DGUV Information 215-450 - Softwareergonomie

Online-Shop für Schriften

Jetzt bei uns im Shop bestellen

Jetzt bestellen

Abschnitt 12.1 - 12.1 Beschaffung von Software

Für die Beschaffung von Software (siehe Kapitel 6 "Softwaretypen") benötigen Unternehmerinnen bzw. Unternehmer, Führungskräfte, Systemadministratorinnen bzw. Systemadministratoren und Einkäuferinnen bzw. Einkäufer Kriterien zur Gestaltung und Beurteilung. Hierbei werden Anforderungen an die Gestaltung in einem Lastenheft festgelegt und final in einem Pflichtenheft mit dem Lieferanten vertraglich vereinbart. Im Rahmen der Vereinbarung sind neben der Ergonomie auch Aspekte der Wirtschaftlichkeit zu berücksichtigen. Dabei geht es um direkte Anschaffungs- bzw. Entwicklungskosten und um die Nutzungs- und Folgekosten, die erst nach dem Kauf oder der Entwicklung einer Software entstehen. Folgekosten entstehen z. B. durch Systemadministration, technischen Support, Information und Schulung der Beschäftigten, Systemabstürze, lange Systemantwortzeiten, unnötigen Aufwand bei der Dateneingabe, notwendige Fehlerkorrekturen und programmbedingte Fehlbedienungen. Bei ergonomisch gestalteter Software sind diese Kosten deutlich geringer.

Eine ergonomische und gebrauchstauglich gestaltete Software fördert eine gesundheitsgerechte, angemessene Aufgabenbewältigung und die Motivation der Beschäftigten. Sie beeinflusst zudem maßgeblich die Qualität der Arbeit, der Produkte und der Leistungen.

12.1.1 Beteiligte beim Beschaffungsprozess

Wer neue Software anschaffen oder vorhandene weiterentwickeln möchte, macht diese Aufgabe oft zur Angelegenheit von Systemadministratorinnen bzw. Systemadministratoren oder von Software-Expertinnen bzw. -Experten. Die Kenntnisse dieser Fachleute sind bei der Beschaffung neuer Software unverzichtbar. Um die Qualität der Arbeitsanforderungen und -aufgaben einzuschätzen und zu beschreiben, sind in jedem Fall die Erfahrungen der Benutzerinnen und Benutzer zu berücksichtigen. Dafür sind diese Personen möglichst frühzeitig in den Beschaffungsprozess einzubeziehen. Sie wissen am besten, wie die Aufgaben bearbeitet werden sollten und kennen die alltäglichen Probleme und Anforderungen. Außerdem sind sie es, die mit der Software zukünftig arbeiten.

Die Führungskräfte sind für die Qualität der Produkte und Leistungen verantwortlich und kennen die zukünftige Ausrichtung des Unternehmens. Mitglieder der Arbeitnehmervertretung sind entsprechend ihrer Mitbestimmungsrechte zu beteiligen (siehe Anhang 2 Vereinbarung zum Umgang mit Software). Auch die Kenntnisse der Fachkräfte für Arbeitssicherheit und der Betriebsärztinnen und Betriebsärzte mit ihren Kompetenzen zur Belastung und Beanspruchung durch die Arbeiten mit der Software müssen berücksichtigt werden. Schließlich empfiehlt es sich, eine für das Budget verantwortliche Person aus den Bereichen Beschaffung und Einkauf von Beginn an am Entscheidungsprozess zu beteiligen (Abbildung 72).

ccc_3498_as_29.jpg

Abb. 72
Beteiligte bei der Softwarebeschaffung

12.1.2 Vorgehen im Beschaffungsprozess

Wird neue Software benötigt, empfiehlt sich ein systematisches Vorgehen mit einer gezielten Analyse einschließlich einer Prüfung der ergonomischen Gestaltung der anzuschaffenden Software (siehe Abbildung 73).

Die Ergebnisse werden in einem Lastenheft dokumentiert und bilden die Grundlage für eine gewissenhafte Prüfung und Bewertung, gestützt auf nachvollziehbare Prüfkriterien.

ccc_3498_as_21.jpg

Abb. 73
Systematisches Vorgehen bei der Beschaffung von Software

Folgende Grundsystematik ist bei der Beschaffung neuer Software zu empfehlen:

  • Analyse - Welche Anforderungen und Funktionen soll die neue Software erfüllen?

  • Lastenheft - Was sind die Spezifikationen der neuen Software?

  • Marktrecherche - Welche fertige Software gibt es, die dem Lastenheft gerecht wird?

  • Entscheidung - Gibt es eine fertige Software, die die Kernanforderungen aus dem Lastenheft hinreichend erfüllt oder muss eine individuelle Software entwickelt werden?

Falls eine Software entwickelt werden muss:

  • Interne oder externe Ausschreibung - Sofern eine Ausschreibung erforderlich ist, sollte das Lastenheft die Grundlage bilden.

  • Pflichtenheft erstellen - Welche Aufgaben und Funktionen aus dem Lastenheft muss die Software detailliert erfüllen?

  • Entwicklung der Software

  • Detaillierte Prüfung - Ist die Software geeignet und gebrauchstauglich für die zu bearbeitenden Arbeitsaufgaben (Durchführung eines umfassenden Praxistests)?

Falls es eine fertige Software gibt:

  • Detaillierte Prüfung - Ist die Software geeignet und gebrauchstauglich für die zu bearbeitenden Aufgaben (Durchführung eines umfassenden Praxistests)?

  • Entscheidung - Soll die Software gekauft werden oder ist doch keine geeignete fertige Software auf dem Markt und es muss eine individuelle Software entwickelt werden? (Eventuell sind auch Teile für eine fertige Software neu zu entwickeln.)

Vor Einführung der Software sind die Benutzerinnen und Benutzer zu informieren und zu schulen.