Scheuermann, Praxishandbuch Brandschutz

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5.2.5 Stahl

Stahl besteht aus Eisen und geringen Anteilen (0,2 bis 1, 7 %) Kohlenstoff. Er wird aus Roheisen, das ca. 3,5 bis 4,5 % Kohlenstoff enthält, nach dem Hochofenprozess durch unterschiedliche Frischverfahren hergestellt, wobei dann auch sonstige Legierungsbestandteile zur Verbesserung der anwendungstechnischen Eigenschaften zugefügt werden können. Durch seine hohe Zugfestigkeit (250 N/mm2 bis 2.000 N/mm2) ist Stahl ein vielseitig verwendbarer Baustoff.

Das Brandverhalten von Stahl

Stahl wurde im Bau zunächst als zweckmäßiger Ersatz für Holz zur Verminderung der Brandlast angesehen. Eingesetzt wird er bevorzugt:

  • im Stahlskelettbau,

  • für Stahlblechtreppen,

  • für Stahlträgerdecken,

  • für Stahlfenster und -türen,

  • im Stahlbetonbau als Armierungsstahl.

Einen vollwertigen Ersatz für Holz kann jedoch der ungeschützte Stahl aus folgenden Gründen nicht bieten:

Stahl ist zwar nichtbrennbar, besitzt aber wie alle Metalle eine hohe Wärmeleitfähigkeit. Diese bewirkt eine schnelle Durchwärmung der dem Brand ungeschützt ausgesetzten, wärmeleitend verbundenen Bauteile mit rascher Weiterleitung der eingebrachten Temperatur auch in nicht direkt betroffene Bauwerksbereiche. Über den gesamten Bereich des Metallverbundes werden hierdurch die ursprünglich vorhandenen technologischen Eigenschaften der Konstruktion verändert. Insbesondere die Streckgrenze sinkt mit Erwärmung von Stahlbauteilen rasch ab, wobei auf Druck beanspruchte Bauteile ausknicken und auf Zug beanspruchte infolge Verformung ebenfalls nachgeben und ihre vorgegebene Wirksamkeit verlieren. Stahl St 37 (370 N/mm2), ein häufig verwandter Baustahl, hat bei 500 ˚C nur noch etwa die Hälfte, bei 600 bis 700 ˚C nur noch etwa ein Drittel bis ein Viertel der ursprünglichen Festigkeit. Das Verhalten anderer Stahlsorten ist ähnlich.

5.2.5 Stahl – Seite 22 – 01.12.2013

Außerdem treten beim Stahl durch Erwärmen erhebliche lineare und räumliche Ausdehnungen auf, die zu verschiedenen Schwierigkeiten führen können:

  • es kann zur Lösung des Verbundes mit mineralischen Überdeckungen kommen,

  • der lineare Ausdehnungskoeffizient von Stahl ist mit ca. 1,2 mm/m bei einer Temperaturerhöhung von 100 K so groß, dass Verschiebungen an Auflagern und Knotenpunkten auftreten können, die ganz erhebliche Kräfte ausüben.

Derartige, durch thermische Ausdehnung bewirkte Kräfte können zum Einsturz von Stahlkonstruktionen und der durch den Stahl stabilisierten Bauteile bzw. Bauabschnitte führen. Das hat einmal zur Folge, dass es u.U. zu einer schlagartigen Ausbreitung des Brandes kommen kann, zum anderen führt dieses auch zu einer potentiellen bzw. realen Bedrohung von Brandbetroffenen und Rettungs- bzw. Löschkräften. Gleichzeitig kann es unbeabsichtigt durch Löschmaßnahmen auch zum Einsturz thermisch vorbelasteter Stahlkonstruktionen kommen, wenn zum einen durch die zusätzliche Wasserlast die übliche Verkehrslast erhöht und die rechnerische Gebrauchslast des thermisch geschädigten Tragwerks überschritten wird, zum anderen wenn nach einer linearen Wärmeausdehnung die Auflager verschoben werden und dann die Träger infolge der Abkühlung durch das Löschwasser ihre ursprüngliche Länge wieder einnehmen und dadurch von den ausgedrückten Auflagern abrutschen können.

Für einen wirksamen Schutz gegen diese Folgen der brandbedingten Erwärmung gibt es verschiedene Möglichkeiten. Beispielhaft seien hier genannt:

  • Ummantelungen aus geeignetem Mauerwerk,

  • Bekleidungen mit Gipskarton-Feuerschutzplatten,

  • profilfolgende Putzbekleidung,

  • Anstrich mit Dämmschichtbildnern.