DGUV Information 207-026 - Zu Hause pflegen - so kann es gelingen! Ein Wegweiser für pflegende Angehörige

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Abschnitt 4.2 - 4.2 So bleibt Ihr Rücken gesund!

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Denken Sie daran: Ihr Rücken pflegt mit!

Pflege bedeutet oft körperliche Schwerstarbeit - auch und gerade für den Rücken. Vor allem Situationen wie das Umsetzen einer Person von der Bettkante in den Rollstuhl oder auch Hilfe bei der Lageveränderung im Bett belasten den Rücken. Oft ist dies gerade am Beginn einer Pflegesituation schwierig. Vielleicht fehlt Ihnen eine gute Anleitung für rückengerechtes Arbeiten? Vielleicht stehen auch noch keine entlastenden Hilfsmittel zur Verfügung? Es gibt auf jeden Fall Unterstützungsmöglichkeiten, die sehr hilfreich sein können.

Unsere Wirbelsäule und die Rumpfmuskeln ermöglichen uns eine aufrechte Körperhaltung und Beweglichkeit. Je besser die Bauch- und Rückenmuskeln arbeiten, desto erfolgreicher können sie die Wirbelsäule vor Überlastung und Verschleiß schützen. Rückenschmerzen, verspannte Schultern und ein steifer Nacken sind deutliche Hinweise darauf, dass eine Überlastung vorliegt. Dies kann sich rein körperlich auf die Wirbelsäule, Muskeln, Sehnen und Bänder beziehen. Aber es gibt auch psychische Faktoren. Dauerstress kann sich in Form von Rückenschmerzen zeigen, ohne dass ein körperlicher Befund vorliegt. Unsere Alltagssprache kennt dafür viele Redewendungen "ich habe mir zu viel aufgehalst" oder "es lastet alles auf meinen Schultern".

Ursachen für Rückenbeschwerden können somit vielfältig sein. In diesem Kapitel stellen wir Ihnen daher verschiedene vorbeugende und körperlich entlastende Möglichkeiten zur Rückengesundheit vor. Bei den im weiteren Verlauf vorgestellten Konzepten und Hilfsmitteln handelt es sich lediglich um eine begrenzte Auswahl.

Die Rückenschule/Rückentraining

In der Pflege bedeutet "bewegen" nicht nur, pflegebedürftige Menschen in ihrer Bewegung zu fördern und zu unterstützen. Auch für die Pflegenden ist es wichtig, sich möglichst rückengerecht zu verhalten. Daher stellen wir Ihnen an dieser Stelle das Konzept der Rückenschule vor.

Ein starker Rücken bietet gute Chancen, Belastungen erfolgreich begegnen zu können. Manche Menschen haben von der Natur gute Knochen und starke Muskeln mitbekommen. Andere müssen sich da mehr anstrengen. Klar ist jedoch: regelmäßige Bewegung hält fit. Grundsätzlich kann jeder zu jedem Zeitpunkt mit einem individuellen Bewegungstraining beginnen. Die Muskulatur ist immer trainierbar. Hierbei ist es nicht notwendig, Leistungssport zu betreiben. Ausgedehnte Spaziergänge oder Treppensteigen statt Aufzugfahren sind ein guter Start. Natürlich ist zusätzlicher Sport auf jeden Fall empfehlenswert.

Hierbei sollte jedoch jeder für sich entscheiden, was ihm oder ihr gut tut und auf seinen Körper hören. Lieber weniger und regelmäßig als nur kurzzeitig oder einmalig!

Die Rückenschule bzw. regelmäßiges Rückentraining zielt darauf ab, Rückenbeschwerden vorzubeugen oder zu verringern. Ziel ist es, einerseits rückengerechtes Verhalten zu vermitteln, andererseits durch verschiedene Übungen die Rücken- und Bauchmuskulatur zu stärken. Darüber hinaus können Hinweise zur Entspannung gegeben werden.

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Abb. 16 Regelmäßiges Training hilft

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Bei Ihrer Krankenkasse können Sie sich nach den sogenannten "Präventionskursen" erkundigen. Ein Großteil der Kosten für diese Kurse wird oft von den Krankenkassen übernommen!

Häufige Ursachen für Rückenprobleme sind Fehlbelastungen und Fehlhaltungen. In Seminaren der Rückenschule wird aber nicht nur der Rücken, sondern der gesamte Körper betrachtet. Die Seminarteilnehmerinnen und -teilnehmer sollen eine Verbesserung ihrer körperlichen Fähigkeiten erfahren. Zahlreiche Übungs- und Trainingsmöglichkeiten dienen dazu, sich auch außerhalb des Kurses rückengerecht zu bewegen - ob in der Freizeit, bei Alltagstätigkeiten oder eben bei der Pflege.

Bewegung im Allgemeinen, Rückenschule und auch andere Konzepte, wie die an anderer Stelle in dieser Broschüre beschriebene Feldenkrais-Methode können für jeden Menschen sinnvoll sein, nicht nur für pflegende Angehörige.

Hilfsmittel für die Rückengesundheit

Hier stellen wir Ihnen Hilfsmittel vor und geben Ihnen Hinweise für ergonomisches (rückenschonendes) Arbeiten.

Hilfsmittel zum Bewegen von Pflegebedürftigen (Transferhilfsmittel)

Wenn ein Hilfsmittel die Hauptarbeit beim Bewegen oder bei der Bewegungsunterstützung anderer Menschen übernimmt, ist dies die beste Vorbeugung gegen Rückenbeschwerden. Viele Hilfsmittel können Ihre körperliche Belastung bei der Pflege erheblich reduzieren - allerdings nur, wenn sie auch richtig angewendet werden. Pflegende und Pflegebedürftige können dann mit Hilfe von Hilfsmitteln gemeinsam die Aktivitäten des täglichen Lebens besser und vor allem sicherer bewältigen. Bei den Transferhilfsmitteln wird unterschieden in

  • Technische Hilfsmittel (z. B. Pflegebett, Rollstuhl, Lifter, Rollator) und

  • Kleine Hilfsmittel (z. B. Gleithilfen, Antirutschmatten, Rutschbretter).

Bitte beachten Sie: Alle Hilfsmittel können ihre Bestimmung nur erfüllen, wenn sie richtig eingesetzt werden. Daher müssen Sie die Hilfsmittel zunächst kennenlernen und dann auch noch den Umgang mit ihnen üben. Dies können Sie in Pflegekursen oder auch im Rahmen einer individuellen häuslichen Schulung tun. Üben Sie die Anwendung eines Hilfsmittels immer mit einer gesunden Person, nicht mit dem Pflegebedürftigen.

Technische Hilfsmittel

Lassen Sie sich nicht durch die Bezeichnung verwirren: Nicht alle Hilfsmittel, die in dieser Gruppe zusammengefasst werden, sind elektrische Geräte. Der Begriff ist grundsätzlich auch nicht so wichtig, da er aber ein fester Begriff ist, findet er hier Verwendung.

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Abb. 17 Ein typisches Pflegebett

Ein typisches Pflegebett

ist ein Hilfsmittel, das Sie auf verschiedene Arten unterstützen und entlasten kann. Heutzutage sind fast alle Pflegebetten im häuslichen Bereich elektrisch höhenverstellbar. In der Regel gilt dies zumindest für das Kopfteil. Die Betthöhe kann immer so angepasst werden, dass Sie als pflegende Person in einer guten Körperhaltung arbeiten können. Bei unterschiedlichen Tätigkeiten können unterschiedliche Betthöhen optimal sein. Pflegebetten gibt es in unterschiedlichen Optiken, z. B. Holz. Lassen Sie sich in Sanitätsfachgeschäften beraten.

Der Lifter

hilft bewegungseingeschränkten Menschen und Pflegenden z. B. beim Herausheben aus dem Pflegebett. Dabei trägt der Lifter das gesamte Gewicht des zu hebenden Menschen und entlastet somit die Pflegenden vollkommen. Liftersysteme bestehen aus dem eigentlichen Lifter sowie aus passenden Liftertüchern, die es in verschiedenen Größen und für verschiedene Zwecke (z. B. zum Baden) gibt.

Es gibt mobile Lifter, die z. B. in der Wohnung bewegt werden können. Darüber hinaus gibt es an einem Ort fest angebrachte Lifter. Zudem gibt es Deckenlifter, bei denen ein Schienensystem platzsparend an der Decke verschiedener Räume angebracht ist. Eine spezielle Form eines Lifters ist der Badewannenlifter. Es handelt sich hierbei um ein sogenanntes Personenhubgerät in oder an Badewannen. So wird das Ein- und Aussteigen beim Baden erleichtert.

Der Rollstuhl

ist ein Hilfsmittel, das es bewegungseingeschränkten Menschen oder Menschen mit Behinderung ermöglicht, mobil zu sein. Es gibt elektrische oder nicht motorisierte Versionen. Es gibt Rollstühle, die eher dazu gedacht sind, Menschen darin zu schieben. Sogenannte Aktiv-Rollstühle werden hingegen von den darin sitzenden Menschen selbstständig gefahren. Darüber hinaus gibt es auch Pflege-Multifunktionsrollstühle, die Pflegebedürftige besonders unterstützen.

Der Rollator

ist eine fahrbare Gehhilfe. Mit ihrer Unterstützung können dauerhaft oder kurzzeitig gehbehinderte oder geschwächte Menschen oftmals sicherer selbstständig gehen und müssen nicht gestützt werden. Einige Rollatoren können zusätzlich als mobile Sitzgelegenheit genutzt werden.

Kleine Hilfsmittel

Auch die sogenannten Kleinen Hilfsmittel zum Transfer reduzieren bei richtiger Handhabung die körperlichen Belastungen der Pflegenden. Manche dieser Kleinen Hilfsmittel können von den Pflegebedürftigen selbst verwendet werden und fördern somit die Selbstständigkeit. Andere dienen in erster Linie zur Erleichterung der Pflege.

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Abb. 18 Einsatz einer Antirutschmatte: Gewusst wie - und der Rücken bleibt gesund

Die Gleithilfen

auch Gleitmatten, Gleitfolien, Gleitkissen usw. sind verschiebbare Endlosschläuche. Sie ähneln Schlafsäcken, sind jedoch an beiden Enden offen. Innen bestehen sie aus sehr glattem Material. Dadurch wird der Reibungswiderstand zwischen der pflegebedürftigen Person und der Unterlage (z. B. Pflegebett) herabgesetzt. So ist ein Positionswechsel im Bett (z. B. das Rutschen in Richtung Kopfende) viel leichter möglich. Muss die pflegebedürftige Person hierbei unterstützt werden, müssen die Pflegenden dennoch nicht mehr heben, sondern unterstützen die im Bett liegende Person durch Schieben oder Ziehen. Zusätzlich wird durch den Einsatz von Gleithilfen Reibung vermieden, die zu Hautschäden führen kann. Es gibt Gleithilfen in verschiedenen Größen und Ausführungen, gepolstert und ungepolstert, mit oder ohne Nässeschutz und auch in Form eines Gleithandschuhs. Gleithilfen aus atmungsaktivem Material können im Bett unter der Person verbleiben und somit schnell und unkompliziert eingesetzt werden.

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Abb. 19 Einsatz einer Gleitmatte

Die Antirutschmatte

kommt überall da zum Einsatz, wo die Haftung auf der Unterlage erhöht werden soll. So können sie z. B. genutzt werden, damit der Teller beim Essen nicht verrutscht. Für das Bewegen von Menschen werden jedoch dickere und reißfeste Antirutschmatten verwendet. Sie können z. B. unter die Füße einer im Bett liegenden Person gelegt werden. Diese kann sich dann besser im Bett abstützen, um z. B. in Richtung Kopfende des Bettes zu gelangen. Daher kann die Antirutschmatte gut mit Gleithilfen kombiniert werden.

Die Antirutschmatte sollte im Bett immer nur für die gewünschte Bewegung verbleiben und danach aus dem Bett entfernt werden. Bitte beachten Sie: Für den Nassbereich (z. B. Dusche) sind Antirutschmatten nicht geeignet

Das Rutschbrett

besteht aus Kunststoff oder Holz. Es hat eine sehr glatte Oberfläche und eine rutschhemmende Unterseite. Es erleichtert den Transfer (Wechsel) einer nicht oder nicht sicher stehfähigen Person z. B. vom Rollstuhl ins Pflegebett. Das Rutschbrett bildet dann sozusagen eine Brücke zwischen Bett und Rollstuhl. Die pflegebedürftige Person muss somit nicht ins Bett gehoben werden. Der Transfer kann in kleinen Schritten, ggf. auch durch Schieben oder Ziehen, durchgeführt werden. Oft kann die pflegebedürftige Person dies mit Hilfe des Rutschbretts wieder selbstständig tun.

ccc_3653_24.jpgBitte beachten Sie: Nackte Haut gleitet nicht auf einem Rutschbrett. Daher gehört zwischen Rutschbrett und Haut immer rutschendes Material wie z.B. die Hose oder ein Handtuch.

Die Bettleiter

ähnelt einer Strickleiter. Sie besteht z. B. aus Sprossen, Griffen oder Schlaufen und kann unterschiedlich lang sein. Bettleitern werden am Fußende des Pflegebetts angebracht und ermöglichen der pflegebedürftigen Person, sich selbst im Bett aufzurichten.

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Abb. 20 Rutschbrett

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Abb. 21 Einsatz einer Bettleiter

Grundsätzliches zu ergonomischem Arbeiten in der häuslichen Pflege

Die häusliche Pflegesituation ist normalerweise nicht vergleichbar mit der professionellen Pflege. Trotzdem kann es - insbesondere bei eingeschränkter körperlicher Konstitution der Pflegeperson - zu Überforderungen kommen. Hinzu kommen noch die vorhandenen Einschränkungen des Pflegebedürftigen. Es ist ein Unterschied, ob der oder die Pflegebedürftige noch aktiv mithelfen kann oder nicht.

Das Bewegen von pflegebedürftigen Menschen muss oftmals unter ungünstigen Bedingungen durchgeführt werden. Ein Grundproblem bei vielen Tätigkeiten in der Pflege sind die hohen Gewichte und die vorgebeugte Haltung. Darauf kann der Körper mittel- und langfristig mit Symptomen oder gar Verletzungen reagieren.

Sie sollten bei den Pflege- und Bewegungstätigkeiten konsequent den Rücken gerade halten, die Bauchmuskulatur anspannen und Lasten möglichst aus den Beinen und nahe am Körper heben. Dabei sollten Sie keine ruckartigen Bewegungen ausführen, sondern Ihren Körper auf die Aktion vorbereiten und die Bauchmuskulatur kräftig anspannen. Eine trainierte Muskulatur wirkt hier stabilisierend. Generell sind gleichmäßige und fließende Bewegungen für das Muskel-Skelett-System schonender. Überschätzen Sie sich nicht und nehmen Sie erste Überlastungssymptome ernst. In der professionellen Pflege gibt es verschiedene Pflegekonzepte, mit denen man optimierte Bewegungsabläufe einüben kann. In den Kursen der Pflegekassen werden solche Konzepte - angepasst an die besonderen Anforderungen in der häuslichen Pflege - vermittelt.

Nachfolgend möchten wir Ihnen zusammengefasst einige Hinweise geben, wie Sie die Belastungen für Ihr Muskel-Skelett-System möglichst gering halten können.

Darauf sollten Sie achten:

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Ihnen stehen kostenlose Pflegekurse zu unterschiedlichen Themen zu. Darüber hinaus können Sie auch zu Hause kostenlose Pflegetrainings in Anspruch nehmen. Nutzen Sie diese Angebote!
  • Informieren Sie sich über Hilfsmittel - z. B. bei der Pflegekasse, Pflegeberatern oder in Sanitätshäusern.

  • Setzen Sie für Ihre Situation passende Hilfsmittel ein.

  • Üben Sie den Hilfsmitteleinsatz vorher gründlich - z. B. in Pflegekursen oder an gesunden Angehörigen.

  • Setzen Sie nur Hilfsmittel ein, die Sie sicher handhaben können.

  • Informieren Sie die pflegebedürftige Person über den Einsatz des Hilfsmittels (so bauen Sie mögliche Ängste und Widerstände ab).

  • Stellen Sie das Pflegebett immer auf eine für Sie günstige Höhe ein: ca. eine Handbreit unterhalb der Leiste. Wenn der Platz reicht, sollte das Bett frei zugänglich stehen.

  • Achten Sie beim Schieben und Anheben des Rollstuhls auf korrekte Körperhaltung und richtige Höheneinstellung der Griffe.

  • Nutzen Sie die vorhandenen Fähigkeiten der pflegebedürftigen Person - so entlasten Sie Ihren Rücken und stärken das Selbstwertgefühl und die Fähigkeiten der pflegebedürftigen Person (aktivierende Pflege).

  • Vermeiden Sie, sich unnötig oft zu bücken. Ziehen Sie z. B. der pflegebedürftigen Person die Schuhe bereits vor dem Transfer im Bett an. Nutzen Sie Hocker bei Pflegetätigkeiten, bei denen Sie sich sonst herunterbeugen müssten.

  • Sorgen Sie bei Pflegehandlungen für genügend Bewegungsfreiraum.

  • Arbeiten Sie bei schweren Tätigkeiten möglichst zu zweit - holen Sie sich Hilfe.

  • Vermeiden Sie Drehbewegungen in der eigenen Wirbelsäule, wenn Sie Lasten transportieren müssen.

  • Vermeiden Sie ruckartige Bewegungen.

  • Nutzen Sie ergonomisch korrekte Verhaltensweisen auch bei anderen Tätigkeiten, z. B. bei Reinigungsarbeiten im Haushalt.

  • Stärken Sie Ihren Rücken durch Ausgleichsübungen.

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Abb. 22 Hautpflege ist wichtig