BGI/GUV-I 5080 - Handlungsanleitung für die Bauwirtschaft und baunahe Dienstleistungen zur Umsetzung der Unfallverhütungsvorschrift Grundsätze der Prävention (BGV A1)

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Abschnitt 2.4 BGI/GUV-I 5080

2.4

§ 5 Vergabe von Aufträgen

2.4.1

(1) Erteilt der Unternehmer den Auftrag,
  1. 1.

    Einrichtungen zu planen, herzustellen, zu ändern oder in Stand zu setzen,

  2. 2.

    Arbeitsverfahren zu planen oder zu gestalten

so hat er dem Auftragnehmer schriftlich aufzugeben, die in § 2 Abs. 1 und 2 genannten für die Durchführung des Auftrags maßgeblichen Vorgaben zu beachten.

Einrichtungen und Arbeitsverfahren

Einrichtungen sind insbesondere Gebäude oder Gebäudeteile und die für deren Betrieb notwendige Gebäudetechnik sowie die darin zu installierenden bzw. installierten Arbeitsmittel und Anlagen.

Als Arbeitsverfahren bezeichnet man die Gesamtheit der Tätigkeiten von Personen zur Erzielung eines bestimmten Arbeitsergebnisses. Die Planung oder Gestaltung von Arbeitsverfahren beinhaltet die Planung oder Gestaltung von Arbeitsvorgängen und -abläufen.

Erteilt der Unternehmer z.B. den Auftrag

  • zur Planung eines Betriebsgebäudes,

  • zum Bau oder Umbau einer Werkstatt, z.B. für firmeneigene Maschinen und Geräte,

  • für die Instandsetzung einer technischen Anlage, z.B. zur Produktion,

  • für die Konzeption einer neuen Produktionsstraße in einem Fertigteilwerk,

oder

  • zur Planung eines Schalwagens für eine Tunnelbaumaßnahme,

muss sichergestellt sein, dass vom Auftragnehmer neben dem Stand der Technik auch diejenigen staatlichen und berufsgenossenschaftlichen Vorschriften- und Regelwerke beachtet werden, die für den auftraggebenden Unternehmer gelten. Die Verpflichtung zur Einhaltung dieser Vorgaben muss schriftlich erfolgen, unabhängig davon, ob der Auftrag selbst schriftlich oder mündlich erteilt wurde. Dies gilt nicht für innerbetriebliche Beschaffungsmaßnahmen.

Bereits bei der Planung von Einrichtungen und Arbeitsverfahren sind die Vorgaben des Arbeitsschutzes zu berücksichtigen. Versäumnisse hierbei können im späteren Betrieb oft nur mit großem Aufwand behoben werden. Handelt es sich bei den Einrichtungen um bauliche Anlagen, tritt der Unternehmer gleichzeitig als Bauherr auf. Damit gelten für ihn auch die Bestimmungen der Baustellenverordnung.

Beispiel:
Für die spätere gefahrlose Glas- und Fassadenreinigung eines neuen Bürohauses oder einer Werkstatt sind bereits bei der Planung unterschiedliche sicherheitstechnische Maßnahmen zu berücksichtigen, z.B. der Einbau von Anschlagvorrichtungen und/oder Laufstegen.
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2.4.2

(2) Erteilt der Unternehmer den Auftrag, Arbeitsmittel, Ausrüstungen oder Arbeitsstoffe zu liefern, so hat er dem Auftragnehmer schriftlich aufzugeben, im Rahmen seines Auftrages die für Sicherheit und Gesundheitsschutz einschlägigen Anforderungen einzuhalten.

Bei Beschaffung von Maschinen, Geräten und Materialien sind neben Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitskriterien auch die dafür geltenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzbestimmungen zu berücksichtigen.

Anforderungen an die Beschaffenheit und Verwendung ergeben sich insbesondere aus dem Geräte- und Produktsicherheitsgesetz, der Gefahrstoffverordnung sowie der Betriebssicherheitsverordnung. In den Vertrag ist daher aufzunehmen, dass die zu liefernden Produkte diesen Arbeitsschutzanforderungen entsprechen müssen. Dabei sind dem Auftragnehmer genaue Angaben über die beabsichtigte Verwendung des Arbeitsmittels bzw. der Ausrüstung oder des Arbeitsstoffes zu machen.

Die Einhaltung der Mindestanforderungen für Maschinen und persönliche Schutzausrüstung wird vom Hersteller dokumentiert (CE-Kennzeichung und Konformitätserklärung).

Es empfiehlt sich, bevorzugt Arbeitsmittel zu beschaffen, die einer freiwilligen Baumusterprüfung unterzogen wurden, z.B. GS/ET-Zeichen.

Insbesondere bei der Beschaffung größerer Geräte, Maschinen oder anderer Arbeitsmittel sowie in Zweifelsfällen vor Auftragserteilung hat es sich bewährt, mit der zuständigen Berufsgenossenschaft sowie mit der Arbeitsschutzbehörde die maßgeblichen Anforderungen abzuklären.

2.4.3

(3) Bei der Erteilung von Aufträgen an ein Fremdunternehmen hat der den Auftrag erteilende Unternehmer den Fremdunternehmer bei der Gefährdungsbeurteilung bezüglich der betriebsspezifischen Gefahren zu unterstützen. Der Unternehmer hat ferner sicherzustellen, dass Tätigkeiten mit besonderen Gefahren durch Aufsichtführende überwacht werden, die die Durchführung der festgelegten Schutzmaßnahmen sicherstellen. Der Unternehmer hat ferner mit dem Fremdunternehmer Einvernehmen herzustellen, werden Aufsichtführenden zu stellen hat.

Durch diese Bestimmung soll der Arbeitsschutz auch für die Fälle sichergestellt werden, in denen ein Fremdunternehmer im Betrieb oder auch auf einer Baustelle des Auftraggebers tätig wird. In diesen Fällen kann es Informationsdefizite des Fremdunternehmers über die dort bestehenden Gefahren geben.

Fremdunternehmen

Fremdunternehmen ist ein Unternehmen, das auf einer Betriebsstätte tätig wird, für das ein anderer Unternehmer verantwortlich ist.

Beispiele:

Bau-, Instandhaltungs- oder Reinigungsarbeiten in

  • Produktionsanlagen,

  • Verkehrsbetrieben,

  • Krankenhäusern oder Laboratorien.

Fremdunternehmer können auch Subunternehmer auf Baustellen sein.

Betriebsspezifische Gefahren

Betriebsspezifische Gefahren können sich insbesondere aus den im Betrieb oder auf der Baustelle durchgeführten Arbeiten, den verwendeten Stoffen sowie den vorhandenen Maschinen und Einrichtungen ergeben.

Dies können sein:

  • Absturzgefahren beim Betreten nicht durchsturzsicherer Bauteile,

  • Gefahren aus Tätigkeiten mit Gefahrstoffen,

  • Gefahren aus Tätigkeiten mit biologischen Stoffen,

  • Brand- und Explosionsgefahren,

  • Infektionsgefahr bei Reinigungs-, Kanalarbeiten,

  • Gefahren auf Grund herabfallender Lasten bei Kranbetrieb

    (z.B. auf der Baustelle, auf einer Werft),

  • Gefahren durch innerbetrieblichen Verkehr

    (z.B. im Tunnelbau, in einem Chemiewerk).

Unterstützung des Fremdunternehmens

Unterstützen bedeutet eine umfassende Information des Fremdunternehmers über die betriebsspezifischen Gefahren. Dies kann auch bedeuten, dass der Auftraggeber Informationen aus seiner Gefährdungsbeurteilung dem Fremdunternehmen zur Verfügung stellt.

Unterstützung bei der Gefährdungsbeurteilung bezüglich spezifischer Gefahren
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ccc_2036_45.jpgBeispiel 1:
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Ein Reinigungsunternehmen wird mit der Entsorgung von Lackschlamm innerhalb einer Lackieranlage beauftragt.
Beispiel 2:ccc_2036_46.jpg
Ein Bauunternehmer beauftragt einen Subunternehmer für die Bewehrungsarbeiten auf einer Baustelle.
Beispiel 1Beispiel 2
Informationen zu Aufsichtführenden, Ersthelfern, verwendeten Arbeitsmitteln, Arbeitsschutzdokumenten u.a.Abklären der allgemeinen organisatorischen Voraussetzungen der Subunternehmerfirma.Informationen zu Aufsichtführenden, Ersthelfern, verwendeten Arbeitsmitteln, Arbeitsschutzdokumenten u.a.
Gemeinsame Begehung der Arbeitsstätte der Verantwortlichen beider Betriebe.Allgemeine Informationen des Auftraggebers über das Objekt bzw. die Baustelle.Informationen über Ansprechpartner, Baustellenordnung und Festlegungen aus dem SiGe-Plan (z.B. gemeinsam genutzte Absturzsicherungen, Regelungen zum Krantransport und zu den Verkehrswegen, Benutzung elektrischer Anlagen).
z.B. über Absturzgefahr, Explosionsgefahr, vorhandene, verwendete oder eventuell bei der Tätigkeit entstehende gesundheitsgefährliche Stoffe, z. B. organische Lösungsmittel, aromatische und alipathische Kohlenwasserstoffe u.a.).Informationen zu spezifischen Gefahren der Baustelle/des Betriebes und zu besonderen Gefahren aus dem Arbeitsverfahren.z.B. über besondere Absturzgefahren, vorhandene Freileitungen, Zwischenbauzustände, besondere Vorgaben zum Kranbetrieb.
Festlegung der jeweiligen Verantwortungsbereiche bzw. der Aufsichtführenden.Nennung einer Person, die die Arbeiten mehrer Unternehmer auf der Baustelle aufeinander abstimmt (§ 6 BGV A1).
Darüber hinaus Aufzeigen der Flucht- und Rettungswege und Angaben zum Brandschutz.Regelung einer eventuellen Mitbenutzung des Sanitätsraumes und der Sozialräume sowie vorhandener Meldeeinrichtungen für Notfälle.Darüber hinaus Regelungen hinsichtlich der Zahl der Ersthelfer sowie der Erste-Hilfe-Einrichtungen.
z.B. Seitenschutz, standsichere Zugänge u.a.Festlegen der vom Auftraggeber zu treffenden Schutzmaßnahmen.z.B. Überlassung der Gerüste und Hinweis auf Lastklassen, Prüfung Baustromverteiler, Krantransport, standsichere Zugänge u.a.
z.B. Überwachung der "Ex-Atmosphäre", Überwachung der Grenzwerte, PSA, arbeitsmedizinische Vorsorge u.a.Durchführung der Gefährdungsbeurteilung und Festlegen der zu treffenden Schutzmaßnahmen durch den Auftragnehmer.Absturzsicherungen, Regelungen zum Anschlagen von Lasten, PSA u.a.

Tätigkeiten mit besonderen Gefahren

Tätigkeiten mit besonderen Gefahren, die durch Aufsichtführende zu überwachen sind, können insbesondere sein:

  • Schweißarbeiten in Bereichen, in denen die Brandgefahr aus baulichen oder betriebstechnischen Gründen nicht restlos beseitigt ist, z.B. Arbeiten an Gasleitungen, Isolierarbeiten an bestehenden Gebäuden,

  • Arbeiten in geschlossenen Räumen von abwassertechnischen Anlagen, die mit Absturzgefahr oder mit Gefahren durch Stoffe oder Sauerstoffmangel verbunden sind,

  • Abbrucharbeiten,

  • Aufgrabungen im Bereich von bestehenden Leitungen,

  • Befahren von Silos oder Behältern, in denen sich gesundheitsschädliche Gase bilden können oder in denen Sauerstoffmangel auftreten kann,

  • Arbeiten in Strahlenbereichen, Laboratorien, elektrischen Schalträumen,

  • Arbeiten gem. Biostoffverordnung

    • gezielte Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen der Risikogruppe 2-4,

    • nicht gezielte Tätigkeiten mit vergleichbarer Gefährdung,

    • Tätigkeiten in den jeweiligen Gefahrenbereichen,

  • Tätigkeiten, bei denen mit krebserzeugenden oder erbgutverändernden Gefahrstoffen umgegangen wird oder der Beschäftigte diesen ausgesetzt ist.

Aufsichtführender

Als Aufsichtführender darf nur bestellt werden, wer ausreichende Kenntnisse und Erfahrung für den jeweiligen Aufgabenbereich hat.

Hierzu gehören z.B.:

  • Kenntnisse und Erfahrungen über die technische Durchführung der erforderlichen Arbeiten,

  • Kenntnisse und Erfahrungen über den Umgang mit den verwendeten Gefahr- oder Biostoffen,

  • Kenntnisse über die betriebsinterne Organisation.

Der Aufsichtführende muss auch Kenntnisse über die Arbeitsmethoden, mögliche Gefahren, anzuwendende Schutzmaßnahmen sowie einschlägige Vorschriften und technische Regeln haben. Die Überwachung durch den Aufsichtführenden z.B. Objektleiter, Kolonnenführer oder Polier setzt in der Regel dessen Anwesenheit vor Ort sowie Weisungsbefugnis voraus.