeordnet werden, wähle immer die höhere Gruppe der Gesundheitsgefährdung.
Bei Stoffen, für die keine H-Sätze zur Verfügung stehen, sollte man sich an eine fachkundige Person wenden oder die Gesundheitsgefährdungsgruppe E annehmen.
Tabelle 11 Gruppeneinteilung der H-Sätze nach Art der Gesundheitsgefährdung
Gruppen der Gesundheitsgefährdung A bis E (HHG) | ||||
---|---|---|---|---|
A | B | C | D | E |
H315 | H302 | H301 | H300 | H334 |
H319 | H312 | H311 | H304 | H340 |
H336 | H332 | H314 | H310 | H341 |
EUH66 | H371 | H317 | H330 | H350 |
H318 | H360 | H351 | ||
H331 | H361 | EUH70 | ||
H335 | H362 | |||
H370 | H372 | |||
H373 | EUH201 | |||
EUH71 |
Schritt 2:
Bestimme die Menge des verwendeten Schadstoffes
Bestimme und notiere die Menge der verwendeten Schadstoffe gemäß den Kategorien in Tabelle 12, basierend auf der Gesamtmenge, die verwendet oder verarbeitet wird.
Tabelle 12 Menge des verwendeten Stoffes bzw. Gemisches
Menge des verwendeten Schadstoffes bzw. Gemisches | |
---|---|
klein | Gramm oder Milliliter |
mittel | Kilogramm oder Liter |
groß | Tonnen oder Kubikmeter |
Schritt 3:
Bestimme das Staubungsverhalten bzw. die Flüchtigkeit des verwendeten Schadstoffes
Bei Schadstoffen, die Staubpartikel freisetzen, ist das qualitative Staubungsverhalten gemäß Tabelle 13 zu bestimmen und aufzuschreiben.
Für partikelförmige Schadstoffe bzw. Flüssigkeiten, die Gase oder Dämpfe erzeugen können, ist die Flüchtigkeit unter Bezugnahme auf Abbildung 15 zu bestimmen und zu notieren.
Gase werden immer in die Kategorie "hohe Flüchtigkeit" eingeordnet.
Abb. 15
Flüchtigkeitsdiagramm
Tabelle 13 Grad des Staubungsverhaltens
Grad des Staubungsverhaltens des ermittelten Schadstoffes | |
---|---|
niedrig | Pellets, wachsartige Flocken und pillenartige Feststoffe, die sich nicht leicht auflösen. Es wird keine Staubwolke erzeugt und wenig oder kein Staub wird emittiert. |
mittel | Kristalline körnige Feststoffe und Staub (sichtbar, setzt sich schnell ab). Rauch oder Nebel bildeten sich nahe der Tätigkeit, verteilen sich jedoch sehr schnell. |
hoch | Feines Pulver, Rauch oder Nebel. Staubwolken, Rauch oder Nebel bilden sich und bleiben einige Minuten in der Luft. |
X Betriebstemperatur des Schadstoffes (°C)
Y Siedepunkt des Schadstoffes (°C)
1 niedrige Flüchtigkeit
2 mittlere Flüchtigkeit
3 hohe Flüchtigkeit
Schritt 4:
Bestimme das erforderliche Mindestschutzniveau
Bestimme anhand der ermittelten HHG(s), der Menge(n) und des Grades des Staubungsverhaltens oder der Flüchtigkeit der verwendeten Schadstoffe das erforderliche Mindestschutzniveau anhand der Tabelle 14.
Tabelle 14 Erforderliches Mindestschutzniveau
Gruppe der Gesundheitsgefährdung (HHG) | Menge | Mindestschutzniveau Staubungsverhalten/Flüchtigkeit | ||
---|---|---|---|---|
niedrig | mittel | hoch | ||
A | klein | - | - | - |
mittel | - | 4 | 10 | |
groß | 4 | 10 | 30 | |
B | klein | - | 4 | 4 |
mittel | - | 10 | 30 | |
groß | 10 | 30 | 250 | |
C | klein | - | 4 | 4 |
mittel | 10 | 10 | 30 | |
groß | 30 | 30 | 250 | |
D | klein | 10 | 30 | 250 |
mittel | 30 | 250 | 250 | |
groß | 30 | 250 | 2 000 | |
E | klein | 10 | 30 | 250 |
mittel | 30 | 250 | 250 | |
groß | 30 | 250 | 2 000* |
kann ggf. für höchst toxische Schadstoffe nicht ausreichend sein, hier ist das höchste Schutzniveau anzuwenden