DGUV Information 206-019 - Rundum gestärkt - Wie psychosoziale Faktoren bei der Prävention von Muskel-Skelett-Erkrankungen am Arbeitsplatz berücksichtigt werden können

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Abschnitt 6 - 6 Fühlen, denken, handeln - was bei Rückenschmerzen noch hilft

Welche Verantwortung der Betrieb im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung und der entsprechenden Gestaltung der Arbeitsbedingungen hat, ist bereits ausführlich dargestellt worden.

Unabhängig davon, wo die Ursachen von Rückenschmerzen nun im Einzelnen liegen: Jeder Einzelne hat die Chance, den Umgang mit Rückenschmerzen zu verändern. Auch und gerade bei wiederkehrenden Schmerzen ist es langfristig entscheidend, wie Schmerzen wahrgenommen werden und welches Verhalten bei Schmerzen bei jedem einzelnen typisch ist.

Heute weiß man, wie wichtig das eigene Denken und Verhalten ist damit Rückenschmerzen nicht chronisch und damit zu einer dauerhaften Belastung werden.

Wesentlich ist:

  • was der Einzelne über die Ursachen der Rückenbeschwerden denkt,

  • wie der Einzelne darüber denkt, ob und inwieweit bestehende Beschwerden selbst beeinflusst werden können und

  • ob der Einzelne weiß, welches Verhalten vor weiterer Schädigung schützt.

Die im Folgenden genannten Aussagen stellen Faktoren dar, die mit entscheidend sind für den negativen Verlauf von Rückenbeschwerden.

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Kurz - Checkliste "Warnsignale"
Wenn ich Rückenschmerzen habe ...
  1. ...

    habe ich Angst, dass es noch schlimmer wird.

  2. ...

    mache ich mir Sorgen, dass eine ernsthafte Erkrankung dahinter steckt.

  3. ...

    kreisen meine Gedanken die meiste Zeit des Tages um den Schmerz.

  4. ...

    ist der Tag verdorben.

  5. ...

    frage ich mich ständig "warum ich?"

  6. ...

    habe ich Angst, mich zu viel zu bewegen, um es nicht noch schlimmer zu machen.

  7. ...

    traue ich mich nicht, mit meinen Vorgesetzten über mögliche arbeitsbedingte Ursachen zu sprechen.

  8. ...

    traue ich mich nicht so recht vor die Tür.

  9. ...

    ziehe ich mich zurück.

Wer sich hier bei vielen Aussagen wiedererkennt, sollte bedenken: akute Rückenschmerzen haben nur sehr selten eine schwerwiegende Ursache. Es ist wichtig, ruhig zu bleiben, sich zu entspannen und sich moderat zu bewegen. Das was Sie denken und wie Sie mit Schmerzen umgehen beeinflusst auch Ihre Beschwerden. Es ist wichtig aktiv und zuversichtlich zu bleiben.

Eine positive Grundeinstellung und das Gefühl, den Schmerz bewältigen zu können, sind hilfreich für eine rasche Besserung von Beschwerden.

In den meisten Fällen ist es für den Verlauf von Beschwerden wichtig, so aktiv, geduldig und zuversichtlich wie möglich zu sein oder zu werden. Wenn die gewohnte Arbeit mit Beschwerden vereinbar ist, ist es empfehlenswert, so bald wie möglich zum normalen Arbeitsalltag zurückzukehren. Ausnahme ist, wenn schwere Belastungen (hohe körperliche Belastungen, schwere Konflikte, etc.) bei der Arbeit gegen eine frühzeitige Wiederaufnahme der Arbeitstätigkeit sprechen. Es ist wichtig, sich nicht "einzuigeln" und nicht zu resignieren. Ebenso ist ein Versteifen auf bestimmte Behandlungsmethoden nicht angeraten.

Aus zu viel Schonung kann eine Negativspirale entstehen, die sich ungünstig auf die Schmerzen auswirkt.

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Kurz-Checkliste "weiter so"
Wenn ich Rückenschmerzen habe,...
  1. ...

    weiß ich, was mir dann akut gut tut.

  2. ...

    bin ich zuversichtlich, dass es nichts Dramatisches ist.

  3. ...

    bin ich überzeugt, dass es keine schlimme Krankheit ist, die mich plagt.

  4. ...

    denke ich, ich sollte wieder regelmäßig meine Übungen machen - das hilft.

  5. ...

    versuche ich trotzdem in Bewegung zu bleiben.

  6. ...

    weiß ich, wie ich Stress abbauen und mich entspannen kann.

  7. ...

    versuche ich sobald wie möglich, meinen gewohnten Tätigkeiten und Aktivitäten nachzugehen.

  8. ...

    versuche ich mich gezielt abzulenken, mit schönen Aktivitäten und moderater Bewegung.

Wenn Schmerzen bestehen und diese in der Folge zu Rückzug, Vermeidung von Aktivität, Schonung und Passivität führen, kann dies ungünstige Bedingungen noch verschärfen, z. B. indem die Muskelkraft weiter sinkt. Ängste vor Schmerzen können diesen Mechanismus, der im Schaubild "Schonungsspirale" dargestellt ist, immer wieder verstärken.

Ebenso wenig wie übermäßige Schonung ist Überforderung und um jeden Preis durchhalten zu wollen eine gute Lösung. Die Kunst ist, den goldenen Mittelweg zu finden.

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Schaubild Schonungsspirale (Quelle: PatientenLeitlinie Kreuzschmerz zur Nationalen Versorgungs-Leitlinie Kreuzschmerz)