DGUV Information 215-315 - Sicherheit bei Veranstaltungen und Produktionen - Besondere szenische Darstellungen

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Abschnitt 3.7 - 3.7 Bühnenwaffen

Bei szenischen Darstellungen werden häufig Bühnenwaffen eingesetzt. Die bei Bereitstellung und Benutzung erforderlichen Maßnahmen ergeben sich im Wesentlichen aus dem Waffenrecht. Beim Umgang mit Waffen ist besondere Sorgfalt und grundsätzlich eine Unterweisung zur sicheren Verwendung notwendig (zu Begriffen des Waffenrechts siehe Anhang A.5).

Hinweis: Das deutsche Waffenrecht ist komplex und restriktiv; Verstöße stellen häufig Straftaten dar. Auskünfte über die Zulässigkeit des (szenischen) Umgangs mit Waffen können z. B. bei Polizeidienststellen eingeholt werden.

3.7.1
Umgang mit Hieb- und Stichwaffen

Aufgrund der Verletzungsgefahr an scharfen Kanten, Schneiden und Spitzen dürfen nur Schaukampf- oder Sportwaffen als Hieb- und Stichwaffen für szenische Kampfdarstellungen verwendet werden. Waffen dürfen nur entschärft verwendet werden. Deko-Waffen sind nicht geeignet.

Es ist zu berücksichtigen, dass beim Umgang mit entschärften Hieb- und Stichwaffen Grate entstehen können, die dann eine Verletzungsgefahr darstellen können.

Theaterdolche und ähnliche Waffen mit verschwindenden Klingen müssen vor dem Einsatz auf ihre sichere Funktion überprüft werden. Es wird empfohlen, Darsteller und Darstellerinnen zusätzlich durch Protektoren zu schützen.

Im Rahmen der inszenierungsbezogenen Gefährdungsbeurteilung sind die Gefahren zu ermitteln und das Risiko abzuschätzen sowie Schutzmaßnahmen festzulegen. Für Kampfszenen wird eine durch Fachleute (z. B. Fechtmeister/-in) angeleitete Einstudierung empfohlen.

Umbau ("Unbrauchbarmachen") von scharfen Waffen zur szenischen Verwendung
Um sicherzustellen, dass die Waffen unbrauchbar für die Verwendung mit scharfer Munition sind, muss das Patronenlager verändert werden., damit nur noch Kartuschenmunition verschossen werden kann. Kartuschenmunition sind Hülsen mit Ladungen, die kein Geschoss enthalten.
Zusätzlich muss der Lauf verändert werden, insbesondere muss er Bohrungen zum Ableiten des Pulverstrahls enthalten und vorn mit einem verschweißten Stahlstift verschlossen werden. Nach bestandener Prüfung durch ein Beschussamt erhalten unbrauchbar gemachte Waffen folgende Zulassungszeichen - hier Beschussamt Ulm:
Zulassungszeichen für Einzelwaffen
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.....
Zulassungszeichen für Serienwaffen
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Die Schusswaffen müssen ab einem Durchmesser des Kartuschenlagers von 6 mm (bzw. Länge des Lagers ab 7 mm) zusätzlich einer Beschussprüfung unterzogen werden.

Proben sind grundsätzlich unter Verwendung von Schutzausrüstungen durchzuführen, deren allgemeine Verwendung in der Inszenierung vom Aufsicht Führenden entschieden wird. Für Fechtszenen sind grundsätzlich Schutzhandschuhe mit Schlagschutz erforderlich. Zu Proben und Training siehe Abschnitte 3.1.1 und 3.1.2.

Regelmäßige Unterweisungen sollen die Gefährdungen minimieren. Bei gefährlichen szenischen Vorgängen oder Umbesetzungen können sie vor jeder Vorstellung erforderlich werden.

Im Hinblick auf den Umgang mit Hieb- und Stichwaffen ist durch die Verantwortlichen (z. B. Requisiteure/Requisiteurinnen, Rüstmeister/-innen oder Waffenmeister/-innen) eine Unterweisung durchzuführen und zu dokumentieren. Inhalte der Unterweisung sollten mindestens sein:

  • mögliche Gefahren

  • sichere Handhabung

  • Persönliche Schutzausrüstung

  • sichere Übergabe und Lagerung

  • Erste-Hilfe-Organisation

Zulassungszeichen für Schreckschusswaffen, Beschusszeichen, Zulassungszeichen für Munition
PTB-Zeichen für bauartgeprüfte Schreckschusswaffen
ccc_3011_19.jpg
Zusätzlich - so weit erforderlich - Kennzeichnung nach bestandener Beschussprüfung (Bsp.: Beschussamt Ulm)
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Zulassungszeichen für Munition
(Bsp.: Beschussamt Ulm)
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Weitere Infos: www.beschussamt-ulm.de

3.7.2
Umgang mit Feuerwaffen

Für szenische Darstellungen werden häufig Schusswaffen eingesetzt. Dabei dürfen nur unbrauchbar gemachte Waffen oder Schreckschusswaffen verwendet werden.

Ein Umbau von scharfen Waffen für szenische Darstellungen auf Unbrauchbarkeit kann durch eine Person mit entsprechender Sachkunde (z. B. Büchsenmachermeister/-in) erfolgen.

Der Gebrauch dieser Waffen birgt Gefahren in sich, insbesondere durch austretende heiße Gase und ggf. Metallteile der Hülse sowie den beim Schuss auftretenden Lärm. Ein ausreichender Abstand zu Personen ist einzuhalten. Es darf nie direkt auf Personen gezielt werden. Außerdem entstehen Gefährdungen durch Schmutz im Lauf, wenn Waffen in den Boden gesteckt worden waren.

Gehörgefährdung durch Lärm
Beim Schießen besteht Gehörgefährdung. Typische Werte in 1 m Abstand sind beim Abfeuern einer Faustfeuerwaffe mit Kaliber 9 mm und Kartuschenmunition: über 140 dB(C), bei Kaliber 6 mm über 135 dB(C)
Nach LärmVibrationsArbSchV ist ab 137 dB(C) ist Gehörschutz zu tragen.

Ein gleichzeitiger Schuss durch den Requisiteur oder die Requisiteurin oder Rüstmeister bzw. Rüstmeisterin ist dem Originalschuss des Darstellers oder der Darstellerin vorzuziehen. Dies hat den Vorteil, dass der oder die Schießende Gehörschutz tragen kann und die Mitwirkenden einer geringeren Gehörgefährdung bzw. Verletzungsrisiko ausgesetzt sind. Auch eine Simulation des Schussknalls durch Hilfsmittel ist möglich (z. B. Klappgeräusch).

Für eine realitätsgetreue Darstellung von Nahaufnahmen einer Schusswaffe gibt es eine Spezialmunition, die eine Rückstoßwirkung erzeugt (Bewegung des Pistolenschlitten), aber Lärm- und Pulverstrahlentwicklung reduziert hält.

Im Rahmen der inszenierungsbezogenen Gefährdungsbeurteilung sind Gefahren zu ermitteln und das Risiko abzuschätzen. Eine ausreichende Erprobung ist unabdingbare Voraussetzung für eine sichere Durchführung des Effektes.

Für den Umgang mit Feuerwaffen ist vor jeder Vorstellung durch den Requisiteur oder die Requisiteurin oder den Rüstmeister bzw. die Rüstmeisterin eine zu dokumentierende Einweisung vorzunehmen, die neben dem Gebrauch der Waffe auch Lagerung und Übergabe regelt.

Schreckschusswaffen dürfen nicht in Richtung von Personen abgeschossen werden, es sei denn, sie sind speziell dafür zugelassen. An derartigen Waffen erfolgt die Entladung seitlich der Waffe und nicht aus dem Lauf. Hier besteht allerdings eine besondere Verbrennungsgefahr für den Schützen oder die Schützin.

Die in der Betriebsanleitung angegebenen Sicherheitsabstände sind unbedingt einzuhalten. Hinweise in der Betriebsanleitung und andere auf den Waffen oder der Munition angebrachte Kennzeichnungen (Gebote, Verbote, Warnungen) müssen ebenfalls beachtet und eingehalten werden.

Bei der Verwendung von Vorderladerwaffen sind die Bestimmungen des Sprengstoffgesetzes zu berücksichtigen, außerdem ist ein Erlaubnisschein und ein Mindestalter von 21 Jahren erforderlich.

Vor einem szenischen Einsatz von Schreckschusswaffen muss eine technische Probe stattfinden, in der sich alle Mitwirkenden mit Handhabung und Wirkung der Waffen vertraut machen können.

Blindgänger sind in einer gekennzeichneten Originalverpackung aufzubewahren und müssen fachgerecht entsorgt werden. Stark verschmutzte oder blockierende Waffen dürfen nur von einem oder einer Sachkundigen instandgesetzt werden.

Dummy-Munition muss eindeutig als solche erkennbar sein (z. B. Zündplättchen abgeschossen, seitliche Bohrungen).

3.7.3
Lagerung und Transport, Überlassen zur szenischen Darstellung

Waffen müssen unter Aufsicht einer verantwortlichen Person stehen (z. B. Requisiteur/-in). Die hierfür infrage kommenden Personen müssen älter als 18 Jahre, regelmäßig unterwiesen und mit der Durchführung der ihnen übertragenen Arbeiten explizit beauftragt sein.

Werden die Waffen außerhalb des Betriebsgeländes oder außerhalb einer abgesperrten Produktionsstätte getragen bzw. werden die Schreckschusswaffen in der Öffentlichkeit geladen und zugriffsbereit getragen, benötigt der oder die Verantwortliche einen kleinen Waffenschein. Die Waffen dürfen nur ungeladen und im geschlossenen Behältnis verpackt, transportiert und gelagert werden. Sie müssen dennoch immer so behandelt werden, als seien sie geladen.

Munition ist getrennt von Waffen aufzubewahren.

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Abb. 17 Schreckschusswaffeneinsatz