DGUV Information 202-101 - Bewegung und Lernen Konzept und Praxis Bewegter Schulen

Online-Shop für Schriften

Jetzt bei uns im Shop bestellen

Jetzt bestellen

Abschnitt 2.1 - 2.1 Das IQES-Modell der Guten gesunden Schule

Im Zentrum der Aktivitäten einer Schule steht das Lernen der Kinder und Jugendlichen. Die Ausrichtung der Organisationsstrukturen einer Schule orientiert sich daher in erster Linie an den entwicklungsangemessenen Bedürfnissen ihrer Schülerinnen und Schüler und daran, dass Lehrerinnen und Lehrer ihre Aufgaben in einem hohen Maße effektiv und gesundheitsverträglich erfüllen können.

Die Schule kann und muss nicht alle Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen allein befriedigen, das Elternhaus bleibt mit in der Verantwortung für die Erfüllung der meisten physiologischen und psychologischen Grundbedürfnisse der Kinder. Die Schule ist allerdings zuständig für die Bedürfnisse, die während der Schulzeit entstehen (Bewegung, Pausen, Entspannung, aber auch Klarheit der Regeln und Grenzen, Sicherheit und Ästhetik, das Bedürfnis nach Wertschätzung oder attraktive Lernangebote zur Erfüllung der Bedürfnisse nach Leistung).

ccc_3685_04.jpg

Hoch hinaus und trotzdem sicher • Sekundarschule Bürglen, Schweiz

Quelle: IQES online; Foto: Daniel Rihs

Wenn Schulen ihre Ziele, ihr Schulprogramm und ihre Lernangebote in Auseinandersetzung mit den Bedürfnissen und Entwicklungsmöglichkeiten der Kinder und Jugendlichen festlegen, dann werden die Schülerinnen und Schüler die positiven Wirkungen dieser pädagogischen Qualitätsentwicklung unmittelbar spüren. Sie werden merken, dass ihre Lehrerinnen und Lehrer sich für ihre Lebenssituation interessieren, und diese zum Ausgangspunkt gemeinsamen Lernens machen. Sie werden sich von ihren Lehrerinnen und Lehrern verstanden fühlen, weil ihre Bedürfnisse und Sichtweisen gefragt sind, zum Beispiel wenn es um die Gestaltung von Schulräumen oder von Lernangeboten geht. Das heißt aber nicht, dass alle Bedürfnisse befriedigt werden müssen und können, vielmehr wird in Auseinandersetzung mit sinnvollen Grenzen und in Abstimmung mit pädagogischen Normen bedürfnisorientiert gelernt und gearbeitet. Damit Kinder und Jugendliche sich für ein gesundes lebenslanges Lernen stärken können, brauchen sie Unterstützung und Herausforderung, Förderung und Forderung, Zutrauen und Zumutung. Sie brauchen Lehrpersonen, die ihnen Vertrauen in die eigenen Kräfte vermitteln und ihnen gleichzeitig hohe Leistungserwartungen zumuten.

Das Konzept der Guten gesunden Schule (Brägger/Posse 2007) entwickelt die Bereiche einer Schule systematisch und kontinuierlich weiter, in die gesundheitsbezogene Ansätze hineinwirken und die selbst einen Einfluss auf die Entwicklung psycho-sozialer Schutzfaktoren und auf die Leistungsbereitschaft und -fähigkeit nehmen. Ziel dieser systematischen Entwicklung ist es, den Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule effektiver ("next practice«) zu erfüllen. Durch den Aufbau salutogener Faktoren (gemeinsame Überzeugungen und Werte, hilfreiche Unterstützung, konstruktives Feedback, mitarbeiterorientierte Führung) verändert die Gute gesunde Schule ihre "innere Struktur«. Diese Faktoren stärken die Lehrpersonen im Wissen darum, dass die wichtigste Ressource der Schule kompetente, motivierte und gesunde Lehrerinnen und Lehrer sind. Gute gesunde Schulen scheinen nach dem Motto zu handeln: "Probleme sind unsere Freunde. Probleme sind unvermeidlich, aber es ist tröstlich zu wissen, dass man ohne sie nicht lernen oder erfolgreich sein kann.« 2Gute gesunde Schulen sind entwicklungs- und lernfähig. Sie sind schülerzentriert und pädagogisch in dem Sinne, dass Lehrende sich immer auch als Lernende verstehen und dass Schülerinnen und Schüler darin bestärkt werden, selbst Verantwortung für das Schulleben und das Lernen zu übernehmen.

Gute gesunde Schulen orientieren sich an Stärken und Lösungen, ohne deswegen die Risikofaktoren der Arbeit in Schulen zur vernächlässigen: verdichtete Arbeit, vielfältige und widersprüchliche Ansprüche an die Arbeit von Lehrpersonen, diffuse Indikatoren für gute pädagogische Arbeit, hohe Interaktionsdichte im Unterricht, Lärm, wenig Gelegenheiten zur Stressregulierung im Arbeitsalltag, häufige Störungen und stresserzeugende Ereignisse, innere Antreiber, überhöhte Ansprüche an sich selbst, Vernachässigung eigener Bedrüfnisse, Verdrängung von Konflikten u. a. m.

Gute gesunde Schulen gehen die äußeren Risikofaktoren, die in den Rahmenbedingungen und Verhältnissen des Arbeitsplatzes Schule liegen, ebenso an wie innere Gefährdungen, die bei den einzelnen Lehrpersonen und ihrem Arbeitsverhalten liegen. Nur resiliente Lehrkräfte, die Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten haben und Vertrauen schaffen können, können Schülerinnen und Schülern nützen. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, die gesundheitlichen Belange der Lehrkräfte ernst zu nehmen und als einen Ausgangspunkt zu nutzen, um Schule so zu gestalten, dass sie Gesundheit erhält.

Das Modell der Bewegten Schule orientiert sich ebenso wie das der Guten gesunden Schule (IQES-Modell) an Erfolgsfaktoren einer lernenden Schule: kooperativ arbeitende Unterrichtsteams, Fokus auf Lernerfolg und eigenverantwortlichem Lernen, gemeinsame Werte und Regeln, gegenseitige Hilfe und soziale Unterstützung, mitarbeiterorientierte Führung, hohe Eigenverantwortung und Selbststeuerungsmöglichkeiten für Lehrkräfte, positive, konstruktive Rückmeldungen und nützliche Selbstevaluation. Dem Modell liegt ein systemisches Verständnis von Schul- und Unterrichtsentwicklung zugrunde, welches die zentralen Handlungsfelder - kompetenzorientiertes Lernen, lernwirksamer Unterricht, Teamentwicklung, Personal- und Organisationsentwicklung - im engen Zusammenhang sieht und sie in ein Wechselspiel bringt (Brägger 2008, 2012).

Das untenstehende "Zwiebelschalenmodell"der guten Gesunden Schule umfasst vier Handlungsebenen mit je zwei Elementen. Hinzu kommt ein gemeinsamer Fokus, auf den sich alle Elemente beziehen, nämlich das gemeinsame Ziel einer hohen Bildungsqualität aller Lernenden. Das Modell wird um ein wichtiges Element ergänzt, die Kooperation mit Partnern der Schule. Sie ist auf allen Handlungsebenen wichtig: Auf der Ebene der Schülerinnen und Schüler und Lehrpersonen steht die Zusammenarbeit mit den Eltern im Vordergrund. Auf den anderen Handlungsebenen geht es darum, mit externen Partnern zu kooperieren, um die Bildungschancen der Lernenden zu verbessern.

ccc_3685_05.jpg

Abb. 2.1: IQES-Modell der Guten gesunden Schule

Quelle: IQES online.net

Bewegung und sensomotorische Wahrnehmung sind in allen Elementen der Guten gesunden Schule wichtige Impulsgeber. Gleichzeitig können sie als Gelingensfaktoren und Indikatoren einer nachhaltigen Entwicklung gesehen werden.

Element 1:

Eigenverantwortliches Lernen

In diesem Handlungsfeld geht es darum, Lernangebote zu schaffen, in denen Schülerinnen und Schüler selbst Verantwortung für ihr Lernen übernehmen. Die Lehrpersonen setzen offene Unterrichtsformen ein, die es den Schülerinnen und Schülern ermöglichen, eigene Lernwege zu gehen und in wachsender Selbstverantwortung die persönlichen Lernprozesse zu steuern. Dazu gehören Unterrichtsarrangements, die den Kindern und Jugendlichen Freiheiten eröffnen, Aufgaben auszuwählen und die von den Lehrplänen vorgegebenen Ziele auf unterschiedlichen Wegen zu erreichen: Stationenlernen, Werkstattunterricht, Planarbeit, Projektarbeit, Freiwahlarbeit und Freie Arbeit. In sach- und altersgerechter Form können sich Schülerinnen und Schüler so an der Sammlung von Ideen und Vorschlägen zum sowie an der Gestaltung des Unterrichts beteiligen.

Bewegtes, eigenaktives Lernen kann mit vielfältigen Methoden des individuellen und des kooperativen Lernens gefördert werden. Die Methoden fördern aktives Tun und beinhalten in sich bereits viele unterschiedliche Bewegungsimpulse. Schülerinnen und Schüler bewegen sich frei im Klassenzimmer, wechseln oft ihren Arbeitsplatz und nehmen dabei unterschiedliche Körperhaltungen ein, wenn sie gemeinsam Arbeitsprodukte erstellen und präsentieren.

Die Methoden des bewegten aktiven Lernens beeinflussen positiv die Konzentration und Motivation der Schülerinnen und Schüler. Sie helfen der Lehrperson in einfacher und sehr effektiver Form, die Mitarbeit der Lernenden intensiv zu fördern (➝ 3.7, 6.4).

Element 2:

Aufbau von Kompetenzen

Mit kompetenzorientiertem Unterricht geht eine veränderte Sichtweise von Unterricht einher. Lehrerinnen und Lehrer verstehen Lernen verstärkt als aktiven, selbstgesteuerten, reflexiven, situativen und konstruktiven Prozess. Es geht dabei um die Anwendbarkeit von Wissen, Fertigkeiten und Fähigkeiten. Nachhaltiger Kompetenzerwerb ist darauf angewiesen, dass Schülerinnen und Schüler im Unterricht die Möglichkeit haben, vielgestaltige Lernerfahrungen zu machen. Praktisches Tun und eigenständiges Lernen sind für das "Be-greifen"einer Sache und den Erwerb von Handlungsfähigkeiten zentral. Mit den Aufgaben, die den Lernenden gestellt werden oder die sie sich selbst stellen, werden der Grad der Auseinandersetzung mit dem Lerngegenstand und die Intensität der Lernprozesse bestimmt.

Schülerinnen und Schüler, die ihr Können und Wissen im konkreten Tun erwerben und aufbauen, machen positive Lernerfahrungen und nehmen sich selbst als Lernende wahr. Dies fördert ihre weitere Entwicklung und Lernbereitschaft, denn nichts ist motivierender als die Erfahrung, selbst etwas zu können und selbst wirksam zu sein (➝ 3.7, 6.2, 6.3).

Element 3:

Guter Unterricht

Zentrale Herausforderung aller Lehrpersonen ist heute die Gestaltung eines lernwirksamen Unterrichts mit heterogenen Schülergruppen. Guter Unterricht kann auf verschiedene, jedoch keineswegs auf beliebige Weise verwirklicht werden. Er beruht auf breit untersuchten und anerkannten Qualitätsmerkmalen (Helmke 2003):

Bewegter Unterricht spielt im Zusammenhang mit verschiedenen Merkmalen eine wichtige Rolle, insbesondere bei effizienter Klassenführung, lernförderlichem Unterrichtsklima, vielfältiger Motivierung, Orientierung an den Schülerinnen und Schülern, Förderung aktiven und selbständigen Lernens und Variation von Methoden und Sozialformen. So geht klare Klassenführung mit einer guten Rhythmisierung des Unterrichts einher. Und die Vielfalt von Methoden und Sozialformen eröffnet unterschiedliche individuelle Zugänge zu Lernaufgaben und Unterrichtsinhalten. Mit dem Konzept der Bewegten Schule kann dabei der Reichtum an bewegungsfreundlichen Methoden und Ritualen, Spielen und interaktiven Lernformen genutzt werden, um den physischen Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler besser gerecht zu werden (➝ 3.1, 3.7, 6.4).

ccc_3685_06.jpg

Element 4:

Individual-Feedback

Persönliche Reflexion ist eine der wichtigsten Ressourcen für eine lernende und Gesundheit erhaltende Berufspraxis. Der schrittweise Aufbau einer Feedbackkultur in der Schule ist ein wesentlicher Beitrag zur Gesundheitsförderung und Professionalisierung. Das Individualfeedback erlaubt den Lehrpersonen, den Wirkungen ihres Handelns, ihren Stärken und Schwächen auf die Spur zu kommen. Im Fokus steht also nicht die Schule, sondern immer die einzelne Lehrperson. Erfahrungen aus der Unterrichtspraxis und Erkenntnisse aus der Unterrichtsforschung belegen deutlich: Regelmäßiges Feedback ist ein höchst wirksames Mittel, um eine neue Unterrichts- und Zusammenarbeitskultur aufzubauen. Feedback ist - richtig angewendet - optimal geeignet, die Qualität des Unterrichts weiterzuentwickeln.

Erste Leitfragen für die Entwicklung einer Feedbackkultur in der Schule sind: Wie können aussagekräftige Rückmeldungen zum Unterricht generiert werden? Wie können Schülerinnen und Schüler ihre Bedürfnisse in Bezug auf Bewegung konstruktiv und gewinnbringend einbringen? Wie können Feedbacks (Rückmeldungen der Schülerinnen und Schüler, der Eltern, kollegiale Feedbacks) für das persönliche Lernen einer Lehrperson fruchtbar gemacht werden (➝ 6.8, 8.8, 10.5)?

Element 5:

Arbeit in Unterrichtsteams

Unterrichtsteams sind kollegiale Lern- und Arbeitsgemeinschaften, welche die Qualität der individuellen Arbeit der Teammitglieder verbessern und Feedback als Mittel des persönlichen Lernens nutzen wollen. Sie funktionieren als kleine arbeitsfähige Gruppen von Lehrpersonen, die den Unterricht für die Schülerinnen und Schüler einer Stufe, eines Jahrgangs und/oder eines Fachs miteinander planen, (teilweise) durchführen und auswerten. Vorrangige Ziele sind, das Lernen von Schülerinnen und Schülern besser zu verstehen und sich mit dem eigenen Unterricht konstruktiv kritisch auseinanderzusetzen. Unterrichtsteams tauschen sich daher über Fragen zur Unterrichtsqualität aus und erarbeiten ein gemeinsames Repertoire an bewegungsfreundlichen Lernaufgaben und Methoden. Sie werten die Wirkung des Unterrichts und einzelner Materialien auf den Lernerfolg der Kinder und Jugendlichen gemeinsam aus und nehmen, wenn nötig, Verbesserungen vor (Brägger 2012). Diese Arbeit hat positive Auswirkungen sowohl auf das Lernen der Schülerinnen und Schüler als auch auf das Weiterlernen der Lehrpersonen.

Leitfragen für die Arbeit in Unterrichtsteams: Wie können Lerneinheiten rhythmisiert und ein gemeinsames Repertoire an Aufgaben und Methoden für bewegtes, aktives Lernen aufgebaut werden? Wie können in Unterrichtsteams Erfahrungen zu bewegten Lern- und Unterrichtsformen ausgetauscht und wie kann gemeinsam die Bewährung in der Praxis reflektiert werden? Wie kann der Austausch an bewegten Lernformen unter den Mitgliedern der Unterrichtsteams angeregt werden? Wie kann das Expertenwissen von Sportlehrerinnen und Sportlehrern für das ganze Kollegium und die Gestaltung eines bewegten Schulalltags genutzt werden (➝ 3.9, 8.3, 8.5, 10.1-10.3)?

Element 6:

Kooperative Unterrichtsentwicklung

In praxisnahen schulinternen Weiterbildungen erweitern und vertiefen die Lehrpersonen ihre methodisch-didaktischen Kompetenzen. Ziel dieser Weiterbildungen ist die Gestaltung eines schüleraktivierenden Unterrichts, der produktiv mit Vielfalt umgehen kann und bewegte Lernformen bedürfnisgerecht fördert. Erste Vereinbarungen in den Unterrichtsteams (Element 5) und der Transfer in den eigenen Unterricht sind Teile dieser Weiterbildungen.

Erfahrungsgemäß gestalten viele Schulen den Einstieg in eine gemeinsame Unterrichtsentwicklung mit Modulen zur Einführung des Kooperativen Lernens. Lehrpersonen lernen miteinander und voneinander. Dabei fördern die kooperativen Arbeitsformen der Weiterbildungsmodule gleichzeitig die Teamentwicklung. Die Lehrpersonen erproben Methoden eines bewegungsfreundlichen und handlungsorientierten Unterrichts und erleben diese im Rahmen von Methodentrainings aus der Perspektive der Lernenden. Deshalb können so geschulte Lehrpersonen besser einschätzen, wie sie die Methoden für verschiedene Jahrgangsstufen und Fächer fruchtbar machen können.

Gegenstand der Weiterbildungen sind jedoch nicht einfach Unterrichtsrezepte, sondern es geht um wichtige Fragen eines kompetenzorientierten Unterrichts: Wie können Lernende produktiv allein und in Gruppen arbeiten? Wie kann die Selbstwirksamkeit der Lernenden gefördert werden? Wie kann ich als Lehrperson alle Schülerinnen und Schüler im Unterricht aktivieren, produktiv zusammenarbeiten lassen und gleichzeitig das soziale Miteinander fördern? Wie können Lernende gute fachliche Leistungen erbringen und gleichzeitig ihre sozialen, methodischen und sensomotorischen Kompetenzen weiterentwickeln (➝ 3.9, 10.1-10.3)?

Element 7:

Schulführung, Schulentwicklung und interne Evaluation

Der Schulleitung kommt bei der Entwicklung guter gesunder Schulen eine Schlüsselrolle zu. Hierzu gehören folgende Aufgaben:

  • für pädagogische Ziele sorgen (Fokus auf eigenverantwortlichem, aktiv-bewegtem Lernen und Schülerkompetenzen)

  • schrittweiser Aufbau von Unterrichtsteams (Gestaltung der Schulorganisation in Richtung unterrichtsbezogener Kooperationseinheiten)

  • salutogene Personalführung mit Unterrichtsbesuchen und Mitarbeitergesprächen (inklusive Zielvereinbarungen)

  • ressourcenorientierte Personalentwicklung und Gesundheitsförderung

  • gesundheitserhaltende Gestaltung des Arbeitslatzes und des Lebensraumes Schule

  • Aufbau einer innerschulischen Feedbackkultur

  • interne Evaluation der pädagogischen Wirksamkeit der Schule

Die Schulleitung fördert die Selbstentwicklung aller Mitglieder der Schulgemeinschaft durch eine Praxis der Anerkennung und Nutzung ihrer Ressourcen und Kompetenzen. Maßnahmen der Personalentwicklung unterstützen Lehrerinnen und Lehrer darin, die Anforderungen ihres Berufs kompetent zu bewältigen. Diese Maßnahmen fördern insbesondere berufliche Kernkompetenzen, die es den Lehrpersonen erlauben, ihren Beruf - auch unter schwierigen Bedingungen - erfolgreich auszuüben und dabei gesund zu bleiben sowie die Motivation als wichtige und unersetzbare Ressource zu erhalten und zu fördern (➝ 3.8, 3.10, 6.8, 8.1-8.8, 9-10).

Element 8:

Schule als Lern- und Lebensraum

Architektur und Gestaltung der Lernräume und Lernumgebungen wirken sich auf das Lernen unmittelbar aus. Bereits aus ergonomischer Sicht gibt es eine Vielzahl von Hinweisen auf die Steigerung der Effektivität von Arbeitsprozessen durch die Wahl förderlich gestalteter Umwelten. Zu den Lernumgebungen und Lernräumen gehören aber nicht nur architektonische Bedingungen und reine Baumaßnahmen. Gestaltete Lernumgebungen erfüllen in erster Linie eine pädagogische Funktion: Sie stehen im Dienst des alltäglichen Zusammenlebens und gemeinsamen Lernens in der Schule. Lernende und Lehrende erleben die Schule als einen Lebensort, an dem sie sich wohlfühlen und unterschiedlichen Bedürfnissen nachgehen können. Die Schülerarbeitsplätze und Schulräume werden unter Mitwirkung der Lernenden als altersgerechte Lernumgebungen gestaltet, welche die Schülerinnen und Schüler stimulieren und zu selbstständigem Lernen und Arbeiten herausfordern.

Die Klassenzimmer und weitere Lernräume sind als didaktisch reiche Lernumgebungen gestaltet, in denen die Schülerinnen und Schüler die erforderlichen Materialien selbstständig holen und bringen können und in denen die (traditionellen) Ecken variiert eingerichtet sind. Die Gestaltung der Klassenräume ermöglicht die Arbeit in verschiedenen Sozialformen (Einzel-, Partner- und Gruppenarbeiten, Arbeit mit Gesamtklasse). Der Wechsel dieser Sozialformen sowie der Wechsel von der Gruppenarbeit zum Stuhlkreis und umgekehrt sind jederzeit ohne Umräumen der Schultische möglich (➝ 3.6, 7.1-7.8, 8.1-8.3, 12.1-12.3).

ccc_3685_07.jpg
ccc_3685_08.jpg

Der Raum als dritter Pädagoge Stadtschulen Chur, Schweiz

Quelle: IQES online

Bewegte und gesunde Schulen brauchen die Kooperation mit Schulpartnern

Eine Gute gesunde Schule ist auf gelingende Kooperationen mit Schulpartnern angewiesen. Sie pflegt Kontakte zu Partnerschulen, insbesondere im Bildungs- und Gesundheitsnetzwerk, sowie zu externen Partnern, um Erfahrungen auszutauschen, Anstöße für die eigene Weiterentwicklung zu erhalten und Ressourcen und Kompetenzen zu nutzen. Sie arbeitet mit Organisationen des Bildungs- und des Gesundheitssystems zusammen und geht Partnerschaften mit Institutionen der Gemeinden, des Sports, der Kultur und mit Betrieben ein, um

  • mit Vereinen gemeinsame Projekte (Lager, Sportanlässe, Musik- und Theaterprojekte usw.) durchzuführen.

  • ein lokales Bewegungs- und Gesundheitsnetz aufzubauen, an dem auch die Schulen beteiligt sind.

  • gemeinsam Turnhallen, Sport- und Spielmaterialen und weitere Ressourcen zu nutzen und dabei gemeinsam Verantwortung zu tragen.

  • bewegungsfreundliche Räume mit dem regionalen Gewerbe (Schreinerei, Metallbauer usw.) zu planen und auszuführen und dabei Schülerinnen und Schüler aktiv mitwirken/-bauen zu lassen.

  • Sport- und Biologieunterricht zu verknüpfen und das bewusste Erleben des Zusammenspiels von Muskeln, Sehnen, Knochen durch einen Bewegungsexperten zu vertiefen.

Mit der Entwicklung von Ganztagsschulen wird die Kooperation mit Sportvereinen, Musikschulen, Tanzinstituten und weiteren Organisationen, die Beiträge zu einem gut rhythmisierten Ganztag leisten können, immer wichtiger. Grundsätzlich ist es vorteilhafter, den Tag als Ganzes zu strukturieren, um Bewegung, gesunde Ernährung und zum Beispiel auch Musikunterricht, freiwilligen Schulsport, Werk- und Hauswirtschaftsunterricht sinnvoll zu integrieren. Ganztagsschulen ermöglichen es, sich vom starren 45-Minuten-Rhythmus zu lösen und zu flexibleren Lernrhythmen überzugehen, was die Einplanung von Bewegungs- und Verpflegungspausen ermöglicht und die Nutzung der Räume vereinfacht, da nicht immer die ganze Schülerschaft sie gleichzeitig nutzt (➝ 8.6, 8.7).

Bewegte und gesunde Schulen brauchen gute Rahmenbedingungen

Aktuelle Bildungspolitik beschränkt sich leider häufig darauf, neue anspruchsvolle Aufgaben an die Schulen zu delegieren (wie z. B. Inklusion), sie jedoch nicht gleichzeitig auch mit den dafür erforderlichen Ressourcen (z. B. in Form von Arbeitszeit für Lehrpersonen) oder Entscheidungskompetenzen (z. B. im Hinblick auf die Unterrichtsorganisation und Lerngruppenbildung) auszustatten. Schulen brauchen für jede ihrer Aufgaben angemessene Rahmenbedingungen, die den notwendigen Handlungsspielraum für eigenverantwortliche und zweckmäßige Problemlösungen sichern. Und sie benötigen mehr personelle und finanzielle Ressourcen, um ihren erweiterten Bildungs- und Erziehungsauftrag nachhaltig erfüllen zu können.

Michael Fullan. Die Schule als lernendes Unternehmen. Konzepte für eine neue Kultur in der Pädagogik. Stuttgart 1999, S. 54