Abschnitt 6.1 - 6 Dekorationsbau
6.1 Auswahl der Werkstoffe und Konstruktion
Bei der Auswahl der Werkstoffe für die anzufertigende Ausstattung werden die gestalterischen Anforderungen und die im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung ermittelten Gefährdungen berücksichtigt. Für das Brandverhalten sind sowohl die Eigenschaften der Werkstoffe als auch die Konstruktion entscheidend.
Anzustrebende Brandschutzeigenschaften der Werkstoffe im Ausstattungsbereich:
Nichtbrennbar
Schwerentflammbar
Selbst verlöschend
Nicht brennend abtropfend
Geringe Rauchdichte
Keine toxischen Rauchgase
Isolationswirkung (Abschirmung von Zündquellen)
Die Auswahl der Werkstoffe erfolgt nach Ermittlung der produktionsbezogenen Schutzziele und der anzuwendenden Vorschriften anhand der Eigenschaften in den Tabellen der Anhänge 4 und 5.
Die Brandschutzeigenschaften von Werkstoffen werden in entsprechenden Regeln der Technik beschrieben. Nach Baurecht benötigen Materialien im Dekorationsbau einen Verwendbarkeitsnachweis. Eine Gefährdungsbeurteilung allein ist hier nicht ausreichend.
Ein Verwendbarkeitsnachweis ist:
Die Klassifizierung des Brandverhaltens nach den Baustoffklassen nach Bauregelliste A Teil 1
Eine Klassifizierung nach gleichwertigen Regeln der Technik für Textilien und Möbel (siehe Anhang 2)
Eine Einzelprüfung durch eine zugelassene Prüfstelle
Der Nachweis einer Behandlung mit einem geeigneten, bauaufsichtlich zugelassenen Feuerschutzmittel
Nachfolgend ist eine Gegenüberstellung der im deutschen Baurecht gebräuchlichen Benennung für Baustoffe und der Klassifizierung der Brandschutzeigenschaften nach europäischer Normung wiedergegeben. Zurzeit können sowohl die DIN EN 13501-1 als auch die DIN 4102-1 angewendet werden.
Die harmonisierte europäische Klassifizierungsnorm DIN EN 13501-1 legt die Verfahren zur Klassifizierung des Brandverhaltens von Bauprodukten (ausgenommen Bodenbeläge) fest.
"Bauprodukte" sind Baustoffe, Bauteile und Anlagen, die hergestellt werden, um dauerhaft in baulichen Anlagen eingebaut zu werden. Hierunter fallen zum Beispiel:
Vorhänge und Sitze, die fest mit dem Gebäude verbunden sind
Bühnenvorhänge
Verdunklungseinrichtungen
Bildwände
Die Produkte werden nach ihrem energetischen Beitrag zum Feuer in die Euroklassen A bis F eingeteilt. Das europäische Klassifizierungssystem regelt zusätzlich zum Brandverhalten die Brandparallelerscheinungen. Jeweils drei Klassen für die Rauchentwicklung (s1 bis s3) und das brennende Abtropfen/Abfallen (d0 bis d2) eines Baustoffes sind festgelegt.
Besonders die Rauchentwicklung und das Abtropfverhalten sind wichtige Kriterien für die Evakuierung.
Zuordnung der Euroklassen (DIN EN 13501-1) zu den bauaufsichtlichen Benennungen nach Bauregelliste A | ||||
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Bauaufsichtliche Benennungen | Bezeichnung nach DIN 4102 | Europäische Klasse nach DIN EN 13501-1 | ||
Energetischer Beitrag zum Feuer | Rauchentwicklung | Abtropfverhalten | ||
Nichtbrennbar | A1 | A1 | ||
A2 | A2 | s1 | d0 | |
Schwerentflammbar | B1 | B, C | s1 | d0 |
A2, B, C | s2 | d0 | ||
A2, B, C | s3 | d0 | ||
A2, B, C | s1 | d1 | ||
A2, B, C | s1 | d2 | ||
A2, B, C | s3 | d2 | ||
Normalentflammbar | B2 | D | s1 | d0 |
s2 | d0 | |||
s3 | d0 | |||
E | ||||
D | s1 | d2 | ||
s2 | d2 | |||
s3 | d2 | |||
E | d2 | |||
Keine Leistung festgestellt * | B3 | F |
Bauaufsichtlich mit "leichtentflammbar" gleichgesetzt
Tabelle 1
In den folgenden Tabellen werden die im Rahmen der europäischen Klassifizierung verwendeten Buchstaben sowie die zusätzlichen Angaben zur Klassifizierung des Brandverhaltens von Baustoffen nach DIN EN 13501-1 erläutert.
Euroklassen und Anforderungsniveau | |
---|---|
A1 | Nichtbrennbar Kein Beitrag zum Brand |
A2 | Vernachlässigbarer Beitrag zum Brand |
B | Schwerentflammbar Sehr begrenzter Beitrag zum Brand |
C | Normalentflammbar Begrenzter Beitrag zum Brand |
D | Normalentflammbar Hinnehmbarer Beitrag zum Brand |
E | Normalentflammbar Hinnehmbares Brandverhalten |
F | Leichtentflammbar Keine Leistung feststellbar |
Tabelle 2
Rauchentwicklung | |
---|---|
s1 | Vernachlässigbar |
s2 | Schwach |
s3 | Stark |
Tabelle 3
Abtropfverhalten | |
---|---|
d0 | Kein brennendes Abtropfen innerhalb der ersten 10 Minuten |
d1 | Kein brennendes Abtropfen mit einer Nachbrennzeit > 10 Sekunden innerhalb der ersten 10 Minuten |
d2 | Weder d0 noch d1 |
Tabelle 4
Durch die Verwendung von schwerentflammbaren Werkstoffen wird die Möglichkeit einer Brandentstehung verringert. Für den Brandfall sollten die verwendeten Werkstoffe Eigenschaften besitzen, die eine schnelle Brand- und Rauchausbreitung verhindern.
Materialien, an die brandschutztechnische Anforderungen gestellt werden, die jedoch nicht als Bauprodukte im obigen Sinne gelten, da sie nicht fest eingebaut sind, bezeichnet man als "Einrichtungen". Hierunter fallen zum Beispiel:
Bühnendekorationen (Kulissen)
Dekorationen, textile Stoffe
Möbel
Die Einstufung als "Einrichtung" bedingt, dass diese Materialen hinsichtlich der Anforderung an das Brandverhalten wie Baustoffe zu behandeln sind. Das Brandverhalten kann auch anhand spezieller Normen für diese Materialien nachgewiesen werden, wenn die Klassifizierung des Brandverhaltens mit den Baustoffklassen der DIN 4102-1 gleichwertig ist und der Nachweis von einer anerkannten Prüfstelle erstellt wurde. Dies kann beim Nachweis des Brandverhaltens von Textilien und Möbeln nach den nachstehend aufgeführten Normen zutreffen (siehe auch Anhang 2):
DIN 66080 (Textile Erzeugnisse)
DIN 66084 (Polsterverbunde)
DIN 66090-1 (Textile Fußbodenbeläge)
DIN EN 1021-1 und -2 (Polstermöbel)
DIN EN 1624, DIN EN 1625 (Industrielle und technische Textilien)
DIN EN 13772, DIN EN 13773 (Vorhänge und Gardinen)
Beim Materialeinkauf ist darauf zu achten, dass vom Hersteller aussagefähige Produktinformationen und Prüfzeugnisse zum Brandverhalten mitgeliefert werden. Die Produktinformationen und Prüfzeugnisse sind am Produktions- oder Veranstaltungsort vorzuhalten. Rechnungen oder Lieferscheine sind kein ausreichender rechtlicher Nachweis.
Zur Erfüllung bestimmter gestalterischer oder szenischer Vorgaben kommen in manchen Fällen nur Werkstoffe oder Konstruktionen infrage, die keine schwerentflammbaren Eigenschaften haben. Ergibt sich aus der Gefährdungsbeurteilung, dass das Risiko einer Brandentstehung vertretbar gering ist, können derartige Werkstoffe und Konstruktionen verwendet werden. Gegebenenfalls ist nach Baurecht eine Abstimmung mit der für den Brandschutz zuständigen Stelle erforderlich.
Umgang mit Nachweisen über das Brandverhalten Teilweise sind die Herstellerangaben zu Brandschutzeigenschaften sehr knapp und ungenau. Grundsätzlich ist es immer notwendig, die technischen Datenblätter oder Nachweise bezogen auf den konkreten Anwendungsfall zu überprüfen. Die Brandschutzeigenschaften sind immer nur unter ganz bestimmten Prüfbedingungen zertifiziert, die im Dekorationsbereich selten eingehalten werden können. Typische Kriterien sind zum Beispiel bestimmte Untergründe, Verbünde (Materialabstand untereinander), Umgebungsbedingungen (innen, außen) und Mindestmaterialdicken. Ebenfalls können flächige statt räumliche Prüfsituationen (Schnee auf einer Metallplatte statt frei fallender Schnee) von Bedeutung sein. Eventuell ist nur das Basismaterial statt des Fertigprodukts zertifiziert (Papier, jedoch nicht das vertriebene Konfetti). Weiterhin haben zum Beispiel Auftragsmengen, Schichtdicken und Imprägnierungen Einfluss auf die gewünschte Eigenschaft. Ausstattungen mit schmalen Kanten (Stirnseiten) oder aus sehr rauen und porigen Materialien sind besonders brandgefährdet. Im Gegensatz dazu sind glatte Oberflächen in der Regel nur sehr schwer zu entzünden. Zu beachten ist, dass auch klassifizierte Baustoffe ihre Eigenschaften zum Beispiel nach dem mechanischen Bearbeiten, dem Beschichten oder Verkleben verlieren können. Zur Kompensation dieser Abweichungen können zusätzliche Brandschutzmaßnahmen erforderlich werden. |
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