DGUV Information 203-080 - Montage und Instandhaltung von Photovoltaik-Anlagen

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Abschnitt 5.1 - 5 Gefährdungen und Schutzmaßnahmen
5.1. Absturz, Durchsturz

5.1.1
Grundlagen der Schutzmaßnahmen

Für Arbeiten auf Dächern müssen Arbeitsplätze so eingerichtet und beschaffen sein, dass sicheres Arbeiten gewährleistet ist. Dabei sind u. a. zu berücksichtigen:

  • Art der baulichen Anlage, z. B. nicht begehbare Bauteile (u. a. Lichtkuppeln, Lichtbänder, Glasdächer, Faserzement-Wellplatten), Dachüberstände, Dachgauben, Höhe der Attika

  • wechselnde Bauzustände und Baufortschritt

  • Gefährdungen durch andere Gewerke

  • Witterungsverhältnisse, z. B. Regen, Wind, Raureif, Schnee, Vereisung

  • jeweils auszuführende Arbeiten, z. B. Verlegung der Unterkonstruktion.

Arbeitsplätze und Verkehrswege sind so einzurichten, dass die Gefährdung durch Absturz von Beschäftigten so weit als möglich vermieden wird.

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Wesentliche Forderungen aus § 12 der DGUV Vorschrift 38, 39 und ASR A2.1:
  • Unabhängig von der Absturzhöhe gilt, dass an Arbeitsplätzen und Verkehrswegen über Wasser oder anderen festen oder flüssigen Stoffen, in denen man versinken kann, Absturzsicherungen benötigt werden.

  • Ab 1,00 m Höhe ist zu beachten, dass Absturzsicherungen an freiliegenden Treppenläufen und -absätzen, Wandöffnungen und Bedienungsständen von Maschinen und deren Zugängen benötigt werden.

  • Ab 2,00 m Höhe werden an allen übrigen Arbeitsplätzen und Verkehrswegen Absturzsicherungen benötigt.

Bei der Umsetzung von Arbeitsschutzforderungen ist zu beachten, dass vorrangig technische vor organisatorischen oder persönlichen Maßnahmen anzuwenden sind.

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Lassen sich aus arbeitstechnischen Gründen Absturzsicherungen nicht verwenden, müssen stattdessen Einrichtungen zum Auffangen abstürzender Personen vorhanden sein. Auffangeinrichtungen sind Fanggerüste und Auffangnetze.

Anseilschutz darf nur verwendet werden, wenn das Verwenden von Absturzsicherungen und Auffangeinrichtungen unzweckmäßig ist und für die auszuführenden Arbeiten geeignete Anschlageinrichtungen (s. hierzu DGUV I 201-056) vorhanden sind.

Auf Einrichtungen und Maßnahmen zur Sicherung gegen Absturz von Personen kann nur verzichtet werden, wenn Arbeitsplätze oder Verkehrswege auf Flächen mit weniger als 20° Neigung liegen und in mindestens 2,00 m Abstand von den Absturzkanten feste Absperrungen vorhanden sind.

Unmittelbar vor Beginn der Arbeiten mit Absturzgefahr, sind die Beschäftigten über die vorhandenen Gefahren und die erforderlichen Schutzmaßnahmen konkret zu unterweisen. Die Unterweisung ist zu dokumentieren.

Im Rahmen der Gefährdungsermittlung und der Personalauswahlverantwortung muss der Unternehmer prüfen, ob die Beschäftigten, welche Absturzgefährdungen ausgesetzt sind, für diese Tätigkeit geeignet sind.

5.1.2.
Praktische Umsetzung der Maßnahmen

Die Maßnahmen zum Schutz gegen Absturz/Durchsturz sind vor Beginn der Arbeiten sorgfältig zu planen und vorzubereiten. Dabei ist eine Rangfolge der Maßnahmen zu beachten.

Arbeiten ohne Absturzsicherungen sind in der Regel nicht zulässig. Der Unternehmer muss sich zuerst mit der Frage auseinandersetzen, welche Absturzsicherungen zum Einsatz kommen müssen. Absturzsicherungen sind im Wesentlichen Einrichtungen, z. B. Geländer, die verhindern, dass Personen über Absturzkanten hinaus abstürzen können.

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Abb. 1 Rangfolge der Schutzmaßnahmen gegen Absturz in prinzipieller Darstellung

Einige Beispiele sind nachfolgend dargestellt.

Bei Arbeiten auf geneigten Dächern mit einer Dachneigung von mehr als 20° wird ein Dachfanggerüst benötigt. Dabei sind die Abmessungen nach Abbildung 2 einzuhalten:

Werden Arbeiten auf ebenen Flächen (Neigung < 20°) ausgeführt und werden diese ausschließlich weit entfernt von der Absturzkante ausgeführt, ist es ausreichend, sich hinter einer festen Absperrung, z. B. aus Ketten oder Seilen bestehend, aufzuhalten.

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Abb. 2 Abmessungen von Fanggerüsten
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Abb. 3 Beispiel einer Absturzsicherung, welche ab 2,00 m Höhe zwingend erforderlich ist und die direkt an der Absturzkante angebracht ist.
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Abb. 4 Die Abb. zeigt eine Absicherung einer Deckenöffnung mit einem dreiteiligen Seitenschutz (Geländer).
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Abb. 5 Absperrung mehrerer Lichtkuppeln
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Abb. 6 (1) Auffanggurt, (2) Verbindungsmittel, (3) Falldämpfer, (4) mitlaufendes Auffanggerät, (5) bewegliche Führung (z. B. Seil, Band), (5a) Seilendsicherung Die bewegliche Führung (5) muss am mitlaufenden Auffanggerät so eingestellt werden, dass ein Absturz nicht möglich ist. (6) Anschlagpunkt

Besteht die Gefahr des Durchsturzes nach innen, z. B. Lichtkuppeln, Dachöffnungen und nicht tragfähige Dacheindeckungen, sind zusätzliche Maßnahmen erforderlich.

Sind Absturzsicherungen oder Auffangvorrichtungen nicht möglich oder aus anderen Gründen unvertretbar, z. B. bei kurzzeitigen Arbeiten im Rahmen der Instandhaltung oder an Materialübergabestellen (siehe Abschnitt 5.3.1), kann auch "Persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz" (PSAgA) genutzt werden. Bei der Benutzung von PSAgA ist durch den Vorgesetzten der Anschlagpunkt festzulegen. Er hat die Verwendung der PSAgA genauestens vorzubereiten und die Anwendung zu kontrollieren. Die Nutzer sind anhand praktischer Übungen zu unterweisen. Ein Rettungskonzept ist vom Vorgesetzten objektbezogen zu erstellen.

5.1.3.
Zugang zum Dach

Der Zugang zur Arbeitsstelle auf dem Dach ist bereits in der Planungsphase besonders zu berücksichtigen. Es sollen vorzugsweise bauseitig vorhandene Verkehrswege durch das Gebäude genutzt werden. Dabei stellen Dachausstiege auf Dächer, z. B. für Schornsteinfeger, besondere Gefährdungen dar. Sie müssen ein sicheres Aus- und Einsteigen ermöglichen. Dieses ist in der Regel gegeben, wenn:

  • Dachausstiege ein Mindestmaß von 0,60 m × 0,80 m (siehe DIN 18 160 Teil 5) aufweisen,

  • Steigleitern oder Anlegeleitern mit Einhängevorrichtung benutzt werden,

  • die Dachluke sich leicht öffnen lässt und gegen unbeabsichtigtes Zuschlagen gesichert ist,

  • Möglichkeiten zum Festhalten vorhanden sind,

  • ein sicherer Stand an der Ausstiegsstelle gegeben ist,

  • am Dachausstieg oder in dessen Nähe sich ein Anschlagpunkt befindet.

Ist der Zugang zur Arbeitsstelle durch das Gebäude nicht möglich, ist ein anderer sicherer Zugang vorzusehen. Vorzugsweise sind Treppentürme in Verbindung mit Gerüsten zu benutzen. Da Leitern sehr unfallträchtig sind, muss deren Verwendung auf ein Minimum beschränkt werden. Zur Durchführung von Arbeiten auf Dächern kann auch der Einsatz von Hubarbeitsbühnen sinnvoll sein. Hierbei werden die Arbeiten aus dem Arbeitskorb heraus durchgeführt.

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Abb. 7 Beispiel für Arbeiten von einer mobilen Arbeitsbühne aus

Von einer Hubarbeitsbühne aus auf das Dach überzusteigen ist grundsätzlich nicht erlaubt, da diese dabei umstürzen oder die übersteigende Person abstürzen kann. Unter Berücksichtigung der Betriebsanleitung und Einhaltung bestimmter Maßnahmen (siehe Anhang 6) kann der Unternehmer im Rahmen einer besonderen Arbeitsanweisung das Übersteigen gestatten. Hierzu muss speziell unterwiesen und geschult werden.

5.1.4.
Arbeitsflächen und Wege auf der Dachfläche

Arbeitsflächen und Verkehrswege auf Dächern müssen ausreichend tragfähig und sicher begehbar sein! Als nicht ausreichend tragfähig sind Eindeckungen und Einbauten anzusehen, wie z. B.:

  • Faserzementplatten, Faserzementwellplatten,

  • Asbestzementplatten,

  • Bitumenwellplatten,

  • Lichtkuppeln, Oberlichter,

  • Glasdächer.

Lichtkuppeln und Dachöffnungen sind durchsturzsicher abzudecken oder durch Geländer zu sichern. Sind diese Maßnahmen nicht möglich, können neben Auffangnetzen auch Fanggerüste, welche unter den Öffnungen platziert werden, zum Einsatz kommen. Auf nicht tragfähigen Dacheindeckungen müssen immer durchtrittsichere Lauf- und Arbeitsstege vorgesehen werden. Zusätzlich müssen für den gesamten Arbeitsbereich Maßnahmen gegen Durchsturz, üblicherweise mit Auffangnetzen, getroffen werden. In der Praxis werden die Auffangnetze möglichst etwa 1 bis 2 m unter der Dachfläche montiert. Nähere Informationen zur Auffangnetzmontage sind in DGUV Regel 101-011 enthalten.

Es gibt u. a. auch durchsturzsichere Wellplatten. Bei dieser Art von Dacheindeckung, unter Beachtung der maximal zulässigen Unterstützungsabstände gemäß den Herstellerangaben, kann auf Schutzmaßnahmen gegen Durchsturz verzichtet werden. Durchsturzsichere Wellplatten erkennt man an der Kennzeichnung "DS" im Prägestempel. Durchsturzsichere Wellplatten gelten trotzdem als nicht begehbare Bauteile und dürfen gemäß Herstellerangaben nur über Laufbohlen oder ähnliche Einrichtungen begangen werden. Die Durchsturzsicherheit wird in der Regel vom Hersteller auf 10 Jahre begrenzt.

Im Allgemeinen muss die Trittsicherheit durch die Gestaltung und Oberflächenbeschaffenheit der Dächer sowie eingesetzter Hilfsmittel (z. B. Dachauflegeleitern) gewährleistet sein.

Ein Schutz gegen Absturz ist bei Arbeitsflächen und Verkehrswegen, welche höher als zwei Meter liegen, immer erforderlich. Alternativ können Arbeitsflächen und Verkehrswege auf Dächern so ausgewählt oder gestaltet werden, dass diese 2 m von Absturzkanten entfernt sind. Hierbei ist aber eine Absperrung zur Absturzkante erforderlich (siehe Abschnitt 5.1.2).

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Abb. 8 Lichtkuppel ist ausreichend gegen Durchsturz gesichert. Der Rahmen muss immer alle vier Seiten umschließen und die Stangen müssen miteinander fest verbunden (verschraubt) sein
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Abb. 9 Prägestempel einer Faserzementwellplatte, DS = Durchsturzsicher, AF = Asbestfrei