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8.10.3 Explosionsschutzdokument

§ 6 GefStoffV

Der Arbeitgeber hat nach § 6 der Gefahrstoffverordnung ein Explosionsschutzdokument zu erstellen. Das Explosionsschutzdokument ist, unabhängig von der Zahl der Beschäftigten, zu erstellen und auf dem letzten Stand zu halten. Das Explosionsschutzdokument wird vor Aufnahme der Arbeit erstellt. Es ist zu überarbeiten, wenn Veränderungen, Erweiterungen oder Umgestaltungen der Arbeitsmittel oder des Arbeitsablaufes vorgenommen werden. Der Arbeitgeber, der die Verantwortung für die Bereitstellung und Nutzung der Arbeitsmittel trägt, koordiniert die Durchführung aller die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Beschäftigten betreffenden Maßnahmen und macht in seinem Explosionsschutzdokument genauere Angaben über das Ziel, die Maßnahmen und die Bedingungen der Durchführungen dieser Koordination. Bei der Erstellung des Explosionsschutzdokumentes kann auf vorhandene Gefährdungsbeurteilungen, Dokumente oder andere gleichwertige Berichte zurückgegriffen werden, die aufgrund von Verpflichtungen nach anderen Rechtsvorschriften erstellt worden sind. Die Bewertung ist je nach Art der Tätigkeiten, der Arbeitsbedingungen und des Arbeitsplatzes vorzunehmen.

Bei der Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung hat der Arbeitgeber in Abhängigkeit der Feststellungen nach Absatz 4 § 8 der GefStoffV die Gefährdungen durch gefährliche explosionsfähige Gemische besonders auszuweisen (Explosionsschutzdokument). Daraus muss insbesondere hervorgehen,

  1. 1.

    dass die Explosionsgefährdungen ermittelt und einer Bewertung unterzogen worden sind,

  2. 2.

    dass angemessene Vorkehrungen getroffen werden, um die Ziele des Explosionsschutzes zu erreichen (Darlegung eines Explosionsschutzkonzeptes),

  3. 3.

    ob und welche Bereiche entsprechend Anhang I Nummer 1.7 der GefStoffV in Zonen eingeteilt wurden,

  4. 4.

    für welche Bereiche Explosionsschutzmaßnahmen nach § 11 und Anhang I Nummer 1 der GefStoffV getroffen wurden,

  5. 5.

    wie die Vorgaben nach § 15 (Zusammenarbeit verschiedener Firmen) umgesetzt werden und

  6. 6.

    welche Überprüfungen nach § 7 Absatz 7 der GefStoffV und welche Prüfungen zum Explosionsschutz nach Anhang 2 Abschnitt 3 der Betriebssicherheitsverordnung durchzuführen sind.

Sofern im Explosionsschutzdokument unter Zugrundelegung der Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung nichts anderes vorgesehen ist, sind in explosionsgefährdeten Bereichen Geräte und Schutzsysteme entsprechend den Kategorien gemäß der Richtlinie 2014/34/EU auszuwählen.

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Insbesondere sind in explosionsgefährdeten Bereichen folgende Kategorien von Geräten zu verwenden, sofern sie für brennbare Gase, Dämpfe, Nebel oder Stäube geeignet sind:

  • in der Zone 0 oder Zone 20 »Geräte der Kategorie 1«,

  • in Zone 1 oder 21 »Geräte der Kategorie 2« und

  • in Zone 2 oder Zone 22 »Geräte der Kategorie 3«.

  • Selbstverständlich können auch höherwertige Geräte, z.B. der Kategorie 1, die für Zone 0 oder Zone 20 geeignet sind, oder Kategorie 2, die für Zone 1 oder Zone 21 geeignet sind in der Zone 2 oder Zone 22 eingesetzt werden.

DG UV-Regel 113-001 (bisher BGR 104) Abschnitt E 6

In den Explosionsschutz-Regeln (EX-RL), Abschnitt E 6 ist ein allgemein gültiges Muster für den Aufbau des Explosionsschutzdokumentes enthalten. Dieser Abschnitt wird zurzeit in eine DGUV Information überführt.

  1. 1.

    Angabe des Betriebes/Betriebsteils/Arbeitsbereichs

  2. 2.

    Verantwortlicher für den Betrieb/Betriebsteils/Arbeitsbereichs, Erstellungsdatum und Anhänge

  3. 3.

    Kurzbeschreibung der baulichen und geografischen Gegebenheiten

  4. 4.

    Verfahrensbeschreibung – für den Explosionsschutz wesentliche Verfahrensparameter

  5. 5.

    Stoffdaten

  6. 6.

    Gefährdungsbeurteilung

  7. 7.

    Schutzkonzept

Abb. 1: Beispiel für den möglichen Aufbau eines Explosionsschutzdokumentes

Es beruht auf der Basis eines mit der BG RCI und der DEKRA EXAM GmbH gemeinsam durchgeführten Forschungsvorhabens zum Thema »Explosionsschutzmanagement für klein- und mittelständische Unternehmen der pharmazeutischen Produktion« und wurde bereits kurz vor Veröffentlichung der Betriebssicherheitsverordnung in die EX-RL eingestellt. Wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass auf bestehende Teildokumentationen im Rahmen des Explosionsschutzdokumentes verwiesen werden kann. Liegt z.B. eine Sammlung der Sicherheitsdatenblätter der Stoffe, die im Unternehmen verwendet werden vor, oder gibt es eine betriebsspezifische Datenbank mit allen Stoffen, die im Unternehmen verwendet werden mit Angaben zu den sicherheitstechnischen Kennzahlen, kann auf diese Dokumente verwiesen werden. Oder gibt es beispielsweise verfahrenstechnische Handbücher, z.B. in Chemieunternehmen mit einer ausführlichen Beschreibung des Verfahrens, so kann an der geeigneten Stelle auf diese Verfahrenshandbücher hingewiesen werden. Auch wenn  8.10.3 Explosionsschutzdokument – Seite 3 – 01.09.2016<<>>die Gefährdungsbeurteilung separat durchgeführt worden ist, z.B. im Rahmen des Genehmigungsverfahrens, kann auf diese Gefährdungsbeurteilung hingewiesen werden. Es müssen nicht alle Dokumente nochmals kopiert werden und in einer gemeinsamen Sammelmappe »Explosionsschutzdokument« abgelegt werden.

Im Kopf des Explosionsschutzdokumentes ist es erforderlich, nähere Angaben zum Betrieb, Betriebsteil oder Arbeitsbereich anzugeben. Es ist durchaus möglich, für gleichartige Arbeitsbereiche in verschiedenen Gebäuden bei gleichartigen Tätigkeiten quasi ein Musterdokument zu erstellen. Anpassungen sind dann lediglich im Kopfteil oder in der Unterschriftenleiste vorzunehmen.

Im Kopfteil des Explosionsschutzdokumentes ist auch eindeutig der Verantwortliche für den Betrieb, Betriebsteil oder Arbeitsbereich anzugeben sowie das Erstellungsdatum des Explosionsschutzdokumentes und ein Verzeichnis der für das Explosionsschutzdokument notwendigen Anhänge, wie z.B. den Ex-Zonen-Plan, Prüflisten, Unterweisungsbuch usw.

Im Punkt 3 des Explosionsschutzdokumentes sollte eine Kurzbeschreibung der baulichen und geografischen Gegebenheiten erfolgen. Hier könnte der Lageplan, z.B. Nachbarschaft zu einer Produktionsanlage mit Explosionsgefährdung, angegeben werden oder spezielle Hinweise zur Gebäude- bzw. Anlagenlüftung, die für den Explosionsschutz von besonderer Bedeutung sind. Vorhandensein von Kellerräumen, die eine besondere Abschottung erforderlich machen, damit Gase und Dämpfe, die schwerer als Luft sind, nicht durch den Bodenbereich in Kellerräume gelangen können, müssen ebenfalls in die Betrachtungen einbezogen werden.

In der Verfahrensbeschreibung sollen die für den Explosionsschutz wesentlichen Verfahrensparameter, z.B. verfahrenstechnische Kurzbeschreibung, relevante Tätigkeiten, wie z.B. Probenahme an offenen Systemen, eingesetzte Stoffe, Einsatzmenge, Fördermenge, Verarbeitungszustand, Druck- und Temperaturbereiche usw. aufgezeigt werden. Dabei ist es nicht ausreichend, sich nur auf den laufenden Betrieb zu fokussieren, sondern auch betriebsübliche Störungen, Anfahren, Abfahren, Reinigen usw. sind mit zu berücksichtigen. So sollte beispielsweise an einer Tablettieranlage die Staubexplosionsgefahr beurteilt werden. Nach Vor-Ort-Besichtigung ergab sich unter den gegebenen Betriebsbedingungen, dass keine Staubexplosionsgefahr vorliegt und deshalb kein Bereich in eine Zone einzuteilen ist.

Nach Abschluss der Beurteilung und Verlassen der Tablettierpresse fiel in einem anderen Bereich eine Tablettierpresse auf, an der gerade mittels brennbarer Lösemittel Reinigungsarbeiten durchgeführt worden sind. Während dieser Arbeiten wurde sogar die Lüftung außer Betrieb genommen. Nach Einschätzung der frei werdenden Menge an brennbaren Dämpfen musste festgestellt werden, dass durch Reinigungsarbeiten eine Zone 2 vorliegt, die durch Wiederinbetriebnahme der Lüftung wesentlich reduziert werden konnte. Zu beachten ist in diesem Fall, dass der Ventilator im Innern den Explosionsschutz für Zone 2 aufweisen muss.

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Bei den Stoffdaten spielen wesentliche sicherheitstechnische Kenngrößen zur Beurteilung der Explosionsgefahr, z.B. aus dem Sicherheitsdatenblatt oder Kompendien, wie z.B. Chemsafe oder »Sicherheitstechnische Kenngrößen« Band 1 und Band 2 bzw. der GESTIS-Staub-Ex-Datenbank, eine Rolle. Liegen wesentliche sicherheitstechnische Kenngrößen nicht vor, müssen diese bestimmt werden. Eine Abschätzungsrechnung ist nur im Einzelfall durch Experten möglich. Sind mehrere Stoffe vorhanden, so sind jeweils die kritischsten Kennwerte der verschiedenen Stoffe zur Beurteilung heranzuziehen. Bei der Beurteilung zulässiger Oberflächentemperaturen weist z.B. Wasserstoff eine sehr hohe Zündtemperatur (560˚C) auf, so dass bei gleichzeitigem Vorhandensein von Lösemitteln mit Zündtemperaturen von 220˚C diese relevant sind (Temperaturklasse). Geht es um die Beurteilung der Mindestzündenergie, so weist Wasserstoff die niedrigste Mindestzündenergie auf, so dass dieser Wert für die weitere Betrachtung maßgeblich ist.

Liegt bereits eine Gefährdungsbeurteilung vor, so kann auf diese verwiesen werden. Bei kleineren Anlagen ist es durchaus möglich, die Gefährdungsbeurteilung direkt in das Explosionsschutzdokument zu integrieren. Das Gleiche gilt für das Schutzkonzept mit den technischen Schutzmaßnahmen und der Zoneneinteilung. Treten innerhalb eines explosionsgefährdeten Bereiches mehrere Arten von brennbaren Gasen, Dämpfen, Nebeln oder Stäuben auf, so müssen die Schutzmaßnahmen auf das größtmögliche Gefährdungspotenzial ausgelegt sein. Anlagen, Geräte, Schutzsysteme und die dazugehörigen Verbindungseinrichtungen dürfen nur in Betrieb genommen werden, wenn aus dem Explosionsschutzdokument hervorgeht, dass sie in explosionsgefährdeten Bereichen sicher verwendet werden können.

Für Arbeiten in explosionsgefährdeten Bereichen muss der Arbeitgeber die Beschäftigten ausreichend und angemessen hinsichtlich des Explosionsschutzes schriftlich nachweisbar unterweisen (z.B. Unterweisungsbuch). Arbeiten in explosionsgefährdeten Bereichen sind gemäß den schriftlichen Anweisungen des Arbeitgebers auszuführen.

Ein Arbeitsfreigabesystem ist anzuwenden bei:

  • gefährlichen Tätigkeiten

  • Tätigkeiten, die durch Wechselwirkung mit anderen Arbeiten gefährlich werden können

Die Arbeitsfreigabe ist vor Beginn der Arbeiten von einer hierfür verantwortlichen Person zu erteilen. Während der Anwesenheit von Beschäftigten in explosionsgefährdeten Bereichen ist eine angemessene Aufsicht gemäß den Grundsätzen der Gefährdungsbeurteilung zu gewährleisten. In explosionsgefährdeten Bereichen sind Zündquellen wie z.B. das Rauchen und die Verwendung von offenem Feuer und offenem Licht zu verbieten. Ferner ist das Betreten von explosionsgefährdeten Bereichen durch Unbefugte zu verbieten. Auf das Verbot muss deutlich erkennbar und dauerhaft hingewiesen sein.

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Erforderlichenfalls sind die Beschäftigten vor Erreichen der Explosionsbedingungen optisch und akustisch zu warnen und zurückzuziehen. Von Bedeutung ist auch die Kontrolle der Dichtigkeit der Anlagen, die Festlegung von Kontrollgängen und geeigneter Instandhaltungsmaßnahmen. Von besonderer Bedeutung sind bei den organisatorischen Maßnahmen auch die Prüfungen von Anlagen vor der ersten Inbetriebnahme, bei wiederkehrenden Prüfungen, Prüfung nach Instandsetzung und Prüfung vor erstmaliger Nutzung von Arbeitsplätzen, Arbeitsmitteln, Arbeitsumgebung sowie der Schutz Dritter. Zur Beseitigung von Staubablagerungen ist das Erstellen von Reinigungsplänen, in denen Art, Umfang und Häufigkeit von Reinigungsmaßnahmen und die jeweiligen Verantwortlichkeiten verbindlich geregelt werden, von besonderer Bedeutung.

Auf der Homepage der BG Chemie finden Sie unter www.exinfo.de weitere wertvolle Informationen und Musterdokumente.

So wird auf eine IVSS-Broschüre »Explosionsschutzdokument« der Internationalen Arbeitsgruppe der Sektion Maschinen- und Systemsicherheit verwiesen, die sich mit Lösungen zur Erstellung von Explosionsschutzdokumenten beschäftigt hat. Weiterhin finden Sie hier die kompletten Formblätter zur Erstellung der Gefährdungsbeurteilung und des Explosionsschutzdokumentes von der Firma Wacker Chemie, die kompletten Ausführungen des Abschnittes E 6 »Explosionsschutzdokument« der EXRL sowie das Formblatt aus dem Wegweiser »Sicherheit und Gesundheitsschutz « und einen Leitfaden zur Erstellung des Explosionsschutzdokumentes der Textil- und Bekleidungs-Berufsgenossenschaft sowie der Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik.

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