DGUV Information 250-104 - Leitfaden für Betriebsärztinnen und Betriebsärzte zur arbeitsmedizinischen Betreuung bei Arbeiten in kontaminierten Bereichen

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Abschnitt 1 - 1 Rechtsgrundlagen *

Bei Arbeiten in kontaminierten Bereichen ist regelmäßig damit zu rechnen, dass Beschäftigte gegenüber Stoffen exponiert werden, die akute oder chronische Schädigungen der Gesundheit zur Folge haben können. Bereits die Fürsorgepflicht der Arbeitgeberin oder des Arbeitgebers, die sich aus den §§ 618 und 619 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bzw. § 62 Handelsgesetzbuch (HGB) ableitet, beinhaltet deren umfassende Verantwortung für den Gesundheitsschutz der Beschäftigten. Sie müssen demnach dafür sorgen, dass die Beschäftigten durch ihre Tätigkeit keine Schäden an der Gesundheit erleiden.

Die zentrale Rechtsvorschrift für Arbeitgeber bezüglich der arbeitsmedizinischen Vorsorge bei Arbeiten in kontaminierten Bereichen ist die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV). Diese Verordnung unterscheidet folgende Vorsorgearten:

Pflichtvorsorge:

Gemäß § 4 hat die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber eine Pflichtvorsorge zu veranlassen, wenn die Beschäftigten Tätigkeiten mit Gefahrstoffen, die im Anhang Teil 1 (1) der ArbMedVV aufgeführt sind, durchführen und der Arbeitsplatzgrenzwert nicht eingehalten wird, oder, soweit die genannten Stoffe hautresorptiv sind, eine Gesundheitsgefährdung durch Hautkon takt nicht ausgeschlossen werden kann. Darüber hinaus ist eine Pflichtvorsorge zu veranlassen, wenn eine wiederholte Exposition nicht ausgeschlossen werden kann und der in der Liste des Anhanges Teil 1 (1) der ArbMedVV namentlich genannte Gefahrstoff ein krebserzeugender oder erbgutverändernder Stoff oder eine Zubereitung der Kategorie 1 oder 2 (1A oder 1B nach CLP-Verordnung) im Sinne der Gefahrstoffverordnung ist oder die Tätigkeiten mit dem Gefahrstoff als krebserzeugende Tätigkeiten oder Verfahren Kategorie 1 oder 2 (1A oder 1B nach CLP-Verordnung) im Sinne der Gefahrstoffverordnung bezeichnet werden.

Angebotsvorsorge:

Die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber hat den Beschäftigten bei Tätigkeiten mit den im Anhang Teil 1 (2) der ArbMedVV genannten Stoffen eine Vorsorge anzubieten, wenn eine Exposition nicht ausgeschlossen werden kann und der die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber keine Pflichtvorsorge zu veranlassen hat. Des Weiteren führen sonstige Tätigkeiten mit Gefahrstoffen, die im Anhang Teil 2 unter 2. beschrieben sind, ebenfalls zu Angebotsuntersuchungen.

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Wunschvorsorge:

Die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber hat den Beschäftigten Wunschvorsorgen entsprechend § 5a der ArbMedVV zu ermöglichen, es sei denn, aufgrund der Gefährdungsbeurteilung ist nicht mit einem Gesundheitsschaden zu rechnen.

Die Angebotsvorsorgen beinhalten dabei sowohl die Erstvorsorge als auch die diesen Untersuchungen nachfolgenden regelmäßigen Vorsorgen.

Zudem hat die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber den Beschäftigten nach Maßgabe des Anhanges nachgehende Vorsorge anzubieten. Nachgehende Vorsorge ist ihnen immer dann anzubieten, wenn sie Tätigkeiten mit Exposition gegenüber krebserzeugenden oder erbgutverändernden Stoffen und Zubereitungen der Kategorie 1 oder 2 (nach CLP-Verordnung Kategorie 1A oder 1 B) im Sinne der ArbMedVV durchgeführt haben oder die Tätigkeiten mit dem Gefahrstoff als krebserzeugende Tätigkeit oder Verfahren der Kategorie 1 oder 2 (nach CLP-Verordnung Kategorie 1A oder 1 B) im Sinne der Gefahrstoffverordnung bezeichnet werden. Darüber hinaus muss nachgehende Vorsorge auch bei Tätigkeiten mit Exposition gegenüber Blei oder anorganischen Bleiverbindungen ** und bei Tätigkeiten mit Hochtemperaturwollen nach Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe i Teil 1 (1) des Anhanges der ArbMedVV angeboten werden.

Die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber hat die Verpflichtung, die nachgehende Vorsorge auf den zuständigen gesetzlichen Unfallversicherungsträger zu übertragen, wenn die oder der Betroffene einwilligt.

Welche arbeitsmedizinische Vorsorge die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber vor Beginn der Tätigkeiten veranlassen oder anbieten muss, kann aus der Gefährdungsbeurteilung abgeleitet werden, die aufgrund § 5 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) durchgeführt werden muss.

Die Technische Regel für Gefahrstoffe "Sanierung und Arbeiten in kontaminierten Bereichen" (TRGS 524) beschreibt auch die Anforderungen an die Gefährdungsbeurteilung.

Arbeitsplatzgrenzwerte, die im Wesentlichen vorgeben, ob Vorsorgen zu veranlassen oder anzubieten sind, sind in der Technischen Regel für Gefahrstoffe "Arbeitsplatzgrenzwerte" (TRGS 900) verzeichnet.

Krebserzeugende oder erbgutverändernde Stoffe oder Zubereitungen der Kategorie 1 oder 2 (1A oder 1B nach CLP-Verordnung) sowie Tätigkeiten oder Verfahren, die als krebserzeugend eingestuft sind, sind in

  • der Technischen Regel für Gefahrstoffe "Verzeichnis krebserzeugender, erbgutverändernder oder fortpflanzungsgefährdender Stoffe" (TRGS 905),

  • dem Verzeichnis krebserzeugender, erbgutverändernder oder fortpflanzungsgefährdender Stoffe, Tätigkeiten und Verfahren nach Anhang VI Teil 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP-Verordnung) bis einschließlich des Anhanges VI der Verordnung 944/2013 (5. Anpassung der CLP-Verordnung) und

  • der TRGS 906 aufgeführt.

Eine CMR-Liste hierzu findet sich auch auf den Internetseiten der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (www.baua.de).

Im Zusammenhang mit der Durchführung arbeitsmedizinischer Vorsorge bei Arbeiten in kontaminierten Bereichen sind die Inhalte der Arbeitsmedizinischen Regel AMR Nr. 6.2 "Biomonitoring" zu beachten.

Zu beachten ist, dass die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber die Bescheinigung über die durchgeführte arbeitsmedizinische Vorsorge bei allen Arten (Pflicht-, Angebots- und Wunschvorsorge) der Vorsorge erhält. Die Bescheinigung darf jedoch nicht das Ergebnis der Vorsorge beinhalten.

Hilfen zur Abschätzung, welche arbeitsmedizinischen Untersuchungen veranlasst oder angeboten werden müssen, erhält die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber durch die von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung veröffentlichten Handlungshilfen, die im Internet unter der Adresseccc_3454_07.jpgwww.dguv.de/publikationen einzusehen sind.

Bei allen Rechtsgrundlagen ist die jeweils aktuelle Fassung zu berücksichtigen

Eine Änderung der ArbMedVV bezüglich der nachgehenden Vorsorge bei Blei wird derzeit diskutiert.