DGUV Regel 109-604 - Branche Metallhütten

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Abschnitt 3.5 - 3.5 Arbeiten in Leitständen, Messwarten, Steuerständen

Wegen zunehmender Automation konzentriert sich die Arbeit an komplexen verketteten Anlagen der Hüttenindustrie vermehrt auf ständige Arbeitsplätze mit Steuer-, Kontroll- und Überwachungstätigkeiten in Leitständen, Messwarten und Steuerständen.

Das bewirkt eine steigende Verantwortung des Einzelnen für den Produktionsprozess. Fehlbedienung kann zu hohen Sach- und schwerwiegenden Personenschäden führen. Sie müssen deshalb auf optimale Arbeitsbedingungen für das Bedienpersonal achten und auf diese Weise sichere Produktionsbedingungen gewährleisten. Für die unmittelbare Umgebung muss ebenfalls eine sorgfältige Gefährdungsbeurteilung erfolgen.

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Bild 3 Moderner Leitstand einer komplexen Anlage der Hüttenindustrie

ccc_3666_01.jpgRechtliche Grundlagen
  • Arbeitsstätten-Verordnung

  • DGUV Vorschriften 15 und 16 "Elektromagnetische Felder"

ccc_3666_02.jpgWeitere Informationen
  • DGUV Information 203-026 "Elektromagnetische Felder in Metallbetrieben"

  • DGUV Information 215-410 "Bildschirm- und Büroarbeitsplätze"

  • DIN EN ISO 6385 "Grundsätze der Ergonomie für die Gestaltung von Arbeitsplätzen"

  • DIN EN ISO 11064 (Teile 1 - 7) "Ergonomische Gestaltung von Leitzentralen"

ccc_3666_24.jpgGefährdungen

1. Gefährliche Umgebung

Leitstände, Messwarten, Steuerstände und deren Zugänge befinden sich oft in einer gefährlichen Umgebung. Aufgrund der metallurgischen Prozesse muss mit Gefährdungen durch feuerflüssige Massen, gefährliche Flüssigkeiten, Gase, Explosionen und durch andere Materialien (z. B. Zuschläge, Beschickungsgut) gerechnet werden. Das Bedienpersonal kann durch Krane und deren Lasten gefährdet werden und durch Fahrzeuge (Flurförderzeuge), wenn ein Leitstand angefahren wird.

2. Physikalische Einwirkungen

Wegen der hohen geistigen Beanspruchung muss besonders auf Lärm und Vibrationen geachtet werden, die sich an den Anlagen nicht immer vermeiden lassen. Laute Geräusche können die Kommunikation und Informationsweitergabe stören, sodass es zu Fehlbedienungen kommen kann.

Besonders an elektro-metallurgischen Anlagen ist mit dem Auftreten von elektromagnetischen Feldern (EMF) zu rechnen (siehe Kapitel 3.7.4 "Elektromagnetische Felder").

3. Ergonomische Grundanforderungen

Es sind außerdem anspruchsvolle Sehaufgaben durch Bildschirmarbeit und optische Beobachtung von Prozessen und Arbeitsvorgängen zu leisten.

Konzentrationsmängel, die in einer ungeeigneten Arbeitsumgebung (unzureichende ergonomische Gestaltung von Arbeitsplätzen) oder durch schlechte Raumbedingungen (Temperatur, Luftqualität usw.) entstehen, können schwerwiegende Folgen haben.

ccc_3666_25.jpgMaßnahmen

Zu 1. Gefährliche Umgebung

Leitstände und deren Zu- und Abgangswege müssen gegen auftretende Gase, Flammen, feuerflüssige Massen, gefährliche Flüssigkeiten und anderes Material besonders geschützt sein, wenn sie nicht in einem sicheren Abstand angeordnet worden sind. Wenn Chargier- oder Abstichvorgänge beobachtet werden sollen oder der Leitstand sich in unmittelbarer Nähe eines metallurgischen Aggregats (Ofen, Gießanlage) befindet, sind besondere Schutzmaßnahmen erforderlich. In solchen Fällen können Panzerverglasung, Drahtgitter oder verfahrbare Panzerplatten für die Fenster sowie die Panzerung des gesamten Leitstands notwendig sein. Über eine Gefährdungsbeurteilung ist zu prüfen, ob ein Sichtfenster notwendig ist und welche Anforderungen an die Beschaffenheit bestehen.

Eine angemessen stabile Konstruktion, eventuell mit Abweisvorrichtungen, wie Pollern oder Ähnlichem, und gegebenenfalls ein Überfahrverbot für Krane mit Lasten sind ebenso erforderlich.

Flucht- und Rettungswege müssen ausreichend dimensioniert sein, der Anzahl der Beschäftigten entsprechend zur Verfügung stehen und in einen gesicherten Bereich führen. Diese Wege müssen ständig freigehalten werden. Es müssen stets zwei Fluchtwege vorhanden sein. Kann das bei alten Anlagen nicht gewährleistet werden, muss der Einbau eines Notausstiegs in Betracht gezogen werden.

Zu 2. Physikalische Einwirkungen

Leitstände müssen lärm- und vibrationsgeschützt (schwingungsentkoppelt) konstruiert werden. Wegen der hohen geistigen Beanspruchung des Personals an Leitständen werden maximale Lärmwerte von 55 dB angestrebt; in begründeten Ausnahmefällen (alte Anlagen) höchstens 70 dB. Das kann auch nachträglich durch besondere Dämmung und den Einbau von Doppeltüren (Schleusen) erzielt werden.

Zum Thema "Einwirkungen elektromagnetischer Felder (EMF)" und deren Beurteilung informieren die DGUV Vorschriften 15 und 16 "Elektromagnetische Felder" und die DGUV Information 203-026 "Elektromagnetische Felder in Metallbetrieben".

Zu 3. Ergonomische Grundanforderungen

Leitstände sollen den ergonomischen Grundsätzen nach DIN EN ISO 6385 und DIN EN ISO 11064 entsprechen.

Für die Arbeit in Leitständen gelten analog die Regeln für Bildschirmarbeitsplätze. Bei der Sicht nach draußen ist direkte Blendung zu vermeiden. Anderenfalls müssen Sie dafür sorgen, dass die Verglasung angepasst oder externe Lichtquellen verändert werden. Um die Blendung durch interne Lichtquellen im Leitstand zu minimieren, ist eine dimmbare Beleuchtung empfehlenswert.

Die Anzahl der Flachbildschirme ist auf ein möglichst geringes Maß zu beschränken.

Achten Sie grundsätzlich auf ein gesundes Raumklima. In vielen Bereichen ist deshalb eine Klimatisierung der Leitstände unumgänglich. Es gilt, Zugluft zu vermeiden und die Klimatisierung der Leitstände so auszulegen, dass keine Emissionen aus dem Produktionsbereich in die Leitstände eindringen.

Da es sich um eine vorwiegend sitzende Tätigkeit handelt, wird entsprechendes Mobiliar (individuell anpassbare Stühle, höhenverstellbare Bedienpulte usw.) empfohlen.