DGUV Information 202-098 - Impulse für die Förderung der Gesundheit von Lehrerinnen und Lehrern

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Abschnitt 4.1 - 4.1 Veränderungsbereitschaft der Lehrkräfte als erfolgskritischer Faktor

Veränderungswillen und Engagement sind Grundvoraussetzungen für nachhaltig erfolgreiche Veränderungen in Schulen. Lehrkräfte und ggf. Schülerinnen, Schüler und Eltern müssen bereit sein, Neues zu erproben und sich für die Realisierung ihrer Ideen engagieren. Dies kostet Zeit und Energie. Wenn nur wenige Mitglieder der Schule dem Veränderungsvorhaben positiv gegenüberstehen und nur wenige bereit sind, sich zu engagieren, sind nachhaltige und umfassende Verbesserungen kaum zu erzielen.

Die Forschung zum Change Management benennt entsprechend als zentrale Bedingung für eine erfolgreiche Realisierung organisationaler Veränderungen die Veränderungsbereitschaft der betroffenen Mitglieder der Organisation: Die Mitglieder der Organisation müssen von der Sinnhaftigkeit des Veränderungsvorhabens überzeugt sein und sich für dessen Realisierung engagieren (Nieskens & Schumacher, 2010).

Definition: Change Management
Mit dem Konzept des Change Managements (oder Veränderungsmanagement) kristallisierte sich in letzter Zeit eine ganzheitliche Betrachtung des Themas "Veränderungen steuern" heraus. Change Management ist die "Strategie des geplanten und systematischen Wandels, der durch die Beeinflussung der Organisationsstruktur, der Unternehmenskultur und des individuellen Verhaltens zustande kommt, und zwar unter größtmöglicher Beteiligung der betroffenen Arbeitnehmer [in Schulen: Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler]. Die gewählte ganzheitliche Perspektive berücksichtigt die Wechselwirkung zwischen Individuen, Gruppen, Organisationen, Technologie, Umwelt, Zeit sowie die Kommunikationsmuster, Wertstrukturen, Machtkonstellationen etc., die in der jeweiligen Organisation real existieren."

Die Forschung zeigt, dass diese Bereitschaft zur Veränderung und Innovation von (1) individuellen Merkmalen, (2) von Bedingungen in der jeweiligen Organisation (z. B. der Organisationskultur und Führung), (3) den Inhalten des Veränderungsvorhabens und (4) dessen Gestaltung bestimmt wird. In dem nachfolgenden Rahmenmodell werden die wesentlichen Einflussfaktoren der Veränderungsbereitschaft dargestellt (in Anlehnung an Holt et al., 2006; vgl. auch Schumacher, 2008). Es werden zwei Facetten der Veränderungsbereitschaft - die Akzeptanz des Veränderungsvorhabens und die Bereitschaft zur aktiven Mitwirkung - unterschieden.

Definition
Akzeptanz von Veränderungen: zustimmende, aufgeschlossene Haltung gegenüber einem Veränderungsvorhaben.
Veränderungsbereitschaft: Veränderungsbereite Organisationsmitglieder verbinden mit der Veränderung positive Emotionen, es überwiegt eine positive Bewertung und es besteht die Intention, an der Realisierung des Veränderungsvorhabens aktiv mitzuwirken.

Ein Akzeptieren eines Wandelprojekts muss dabei nicht immer in einer aktiven Mitwirkung bei dessen Umsetzung münden. Oft mangelt es an Zeit oder Energie für ein Engagement. Aber auch die positive Bewertung eines Veränderungsprojekts ohne aktive Beteiligung kann den Engagierten Rückhalt geben und somit zum Erfolg des Projekts beitragen.

Holt et al. (2007) unterscheiden in ihrem Rahmenmodell zwischen relativ stabilen Einflussfaktoren auf die Veränderungsbereitschaft und solchen Einflussfaktoren, die mit der Gestaltung und den Inhalten des jeweiligen Veränderungsvorhabens zusammenhängen.

Die stabileren Einflussfaktoren umfassen die Merkmale der Organisation und der Person. Organisationen unterscheiden sich hinsichtlich ihrer grundlegenden Veränderungsbereitschaft und -fähigkeit. Während die eine Organisation eine große Offenheit gegenüber Veränderungen aufweist, Veränderungsbedarfe frühzeitig erkennt und selbstbewusst und voller Zuversicht Änderungsvorhaben initiiert, erlebt eine andere Organisation Veränderungsvorhaben als Bedrohung und Überforderung oder sieht keine Notwendigkeit für Veränderungen. Analog hierzu weisen auch die von einer Veränderung betroffenen Personen eine unterschiedliche Veränderungsbereitschaft auf. Dies hängt mit Vorerfahrungen der Personen, deren Persönlichkeit und grundlegenden Einstellungen zusammen.

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Abbildung 4.1: Integratives Modell zur Veränderungsbereitschaft in Anlehnung an Holt et al. (2007)

Diese Merkmale der Organisation und der Personen haben sich über längere Zeit entwickelt und sind nicht unmittelbar und kurzfristig zu ändern. Sie bilden gleichermaßen die Startbedingungen für ein Veränderungsvorhaben. Daher ist zu Beginn eines jeden Veränderungsprojekts zu prüfen, wie die grundlegende Veränderungsbereitschaft der Organisation und der betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausgeprägt ist und wovon diese geprägt wird oder wurde.

Neben den vergleichsweise stabilen Einflussfaktoren nehmen auch die Gestaltung des Veränderungsvorhabens und dessen Inhalte Einfluss auf die Veränderungsbereitschaft. Diese Faktoren können in stärkerem Maße gesteuert werden und bergen daher die Chance, die Aufgeschlossenheit gegenüber dem Veränderungsvorhaben und das Engagement für dessen Realisierung zu fördern.

Im Folgenden wird zunächst der Frage nachgegangen, welche Merkmale von Organisationen und Personen günstige oder ungünstige Startbedingungen für Veränderungsvorhaben darstellen. Anschließend wird erläutert, wie Veränderungsprozesse so gestaltet werden können, dass sie die Veränderungsbereitschaft stärken.