DGUV Information 250-104 - Leitfaden für Betriebsärztinnen und Betriebsärzte zur arbeitsmedizinischen Betreuung bei Arbeiten in kontaminierten Bereichen

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Abschnitt 3.1 - 3 Relevante Gefahrstoffe
3.1 Datenbasis

Kompetente arbeitsmedizinische Betreuung bei Arbeiten in kontaminierten Bereichen erfordert ein hohes Maß an toxikologischen Kenntnissen über die vorkommenden oder vermuteten Gefahrstoffe und deren Interaktionen.

Es ist eine Notwendigkeit, aus der meist großen Zahl der vorliegenden Gefahrstoffe relevante Gefahrstoffe und damit Leitkomponenten zu bestimmen, da toxikologische Informationen über polyvalente Gefahrstoffgemische in unbekannter quantitativer Zusammensetzung nicht vorhanden sind. Hinzu kommt die Tatsache, dass die toxikologischen Gefährdungen vorliegender Gefahrstoffgemische von verschiedenen Fachdisziplinen völlig unterschiedlich bewertet werden. So sehen zum Beispiel die trink- bzw. grundwasserverantwortlichen Behörden überwiegend die Aspekte der Trinkwasserverordnung als relevant an. Die für die Nutzung eines kontaminierten Geländes Verantwortlichen halten insbesondere Gefahrstoffe für relevant, welche ausgasen oder in Form von Staubverwehungen die Geländenutzung einschränken könnten. Aus diesem Grund müssen aus möglichst vielen Bereichen (Luft, Boden, Wasser) Analysenergebnisse in die Beurteilung miteinbezogen werden, denn es muss davon ausgegangen werden, dass Beschäftigte mit allen der in den verschiedenen Analysenergebnissen genannten Stoffen Kontakt haben.

Die Gefährdungsbeurteilung wird oft dadurch erschwert, dass sich die Aspekte des Umwelt- und Wasserrechts von denen der Arbeitsmedizinerin/des Arbeitsmediziners unterscheiden. Zudem sind die vorliegenden Daten meist nur schwer einer medizinisch-toxikologischen Einschätzung zugänglich, da zum einen eine Abgleichung mit den etablierten Einzelstoffgrenzwerten des Arbeitsschutzes [Arbeitsplatzgrenzwerte (AGW)] nicht möglich ist und zum anderen mit unbekannten synergistischen Effekten von Stoffgemischen gerechnet werden muss.

Es stehen verschiedene Stofflisten zur Verfügung, um im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge überhaupt geeignete Informationen über die vorliegenden Gefahrstoffe zu erhalten, die zum Beispiel bei der Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) oder dem Umweltbundesamt (branchentypische Inventarisierung von Bodenkontaminationen) eingesehen werden können (siehe auch Literaturverzeichnis).

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Die Kenntnis solcher Listen erleichtert dem Arbeitsmediziner und der Arbeitsmedizinerin die Kommunikation mit anderen Fachdisziplinen. Sie bieten ihnen außerdem die Möglichkeit, die aus arbeitsmedizinischer Sicht als relevant angesehenen Stoffe hervorzuheben und einer weiteren Prüfung zu unterziehen.