DGUV Information 250-104 - Leitfaden für Betriebsärztinnen und Betriebsärzte zur arbeitsmedizinischen Betreuung bei Arbeiten in kontaminierten Bereichen

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Abschnitt 2 - 2 Gefährdungsbeurteilung

Nach TRGS 524 sind Arbeiten in kontaminierten Bereichen alle Tätigkeiten in kontaminierten Bereichen, die bei der Herstellung, Instandhaltung, Änderung und Beseitigung von baulichen Anlagen einschließlich der hierfür vorbereitenden, begleitenden und abschließenden Arbeiten auszuführen sind. Kontaminierte Bereiche sind Standorte (Liegenschaften, Grundstücke), bauliche Anlagen, Produktionsanlagen, Ablagerungen, Gegenstände, Boden, Wasser, Luft, die über eine gesundheitlich unbedenkliche Grundbelastung hinaus mit Gefahrstoffen verunreinigt sind. Zur Begriffsbestimmung "kontaminierte Bereiche" siehe auch TRGS 524.

Unter diesen Begriff fallen somit alle Arbeiten zur "Altlastensanierung", Bauarbeiten auf und in Deponien aller Art, Sanierung oder Rückbau von kontaminierten Gebäuden und Anlagen, Bauarbeiten in kontaminiertem Untergrund oder kontaminierten Gebäuden sowie die entsprechenden Arbeiten zur Erkundung zu Art und Umfang der Kontamination und ihrer räumlichen Ausbreitung.

Die Ursachen der "Kontamination" von Gebäuden und Untergrund (Baugrund) durch Gefahrstoffe können sein:

  • Industriellgewerbliche Tätigkeiten mit Gefahrstoffen und entsprechende Verluste,

  • Havarien bei der Verwendung von Gefahrstoffen, insbesondere bei Transportarbeiten,

  • Mobilisierung von Gefahrstoffen aus Baustoffen ("Gebäudeschadstoffe" wie z. B. PCB aus Fugenmitteln, PAK aus Teerklebern),

  • "Deponierung" von Abfällen mit der Möglichkeit zur Entstehung weiterer oder gar anderer Stoffe ("Reaktor Hausmülldeponie"),

  • Nutzungsbezogene Einträge, z. B. Schwermetalle und sprengstofftypische Stoffe auf Schieß- und Sprengplätzen,

  • Brände oder vergleichbare Ereignisse.

Allen Arbeiten in kontaminierten Bereichen gemeinsam ist, dass in der Regel auch Gefährdungen von Stoffen ausgehen, die im Anhang der ArbMedVV genannt sind.

Je nach Nutzungsgeschichte des kontaminierten Standortes oder Entstehungsgeschichte der Kontamination können zusätzliche Gefährdungen durch biologische Arbeitsstoffe zu beachten sein, z. B. bei Arbeiten auf ehemaligen Gerberei-Standorten oder Deponien von Siedlungsabfällen und zur Sanierung eines Brandschadens in einem fleischverarbeitenden Betrieb. Darüber hinaus sind auch Gefährdungen durch Radioaktivität sowie Asbest und alte Mineralwolle zu berücksichtigen (siehe dazu TRGS 517, 519, 521).

Dies bedeutet, dass die stoffliche Situation bei Arbeiten in kontaminierten Bereichen in einem Fall relativ einfach zu beurteilen ist, z. B. bei Tätigkeiten mit Gebäudeschadstoffen, im anderen Fall äußerst komplex sein kann, wie z. B. die stoffliche Zusammensetzung von Gasen aus Hausmülldeponien, mit allen Schattierungen dazwischen, je nach Entstehungsgeschichte der Kontamination. Erschwerend kommt hinzu, dass bei Arbeiten in kontaminierten Bereichen vielfach weder die Anteile der verschiedenen Stoffe an der Gesamtbelastung noch die räumliche Verteilung der Stoffe konstant sind.

Bei Arbeiten in kontaminierten Bereichen handelt es sich also um eine Vielzahl verschiedener Tätigkeiten, bei denen die Beschäftigten je nach Standort, Stoff- oder Umgebungssituation gegenüber unterschiedlichen Stoffen und Stoffgemischen in wechselnden Konzentrationen exponiert sein können. Daraus ergibt sich eine der wesentlichsten Herausforderungen, denen sich die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber bei der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung für Arbeiten in kontaminierten Bereichen gegenübersieht. Hier gilt es für die Betriebsärztin oder den Betriebsarzt, die Arbeitgeberin oder den Arbeitgeber durch seine Kenntnisse beratend zu unterstützen.