DGUV Regel 102-602 - Branche Kindertageseinrichtung

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Abschnitt 3.10 - 3.10 Pflegerische Tätigkeiten

Die Pflege von Kindern wie Wickeln, Nase putzen oder Hilfe beim Toilettengang stellt einen wichtigen Bindungsfaktor in der Erziehungsarbeit dar. Dafür benötigen Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen ausreichend Zeit, denn während der pflegerischen Tätigkeiten sollte das Kind die ungeteilte Aufmerksamkeit erhalten. Zugleich braucht das Personal die Möglichkeit, alle sicherheitstechnischen, organisatorischen und hygienischen Aspekte der Pflege zu beachten.

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Abb. 37
Beziehungsarbeit: Zeit für Pflege stärkt die Bindung zwischen Beschäftigten und Kindern.

ccc_3684_01.jpgRechtliche Grundlagen
Es sind nur die Gesetze, Verordnungen, Vorschriften und Regeln aufgeführt, die den nachfolgenden Ausführungen zugrunde liegen. Zu diesem Thema gibt es weitere rechtliche Grundlagen.
  • §§ 33 ff. Infektionsschutzgesetz (IfSG)

  • §§ 3-9, 12, 14, 16 Biostoffverordnung (BioStoffV)

  • §§ 1-4 Lastenhandhabungsverordnung (LastenhandhabV)

  • Anhang "Anforderungen und Maßnahmen für Arbeitsstätten nach § 3 Nr. Absatz 1", Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV)

  • §§ 3, 4, Anhang Teil 2 (1) und 4 (2) Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV)

  • §§ 3, 4, 7, 8 DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention"

  • §§ 19, 23 DGUV Vorschrift 82 "Kindertageseinrichtungen" (bisher GUV-V S 2)

  • Technische Regeln für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA)

    • TRBA 250 "Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege"

    • TRBA 400 "Handlungsanleitung zur Gefährdungsbeurteilung und für die Unterrichtung der Beschäftigten bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen"

    • TRBA 500 "Grundlegende Maßnahmen bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen"

  • Technische Regeln für Arbeitsstätten (ASR)

    • ASR A1.2 "Raumabmessungen und Bewegungsflächen"

  • DGUV Regel 108-003 "Fußböden in Arbeitsräumen und Arbeitsbereichen mit Rutschgefahr" (bisher BGR 181)

ccc_3684_02.jpgWeitere Informationen
Es sind nur die Informationen aufgeführt, die den nachfolgenden Ausführungen zugrunde liegen. Zu diesem Thema gibt es weitere Veröffentlichungen.
  • DGUV Information 212-017 "Allgemeine Präventionsleitlinie Hautschutz" (bisher BGI/GUV-I 8620)

  • DGUV Information 202-092 "Medikamentengabe in Kindertageseinrichtungen"

  • Musterhygienepläne in den Ländern 8)

  • BGW online, Internetportal der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege.

    https://www.bgw-online.de/ (Stand: 24.06.2019)

  • Internetportal "Sicher Kita", Unfallkasse Nordrhein-Westfalen.

    https://sichere-kita.de/ (Stand: 24.06.2019)

  • Gestis-Biostoffdatenbank, Institut für Arbeitsschutz der DGUV, der Berufsgenossenschaft Bergbau, Rohstoffe und chemische Industrie und des Bundesministerium für Arbeit und Soziales.

    http://gestisbio.itrust.de (Stand: 24.06.2019)

ccc_3684_33.jpgGefährdungen

Bei pflegerischen Tätigkeiten sind die Beschäftigten insbesondere durch folgende Faktoren gefährdet:

  • Krankheitserreger der Kinder

  • Feuchtarbeiten mit Handschuhen

  • Umgang mit Desinfektions- und Reinigungsmitteln

  • Hochheben und Tragen von Kindern

  • Stolperstellen und Bodenunebenheiten

  • Beengte Platzverhältnisse

  • Zeitdruck

Insbesondere beim Wickeln sind Kinder vor allem gefährdet durch:

  • Unzureichende Absturzsicherung am Wickeltisch

  • Zeitdruck der Beschäftigten

  • Krankheitserreger anderer Kinder

  • Infektionen

  • Desinfektionsmittel

ccc_3684_34.jpgMaßnahmen

Wickelbereich gestalten

  • Sie sollten den Wickelbereich in einem separaten Raum einrichten, der in der Nähe der Gruppeneinheit oder des Schlaf- beziehungsweise Ruheraumes liegt. Wenn das nicht machbar sein sollte, ist auch eine Nische im Sanitär- beziehungsweise Waschraum eine Möglichkeit. Achten Sie darauf, dass die Intimsphäre des Kindes gewahrt ist. Die Nähe zu einer Kindertoilette ist von Vorteil.

  • Die Bewegungsfläche für die Fachkraft soll mindestens 1,50 m2 und die Tiefe soll hierbei mindestens 1,00 m betragen, bei gebeugter Körperhaltung 1,20 m.

  • Der Wickelbereich besteht aus einem Wickeltisch und einer Waschgelegenheit, zum Beispiel Waschbecken, kleine Wanne, Duschtasse, die in gleicher Höhe installiert sein sollte.

  • Benötigte Materialien stehen im Greifbereich des Personals zur Verfügung.

  • Der Fußboden soll in diesem Bereich rutschhemmend ausgestattet sein (Rutschklasse R 10), ebenflächig und ohne Stolperstellen.

  • Fußboden, Wände und Arbeitsflächen sollten leicht zu reinigen und beständig gegen Reinigungs- und Desinfektionsmittel sein.

  • Stellen Sie geeignete, das heißt dicht schließende Entsorgungsbehälter für verschmutzte Wäsche und Windeln in der Nähe des Wickeltisches auf.

  • Um eine Unterkühlung der Kinder zu verhindern, soll eine Mindesttemperatur von 24 °C im Wickelbereich nicht unterschritten werden.

  • Verwendete Textilien sollten bei mindestens 60 °C waschbar sein.

Geeigneter Wickeltisch

  • Es hat sich bewährt, die Tiefe des Wickeltisches nach den zu wickelnden Kindern zu gestalten. Da häufig auch noch ältere Kinder gewickelt werden, sollte die Tiefe 100 cm bis 120 cm betragen.

  • Zum Schutz vorm Herunterfallen liegender Kinder ist eine seitliche und hintere Aufkantung erforderlich, die mindestens 20 cm hoch sein soll.

  • Der Wickeltisch sollte höhenverstellbar sein. Ist dies nicht möglich, muss eine geeignete Aufstiegshilfe zur Wickelfläche vorhanden sein. Sie muss gegen unerlaubtes Besteigen gesichert sein.

  • Die ergonomisch am besten geeignete Arbeitshöhe des Wickeltisches ist abhängig von der Körpergröße der wickelnden Person und liegt in der Regel zwischen 85 cm und 95 cm. Für Standsicherheit und ergonomische Körperhaltung sorgt ausreichender Freiraum unter dem Wickeltisch (Fußraumtiefe 15 cm, Fußraumhöhe 12 cm, Kniefreiheit 8 cm Tiefe).

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Abb. 38
Ergonomisch und sicher: ein Wickeltisch mit zugangsgesicherten Aufstiegshilfe, Aufkantung und Fußfreiraum.

Vor Infektionen schützen

Um Fachkräfte und Kinder in Ihren Kindertageseinrichtungen vor Infektionen zu schützen, müssen die Hygienemaßnahmen konsequent umgesetzt werden. Wenn es die Gefährdungsbeurteilung ergibt, kann für Wickelbereiche ein Reinigungs- und Desinfektionsplan notwendig sein. Sind bestimmte Krankheitserreger aufgetreten, so sind diese nach dem Infektionsschutzgesetz zu melden.

Unterstützen Sie Ihre Fachkräfte mit regelmäßigen Unterweisungen und gut ausgestatteten Arbeitsplätzen. Dazu gehören:

  • Hautreinigungs- und Desinfektionsmittel in ausreichender Menge (regelmäßig auf Haltbarkeit überprüfen)

  • Einmalhandtücher zum Abtrocknen der Hände

  • Saubere Wickelunterlagen für den Wickeltisch

  • Ungepuderte, latexfreie Einmalhandschuhe in allen benötigten Größen

Zum Auftragen von Desinfektionsmitteln auf Wickelunterlagen sollte keine Sprühflasche verwendet werden. Geeignet sind zum Beispiel Desinfektionsschaum und Desinfektionstücher.

Für Ihre Fachkräfte müssen Sie eine arbeitsmedizinische Vorsorge bei Ihrer Betriebsärztin oder Ihrem Betriebsarzt organisieren und ihnen Impfangebote unterbreiten (siehe Verordnung zur Arbeitsmedizinischen Vorsorge - ArbMedVV). Zusätzliche Angebote können erforderlich sein, wenn dies die Gefährdungsbeurteilung ergeben sollte, zum Beispiel Hepatitis-Schutzimpfung. Ziehen Sie Ihre Betriebsärztin oder Ihren Betriebsarzt zurate.

ccc_3684_31.jpg Wer Kinder wickelt und pflegt, sollte auf Schmuck und lange Fingernägel verzichten.

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Abb. 39
Griffbereit: Desinfektions-, Pflege- und Reinigungsmittel sollten beim Wickeln leicht zugänglich sein, für Kinder jedoch unerreichbar.

Organisation der Arbeit

Pflegerische Tätigkeiten sollten nicht unter Zeitdruck geschehen, da sie für die Beziehungsgestaltung und für die emotionale Sicherheit des Kindes eine große Bedeutung haben. Berücksichtigen Sie deshalb bei der Einsatz- und Aufgabenplanung ausreichend Zeit für diese Tätigkeiten.

Es ist erforderlich, dass nur qualifiziertes und unterwiesenes Personal pflegerische Tätigkeiten durchführt. Unterweisungen sollten mit betriebsärztlicher Unterstützung erfolgen.

ccc_3684_29.jpg Bei der Gefährdungsbeurteilung muss von vornherein berücksichtigt werden, ob und wie schwangere und stillende Frauen an diesen Arbeitsplätzen zu schützen sind.

Haut schützen, reinigen und pflegen

Sie sind verpflichtet, einen Hautschutz- und Händehygieneplan zu erstellen und regelmäßig zu aktualisieren. Unterweisen Sie zudem die Beschäftigten über die notwendigen Hygiene-, Hautschutz- und -pflegemaßnahmen bei hautgefährdenden Tätigkeiten. Sie sollten die Beschäftigten dabei darauf hinweisen, häufiges Händewaschen zu vermeiden. Für die Reinigung reichen milde, hautneutrale (pH 5,5) und unparfümierte Waschlotionen aus. Sind die Hände nicht verschmutzt, genügt eine hautschonendere Desinfektion. Nach der Reinigung sollten die Hände gut und ausschließlich mit Einmalhandtüchern abgetrocknet und abschließend mit Hautpflegecreme eingecremt werden.

Siehe Anhang 4.5 "Muster- und Rahmenhygienepläne in den Ländern"