DGUV Information 209-083 - Silos für das Lagern von Holzstaub und -spänen - Bauliche Gestaltung, Betrieb

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Abschnitt 9.3 - 9.3 Explosionsdruckentlastung

In Silos für Holzstaub und -späne können Staubexplosionen nicht ausgeschlossen werden. Da bei einer Holzstaubexplosion Überdrücke bis 9 bar auftreten können und eine Auslegung der Gebäude-, Anlagen- und Bauteilfestigkeiten auf solche Beanspruchungen in der Praxis kaum möglich ist, müssen Maßnahmen des konstruktiven Explosionsschutzes getroffen werden. Solche Maßnahmen sind z. B. Explosionsdruckentlastung und explosionstechnische Entkoppelung. Bei der Explosionsdruckentlastung müssen die Flammenausbreitung und Druckwirkungen im Außenraum beachtet werden.

Nach erfolgter Zündung eines Holzstaub-Luftgemisches würde der Druck im Silo in Sekundenbruchteilen bis zum maximalen Explosionsdruck (pmax) ansteigen. Demgegenüber steht die wesentlich geringere Gebäudefestigkeit (pred,max) des Silos. Die Schutzmethode Explosionsdruckentlastung verhindert durch rechtzeitige Freigabe von Öffnungen (Berstscheiben oder Explosionsklappen mit geringem stationärem Ansprechdruck [pstat]) den Anstieg des bei der Explosion auftretenden Druckes über die Gebäudefestigkeit hinaus. Da solche Bauteile im Explosionsfall zuverlässig mit der notwendigen Geschwindigkeit (geringe Massenträgheit) öffnen müssen, um die Zerstörung des Silogebäudes mit allen daraus resultierenden Folgerisiken (z. B. Trümmerwurf, Flammenstrahlzündung mit nachfolgender weiterer Explosion) zu verhindern, müssen die Bauteile bei Neuanlagen geprüft sein (Baumusterprüfbescheinigung).

Vorgehensweise im Brandfall:

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Abb. 9.7 Aufbauprinzip zur Stickstoff-Inertisierung bei Silobränden - Entnahme über Verdampfer aus der Flüssigphase -

Der nach der Freigabe der Öffnungen noch verbleibende Überdruck (als maximaler reduzierter Explosionsüberdruck pred,max bezeichnet; entspricht der Gebäudefestigkeit) ist dann wesentlich kleiner als der maximale Explosionsüberdruck pmax.

Die Gebäudehülle von Silos muss so dimensioniert sein, dass sie pred,max standhält. Dies gilt auch für Zugänge wie Türen und Klappen.
Öffnungen in Decken und Wänden zwischen Filterraum und Silo gelten nicht als wirksame Druckentlastungsflächen.

Die Druckentlastungseinrichtungen müssen nach DIN EN 14491 "Schutzsysteme zur Druckentlastung von Staubexplosionen" ausgeführt sein.

Druckentlastungseinrichtungen können als Explosionsklappen, Berstscheiben oder Reißfolien konzipiert werden.

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Abb. 9.8 Druckentlastung einer Staubexplosion durch Freigabe der Entlastungsöffnung. Dabei treten Flammen aus dem Inneren des Silos in den Außenbereich aus.

Bei einer Explosion und beim Ansprechen der Druckentlastungseinrichtung dürfen Personen durch fortgeschleuderte oder herabfallende Teile und durch mögliche Druck- und Flammenauswirkungen nicht gefährdet werden können. Das Herabfallen der gesamten Entlastungseinrichtung oder das Fortschleudern von Klappen muss z. B. durch eine ausreichende Rahmenbefestigung und geeignete Ausführung der Scharniere verhindert werden. Die Entlastungsfähigkeit ist nachzuweisen.

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Abb. 9.9 Explosionsklappen im Deckenbereich eines Silos
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Abb. 9.10 Berstscheibe

Durch die Entlastungsvorgänge dürfen Personen nicht gefährdet und sicherheitstechnisch bedeutsame Anlagenteile nicht beeinträchtigt werden. Die Druckentlastungsöffnungen dürfen deshalb weder in andere Räume oder auf benachbarte, gefährdete Gebäude (z. B. Gebäude mit gegenüberliegenden Fenstern, Dachöffnungen) noch direkt auf Verkehrs- und Rettungswege gerichtet sein. Die anzunehmenden Flammenlaufweiten können nach DIN EN 14 491 abgeschätzt werden (siehe auch Abschnitt 9.4).

In der Umgebung von Abblas-Öffnungen dürfen keine brennbaren Materialien (z. B. Dachabdeckungen, Holzstapel) vorhanden sein.

In Silos müssen die Öffnungen für die Druckentlastungseinrichtungen im oberen Teil der Wände oder in der Decke angeordnet werden. Die Druckentlastungseinrichtungen dürfen nicht mit Schüttgut zugeschüttet werden können.

Bei Anordnung von Druckentlastungsöffnungen im Dach oder in der Decke müssen Witterungseinflüsse, z. B. Schneelasten, berücksichtigt werden.

Öffnungen von Druckentlastungseinrichtungen in Decken oder Dachflächen müssen gegen Absturz von Personen gesichert sein, z. B. durch Umwehrungen oder unmittelbar unter der Druckentlastungseinrichtung fest angebrachte, grobmaschige Gitter.

Weitere Einzelheiten und Berechnungsbeispiele sind der DGUV Information 209-045 zu entnehmen.

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Abb. 9.11 Silo mit Berstscheiben oberhalb des max. Füllgutstandes