Scheuermann, Praxishandbuch Brandschutz

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8.7.9 Kennzeichnung explosionsgefährdeter Bereiche und Umfang der Schutzmaßnahmen

Allgemeines

Aus dem Explosionsschutzdokument muss unter anderem hervorgehen, welche Bereiche in Zonen eingeteilt wurden. Nach Anhang 4 BetrSichV sind explosionsgefährdete Bereiche an ihren Zugängen mit dem Warnzeichen nach Anhang III der Richtlinie 1999/92/EG zu kennzeichnen.

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Abb. 1: Warnung vor einem Bereich, in dem explosionsfähige Atmosphären auftreten können

Weitere Festlegungen sind in den Vorschriften nicht zu finden. In den Betrieben findet man folgende bewährte Varianten:

  • Ex-Zonenpläne in Form grafischer Darstellungen

  • Absperrung explosionsgefährdeter Bereiche, z.B. Zufahrtswege in Raffinerien mit Kette oder Schranke und dem Warnschild

  • Deklarierung der Zugangswege, z.B. an Türen zu Lägern oder Produktionsbereichen mit dem Warnschild und einem Zusatzschild weiß mit schwarzer Schrift unter dem Warnschild mit der Bezeichnung der Zone

  • Auftragung der Ex-Bereiche auf dem Fußboden, um eine Anlage, z.B. Mischer, wie in Abbildung 2 dargestellt

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Abb. 2: Kennzeichnung der Ex-Bereiche auf dem Boden

Umfang der Schutzmaßnahmen

In der Praxis ist es in den meisten Fällen, in denen brennbare Stoffe verwendet werden, schwierig, zu gewährleisten, dass die Bildung explosionsfähiger Atmosphäre völlig ausgeschlossen ist.

Beim Einsatz von Geräten sowie beim Betrieb von Anlagen innerhalb explosionsgefährdeter Bereiche ist zu prüfen, ob Zündgefahren auftreten können. Ist dies der Fall, ist anzustreben, die Zündquellen aus dem ex- 8.7.9 Kennzeichnung explosionsgefährdeter Bereiche und Umfang der Schutzmaßnahmen – Seite 2 – 01.09.2016>>plosionsgefährdeten Bereich zu entfernen. Wenn dies nicht möglich ist, sind unter Beachtung der nachfolgenden Hinweise Schutzmaßnahmen durchzuführen.

Die Maßnahmen sollen Zündquellen völlig unwirksam machen oder die Wahrscheinlichkeit ihres Wirksamwerdens verringern. Der Umfang der Schutzmaßnahmen richtet sich nach der Wahrscheinlichkeit des Auftretens gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre. Bei der Festlegung des Umfanges der Schutzmaßnahmen ist daher in der Regel Folgendes zu berücksichtigen:

In den Bereichen, die durch Gase, Dämpfe oder Nebel explosionsgefährdet sind, sind

in Zone 2

Zündquellen, die ständig oder häufig auftreten können,

in Zone 1

neben den für Zone 2 genannten Zündquellen auch Zündquellen, die gelegentlich auftreten können (z.B. bei vorhersehbaren Störungen der Arbeitsmittel), und

in Zone 0

neben den für Zone 1 genannten Zündquellen sogar Zündquellen, die selten auftreten können,

zu vermeiden.

In Bereichen, die durch Stäube explosionsgefährdet sind, sind

in Zone 22

zum Verhindern der Entzündung einer Staubwolke oder einer Staubschicht alle ständig oder häufig auftretenden Zündquellen,

in Zone 21

zum Verhindern der Entzündung von abgelagertem und von aufgewirbeltem Staub zusätzlich zu den für Zone 22 genannten Zündquellen nur gelegentlich auftretende Zündquellen (z.B. infolge von vorhersehbaren Störungen von Arbeitsmitteln) und

in Zone 20

zum Verhindern der Entzündung von abgelagertem und von aufgewirbeltem Staub zusätzlich zu den für Zone 21 genannten Zündquellen selten auftretende Zündquellen

zu vermeiden.

Sofern im Explosionsschutzdokument unter Zugrundelegung der Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung nichts anderes vorgesehen ist, sind in explosionsgefährdeten Bereichen Geräte und Schutzsysteme entsprechend den Kategorien gemäß 11. ProdSV (Explosionsschutzprodukteverordnung i.V.m. der Richtlinie 2014/34/EU) auszuwählen.

Aus Sicht des Benutzers können Geräte der verschiedenen Kategorien, wie in Tabelle 1 gezeigt, angewendet werden:

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Tab. 1: Geräte für den Einsatz in den unterschiedlichen Zonen

in Zone

verwendbare Kategorien

wenn ausgelegt für

0

II 1 G

Gas/Luft-Gemisch bzw. Dampf/Luft-Gemisch bzw. Nebel

1

II 1 G oder 2 G

Gas/Luft-Gemisch bzw. Dampf/Luft-Gemisch bzw. Nebel

2

II 1 G oder 2 G oder 3 G

Gas/Luft-Gemisch bzw. Dampf/Luft-Gemisch bzw. Nebel

20

II 1 D

Staub/Luft-Gemisch

21

II 1 D oder 2 D

Staub/Luft-Gemisch

22

II 1 D oder 2 D oder 3 D

Staub/Luft-Gemisch

G = Gases, Vapours, Mists, D = Dusts, Clouds, Layers

Weitere Einteilungskriterien müssen berücksichtigt werden, z.B. Temperaturklassen, Zündschutzart, Explosionsgruppe, Umgebungstemperatur, Druck usw.

Lässt sich die Wahrscheinlichkeit des Wirksamwerdens einer Zündquelle nicht abschätzen, ist die Zündquelle als dauernd wirksam zu betrachten.

Ist der Einsatz von Arbeitsmitteln, die als Zündquelle wirksam werden können, erforderlich (z.B. Kraftfahrzeuge, Schweißgeräte, Messgeräte), so ist dafür zu sorgen, dass während dieser Zeit explosionsfähige Atmosphäre in gefahrdrohender Menge nicht auftreten kann.

Dies kann bei Gasen und Dämpfen messtechnisch z.B. durch Gaswarngeräte überwacht werden. Können innerhalb eines explosionsgefährdeten Bereiches mehrere Arten von brennbaren Gasen, Dämpfen, Nebeln oder Stäuben (z.B. auch hybride Gemische) zeitgleich auftreten, sind die Schutzmaßnahmen zur Vermeidung von Zündquellen auf die Zündempfindlichkeit der jeweiligen Zusammensetzung abzustimmen. Ist über die Zündempfindlichkeit dieser Zusammensetzung nichts bekannt, wird es als ausreichend sicher angesehen, die Schutzmaßnahmen zur Vermeidung von Zündquellen auf die zündempfindlichsten Einzelkomponenten auszulegen.

Eine das übliche Maß überschreitende Personengefährdung kann z.B. auftreten, wenn Versammlungsstätten (Kantinen usw.), Wege mit dichtem Verkehr (Straßen, viel benutzte Treppen, Fluchtwege usw.), Wohnungen und größere Büroräume im gefährdeten Bereich liegen oder wenn durch Explosionen Folgeschäden größeren Ausmaßes zu erwarten sind. Diesen Sonderfällen kann in der Regel bereits bei der Planung der Anlage durch Wahl ausreichender Abstände des explosionsgefährdeten Bereiches von den als Beispiel genannten Anlagen bzw. Einrichtungen oder durch Einsatz einer erhöhten Gerätekategorie Rechnung getragen werden.

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Andererseits kann auch eine explosionsgefährdete Anlage unter so günstigen Bedingungen betrieben werden (z.B. ferngesteuerte Anlage mit automatisch arbeitenden Notfunktionen), dass mit Personengefährdung nicht zu rechnen ist oder wenigstens der Umfang der Schutzmaßnahmen eingeschränkt werden kann. Zum Beispiel gilt bei Einsatz von CKW, die einen Explosionsbereich, jedoch keinen Flammpunkt besitzen, dass Geräte und Schutzsysteme verwendet werden dürfen, die für die jeweils um eine Stufe weniger gefährdete Zone geeignet sind.

Tab. 2: Zusammenhang zwischen explosionsgefährdetem Bereich und geeigneten Kategorien

explosionsgefährdeter Bereich

Gerätegruppe II
Kategorie und Buchstabe

Zone

nach EN 1127-1 zulässig

bei CKW mit Ex-Bereich, aber ohne Flammpunkt, ebenfalls zulässig

0

1 G

2 G

1

1 G, 2 G,

3 G

2

1 G, 2 G, 3 G

wie feuergefährdeter Bereich*

* Feuergefährdete Bereiche sind Bereiche, in denen die vorhandenen Materialien zu einer erhöhten Brandlast führen. Zur Ermittlung der Brandlast s. DIN 18230-1 (ZH 1/562 und BGR 180). Elektrische Betriebsmittel müssen in feuergefährdeten Bereichen mindestens der Schutzart IP 5X (Motoren IP 4X) entsprechen (s. VDE 0100 Teil 482 und VDE 0100/HD 384.4.482 [Angaben über Leuchten]).
Die Oberflächentemperatur von Betriebsmitteln in feuergefährdeten Bereichen darf im Normalbetrieb 90˚C nicht überschreiten. Diese Maßnahme dient auch zur Vermeidung der thermischen Zersetzung von Chlorkohlenwasserstoffen zu gesundheitsgefährlichen Stoffen (s. VDE 0100/HD 384.4.482).

Wurde eine Anlage in Zonen eingeteilt und die entsprechenden Schutzmaßnahmen abgeleitet und dokumentiert, so ist es äußert wichtig, dass weder die Arbeitsmittel noch die Arbeitsverfahren ohne vorherige Erörterung mit den für die Zoneneinteilung verantwortlichen Personen verändert werden dürfen. Diese Änderungen können die Zoneneinteilung wesentlich beeinflussen. Wichtig ist auch, dass alle Arbeitsmittel, die die Zoneneinteilung beeinflussen, während und nach Wiedereinbau sorgfältig geprüft werden, um zu gewährleisten, dass die Originalkonstruktion, soweit sie die Sicherheit betrifft, wiederhergestellt ist, bevor der Betrieb wieder aufgenommen wird.

Organisatorische Maßnahmen

Für Arbeiten in Bereichen, in denen explosionsfähige Atmosphären auftreten können, muss der Arbeitgeber die Arbeitnehmer ausreichend und angemessen hinsichtlich des Explosionsschutzes unterweisen.

Soweit im Explosionsschutzdokument vorgesehen,

  • sind Arbeiten in explosionsgefährdeten Bereichen gemäß den schriftlichen Anweisungen des Arbeitgebers auszuführen,

     8.7.9 Kennzeichnung explosionsgefährdeter Bereiche und Umfang der Schutzmaßnahmen – Seite 5 – 01.12.2015<<>>
  • ist ein Arbeitsfreigabesystem für die Durchführung von gefährlichen Tätigkeiten und von Tätigkeiten, die durch Wechselwirkung mit anderen Arbeiten gefährlich werden können, anzuwenden.

Die Arbeitsfreigabe ist vor Beginn der Arbeiten von einer hierfür verantwortlichen Person zu erteilen.

Beispiele für Zoneneinteilung

(Auszüge aus dem Praxishandbuch »Zoneneinteilung von Dr. Dryrba)

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Abb. 3: Auszug aus der EX-RL – Beispielsammlung, Punkt 2.2.7: Läger
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Abb. 4: Beispiele für Zoneneinteilung (s. auch Abb. 5, 6 und 7) (Quelle: Dyrba, Praxishandbuch Zoneneinteilung)
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Tab. 3: Auszug aus der EX-RL – Beispielsammlung, Punkt 2.2.8: Lagern im Sicherheitsschrank

Siehe auch »Technische Regeln für Gefahrstoffe – Lagerung von Gefahrstoffen in ortsbeweglichen Behältern« TRGS 510, Anlage 3 »Lagerung entzündbarer Flüssigkeiten in Sicherheitsschränken in Arbeitsräumen«

a)

Die UEG wird sicher unterschritten, da der Flammpunkt der brennbaren Flüssigkeit ausreichend über der Lagertemperatur liegt (siehe TRBS 2152 Teil 1 Punkt 3.2 (3))

Keine Zone

b)

Der Flammpunkt liegt nicht ausreichend über der Lagertemperatur (siehe TRBS 2152 Teil 1 Punkt 3.2 (3))

b1)

Technische Lüftung; Behälter dicht verschlossen, regelmäßige Kontrolle auf Dichtheit, Öffnen der Behälter ausgeschlossen (kein Abfüllen oder Umfüllen und keine Probenahme); Abstellen von Behältern ohne äußere Benetzung durch brennbare Flüssigkeiten.

Keine Zone

b2)

Falls b1) nicht in allen Punkten erfüllt, Behälter sind jedoch dicht verschlossen und technische Lüftung vorhanden.

Zone 2 im Innern des Sicherheitsschrankes

b3)

Natürliche Lüftung; Behälter dicht verschlossen, regelmäßige Kontrolle auf Dichtheit, Öffnen der Behälter ausgeschlossen (kein Abfüllen oder Umfüllen und keine Probenahme); Abstellen von Behältern ohne äußere Benetzung durch brennbare Flüssigkeiten.

Zone 2 im Innern des Sicherheitsschrankes

b4)

Falls b3) nicht in allen Punkten erfüllt, Behälter sind jedoch dicht verschlossen; natürliche Lüftung vorhanden.

Zone 1 im Innern des Sicherheitsschrankes und Zone 2 in der Umgebung R 2,5 m um den Sicherheitsschrank in einer Höhe von 0,5 m über Fußboden

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Abb. 5
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Abb. 6
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Abb. 7: Beispiel für Zoneneinteilung (Quelle: Dyrba, Praxishandbuch Zoneneinteilung)