TRBA 260 - TR Biologische Arbeitsstoffe 260

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Abschnitt 4 TRBA 260 - Schutzmaßnahmen

4.1
Mindestschutzmaßnahmen

Gefährdungen sollen möglichst an der Quelle bekämpft werden (§ 4 Nummer 2 ArbSchG). Da auftretende Biostoffe nicht zu substituieren sind, gilt folgende Rangfolge der Schutzmaßnahmen:

  1. 1.

    technisch/baulich,

  2. 2.

    organisatorisch/hygienisch sowie

  3. 3.

    persönlich.

Bei allen Tätigkeiten mit Biostoffen müssen mindestens die allgemeinen Schutzmaßnahmen nach § 9 BioStoffV eingehalten werden.

4.1.1
Arbeitsbereiche und Arbeitsmittel

Oberflächen (Fußböden, Arbeitsflächen, Oberflächen von Arbeitsmitteln und Geräten) sind in einem dem Arbeitsablauf entsprechenden sauberen Zustand zu halten, sie sind regelmäßig zu reinigen und im Bedarfsfall zu desinfizieren.

Bei der Auswahl dieser ist darauf zu achten, dass sie korrosionsbeständig, leicht zu reinigen und desinfektionsmittelbeständig sind. Dies gilt auch für Wände, soweit sie kontaminiert werden können.

Hinweis: Je nach zu erwartender Verunreinigung kann diese Forderung für Wandflächen z. B. durch fachgerechte Anstriche mit Beschichtungsstoffen oder -systemen der Nassabriebbeständigkeit-Klasse 2 2 erfüllt werden.

4.1.2
Waschgelegenheiten

Den Beschäftigten sind leicht erreichbare Handwaschplätze mit kontaktarmen Armaturen (z. B. Einhebelmischbatterien, Druckarmaturen oder sensorgesteuert), fließendem warmem und kaltem Wasser, Spendern für Hautreinigungsmitteln und Einmalhandtücher sowie geeignete Hautschutz- und Hautpflegemittel zur Verfügung zu stellen. Ein Nachrüsten mit oben genannten Armaturen ist bei Neugestaltung oder Umgestaltung der Handwaschplätze erforderlich.

Auch an mobilen und abgelegenen Arbeitsplätzen ist für eine Möglichkeit der hygienischen Händereinigung und -trocknung zu sorgen.

4.1.3
Duschgelegenheiten

Soweit es nach der Gefährdungsbeurteilung erforderlich ist, sind Ganzkörperduschen vorzusehen. Gründe hierfür können Tätigkeiten mit starker Verschmutzung oder hoher Keimbelastung sein (z. B. stationäre Duschen bei der Behandlung oder Betreuung von Nutz- oder Zootieren oder mobile Duschmöglichkeiten bei der Bekämpfung hochkontagiöser Tierseuchen in landwirtschaftlichen Betrieben).

4.1.4
Hygienische Händedesinfektion/Handschuhe

Es sind Desinfektionsmittelspender mit zugelassenen Desinfektionsmitteln bereitzustellen. Bei ständigen Arbeitsplätzen bevorzugt mittels einhändig oder berührungslos zu betätigenden Wandspendern.

Bei Tätigkeiten, die eine hygienische Händedesinfektion erfordern, müssen Hände, Fingernägel und Unterarme frei von jeglichen Gegenständen wie z. B. Schmuck, einschließlich Eheringen, künstlichen Fingernägeln, Armbanduhren und Piercings sein; Fingernägel sind kurz und rund geschnitten zu tragen und sollen die Fingerkuppe nicht überragen.

Den Beschäftigten müssen geeignete Schutzhandschuhe gestellt und von diesen getragen werden, solange eine Gefährdung besteht.

Vor Verlassen des Arbeitsbereichs sowie nach Tierkontakt, Kontakt zu potenziell infektiösen Materialien oder Oberflächen und nach Ausziehen der Schutzhandschuhe ist eine hygienische Händedesinfektion durchzuführen.

Ein Hautschutz-, Händehygiene- und Handschuhplan muss einrichtungsspezifisch erstellt werden und zugänglich sein 3.

Hinweise:

  • Zwischen Maßnahmen für den Arbeits- und den Verbraucherschutz bzw. dem Tierschutz und der Tierhygiene kann es zu Synergismen kommen. So können Hygienemaßnahmen, wie z. B. stallspezifische Arbeitskleidung im Bereich der Nutztierhaltung, gleichzeitig auch dem Schutz der Beschäftigten dienen.

  • Zum Schutz des zu behandelnden Tieres erfolgt eine hygienische Händedesinfektion ggf. vor der Untersuchung, nach vorherigem Kontakt zu anderen Tieren und vor aseptisch durchzuführenden Tätigkeiten.

  • Händewaschen ist grundsätzlich hautbelastend und daher auf ein notwendiges Minimum zu reduzieren. Auf den Vorrang der Desinfektion vor der Reinigung wird hingewiesen.

  • Tätigkeiten in feuchtem Milieu führen zu einer erhöhten Hautbelastung. Der Arbeitgeber hat zu prüfen, ob solche Belastungen reduziert werden können. Insbesondere sollen Handschuhe nur so lange wie nötig getragen werden.

  • Die Benutzung von Handwaschbürsten schädigt nicht nur die Haut, sie kann auch zu einer erhöhten Erregerzahl auf der Haut führen und sollte daher vermieden werden. Das Tragen von geeigneten Handschuhen schützt vor Verschmutzungen und hilft häufiges Waschen zu vermeiden.

  • Der Arbeitgeber hat geeignete Hautschutz- und -pflege-mittel anwendungsnah in Tuben oder Spendern zur Verfügung zu stellen. Er hat einen Hautschutzplan zur Auswahl von Präparaten für Hautreinigung, -schutz und -pflege zu erstellen und die Mitarbeiter in deren regelmäßiger und richtiger Anwendung zu unterweisen.

  • Wegen des Risikos einer Hautschädigung und wegen Perforationsgefahr sind Schutz- und OP-Handschuhe nur auf trockenen Händen anzuziehen.

  • Bei längerem Tragen von luftundurchlässigen Schutzhandschuhen können zusätzlich Unterziehhandschuhe aus Baumwolle oder aus anderen Geweben mit vergleichbaren Eigenschaften (Saugfähigkeit, Hautverträglichkeit) sinnvoll sein.

  • Siehe auch TRGS 401 "Gefährdung durch Hautkontakt - Ermittlung, Beurteilung, Maßnahmen".

  • Lackierte Fingernägel können den Erfolg der Handhygiene gefährden. Deswegen ist im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung zu entscheiden, ob auf Nagellack verzichtet werden muss.

  • Zusätzlich ist das mechanische Verletzungsrisiko durch Schmuck zu berücksichtigen.

4.1.5
Hygieneplan

Der Arbeitgeber hat entsprechend des Ergebnisses der Gefährdungsbeurteilung für die einzelnen Arbeitsbereiche einen geeigneten Hygieneplan zu erstellen, der die im Anhang 2 dargestellten Basismaßnahmen regelt. Die Erfordernisse des Arbeitsschutzes gemäß § 9 BioStoffV und der hygienisch einwandfreie Umgang mit den zu behandelnden Tieren können in einem Dokument gebündelt werden. Die Befolgung der in Anweisungen festgelegten Maßnahmen ist sicherzustellen. Es empfiehlt sich, risikobezogene Maßnahmen festzulegen, um spezifische Tätigkeitsbereiche oder das Vorkommen spezifischer Erreger zu berücksichtigen.

1. Präventive Hygienemaßnahmen

Es sind risikoadaptierte Handlungs- und Verhaltensanweisungen zu erstellen. Diese Standardarbeitsanweisungen müssen einrichtungsspezifisch eine hygienische und sichere Vorgehensweise verbindlich und eindeutig vorgeben. Alle Vorgaben sind in der jeweils gültigen Fassung für alle Mitarbeiter einsehbar. Die Beschäftigten sind darüber wiederkehrend und bedarfsgerecht zu unterweisen und zu schulen.

2. Maßnahmenstruktur

  • Organisation der Hygiene: Im Rahmen der Erstellung eines Hygieneplans müssen Verantwortlichkeiten definiert werden, welche eindeutig regeln, wer die jeweilige Maßnahme durchzuführen hat, sowie für die Kontrolle der jeweils sach- und fachgerechten Ausführung zuständig ist. Ein hierarchisches Prinzip mit genauer Angabe der Zuständigkeiten wird empfohlen.

  • Basismaßnahmen: Diese enthalten grundlegende, für alle verbindliche Regelungen zur Durchführung der Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen.

3. Risikobezogene Maßnahmen

Unter speziellen Voraussetzungen können zusätzliche Regelungen erforderlich sein. Beispiele hierfür sind:

  • Erregereigenschaften wie Virulenz (z. B. Influenza-Viren, Tuberkulose-Erreger, Gastroenteritis-Erreger), Toxinbildung (z. B. Clostridien, Staphylokokken) oder andere Eigenschaften (z. B. definierte Antibiotikaresistenzen bestimmter Bakterien),

  • Tätigkeiten wie Zahnsanierungen, Operationen, Injektionen, Punktionen, Labordiagnostik, Endoskopien, Aufbereitung von Arbeits- und Untersuchungsmaterialien, Aufbereitung von Material zur Pflege und Versorgung von Tieren,

  • definierte Tätigkeitsbereiche wie Arbeiten in Untersuchungsräumen, in Quarantäne, stationären Bereichen, Röntgenräumen und Entsorgung.

Hinweis:Die regelmäßige Dokumentation der im Hygieneplan vorgesehenen Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen dient nicht zuletzt dem Nachweis der guten veterinärmedizinischen Praxis (GVP).

4.1.6
Fachliche Eignung

Für Tätigkeiten mit möglicher Infektionsgefahr hat der Arbeitgeber nur entsprechend qualifizierte Beschäftigte einzusetzen. Dies sind Tierärzte, Tiermedizinische Fachangestellte, Veterinärmedizinisch-technische Assistenten, Tierpfleger oder entsprechend in diesen Bereichen erfahrene und weitergebildete Beschäftigte. Die Tätigkeiten dürfen nur ausgeführt werden, wenn der Arbeitgeber sich davon überzeugt hat, dass die Qualifikation für eine korrekte Durchführung vorliegt. Dies ist erfüllt, wenn er die Durchführung solange überwacht, bis die Tätigkeiten beherrscht werden. Die richtige Durchführung ist in geeigneten Intervallen von ihm zu überprüfen.

4.1.7
Nahrungs- und Genussmittel

Beschäftigte dürfen in Arbeitsbereichen, in denen die Gefahr einer Kontamination mit Biostoffen besteht, keine Nahrungs- und Genussmittel zu sich nehmen oder lagern.

Hierfür sind Pausenräume oder von Arbeitsplätzen abgetrennte Bereiche vom Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen.

4.1.8
Arbeitskleidung/Umkleiden

Arbeitskleidung ist regelmäßig sowie bei Bedarf zu wechseln und zu reinigen.

Arbeits- und Straßenkleidung sind getrennt voneinander aufzubewahren. Abhängig von der Gefährdungsbeurteilung kann die Aufbewahrung der Straßenkleidung in einem separaten Bereich erforderlich sein, um die Verschleppung von Biostoffen oder Allergenen in das private Umfeld zu vermeiden.

4.1.9
Versand diagnostischer Proben4

Bei diagnostischen Proben wie z. B. Serum oder formalinfixiertem Material besteht nur eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit, dass es infektionsfähige Krankheitserreger enthält. Dieses Material darf in bruchsicherer Verpackung versandt werden (flüssigkeitsdichter Primärbehälter in Sekundärbehälter mit aufsaugendem Material verpackt). Der Versand des Sekundärbehälters kann dann in einer stabilen Versandtüte als Groß- oder Maxibrief erfolgen (Aufschrift: Freigestellte veterinärmedizinische Probe).

Material wie z. B. frisches Organgewebe einer Sektionstieres oder Tupfer mit potenziell infektiösem Material muss unter der Bezeichnung "Biologischer Stoff, Kategorie B" als Gefahrgut unter erleichterten Bedingungen mit der UN-Nr. 3373 verschickt werden. Hier gibt es eine Verpackungsanweisung nach ADR 5 (P 650). Die Versendung kann ebenfalls auf dem regulären Versandweg erfolgen (Maxibrief).

4.1.10
Persönliche Schutzausrüstungen (PSA)

Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, dass nach § 8 Absatz 4 Nummer 4 BioStoffV und § 5 i. V. mit § 3 PSA-Benutzungsverordnung (PSA-BV) zusätzlich Persönliche Schutzausrüstungen (PSA), einschließlich Schutzkleidung in ausreichender Stückzahl zur Verfügung stehen. Dazu können je nach Gefährdung Schutzkittel, Handschuhe, FFP-Masken 6, Schutzbrillen/Visiere, Stiefel, Schürzen etc. gehören. PSA muss dem Anwender individuell passen. Deshalb ist auf entsprechende Größen zu achten (siehe auch 4.2.8). Sie ist regelmäßig zu warten. Einmalprodukte sind fachgerecht zu entsorgen.

Beispielsweise sind bei Reinigungs- und Desinfektionsarbeiten flüssigkeitsdichte, ungepuderte, allergenarme und gegen die eingesetzten Produkte beständige Schutzhandschuhe 7 bei Notwendigkeit mit verlängertem Schaft zum Umstülpen, damit Hautkontakte vermieden werden, bereitzustellen.

4.1.11
Jugendarbeitsschutz und Mutterschutz

Der Arbeitgeber darf Jugendliche, werdende oder stillende Mütter bei Tätigkeiten mit Biostoffen nur beschäftigen, soweit dies auch mit den speziellen arbeitsschutzrechtlichen Bestimmungen (Jugendarbeits- und Mutterschutzgesetz) vereinbar ist, dies ist in der Gefährdungsbeurteilung zu prüfen.

Hinweis: Es empfiehlt sich, bei der Erstellung der Gefährdungsbeurteilung bereits festzustellen, ob die beurteilten Arbeitsplätze/Tätigkeiten für Jugendliche oder Schwangere oder Stillende geeignet bzw. welche zusätzlichen Voraussetzungen erforderlich sind.

4.1.12
Rücküberweisung, Entlassung von Tieren

Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, dass bei der Verlegung, Überweisung oder Entlassung von Tieren, die an einer Zoonose leiden oder mit auf den Menschen übertragbaren Infektionserregern kolonisiert sind, Informationen über notwendige Schutzmaßnahmen, die zur Verhütung und Verbreitung von Infektionen erforderlich sind, weitergegeben werden.

4.2
Besondere oder zusätzliche Schutzmaßnahmen

Die unter Nummer 4.1 aufgeführten Schutzmaßnahmen sind in Abhängigkeit der von den Biostoffen ausgehenden gesundheitlichen (infektiösen, sensibilisierenden und toxischen oder sonstige die Gesundheit schädigende) Wirkungen (siehe hierzu auch die Beispiele in Anhang 1) und der durchgeführten Gefährdungsbeurteilung durch die folgenden Schutzmaßnahmen zu ergänzen bzw. anzupassen.

4.2.1
Zutrittsbeschränkung

Ist mit dem Vorkommen von Erregern der Risikogruppen 3 ** oder 3 zu rechnen bzw. ist von einer hohen Konzentration an sensibilisierenden oder toxischen Stoffen auszugehen, ist der Zutritt zu entsprechenden Arbeitsbereichen auf die erforderlichen Personen zu beschränken.

4.2.2
Abtrennung

Für Bereiche, in denen Tätigkeiten mit Tieren, deren Ausscheidungen oder deren Körperflüssigkeiten und Erregern der Risikogruppe 3 ** oder 3 stattfinden, ist zu prüfen, ob durch einen Vorraum, einen Schleusenbereich oder eine ähnliche Maßnahme, diese von den übrigen Arbeitsbereichen abzutrennen sind. Neben Isolierungen können zusätzliche Hygienemaßnahmen erforderlich sein. Vergleichbares Vorgehen kann in Ausnahmen auch bei Erregern der Risikogruppe 2 angezeigt sein.

4.2.3
Vermeidung/Minimierung von Aerosolen

Durch räumliche Trennung oder lüftungstechnische Anlagen mit entsprechender Luftführung ist sicherzustellen, dass es durch Tätigkeiten oder Arbeitsverfahren, die zu einer Freisetzung von Biostoffen in die Umgebung führen können, nicht zu einer Belastung von Beschäftigten in benachbarten Arbeitsbereichen kommt. Auch durch weitere Maßnahmen sollte die Aerosolbelastung reduziert werden, wie z. B. durch

  • Einsatz geeigneter Absaugtechnik bei tierärztlichen Zahnbehandlungen,

  • ruhiges Arbeiten, Vermeiden von Flucht- und Paniksituationen in Ställen, um das Aufwirbeln von Stäuben zu minimieren.

Hinweis: Zur Minimierung von Allergenkontakten, zum Beispiel in der Rinderhaltung, werden körperbedeckende Arbeitskleidung mit Kapuze und für kürzere Arbeitsprozesse partikelfiltrierende FFP2/FFP3-Halbmasken mit Ausatemventil empfohlen (Anwendung siehe Anhang 5). Für umfangreichere Arbeitsprozesse haben sich Gebläseunterstützte Atemschutzgeräte bewährt.

Wenn mit erhöhter, hoher oder sehr hoher Staubexposition zu rechnen ist, zum Beispiel beim Hängen in der Geflügelschlachtung oder beim Impfen größerer Bestände, ist entsprechender Atemschutz zur Verfügung zu stellen und dieser sollte auch getragen werden.

Zur Vermeidung von Aerosolen bei Reinigungsarbeiten sind diese so auszuführen, dass hierbei die Exposition gegenüber Biostoffen minimiert wird, z. B. durch

  • Reinigung kontaminierter Gegenstände unterm Wasserspiegel,

  • Abdecken des Ultraschallbades bei der Reinigung von Instrumenten,

  • Verwendung von Reinigungs- und Desinfektionsgeräten,

  • Feuchtreinigen statt Kehren oder Abblasen mit Druckluft,

  • Reinigung mit weichem Wasserstrahl statt Hochdruckreinigung,

  • staubvermeidende Reinigungsverfahren, z. B. Wischen oder Saugen mit geeigneten Staubsaugern.

4.2.4
Vermeidung von Biss- oder Kratzverletzungen

Biss- und Kratzwunden können zu schweren Infektionen mit irreversiblen Folgen führen, insbesondere wenn Gelenke, Sehnen und Nerven der Hände und distalen Unterarme sowie das Gesicht betroffen sind. In sehr seltenen Fällen kann sich eine Sepsis entwickeln. Je nach behandelter Tierart sind Maßnahmen zu ergreifen, die diese Gefährdung möglichst verhindern.

Dies können sein:

  • Schulung bezüglich des arttypischen Verhaltens der Tiere zur Vermeidung von Verletzungen,

  • Vermeidung von Hektik,

  • Zwangsstände, -boxen, Einfangvorrichtungen,

  • Hilfsmittel wie Maulkörbe, Kescher, Katzensack u. ä.,

  • Pheromone,

  • Sedierungen oder auch Narkose, ggf. auch mit Blasrohr oder Narkosegewehr,

  • ausreichendes Assistenzpersonal,

  • bissfeste Schutzhandschuhe.

Die Beschäftigten müssen im Umgang mit den Tieren und dem Einsatz von Zwangsmitteln unterwiesen werden. Insbesondere mit Berufsanfängern muss das Fixieren der Tiere regelmäßig geübt werden.

4.2.5
Vermeidung von Schnitt- und Stichverletzungen

Beim Umgang mit benutzten Instrumenten und Geräten sind Maßnahmen zu ergreifen, die eine Verletzungs- und die damit verbundene höhere Infektionsgefahr der Beschäftigten minimieren. Hier ist z. B. an die Nutzung von Huf- oder Klauenmessern, Messern bei der Schlachttier- und Fleischuntersuchung oder Skalpellen zu denken.

Es ist zu prüfen, ob es alternative Verfahren gibt, wie beispielsweise das Impfen mit Luftdruckverfahren. Spielen durch Blut übertragbare Erreger eine Rolle (z. B. bei Affen) ist zu prüfen, ob Instrumente mit Sicherheitsmechanismen (Sicherheitsgeräte) verwendet werden können. Gibt es keine technischen Möglichkeiten, sind entsprechende organisatorische Maßnahmen zu treffen.

Maßnahmen können sein:

  • Information zum Verhalten der Tiere, denn nicht nur aggressive sondern gerade ängstliche Tiere bergen ein höheres Risiko für Abwehrreaktionen,

  • Sedierung,

  • schnittfeste Unterziehhandschuhe,

  • Übung,

  • scharfe Messer.

Es ist sicherzustellen, dass insbesondere Messer sicher abgelegt werden können, z. B. Messerköcher in der Fleischbeschau.

Zur Entsorgung von Kanülen und anderer spitzer und scharfer Arbeitsgeräte sind durchstichsichere, flüssigkeitsdichte, sicher verschließbare und bruchfeste Behälter zu benutzen. Sie sind so nah wie möglich am jeweiligen Anfallsort bereitzustellen und sind standfest unterzubringen. Sie dürfen nicht umgefüllt werden. Kanülen, Skalpelle, Messer dürfen nicht vorher in die Abdeckung (Schutzkappe) zurückgesteckt werden. Gefüllte Abfallbehältnisse sind gemäß den Abfallvorschriften zu entsorgen (siehe Anhang 6).

Hinweis: Das Risiko des Einbringens von Arzneimitteln unterliegt zwar dem Gefahrstoffrecht, ist aber ebenfalls zu berücksichtigen.

Hinweis: Die DIN EN ISO 23907 beschreibt die Prüfanforderungen, die Abfallbehältnisse zur Aufnahme gebrauchter Kanülen zu erfüllen haben. Die Abfallbehältnisse müssen danach folgende Eigenschaften aufweisen:

  • sie sind fest verschließbare Einwegbehältnisse und ausreichend groß,

  • sie geben den Inhalt, z. B. bei Druck, Stoß, Fall, nicht frei, - sie sind durchdringfest,

  • sie sind eindeutig und verwechslungssicher zu erkennen (Farbe, Form, Beschriftung),

  • sie sind auf die Entsorgungskonzeption und auf die verwendeten Spritzensysteme (Abstreifvorrichtung für verschiedene Kanülenanschlüsse) abgestimmt,

  • ihre maximale Füllmenge ist angegeben, ihr Füllungsgrad ist erkennbar.

4.2.6
Lagerung und Entsorgung von kontaminiertem Material oder Tierkörpern

Tierkadaver oder Teile dieser oder kontaminierte Tierprodukte sind so zu lagern, zu transportieren und zu entsorgen, dass ein Kontakt und eine Verschleppung von Biostoffen vermieden wird (z. B. in ausreichend stabilen Säcken und für den Transport in verschließbaren, gekennzeichneten Behältern), siehe hierzu auch §§ 7, 9 und 10 Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz (siehe Anhang 6).

4.2.7
Kontakt mit Allergenen minimieren

Da tierische und andere Allergene sehr gute Schwebeeigenschaften besitzen, können sie über längere Distanzen sehr effizient und weiträumig in der Umwelt verteilt werden. So können auch Expositionen an Orten (z. B. Neben- und Sozialräume, Autos) auftreten, an denen in der Regel keine Tiere vorhanden sind. Dort können Allergene sich an den Wänden, Möbeln und anderen Gegenständen ablagern. Dabei gelten Kleidung und menschliche Haare als Hauptüberträger der Allergene. Durch die Arbeitskleidung und durch die menschlichen Haare kann es zu Verschleppungen in das private Lebensumfeld kommen. Daher ist der Wechsel der Arbeitskleidung sowie die separate Aufbewahrung der Straßenkleidung unbedingt erforderlich. Das Tragen von Haarhauben beim beruflichen Umgang mit Tieren wird ebenfalls empfohlen. Um das Aufwirbeln von Staub zu vermeiden, sollte die regelmäßige Reinigung der Räume immer feucht erfolgen. Auch Polsterstühle, Gardinen sowie Teppichböden falls vorhanden, sollten regelmäßig gereinigt werden.

4.2.8
Auswahl, Reinigung und Entsorgung von persönlichen Schutzausrüstungen

Bei begründetem Verdacht oder nach Feststellung einer Zoonose kann abhängig vom Infektionsweg zusätzliche persönliche Schutzausrüstung (PSA) erforderlich sein. Die PSA ist auf der Grundlage des Ergebnisses der Gefährdungsbeurteilung auszuwählen.

Zur PSA zählen u. a.:

  • Schutzkittel, ggf. mit Bündchen und/oder Kapuze,

  • flüssigkeitsdichte Einmalschutzanzüge,

  • ungepuderte und allergenarme medizinische Handschuhe 8 mit einem Qualitätskriterium Accepted Quality Level (AQL) von ≤ 1,5 bei möglichem Kontakt zu Körperflüssigkeiten und -ausscheidungen, Öffnen oder Spülen von Abszessen, infizierten Wunden,

  • flüssigkeitsdichte Schürzen/Kittel, z. B. bei der Geburtshilfe, in der Fleischuntersuchung oder bei der Entnahme von Nachgeburten,

  • flüssigkeitsdichte Fußbekleidung wie Gummistiefel oder Einmalschuhüberzieher, partikelfiltrierende Atemschutzmasken (FFP) der Klassen 2 oder 3 (z. B. bei hoher Staubbelastung oder aerogen übertragbaren Zoonoseerregern) sowie

  • Augen- bzw. Gesichtsschutz, wenn mit Verspritzen oder Versprühen infektiöser Materialien oder Flüssigkeiten oder mit der Aufnahme der Biostoffe über die Schleimhäute zu rechnen ist (z. B. beim Eröffnen von Körperhöhlen in der Pathologie).

Hinweise: Aus seuchenhygienischer Sicht ist auf die Vermeidung einer Verschleppung hochkontagiöser Erkrankungen in andere Tierbestände zu achten.

Die Verwendung von persönlicher Schutzausrüstung insbesondere von Atemschutz ist nur zulässig, wenn technische, bauliche oder organisatorische Schutzmaßnahmen nicht möglich oder nicht ausreichend wirksam sind.

Durch filtrierende Halbmasken (FFP) kann eine Reduktion infektiöser Aerosole in der eingeatmeten Luft um bis zu 92% bei FFP2- und bis zu 98 % bei FFP3-Masken erreicht werden.

Entscheidend für die Wirksamkeit der Maske ist neben den Filtereigenschaften vor allem die passende Größe und der Dichtsitz der Maske (Achtung: Bartträger). Die angegebenen Werte der Reduktion gelten nur für einen optimalen Sitz, der nur durch sorgfältiges, korrektes Aufsetzen erreicht wird. In der Regel stellt das Tragen einer gut angepassten FFP2-Maske einen geeigneten Schutz vor infektiösen Aerosolen, einschließlich Viren dar, da davon ausgegangen werden kann, dass diese an kleinste Tröpfchen oder Tröpfchenkerne gebunden sind (siehe auch Anhang 5).

FFP-Masken stellen aufgrund des mit der Nutzung verbundenen Atemwiderstandes in aller Regel eine Belastung dar, daher empfiehlt sich die Anwendung einer solchen mit Ausatemventil. Diese Masken gehören zu den Atemschutzgeräten der Gruppe 1, hier ist eine arbeitsmedizinische Vorsorge anzubieten (Anhang Teil 4 Absatz 2 Nummer 2 ArbMedVV sowie arbeitsmedizinische Regel Nummer 14.2). Dieses ist bei einer Tragedauer von nicht mehr als eine halbe Stunde pro Tag oder bei Atemschutzgeräten ohne Widerstand, z. B. Gebläseunterstützte Hauben oder Helme bis drei Kilogramm nicht erforderlich.

Nach bisherigem Kenntnisstand ist mit einer hohen Staubbelastung mit Bioaerosolbildung zu rechnen bei:

  • Tätigkeiten, die mit dem Aufwirbeln von Kot und Ausscheidungen verbunden sind,

  • Arbeiten in Ställen mit sichtbar verschimmelten Materialien wie Futtermittel oder Einstreu,

  • Arbeiten in Geflügelställen.

Auf den Beschluss 608 des Ausschusses für Biostoffe "Empfehlung spezieller Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten vor Infektionen durch hochpathogene aviäre Influenzaviren" wird hingewiesen.

Das Tragen von flüssigkeitsdichten Handschuhen während eines erheblichen Teils der Arbeitszeit gilt als Feuchtarbeit, so dass die Erfordernis von arbeitsmedizinischer Vorsorge zu klären ist. Siehe hierzu auch TRGS 401 "Gefährdung durch Hautkontakt - Ermittlung - Beurteilung - Maßnahmen".

Der Arbeitgeber hat die zur Verfügung gestellte PSA einschließlich geeigneter Schutzkleidung zu reinigen bzw. zu desinfizieren sowie Instand zu halten, soweit es sich nicht um Einmalmaterialien handelt. Dies gilt auch für Arbeitskleidung, wenn sie kontaminiert wurde. Er hat die Voraussetzungen zu schaffen, dass die PSA beim Verlassen des Arbeitsplatzes sicher abgelegt und getrennt von Arbeits- oder Privatkleidung aufbewahrt werden kann bzw. gesammelt wird. Die Anwender sind hinsichtlich des sachgerechten An- und Ablegens sowie dem Umgang mit persönlicher Schutzausrüstung praktisch zu schulen. Einmalmaterialien sind sicher zu entsorgen. Eine Verschleppung von Biostoffen sowie toxischen Bestandteilen muss vermieden werden; ggf. ist Schutzkleidung vor der Entsorgung zu desinfizieren oder zu autoklavieren. Benutzte Schutzkleidung soll außerhalb des Arbeitsbereiches nicht getragen werden.

Die Beschäftigten müssen die bereitgestellte PSA verwenden, soweit die Gefährdungsbeurteilung dieses verlangt und solange eine Gefährdung besteht.

4.2.9
Schutz vor Biostoffen, die durch Vektoren übertragen werden

Beim Umgang mit Tieren ist das Risiko des Übergangs stechender oder beißender Insekten von den zu behandelnden Tieren oder deren Umgebung auf den Behandelnden gegeben. Flöhe beispielsweise können Erkrankungen wie Cat Scratch Disease, Tularämie oder Rotlauf auf den Menschen übertragen.

Bei Tätigkeiten auf Weiden oder Flächen mit niederer Vegetation kann es durch einen Zeckenstich zur Infektion mit einem Zentraleuropäischen Zeckenenzephalitisvirus (in FSME-Endemie-Gebieten) oder Borrelien kommen. Mit Zeckenstichen ist gerade beim Umgang mit Wildtieren zu rechnen. Daher ist geschlossene arm- und beinbedeckende Kleidung erforderlich. Die zusätzliche Anwendung von Repellentien zum Schutz vor Flöhen oder Zecken, z. B. auch beim Einsatz von Amtstierärzten in Tierschutzfällen (wie z. B. in Fällen von Animal hoarding) ist zu prüfen.

Hinweis: In FSME-Endemie-Gebieten und entsprechenden Tätigkeiten müssen die Beschäftigten zur Pflichtvorsorge nach ArbMedVV; in diesem Rahmen ist ggf. eine Impfung anzubieten.

4.2.10
Spezifische Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten in der Pathologie

Bei der Durchführung von Sektionen, Gewinnung von Untersuchungsmaterial (auch durch gezielte Organentnahmen), der Entsorgung von tierischen Nebenprodukten einschließlich Tierkörpern und Tierkörperteilen sind über die unter 4.1 und 4.2 genannten Schutzmaßnahmen hinaus folgende Punkte zu beachten:

  1. 1.

    Der Sektionsraum muss durch einen Vorraum zu betreten sein, der folgendermaßen ausgestattet ist:

    • Möglichkeit zum getrennten An- und Ablegen der spezifischen Sektionskleidung bzw. der Straßenkleidung (Schwarz-Weiß-Prinzip),

    • Handwaschplätze siehe 4.1.2; eine Duschmöglichkeit 4.1.3 ist aus hygienischen Gründen zu empfehlen,

    • Wanddesinfektionsmittelspender,

    • geeignete Sammelbehälter zur Entsorgung benutzter PSA,

    • Desinfektionsmöglichkeit für Bereichsstiefel am Übergang zur unreinen Seite,

    • aus dem Sektionsraum soll Sichtverbindung in andere Räume bestehen. Es müssen Kommunikationsmöglichkeiten nach außen, beispielsweise über Telefon oder Sprechanlage, vorhanden sein.

  2. 2.

    Es muss geeignete Räumlichkeiten zur Lagerung von bereits obduzierten und noch nicht obduzierten Tierkörpern sowie sonstiger tierischer Nebenprodukte geben. Eine Lösung stellen z. B. Kühlräume/Gefrierzellen mit geeigneten Kapazitäten dar.

Hinweis: Allgemeine bauliche Anforderungen für die Anlieferung zur Pathologie gehen aus der Verordnung (EU) Nummer 142/2011 (Anhang IX, Kapitel II, Abschnitt 1) hervor.

  1. 3.

    Der Sektionsraum ist mit Sektionstischen aus Edelstahl auszustatten, die umlaufende Profilränder mit innen stark abgerundeten Ecken haben und Abläufe mit ausreichendem Gefälle enthalten. Die Ablaufstutzen sollen zur Minimierung von Spritzern tief bis zur Ablaufrinne oder in ein Sammelgefäß herunterreichen.

  2. 4.

    Oberflächen im Sektionsraum müssen leicht zu reinigen und desinfizierbar sein.

  3. 5.

    Der Bodenbelag muss darüber hinaus flüssigkeitsdicht und rutschfest sein. Es ist ein Bodenablauf erforderlich, um Schmutzwasser vor Einleitung in die Kläranlage aufzufangen und zu desinfizieren.

  4. 6.

    Abhängig vom Risiko ist zu prüfen, ob ein separater Sektionsraum vorzusehen ist, der über einen eigenen Vorraum mit Umkleidemöglichkeit verfügt. Eine nachrangige Möglichkeit stellt die zeitlich-organisatorische Trennung der Tätigkeiten dar.

  5. 7.

    Finden weitere Bearbeitungsschritte von entnommenen Geweben oder Organen im Sektionsbereich statt, sind je nach Größe des Untersuchungsguts mikrobiologische Sicherheitswerkbänke (MSW) oder Zuschneidetische mit Absaugung der gesamten Arbeitsfläche nach unten einzusetzen.

  6. 8.

    Um Verletzungsgefahren durch Verrutschen der zu bearbeitenden Körpersegmente zu minimieren, sind Möglichkeiten zur Fixierung, z. B. spezielle Schraubstöcke bei der Gehirnpräparation, vorzusehen.

  7. 9.

    Sind große Flüssigkeitsmengen zu erwarten, ist im Sektionsbereich ein Stiefel- und Schürzenwaschplatz mit einer Auflegewand für Schürzen und Aufstellmöglichkeiten für Stiefel zu installieren, sofern diese mehrfach Verwendung finden. Diese Anforderung entfällt, wenn über den Arbeitskittel eine Einmalschürze und anstelle von Bereichsstiefeln Einmal-Überschuhe Einsatz finden, die unmittelbar nach Gebrauch in einer Sammelbox entsorgt werden.

  8. 10.

    Sind Gefährdungen durch Biostoffe der Risikogruppe 3, z. B. hochpathogene Influenzaviren (HPAIV), Coxiella burnetii, Mycobacterium tuberculosis zu erwarten, und ist kein ausreichender technisch-baulicher Schutz möglich, ist zusätzlich zu dem Gesichtsvisier Atemschutz zu tragen. Der Atemschutz kann in einer Kombination eines Vollschutzanzuges mit einer Gebläseeinheit und HEPAFiltern bestehen, die vor dem Ablegen nach gründlicher Reinigung einer chemischen Dekontamination unterworfen werden.

Hinweis: Bei der Eröffnung von Tierkörpern zur zielgerichteten diagnostischen Organentnahme vor Ort, sind analoge Schutzmaßnahmen wie in der Pathologie zu treffen.

4.3
Verhalten bei unerwarteter Exposition mit Infektionserregern/Unfälle

4.3.1
Festlegung von Maßnahmen

Der Arbeitgeber hat für Beschäftigte Sofortmaßnahmen zur Abwendung und Eingrenzung einer Infektion festzulegen, wenn diese bei ihrer Tätigkeit gebissen, gekratzt oder verletzt werden können 9 oder durch sonstigen Kontakt zu möglicherweise infektiösen Körperflüssigkeiten oder -ausscheidungen gefährdet sind.

Diese Maßnahmen sollten mit dem Betriebsarzt oder anderen fachkundigen Personen abgestimmt werden und sind vor Beginn der Tätigkeit festzulegen.

4.3.2
Mindestmaßnahmen

Dazu gehören insbesondere:

  • bei Biss-, Kratz-, Schnitt- und Stichverletzungen: die Wunde Ausbluten lassen, spülen und/oder desinfizieren, sauber abdecken, Durchgangsarzt aufsuchen;

  • bei Kontakt von Körperflüssigkeiten, Körperausscheidungen mit der Haut: abspülen, abwischen, desinfizieren;

  • bei Körperflüssigkeiten, Körperausscheidungen auf Schleimhäuten und Augen: mit Wasser spülen und/oder Anwendung eines Schleimhaut- bzw. Augenverträglichen Desinfektionsmittels. Es sollten DGHM 10-/VAH 11- oder RKI-gelistete Desinfektionsmittel verwendet werden.

Bei allen oben genannten Fällen ist der Arbeitgeber bei begründetem Verdacht einer Infektionsgefahr zu informieren.

4.3.3
Dokumentation

Im Verbandbuch ist folgendes zu dokumentieren:

  • alle kleineren und größerem Verletzungen;

  • Stichverletzungen durch Vektoren, bei denen es zur Übertragung einer Zoonose kommen kann, z. B. Zeckenstich;

  • besondere Vorkommnisse, wie beispielsweise die Beschädigungen von PSA, der Ausfall einer Absaugung etc.

Hinweis: Verletzungen der Hände, der distalen Unterarme und des Gesichtes sowie größere Verletzungen und Katzenbisse sollen direkt dem Durchgangsarzt vorgestellt werden. Dies gilt auch für kleinere Verletzungen, sobald sich erste Entzündungszeichen entwickeln. Weitere Dokumentations- und Meldepflichten wie die Unfallanzeige der Unfallversicherungsträger und der zuständigen staatlichen Aufsichtsbehörden bleiben davon unberührt (siehe Anhang 4).

4.3.4
Unfälle, Postexpositionsprophylaxe

Nach Hautverletzungen bzw. nach Schleimhautkontakt bei Behandlung/Versorgung von Tieren mit Verdacht auf Tollwut, auch Fledermaustollwut, ist zu prüfen (siehe auch STIKO 12-Empfehlungen), ob eine Postexpositionsprophylaxe erforderlich ist. Der Verfahrensablauf ist bereits im Vorfeld festzulegen.

Gleiches gilt auch, wenn Beschäftigte direkten Kontakt mit (auch mutmaßlichen) Zoonoseerregern hatten, der zu einer Infektion führen könnte (z. B. gilt ähnliches für Herpes B, wenn regelmäßig Affen, insbesondere Makaken, behandelt werden).

Solche Vorfälle sind zu dokumentieren und eine Risikobewertung ist durchzuführen, ggf. ist eine Postexpositionsprophylaxe erforderlich. Zeigen sich Symptome einer möglichen Erkrankung, ist ein Arzt zu konsultieren. Es empfiehlt sich, diese Dokumentation mindestens über die für die Erreger spezifischen, relevanten Zeiträume aufzubewahren (Inkubationszeit, chronische Verläufe, spätere Krankheitsausbrüche).

Sollten Beschwerden/Reaktionen an Haut, Augen, Nase oder den unteren Atemwegen/Lunge auftreten, die auf ein mögliches allergisches oder toxisches Geschehen hinweisen, sollte frühzeitig ein Facharzt aufgesucht werden.

Der Arbeitgeber hat die zuständige Behörde unverzüglich über jeden Unfall bei Tätigkeiten mit Biostoffen der Risikogruppe 3 (hierzu gehört auch die Risikogruppe 3 **), die zu einer Gesundheitsgefahr der Beschäftigten führen können, zu unterrichten. Krankheits- und Todesfälle, die auf Tätigkeiten mit Biostoffen zurückzuführen sind, sind der Behörde, unabhängig von der Risikogruppe des verursachenden Biostoffes, ebenfalls unverzüglich mitzuteilen. Siehe hierzu auch § 17 Absatz 1 BioStoffV.

Erscheint eine berufliche Verursachung möglich, ist eine Anzeige mit dem Verdacht auf eine Berufskrankheit beim zuständigen Unfallversicherungsträger einzureichen.

DIN EN 13300 "Wasserhaltige Beschichtungsstoffe und Beschichtungssysteme für Wände und Decken im Innenbereich"

siehe z. B. Berufsgenossenschaft Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) "Hautschutz und Händehygieneplan Tiermedizin".

näheres siehe RKI "Probentransport" oder BGW "Patientenproben richtig versenden".

ADR: Europäisches Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße.

partikelfiltrierende Halbmasken.

DIN EN 420: Schutzhandschuhe - Allgemeine Anforderungen und Prüfverfahren und DIN EN 374-1: Schutzhandschuhe gegen Chemikalien und Mikroorganismen.

DIN EN 455 Teile 1 bis 3 "Medizinische Handschuhe zum einmaligen Gebrauch".

Siehe Anhang 4.

DGHM: Deutsche Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie.

VAH: Verbund für Angewandte Hygiene.

STIKO: Ständige Impfkommission.