DGUV Information 213-033 - Gefahrstoffe in Werkstätten

Online-Shop für Schriften

Jetzt bei uns im Shop bestellen

Jetzt bestellen

Abschnitt 1.1 - 1 Allgemeiner Teil 
1.1 Was sind Gefahrstoffe?

Gefahrstoffe können natürlich (z. B. Asbest, Quarz) vorkommen oder künstlich hergestellt sein und als Reinstoffe (z. B. Ethanol, Acetylen), in Gemischen (z. B. Farben, Lacke, Reinigungsmittel) oder in Erzeugnissen (z. B. Spanplatten) vorliegen.

Gefahrstoffe können außerdem bei der Herstellung oder Verwendung von Stoffen, Gemischen oder Erzeugnissen entstehen, zum Beispiel Holzstaub bei der zerspanenden Bearbeitung von Holz, Schweißrauche beim Schweißen, Abgase von Dieselmotoren bei der Verbrennung von Dieselkraftstoff.

Arbeitsstoffe sind dann Gefahrstoffe, wenn sie bestimmte gefährliche physikalisch-chemische Eigenschaften, für den Menschen gesundheitsschädliche (akut und chronisch toxische) Eigenschaften sowie für die Umwelt schädliche (ökotoxische) Eigenschaften aufweisen.

Aufgrund dieser Eigenschaften werden gefährliche Stoffe und Gemische gemäß den Kriterien nach Anhang I der CLP-Verordnung, in Gefahrenklassen und innerhalb jeder Gefahrenklasse je nach Höhe der Gefahr in Gefahrenkategorien, eingestuft (s. Tabelle 1).

Tabelle 1
Gefahrenklassen und ihre Gefahrenkategorien nach CLP-Verordnung

EigenschaftenGefahrenklasseGefahrenkategorien
physikalisch-chemische Eigenschaftenexplosive Stoffe oder Gemische und Erzeugnisse mit Explosivstoffinstabil, explosiv
Unterklasse 1.1-1.6
selbstzersetzliche Stoffe und GemischeTyp A bis G
organische PeroxideTyp A bis G
entzündbare GaseKat. 1A, 1B, 2
entzündbare, chemisch instabile GaseKat. A - B
AerosoleKat. 1 - 3
entzündbare FlüssigkeitenKat. 1 - 3
entzündbare FeststoffeKat. 1 - 2
pyrophore FlüssigkeitenKat. 1
pyrophore FeststoffeKat. 1
selbsterhitzungsfähige Stoffe und GemischeKat. 1 - 2
Stoffe oder Gemische, die in Berührung mit Wasser entzündbare Gase entwickelnKat. 1 - 3
oxidierende GaseKat. 1
oxidierende FlüssigkeitenKat. 1 - 3
oxidierende FeststoffeKat. 1 - 3
Gase unter Druckverdichtetes Gas
verflüssigtes Gas
tiefgekühltes verflüssigtes Gas
gelöstes Gas
korrosiv gegenüber MetallenKat. 1
akut und chronisch toxische Eigenschaftenakute Toxizität (nach Aufnahmeweg oral, dermal, inhalativ)Kat. 1 - 4
Ätz- bzw. Reizwirkung auf die HautKat. 1, 1 A bis 1 C, Kat. 2
schwere Augenschädigung oder -reizungKat. 1 - 2
spezifische Zielorgantoxizität (einmalige Exposition)Kat. 1 - 2
spezifische Zielorgantoxizität (einmalige Exposition)
  • Atemwegsreizung

  • narkotisierende Wirkungen

Kat. 3
spezifische Zielorgantoxizität (wiederholte Exposition)Kat. 1 - 2
AspirationsgefahrKat. 1
Sensibilisierung der HautKat. 1, Kat. 1A, Kat.1B
Sensibilisierung der AtemwegeKat. 1, Kat. 1A, Kat.1B
Karzinogenität (Krebserzeugend)Kat. 1 A, Kat. 1B, Kat. 2
ReproduktionstoxizitätKat. 1 A, Kat. 1B. Kat. 2 Zusatzkategorie für Wirkungen auf bzw. über Laktation
KeimzellmutagenitätKat. 1 A, Kat. 1B, Kat. 2
ökotoxische Eigenschaftenakut gewässergefährdendKat. 1
langfristig gewässergefährdendKat. 1 - 4
OzonschichtschädigendKat. 1

Auch nicht gekennzeichnete Stoffe, die erst bei der Bearbeitung entstehen, wie z. B. Holzstaub, quarzhaltige Stäube, Kunststoffstäube oder zündfähige Gasgemische, zählen zu den Gefahrstoffen, wenn von ihnen akute oder chronische Gesundheitsgefahren ausgehen oder sie z. B. entzündbar oder gar explosionsfähig sind.

Ebenso können Stoffe, die nicht in die o.g. Gefahrenklassen eingestuft werden, aufgrund anderer gefährlicher Eigenschaften und der Art und Weise, wie sie am Arbeitsplatz verwendet werden oder dort vorhanden sind, ein Risiko für die Sicherheit und die Gesundheit der Beschäftigten darstellen.

Somit zählen Stoffe mit nachfolgenden Eigenschaften auch zu Gefahrstoffen:

  • erstickend/sauerstoffverdrängend, z. B. Stickstoff, Kohlendioxid

  • heiß, z. B. Wasserdampf, Metallschmelzen

  • kalt, z. B. Trockeneis, flüssiger Stickstoff

  • unter erhöhtem Druck stehend, z. B. gespannter Wasserdampf

Sonstige Stoffe, wie Abfälle und Altöle 3, können gefährliche Eigenschaften haben.

Tätigkeiten mit wässrigen Arbeitsstoffen (z. B. Reinigungsarbeiten) oder das Tragen von flüssigkeitsdichten Handschuhen bei gleichzeitiger mechanischer und/oder chemischer Beanspruchung stellen als Feuchtarbeit eine Gefährdung der Haut dar, ohne dass diese Tätigkeiten einer Gefahrenklasse zugeordnet werden können. Auch die Handhabung von entfettenden Lösemitteln kann vorschädigend auf die Haut wirken.

Informationsquellen für Gefahrstoffe

Gefährliche Stoffe und Gemische 4 erkennt man in der Regel an der Kennzeichnung auf den Gebinden. Doch auch Produkte, die nicht gekennzeichnet sind, können Gefahrstoffe enthalten, da unterhalb bestimmter Konzentrationsgrenzen die Kennzeichnungspflicht entfällt. Bei diesen Produkten sind erforderlichenfalls Informationen von den herstellenden bzw. vertreibenden Firmen oder von Fachleuten einzuholen.

Informationen zu Gefahrstoffen enthalten die Sicherheitsdatenblätter, die die herstellenden bzw. vertreibenden Firmen spätestens bei der ersten Lieferung zur Verfügung zu stellen haben. Bei fehlenden Sicherheitsdatenblättern sind diese bei den herstellenden bzw. vertreibenden Firmen anzufordern.

In den Fällen, in denen kein Sicherheitsdatenblatt zur Verfügung gestellt werden muss (z. B. wenn das Produkt selbst kein Gefahrstoff ist oder weil für Erzeugnisse keine Sicherheitsdatenblätter erstellt werden müssen), muss der Lieferant dem anwendenden Betrieb die Informationen zur Verfügung stellen, die für eine Gefährdungsbeurteilung benötigt werden. Ein Beispiel hierfür sind die Schweißelektroden beim Schweißen, die jedoch bei der Verwendung Gefahrstoffe freisetzen, siehe TRGS 528 "Schweißtechnische Arbeiten". Hierzu können auch die Schweißrauchdatenblätter nach DIN EN ISO 15011-4:2018-05 Informationen über die Hauptkomponenten und über die Rauchemissionsrate liefern.

Die Sicherheitsdatenblätter müssen 10 Jahre nach der letzten Verwendung der Stoffe oder Gemische (z. B. in digitaler Form) aufbewahrt werden.

Weitere Informationsquellen zu Gefahrstoffen sind im Anhang 1 "Literaturverzeichnis" aufgeführt.

Kennzeichnung

Gefahrstoffe erkennt man in der Regel an der Kennzeichnung, die folgende Angaben enthalten muss:

  • die chemische Bezeichnung des Stoffes

  • bei Gemischen der Handelsname oder die Bezeichnung

  • die Gefahrenpiktogramme

  • das Signalwort "Gefahr" oder "Achtung"

  • die Gefahrenhinweise (H-Sätze)

  • die Sicherheitshinweise (P-Sätze)

  • ergänzende Informationen

  • Name, Anschrift und Telefonnummer des Lieferanten (herstellende bzw. vertreibende Firma).

Tabelle 2
Darstellung von Gefahrenpiktogrammen mit Code und Bezeichnung

ccc_2017_as_2.jpg

Beim Umfüllen in kleinere Behälter, z. B. Verdünner oder Pinselreiniger, muss die Kennzeichnung des Herstellers übernommen werden. Diese Kennzeichnung muss auf dem aktuellen Stand gehalten werden (siehe auch DGUV Information 213-034 "GHS - Global Harmonisiertes System zur Einstufung und Kennzeichnung von Gefahrstoffen - Hilfe zur Umsetzung der CLP-Verordnung" und DGUV Information 213-082 "Gefahrstoffe mit GHS-Kennzeichnung - Was ist zu tun?" sowie die Information KB006 der BG RCI "Gefahrstoffkennzeichnung nach GHS" in der Reihe "Kurz und Bündig").

Beim Umfüllen ist darauf zu achten, dass nicht in Lebensmittel- oder Getränkeflaschen umgefüllt wird.

Gefährliche Abfälle und Altöle sind vom Arbeitgeber einzustufen und zu kennzeichnen, siehe hierzu auch TRGS 201.

Zur Vereinfachung wird im weiteren Text nur noch der Begriff "Stoffe" verwendet.