Scheuermann, Praxishandbuch Brandschutz

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8.6.4 Überwachen der Konzentration in der Umgebung von Anlagen und Anlagenteilen

Zur Erkennung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre können Gaswarneinrichtungen verwendet werden. Sie dienen als Grundlage für die Einteilung von Schutzmaßnahmen. Sie werden verwendet zur manuellen oder automatischen Auslösung von Schutzmaßnahmen oder auch von Notfunktionen zur Stilllegung der Anlage.

Neben ihrer Aufgabe der Warnung vor Explosionsgefahr können Gaswarneinrichtungen auch Aufgaben der Warnung von Gesundheitsgefahren übernehmen. Die hierfür maßgebenden Konzentrationen liegen in der Regel um Zehnerpotenzen niedriger als die unteren Explosionsgrenzen.

Der Einsatz von Gaswarneinrichtungen als Grundlage für die Einleitung von Maßnahmen des Explosionsschutzes zum Vermeiden der Bildung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre ist möglich in Verbindung mit manueller oder automatischer Auslösung von Schutzmaßnahmen oder auch von Notfunktionen zur Stilllegung der Anlage.

Wesentliche Voraussetzungen für den Einsatz von Gaswarneinrichtungen sind:

  1. a)

    genügende Kenntnisse über die zu erwartenden Stoffe, die Lage ihrer Quellen, ihre maximalen Quellstärken und die Ausbreitungsbedingungen

  2. b)

    eine den Einsatzbedingungen angemessene Funktionsfähigkeit der Geräte, insbesondere bezüglich Ansprechzeit, Ansprechwert und Querempfindlichkeit

  3. c)

    Vermeiden von gefährlichen Zuständen bei Ausfall einzelner Funktionen der Gaswarneinrichtungen (Verfügbarkeit)

  4. d)

    die zu erwartenden Gemische durch geeignete Wahl von Anzahl und Ort der Messstellen ausreichend schnell und sicher zu erfassen

  5. e)

    Kenntnis des Bereiches, der bis zum Wirksamwerden der durch das Gerät auszulösenden Schutzmaßnahmen explosionsgefährdet sein wird. In diesem Nahbereich (abhängig von a) bis d)) sind Schutzmaßnahmen zum Vermeiden von Zündquellen nach Kapitel 8.8 erforderlich

  6. f)

    ausreichend sicheres Verhindern des Auftretens gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre außerhalb des Nahbereiches durch die auszulösenden Schutzmaßnahmen und Vermeiden anderweitiger Gefahren durch Fehlauslösung

  7. g)

    Durch eine Fehlauslösung dürfen keine anderweitigen Gefahren auftreten.

 8.6.4 Überwachen der Konzentration in der Umgebung von Anlagen und Anlagenteilen – Seite 2 – 01.09.2016>>

Gaswarneinrichtungen für den Einsatz im Rahmen von Explosionsschutzmaßnahmen sind hinsichtlich der messtechnischen Funktionsfähigkeit und der funktionalen Sicherheit für den vorgesehenen Einsatzfall geeignet auszuwählen. Hierbei sind die in der Betriebsanleitung durch den Hersteller getroffenen Festlegungen zur bestimmungsgemäßen Verwendung zu berücksichtigen.

Die Anforderungen an die messtechnische Funktionsfähigkeit von Gaswarneinrichtungen können dem Anhang II, Abschnitte 1.5.5–1.5.7 der Richtlinie 94/9/EG entnommen werden.

Die in der von der Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie herausgegebene Liste geprüfter Gaswarngeräte (www.exinfo.de, Seiten-ID #6HY9) aufgeführten Gaswarngeräte gelten als geeignet.

Die Funktion der Gaswarneinrichtungen ist nach ihrer Errichtung und in angemessenen Zeitabständen zu kontrollieren. Darüber hinaus sind sie regelmäßig instand zu halten.

Nähere Informationen s. DGUV Information 213-057 »Gaswarneinrichtungen für den Explosionsschutz – Einsatz und Betrieb«.

Gaswarneinrichtungen müssen so installiert und betrieben werden, dass jederzeit ein Eingreifen von Hand in den von der Gaswarneinrichtung gesteuerten automatischen Ablauf möglich ist. Dieser Eingriff darf nicht zum Verlust der Explosionssicherheit führen und darf nur von hierfür befugten Personen vorgenommen werden.

Gaswarneinrichtungen mit Alarmierung

Die Messstellen der Gaswarneinrichtungen sind in der Nähe der Stellen anzubringen, an denen mit dem Auftreten brennbarer Stoffe zu rechnen ist.

Tab. 1: Auszug aus der Anlage 3 der DGUV Regel 113-001

Lfd. Nr.

Geräte Variante/Option

Hersteller bzw. Antragsteller

Prüfstelle

Zertifikat

Nachtrag

Datum

Stoff

Messgrundlage

Messbereich

386

Polytron
5310

Dräger
Safety AG & Co. KGaA, Lübeck

EXAM

BVS 15
ATEX
G 001 X

03.09.2015

Ethanol, Ethlacetat, Methan, Propan, Ethen, i-Butan, n-Butan, n-Pentan, n-Hexan, n-Oktan, n-Nonan, i-Propanol, Propen, Toluol, Aceton, Ethylacetat

IR

0–70 %
UEG
0–100 %
UEG

385

ZD21

Gesellschaft für Gerätebau mbH, Dortmund

EXAM

PFG 15
G 001

18.05.2015

Sauerstoff

Ionenleitung

0–25 %
(V/V)

384

UXIR

General Monitors Ltd., Galway, Irland

EXAM

BVS 15
ATEX
E 009 X

N1

27.04.2015

Methan, Propan, Ethen, 1,3 Butadien, Diethylether, Ethan, Ethanol, Ethylacetat, Ethylenoxid, Benzin 6595, i-Butylacetat, n-Butlacetat, n-Butan, n-Hexan, n-Nonan, n-Pentan, 2-Propanol, Propen, Proplenoxid, Toluol, Xylol (Isomerengemisch), Cylopentan, Allylalkohol, i-Butlen, i-Butan, Methanol

IR

0–100 %
UEG

 8.6.4 Überwachen der Konzentration in der Umgebung von Anlagen und Anlagenteilen – Seite 3 – 01.12.2015<<>>

Lfd. Nr.

Geräte Varante/Option

Hersteller bzw. Antragsteller

Prüfstelle

Zertifikat

Nachtrag

Datum

Stoff

Messgrundlage

Messbereich

382

Polytron 8000

Dräger Safety AG & Co.

KGaA, Lübeck

EXAM

PFG 14 G 001 X

19.12.2014

Sauerstoff

EX

0–25 % (V/V)

381

Altair 4X

Mine Safety Appliances Co.,

Pittsburg, USA

FTZU

FTZU 08 E 0034

N4

28.04.2014

Sauerstoff

Schwefelwasserstoff

Kohlenmonoxid

EC

0 – 25 % (V/V)

0 – 200 ppm

0 – 19999 ppm

380

Altair 4X

Mine Safety Appliances Co.

Pittsburgh, USA

FTZU

FTZU 07 ATEX 0169 X

N12

24.04.2014

Methan, Propan, Pentan, Wasserstoff

WT EC

0–100 % UEG

0–25 % (V/V)

379

Altair 5 XiR

Mine Safety Appliances Co.

Pittsburgh, USA

FTZU

FTUZ 09 E 0027

N6

04.04.2014

Sauerstoff

Schwefelwasserstoff

Kohlenmonoxid

Kohlendioxid

EC IR

0–25 %(V/V)

0–200 ppm

0 – 2000 ppm

0–10 % (V/V)

Die Alarmschwelle des Gerätes muss auf eine Konzentration mindestens so weit unterhalb der unteren Explosionsgrenze eingestellt sein, dass nach Alarmierung die in den Betriebsanweisungen festgelegten Maßnahmen rechtzeitig wirksam werden können.

Dabei ist auch zu prüfen, ob allein organisatorische Maßnahmen gemäß festgelegten Betriebsanweisungen zur Vermeidung der Bildung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre ausreichend sind.

Es empfiehlt sich jedoch, die Alarmschwelle bei so niedrigen Konzentrationen festzusetzen, wie es aus betriebstechnischen Gründen gerade noch sinnvoll ist.

Gaswarneinrichtungen mit automatischen Schaltfunktionen

Gaswarneinrichtungen können neben der Alarmgabe noch zusätzliche Funktionen übernehmen. Die verfahrenstechnische Anlage bleibt dabei in Betrieb. Die Maßnahmen können sich entweder auf die Atmosphäre außerhalb oder auf das Innere der Anlagenteile beziehen. Beim Erreichen einer Schaltschwelle oder bei darüberliegenden, aber noch unbedenklichen Konzentrationen löst die Gaswarneinrichtung über automatische Schaltvorgänge Maßnahmen aus, die erfahrungsgemäß eine Bildung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre sicher verhindern. Die Anlage bleibt dabei in Betrieb. Die Maßnahmen können sich entweder auf die Atmosphäre außerhalb oder auf das Innere der Anlagen und Anlagenteile beziehen. Beispielsweise können bei Erreichen der Alarmschwelle besondere Lüftungseinrichtungen durch die Gaswarneinrichtung in Betrieb gesetzt werden. In der Apparatur können weitere Maßnahmen ausgelöst werden, z.B. Herabsetzung des Innendruckes, Absperren der undichten Anlagenteile, Inertisieren, Abschalten wirksamer Zündquellen.

 8.6.4 Überwachen der Konzentration in der Umgebung von Anlagen und Anlagenteilen – Seite 4 – 01.12.2015<<

Diese Maßnahmen haben damit in der Regel einen Einfluss auf die Ausdehnung der gefährlichen explosionsfähigen Atmosphäre bzw. auf die Wahrscheinlichkeit des Auftretens gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre.

Gaswarneinrichtungen mit automatischer Auslösung von Notfunktionen

Erreicht die Konzentration eine festzulegende Schaltschwelle, die üblicherweise oberhalb der Schaltschwelle, wie unter »Gaswarneinrichtungen mit Alarmierung« oder »Gaswarneinrichtungen mit automatischen Schaltfunktionen« beschrieben, liegt, werden durch die Gaswarneinrichtung über die bei »Gaswarneinrichtungen mit automatischen Schaltfunktionen« beschriebenen Maßnahmen hinaus automatische Abschaltvorgänge ausgelöst, die ein gefahrloses Abfahren der Betriebsanlage oder der gefährdeten Anlagenteile bewirken.

Diese Maßnahmen haben damit in der Regel einen Einfluss auf die Ausdehnung der gefährlichen explosionsfähigen Atmosphäre bzw. auf die Wahrscheinlichkeit des Auftretens explosionsfähiger Atmosphäre.

Maßnahmen von Staubablagerungen in der Umgebung staubführender Anlagen und Anlagenteile

Staubablagerungen in der Umgebung staubführender Anlagen und Anlagenteile sind nach Möglichkeit zu vermeiden. Dennoch auftretende Staubablagerungen sind regelmäßig zu beseitigen.

In Arbeits- und Betriebsräumen sind daher regelmäßige Reinigungsmaßnahmen durchzuführen. Hierzu haben sich Reinigungspläne bewährt, in denen Art, Umfang und Häufigkeit von Reinigungsmaßnahmen und die jeweiligen Verantwortlichkeiten verbindlich geregelt werden. Die Festlegungen sind den individuellen Verhältnissen des Einzelfalls anzupassen.

Zu beachten sind insbesondere auch schlecht einsehbare (z.B. höher gelegene) oder schwer zugängliche Oberflächen, auf denen sich im Laufe längerer Zeiträume erhebliche Staubmengen ablagern können. Darüber hinaus ist sicherzustellen, dass bei besonderem Bedarf, d.h. größerer Staubfreisetzung infolge von betrieblichen Störungen (z.B. Beschädigen oder Platzen von Gebinden, Leckagen), zusätzliche Maßnahmen zum möglichst unverzüglichen Beseitigen der Staubablagerungen getroffen werden.

Für das Durchführen der Reinigungsmaßnahmen kommen mehrere Möglichkeiten in Frage. In vielen Fällen, wo die Stoffeigenschaften (Benetzbarkeit, keine Reaktionen mit Wasser etc.) sowie die apparativen und räumlichen Gegebenheiten dies zulassen, ist das Nassreinigen sicherheitstechnisch von Vorteil, kann aber zusätzliche Entsorgungsprobleme schaffen. Ansonsten ist saugenden Verfahren der Vorzug zu geben (Einsatz geeigneter zentraler Anlagen oder fahrbarer Industriestaubsauger der Bauart B1). Ein Abblasen von abgelagertem Staub ist zu vermeiden.

Die Reinigungsmaßnahmen sind im Rahmen von Betriebsanweisungen zum Umgang mit brennbaren Feststoffen zu regeln.