Scheuermann, Praxishandbuch Brandschutz

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4.4.2 DIN 18232-2 – Brände in Gebäuden

 4.4.2 DIN 18232-2 – Brände in Gebäuden – Seite 7 – 01.09.2013>>

Die DIN 18232-2 gilt bei Bränden in Gebäuden als die allgemein anerkannte Regel der Technik für die Aufgabe der Rauch- und Wärmefreihaltung von Räumen. Für die RWA-Projektierung eines natürlich wirkenden Rauch- und Wärmeabzugssystems ist die Berechnung der aerodynamisch wirksamen Rauchabzugsfläche durchzuführen.

Vorgaben:
Für die Bemessung nach DIN sind von Bedeutung:

  • Raumgrundfläche,

  • Raumhöhe,

  • Dachform,

  • Rauchabschnittsbildung unter dem Dach,

  • Brandausbreitungsgeschwindigkeit,

  • Brandentwicklungsdauer.

Während Raumgrundfläche, Raumhöhe und Dachform durch die Architektur des Gebäudes bestimmt werden, ist die Rauchabschnittsbildung unter dem Dach ein Ergebnis der Berechnung. Je größer die Rauchabschnitte sind, umso größer wird auch der aerodynamische Abzugsquerschnitt der RWA. Die Parameter »Brandentwicklungsdauer« und »Brandausbreitungsgeschwindigkeit« sind Erfahrungs- und Schätzwerte. Durch Kombination von Brandentwicklungsdauer und Brandausbreitungsgeschwindigkeit ergibt sich eine Einstufung des Raumes in eine Bemessungsgruppe. Insgesamt gibt es sieben Bemessungsgruppen, wobei die Anforderungen mit den Bemessungsgruppen steigen.

In 90 % aller Fälle wird sich eine Einstufung in die Bemessungsgruppe 4 ergeben, wonach sich dann – bei Einhaltung der Rauchabschnittsgröße von maximal A=1.600 m2 und einer rauchfreien Schicht von halber Raumhöhe – eine aerodynamisch wirksame Abzugsfläche Aw von 0,8 % der Raumgrundfläche ergibt.

Kann die Dicke der rauchfreien Schicht d mit halber Hallenhöhe nicht eingehalten werden, so ist mit einer korrigierten Dicke der rauchfreien Schicht zu arbeiten. Hierzu gibt DIN 18232 eine Berechnungsformel an die Hand:

dKorr = 0,5 × h +

0,25 × h × (AR - 1.600)

1.600

worin

dKorr

die korrigierte Höhe der rauchfreien Schicht in m,

h

die mittlere Hallenhöhe in m,

AR

die Grundfläche des Raumes in m2 ist.

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Projektierungskriterien

Für die RWA-Projektierung sind wesentliche Grundlagen im Vorfeld festzulegen:

  1. 1.

    Die raucharme Schicht im unteren Bereich eines Raumes wird mindestens mit 2,50 m gefordert.

  2. 2.

    Die Höhe der Oberkante sowie die Breite einer Zuluftöffnung bestimmen den Mindestabstand zur Rauchschicht.

  3. 3.

    Beim Installieren einer Rauchschürze in Räumen ≥ 1.600 m2 Grundfläche bestimmt die Tiefe der Rauchschürze und die dementsprechende Rauchschichtdicke die Projektierung.

  4. 4.

    Weiterhin sind Lagergüter zu beachten, die in höheren Bereichen des Raumes gelagert werden, oder auch Maschinenteile sowie Bürobereiche, die sich im oberen Bereich eines Raumes befinden. Hier können besondere Kriterien für die Rauchschicht gelten.

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Abb. 4: Projektierung RWA

Brandmelde- und Löschangriffszeit nach DIN 18232 und DIN EN 12101

In der Regel wird für die Branderkennungszeit ein mittlerer Wert von 10 Minuten angenommen. Dieser Wert kann durch Installation einer Rauchmeldeanlage verkürzt werden, entweder auf 5 oder auf 0 Minuten.

Für die Zeit von Meldung bis zum Löschangriff werden je nach vorliegenden Verhältnissen vier verschiedene Zeiten vorgegeben.

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Bemessungsgruppe nach DIN 18232 und DIN EN 12101

Aufgrund der Brandausbreitungsgeschwindigkeit, die in der Regel mit »mittel« angenommen werden darf, und der anzusetzenden Brandentwicklungsdauer erhält man aus einer Tabelle die Bemessungsgruppe, mit deren Hilfe man aus einer anderen Tabelle unter Berücksichtigung der Raumhöhe und der Raumschichtdicke bzw. der raucharmen Schicht die zu installierende aerodynamische Fläche in m2 erhält. Dieser Wert ist für Räume bis 1.600 m2 einzusetzen.

Räume > 1.600 m2 müssen durch Rauchschürzen in Rauchabschnitte unterteilt werden. Rauchschürzen müssen bei Räumen mit einer Höhe < 4 m mindestens 0,5 m tiefer projektiert werden als die Rauchschicht selbst. Bei Räumen mit einer Höhe > 4 m darf die Rauchschürze der Rauchschichtdicke entsprechen. Pro Rauchabschnitt muss die aus der Tabelle erhaltene aerodynamische Fläche eingesetzt werden.

Die DIN lässt zwei Erleichterungen zu, und zwar, wenn der Raum mindestens 7 m Höhe hat und die Bemessungsgruppe 3, 4 oder 5 vorliegt, sowie je 1.600 m2 mindestens eine 1,0 m Rauchschürze vorhanden ist.

Ist eine flächendeckende automatische Sprinkleranlage installiert, kann bei errechneter Bemessungsgruppe 3 oder 5 ohne Nachweis auf die BMG 3 reduziert werden.

Zuluft nach DIN 18232 und DIN EN 12101

In der überarbeiteten DIN 18232-2 hat die Zuluft besondere Beachtung gefunden. Denn die Zuluft ist unverzichtbar, da das physikalische Gesetz des Abströmens von Energie aus einem Raum nur durch Nachströmen der Energie im unteren Bereich, also Zuluft ausgeglichen werden kann. Dabei ist zu beachten, dass die Zuluft im unteren Bereich in die raucharme Schicht impulsarm eindringt, wenn möglich von beiden Seiten des Raumes.

Die Oberkante der obersten Zuluftöffnung bestimmt dann wesentlich den Abstand zur Rauchschicht. Bei Öffnungen bis 1,25 m Breite ist der Abstand 0,5 m zur Rauchschicht, bei breiteren Zuluftöffnungen 1,0 m zur Rauchschicht.

Die Zuluftfläche muss 1,5-mal größer sein als die aerodynamisch wirksame Rauchabzugsfläche des größten Rauchabschnitts im Raum. Eine Reduzierung der Zuluftfläche zur Rauchabzugsfläche ist bis auf 1:1 nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Alle Öffnungen im unteren Bereich können zur Zuluftnachführung hinzugerechnet werden, wenn sie eigenständig öffnen oder zerstörungsfrei geöffnet werden können.

Die DIN gibt die rechnerischen Durchflussbeiwerte für die verschiedenen Zuluftöffnungen vor, und zwar für Dreh- oder Kippflügel, Türen, Tore und Jalousien.

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Dacheinbau nach DIN 18232 und DIN EN 12101

Im Dachbereich muss pro 200 m2 mindestens eine natürliche RWA-Anlage installiert werden. Zusätzlich sind die Abstände des NRA-Systems untereinander sowie die Abstände zu Randbereichen zu beachten.

Das NRA-System sollte mindestens eine geometrische Öffnungsfläche von AR = 1 m2 haben. Die kleinere Seitenlänge eines solchen Systems richtet sich nach der Rauchschichtdicke. Sie wird wie folgt berechnet:

kleinere Seitenlänge = 1,5 × scheuermann_33485_04_04_02_002.gif

z = Dicke der Rauchschicht

VdS-Richtlinie 2098 – Ausstattung, Planung und Einbau (VdS-Richtlinien CEA 4020)

Die vorliegenden VdS-Richtlinien basieren auf den Richtlinien VdS CEA 4020:2009-10 Natürliche Rauch- und Wärmeabzugsanlagen, Planung und Einbau, und DIN 18232 Rauch- und Wärmefreihaltung – Teil 2: Natürliche Rauchabzugsanlagen (NRA); Bemessung, Anforderungen und Einbau. Die Richtlinien sind auf der Grundlage der vollinhaltlich übernommenen Norm DIN 18232-2:2007-02 um einige spezielle Anforderungen eingeschränkt und/oder ergänzt worden.

Die VdS-Richtlinie 2098 (VdS-Richtlinien CEA 4020) geben Empfehlungen für die Planung und den Einbau von natürlichen Rauch- und Wärmeabzugsanlagen (NRA), die durch thermischen Auftrieb wirken. Sie gilt für die Bemessung und den Einbau von Rauch- und Wärmeabzugsanlagen in eingeschossigen gewerblich oder industriell genutzten Gebäuden sowie für das oberste Geschoss in mehrgeschossigen Gebäuden, bei denen die Decke gleichzeitig das Dach ist, ohne dass eine Einschränkung auf Industriebetriebe erfolgt, wie dies in DIN 18232 der Fall ist.

Vorgaben:
Für die Bemessung nach VdS von Bedeutung sind:

  • Raumgrundfläche,

  • Raumhöhe,

  • Dachform,

  • Brandentwicklungsdauer,

  • eingelagerte Waren und ihre Verpackung bzw.

  • Betriebsart.

Im Gegensatz zu DIN 18232 muss beim Berechnungsverfahren nach VdS eine Unterteilung in Rauchabschnitte von maximal 1.600 m2 Größe bzw. maximal 60 m größter horizontaler Ausdehnung im Dachbereich erfolgen.

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Eingelagerte Waren und ihre Verpackungen bzw. die Betriebsart bestimmen die Einstufung in eine Brandgefahrengruppe (BG 2.1 bis 4.4). Aus den Diagrammen in Anhang der VdS-Richtlinie kann dann unter Berücksichtigung einer angenommenen Brandentwicklungsdauer eine Bemessungsgruppe (BMG 1 bis BMG 7) ermittelt werden. Zu beachten ist hierbei die Begrenzung der Lagerhöhe eingelagerter Waren! Anschließend wird unter Berücksichtigung der Parameter

  1. 1.

    Deckenhöhe,

  2. 2.

    Dicke der rauchfreien Schicht und

  3. 3.

    Bemessungsgruppe

der erforderliche Prozentsatz für die Berechnung der aerodynamischen Abzugsfläche ermittelt. Hierbei sollte die Dicke der rauchfreien Schicht größer sein als die maximale Stapelhöhe eingelagerter Waren.

Für NRA-Systeme nach VdS-Standard liegen derzeit hauptsächlich folgende Richtlinien zugrunde:

VdS 2098:201 3-01

Natürliche Rauch- und Wärmeabzugsanlagen (NRA),
Planung und Einbau

VdS CEA 4020:2009-10

Natürliche Rauch- und Wärmeabzugsanlagen (NRA),
Planung und Einbau

Produkte, allgemein:

VdS 2159:2005-02

Pneumatische Rauch- und Wärmeabzugssysteme,
Anforderungen und Prüfmethoden

VdS 2579:2005-02

Verriegelungseinrichtungen,
Richtlinien für natürliche Rauchabzugsanlagen

VdS 2580:2002-09

Elektromechanische Antriebe für natürliche RWA,
Anforderungen und Prüfmethoden

VdS 2580-S1:2005-02

Elektromechanische Antriebe für natürliche RWA,
ErgänzungS1: Ergänzungen und Berichtigungen

VdS 2581:2002-09

Elektrische Steuereinrichtungen für natürliche RWA,
Anforderungen und Prüfmethoden

VdS 2583:2005-02

Pneumatische Öffnungsaggregate,
Richtlinien für natürliche Rauchabzugsanlagen

VdS 2584:2005-08

Nichtelektrische Branderkennungs- und Ansteuereinrichtungen,
Anforderungen und Prüfmethoden

VdS 2592:2002-09

Elektrische Handansteuereinrichtungen für natürliche RWA,
Anforderungen und Prüfmethoden

VdS 2593:2002-09

Elektrische Energieversorgungseinrichtungen für natürliche RWA,
Anforderungen und Prüfmethoden

VdS 2594:2002-09

Systeme für natürliche RWA, Anforderungen und Prüfmethoden

 4.4.2 DIN 18232-2 – Brände in Gebäuden – Seite 12 – 01.09.2013<<

Bei der Berechnung der aerodynamisch wirksamen Öffnungsfläche ist Folgendes zu beachten:

  • bei Hallen < 800 m2 ergibt sich die wirksame Öffnungsfläche aus der Multiplikation des ermittelten Prozentsatzes mit der doppelten Hallenfläche,

  • bei Hallen zwischen 800 m2 und 1.600 m2 wird einheitlich mit einer fiktiven Hallenfläche von 1.600 m2 gerechnet,

  • erst bei Hallen größer als 1.600 m2 Grundfläche kann mit der tatsächlichen Hallengröße gerechnet werden.