DGUV Information 213-033 - Gefahrstoffe in Werkstätten

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Abschnitt 2.6 - 2.6 Gefahrstoffe bei der Kunststoffbe- und -verarbeitung

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Abb. 32
Kunststoffverarbeitung in einer Werkstatt

In allen Werkstattbereichen nimmt die Kunststoffbe- und -verarbeitung einen breiten Raum ein. Kunststoffe haben einige vorteilhafte Eigenschaften:

  • Geringe Massendichte, deutlich leichter als Metalle

  • Hohe Korrosionsbeständigkeit gegenüber aggressiven Chemikalien wie z. B. Salzsäure.

  • Niedrige Verarbeitungstemperatur, in der Regel bei Raumtemperatur.

  • Gute Verformbarkeit bei Thermoplasten.

  • Geringe thermische und elektrische Leitfähigkeit.

  • Durch geeignete Zuschlagsstoffe können auch leitfähige Kunststoffe hergestellt werden, z. B. leitfähige Fußböden

Sie werden unter anderem verwendet

  • für Isolier- und Wärmedämmzwecke im Baubereich, zum Beispiel Schaumstoffe,

  • zur Reparatur im Holz- und Metallbereich, zum Beispiel Reparatur- und Füllspachtel,

  • als Klebstoffe,

  • in Baumaterialien als Fugen-, Verguss- und Spachtelmassen sowie Beschichtungsstoffe, zum Beispiel Lacke.

Allerdings sind viele Kunststoffe brennbar, wenig wärmebeständig und altern schnell. Deshalb werden Kunststoffen eine Reihe von Zusätzen, wie zum Beispiel Flammschutzmittel, Färbemittel, UV-Stabilisatoren und Weichmacher zugegeben.

Kunststoffe sind in der Regel im ausgehärteten (polymerisierten) Zustand keine Gefahrstoffe. Sie emittieren bei der kalten mechanischen Bearbeitung keine gesundheitsgefährlichen Gase und Dämpfe. Eine Gesundheitsgefährdung kann jedoch bei der mechanischen Bearbeitung in Form von Stäuben und Zersetzungsprodukten auftreten. Insbesondere bei der heißen Bearbeitung ist mit der Freisetzung von Zersetzungsprodukten in Form von Gasen und Dämpfen zu rechnen.

Kunststoffe werden einkomponentig in Form von Lösungen oder zweikomponentig als Reaktionsharze verwendet. Bei den Lösungen muss das Lösemittel (Wasser oder organische Lösemittel) verdampfen damit der Kunststoff aushärten kann. Bei den zweikomponentigen Produkten erfolgt die Aushärtung durch die Reaktion der Komponenten.

Aus der Vielzahl von Kunststoffen werden in dieser DGUV Information Polyurethane, Polyesterharze und Epoxidharze beschrieben, da bei ihrer Verwendung in Werkstätten die größten Gesundheitsgefahren auftreten können. In einem weiteren Abschnitt wird aus dem gleichen Grund auf das Quellschweißen von Kunststoffen mit Lösemitteln eingegangen. Abschließend wird in diesem Kapitel auf die Gefahren durch thermische Zersetzungsprodukte von Kunststoffen hingewiesen.

2.6.1 Polyurethan-Kunststoffe

Eigenschaften und Gefährdungen

Polyurethan-Kunststoffe (PU- oder PUR-Kunststoffe) sind hochmolekulare Stoffe, die aus Isocyanaten und Polyalkoholen (Polyolen) in einer chemischen Reaktion entstehen. Seltener werden statt der Polyalkohole Polyamine eingesetzt. Polyurethane finden Verwendung als Schaum-, Beschichtungs- und Klebstoffe sowie als Elastomere für hochbeanspruchte Formteile. In Werkstätten werden PU-Kunststoffe vor allem als Montageschäume und als Beschichtungsstoffe (zum Beispiel "PUR-Lacke") eingesetzt, von denen es Ein- und Mehrkomponentensysteme gibt. Bei Zweikomponentensystemen wird die Isocyanat-Komponente als "Härter", die Polyol-Komponente als "Harzkomponente" bezeichnet. Gefahren gehen dabei insbesondere von den im "Härter" enthaltenen Isocyanaten aus, daneben von Katalysatoren, Löse- und Treibmitteln sowie anderen Hilfsstoffen.

Die ausgehärteten Kunststoffe sind weitgehend ungefährlich. Nur beim Erhitzen (zum Beispiel Abflammen alter PU-Anstriche, Schweißen in der Nähe von PU-Schaumteilen) oder im Brandfall kann es zur Freisetzung von gefährlichen Zersetzungsprodukten, wie Blausäure, kommen.

Folgende Isocyanate (Monomere) werden in den Produkten eingesetzt:

  • MDI (Diphenylmethandiisocyanate)

  • TDI (Toluylendiisocyanate)

  • HDI (Hexamethylendiisocyanat)

  • IPDI (Isophorondiisocyanat)

  • NDI (Naphtylendiisocyanat)

Im Vordergrund steht die sensibilisierende (allergisierende) Wirkung der Ausgangsstoffe aller Produkte mit freiem Isocyanat auf die Atemwege ("Isocyanatasthma") und auf die Haut. Ein Isocyanat-Asthma kann durch hohe Expositionen beim Einatmen aber auch durch massiven Hautkontakt entstehen. Der Hautkontakt kann zu einem allergischen Hautekzem führen 16. Die allergisierende Wirkung kann bei Konzentrationen weit unter den Grenzwerten eintreten. Das Isocyanatasthma und eine isocyanatbedingte Kontaktallergie können eine Berufskrankheit (BK 1315 oder BK 5101) begründen.

Alle Isocyanate wirken zusätzlich stark reizend auf Augen, Haut und Schleimhäute.

MDI und TDI stehen im Verdacht, krebserzeugend zu wirken.

PU-Lacke enthalten häufig große Mengen Lösemittel wie Glykolether und aromatische Kohlenwasserstoffe. Zu den Gefahren, die von diesen Stoffen ausgehen (siehe Kapitel 2.4 "Gefahrstoffe zur Oberflächenbehandlung").

Druckgaspackungen, zum Beispiel Montageschaumdosen, können beim Erhitzen oder bei mechanischer Beschädigung auf Grund des enthaltenen Treibgases gefährlich werden. Bei brennbaren Treibgasen ist in engen, schlecht gelüfteten Räumen beim Vorhandensein von Zündquellen die Gefahr von Verpuffungen gegeben.

Wegen der großen Produktvielfalt auf diesem Gebiet muss im Einzelfall immer das Sicherheitsdatenblatt des jeweiligen Produkts zu Rate gezogen werden.

Schutzmaßnahmen

Nach der REACH-Verordnung (Anhang XIV) unterliegen Tätigkeiten mit Isocyanaten einer Beschränkung. Danach sind Anwenderinnen und Anwender solcher Produkte, mit mehr als 0,1 Gew.% Monomergehalt (z. B. MDI oder HDI), in der sicheren Anwendung zu schulen. Die Schulungsmaterialien müssen von den herstellenden Firmen zur Verfügung gestellt werden. Diese Anforderung gilt ab August 2023. Die erfolgreiche Teilnahme an der Schulung wird durch ein Zertifikat dokumentiert.

Ersatzstoffe

Müssen aus anwendungstechnischen Gründen Polyurethansysteme eingesetzt werden, sollte der Gehalt an freiem Isocyanat möglichst gering sein. Hilfreich ist dabei der GISCODE für PU-Systeme, siehe Tabelle 14. Hierbei sollten Produkte mit möglichst niedrigem GISCODE verwendet werden. Bei Montageschäumen, zum Beispiel anstatt PU 80 besser PU 70 einsetzen.

Tabelle 14
GISCODE für PU-Systeme

GISCODEProduktgruppe
PU10PU-Systeme, total solid
PU20PU-Systeme, total solid , Gruppe 2
PU30PU-Systeme, lösemittelarm
PU35PU-Systeme, lösemittelhaltig
PU40PU-Systeme, total solid, CMR
PU45PU-Systeme, lösemittelarm, CMR
PU50PU-Systeme, lösemittelhaltig, CMR
PU55PU-Systeme, lösemittelhaltig, giftig, CMR
PU70PU-Montageschäume
PU80PU-Montageschäume, hochentzündlich

Ersatzverfahren

Die Vermeidung der Aerosolbildung ist beim Umgang mit isocyanathaltigen Produkten besonders wichtig, da dabei eine hohe Gefahr einer Atemwegssensibilisierung besteht. Streichen oder Rollen sollte Spritzen oder Sprühen ersetzen, wo immer dies möglich ist.

Technische Schutzmaßnahmen

Da hauptsächlich die nicht abreagierten Isocyanate gefährliche Eigenschaften aufweisen, ist beim Ansetzen von Mehrkomponentensystemen besonders darauf zu achten, dass das vom Hersteller vorgeschriebene Mischungsverhältnis genau eingehalten wird. Die genaue Dosierung erfolgt zum Beispiel mit Messbechern oder Waagen. Zur vollständigen Durchmischung sind gegebenenfalls mechanische Rührer einzusetzen, wobei das Verspritzen von Material beim Durchmischen zu vermeiden ist.

Absaugung und Lüftung

PU-Lacke sollten nur in speziellen Lackierräumen oder Spritzständen mit erhöhtem Luftwechsel verarbeitet werden, auch wenn nur gestrichen oder gerollt wird (siehe auch DGUV Informationen 209-046 und 209-087).

Organisatorische Schutzmaßnahmen

Auf der Grundlage der Sicherheitsdatenblätter ist eine arbeitsplatzspezifische Betriebsanweisung zu erstellen. Sind die Produkte einem GISCODE zugeordnet, stehen Entwürfe für Betriebsanweisungen in WINGISonline zur Verfügung.

Die Unterweisung der Beschäftigten muss zeitnah vor Aufnahme der Tätigkeiten und in regelmäßigen Abständen erfolgen.

Persönliche Schutzmaßnahmen

Hygiene

Wegen der Gefahr der Sensibilisierung ist ein besonderes Augenmerk auf die persönliche Hygiene zu legen. Bei Tätigkeiten mit isocyanathaltigen Gefahrstoffen darf auf keinen Fall gegessen, getrunken, geraucht oder geschnupft werden. Hautkontakt ist unbedingt zu vermeiden.

Augenschutz

Beim Verarbeiten von Mehrkomponentensystemen - insbesondere beim Anmischen - ist eine Schutzbrille zu tragen, beim Spritzen besser eine Korbbrille. Ist Atemschutz erforderlich, schützt eine Vollmaske gleichzeitig die Augen.

Handschutz

Isocyanate reagieren bei Hautkontakt mit Bestandteilen der Haut und führen so zu schlecht entfernbaren Verschmutzungen. Bei Tätigkeiten mit isocyanathaltigen Produkten sind immer Schutzhandschuhe aus beständigem Material (zum Beispiel Butylkautschuk oder Nitrilkautschuk bei der Verarbeitung von Schäumen) zu tragen, wenn Hautkontakt nicht ausgeschlossen ist. Dabei sind Baumwollunterziehhandschuhe zu empfehlen, um Schweißbildung und damit verbundene Hautprobleme zu vermindern. Kontaminierte Handschuhe sind zu entsorgen. Bei der Verwendung von lösemittelhaltigen PU-Systemen (zum Beispiel PU-Lacke) muss die Auswahl des Schutzhandschuhes zusätzlich auf das Lösemittel abgestimmt sein. Konkrete Hinweise findet man im Sicherheitsdatenblatt.

Hautschutz

Es ist Arbeitskleidung mit langen Ärmeln und langen Hosenbeinen zu tragen.

Vor jeder Pause und nach Arbeitsende sind die Hände und andere kontaminierte Hautpartien mit einem Hautreinigungsmittel und Wasser zu reinigen. Keinesfalls dürfen Lösemittel oder lösemittelhaltige Reiniger dafür verwendet werden.

Nach der Arbeit sind für die beanspruchten Hautpartien Hautpflegemittel zur Rückfettung und Regenerierung der Haut zu verwenden.

Atemschutz

Werden beim Verarbeiten von isocyanathaltigen Gemischen nach Ausschöpfung der technischen und organisatorischen Maßnahmen Arbeitsplatzgrenzwerte (AGW) oder Biologische Grenzwerte (BGW) nicht unterschritten, sind geeignete Atemschutzgeräte bereitzustellen und zu benutzen. Die Gefahr des Einatmens dieser Stoffe in gefährlichen Konzentrationen besteht zum Beispiel bei der Beschichtung größerer Flächen, auch im Freien.

Für die in Werkstätten üblichen Anwendungsfälle sind Filtergeräte ausreichend. Ist das Auftreten von Lösemitteldämpfen möglich, ist ein Kombinationsfilter entsprechend der Lösemittelkonzentration A_P2 (Kennfarbe braun/weiß) oder BP2 (Kennfarbe grau/weiß) erforderlich. Es ist zu beachten, dass Filter durch Aerosole schnell verstopfen können. Für umfangreichere Arbeiten empfehlen sich druckluftversorgte Atemschutzhauben.

Arbeitsmedizinische Vorsorge

Tätigkeiten mit Belastungen durch Isocyanate, bei denen ein regelmäßiger Hautkontakt nicht vermieden werden kann oder eine Luftkonzentration von 0,05 mg/m3 überschritten wird, erfordern eine arbeitsmedizinische Pflichtvorsorge.

Beim ersten Auftreten von Hautveränderungen sollten Beschäftigte den Betriebsarzt bzw. die Betriebsärztin oder einen Hautarzt bzw. eine Hautärztin aufsuchen.

2.6.2 Epoxidharze

Eigenschaften und Gefährdungen

Epoxidharze sind im ausgehärteten Zustand als Kunststoff von ca. -40°C bis ca. 250 °C thermostabil, das heißt, sie verformen sich nicht und erweichen auch nicht. Sie zeichnen sich durch eine hohe Formstabilität aus, sind einfärbbar, mischbar mit anderen Materialien, zum Beispiel Metalle oder Holzfasern und sind wenig elektrisch leitend.

Die Epoxidharze werden wegen ihrer hohen chemischen Beständigkeit und mechanischen Belastbarkeit beispielsweise als Kleber im Metallbereich, als Verguss- und Ausgleichmassen für Böden, zum Formenbau oder in Form von Knetmassen für Kleinstreparaturarbeiten eingesetzt. Epoxid-Kunststoffe sind hochmolekulare Stoffe, die aus einem reaktiven Epoxidharz durch Umsetzung mit einem Härter entstehen. Das Reaktivharz wird üblicherweise durch Umsetzung von Bisphenolen mit Epichlorhydrin hergestellt.

Die Harzkomponente kann mit Reaktivverdünnern (zum Beispiel Glycidylether) oder Lösemitteln, Füllstoffen, Pigmenten und sonstigen Zuschlägen modifiziert sein. Die Härterkomponente besteht im Wesentlichen aus Aminen (zum Beispiel die Isophorondiamin), Polyaminen, sowie gegebenenfalls aus Anteilen an Benzylalkohol und Lösemitteln. Die Aushärtezeit variiert je nach verwendetem Epoxidharz-System von wenigen Minuten bis zu mehreren Stunden. Die Reaktion führt zu einer großen Wärmeentwicklung. Daher dürfen keine beliebig großen Mengen von Harz- und Härter gemischt werden und die Produkte müssen direkt nach dem Anmischen verarbeitet werden. Die Hitzeentwicklung kann so stark werden, dass es zum Verspritzen kommen kann.

Die Gesundheitsgefährdung wird vorrangig durch die sensibilisierende Wirkung des Harzes und der Härterkomponente bestimmt.

Die Gefährdung hängt stark von der individuellen Zusammensetzung des Produkts ab, so dass auch hier die Informationen aus dem jeweiligen Sicherheitsdatenblatt besonders zu beachten sind. Hilfreich ist auch bei Epoxidharzen der GISCODE (s. Tabelle 15). Hierbei sollten Produkte mit möglichst niedrigem GISCODE verwendet werden.

Tabelle 15
GISCODEs für Epoxidharze

GISCODEProduktgruppen
RE10Epoxidharzdispersionen (beide Komponenten ohne H317)
RE 15Epoxidharzdispersion (nicht sensibilisierend) mit sensibilisierenden Härter
RE 20Epoxidharz-Produkte, sensibilisierend, lösemittelfrei, nicht sensibilisierender wässeriger Härter
RE 25Epoxidharz-Produkte, sensibilisierend, total solid, nicht sensibilisierender wässeriger Härter
RE 30Epoxidharz-Produkte, sensibilisierend, lösemittelfrei
RE 35Epoxidharz-Produkte, sensibilisierend, total solid,
RE 40Epoxidharz-Produkte, sensibilisierend, lösemittelarm, nicht sensibilisierender Härter
RE 45Epoxidharz-Produkte, sensibilisierend, lösemittelarm
RE 50Epoxidharz-Produkte, lösemittelhaltig (ohne H317)
RE 60Epoxidharz-Produkte, sensibilisierend, lösemittelhaltig
RE 70Epoxidharz-Produkte, giftige Einzelkomponente, sensibilisierend, lösemittelfrei, lösemittelarm bzw. total solid

Bei der Verarbeitung von Knetmassen, bei deren Einsatz ein intensiver Hautkontakt bestehen kann, ist - sofern technisch möglich - auf andere, weniger hautgefährdende Stoffgruppen auszuweichen. Ansonsten sind geeignete Schutzhandschuhe aus Nitrilkautschuk oder anderen im Sicherheitsdatenblatt empfohlenen Materialien zu tragen und nach jeder Anwendung zu wechseln, damit die Gefährdung einer Kontaktallergie zumindest minimiert werden kann.

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Abb. 33
Knetmasse auf Epoxidharzbasis

Die Informationen für die toxische Wirkung der Epoxidharz-Systeme sind dem jeweiligen Sicherheitsdatenblatt zu entnehmen und in die Gefährdungsbeurteilung für die jeweiligen Tätigkeiten einzubeziehen 17. Hilfen für die Auswahl der seitens des Herstellers gut beschriebenen Epoxid-Systeme sind im Internetauftritt des Arbeitskreises Epoxidharze auf den Seiten des Instituts für Arbeitsschutz der DGUV zu finden (www.dguv.de/epoxidharze).

Schutzmaßnahmen

Ersatzstoffe und Ersatzverfahren

Für die Auswahl von Epoxidharzsystemen ist der entsprechende GISCODE zu berücksichtigen.

Epoxidharzsysteme sollten in einer möglichst emissionsarmen Form verwendet werden. So sollten z. B. anstelle manuell anzusetzender Mischungen Kartuschensysteme, vorgefertigte Arbeitspackungen, vorkonfektionierte Gebinde oder Mehrkammerbeutel verwendet werden.

Zum Verarbeiten sollten geringe Ausgießhöhen zum Beispiel durch Verwendung von entsprechenden Ausgießhilfen erreicht werden. Streichen und Rollen des Reaktionsgemisches ist dem Spritzen und Versprühen falls möglich vorzuziehen.

Technische Schutzmaßnahmen

Ausreagierte, durchgehärtete Epoxidharze sind gesundheitlich unbedenklich, wenn keine Komponente im Überschuss vorliegt. Das vom herstellenden Betrieb vorgegebene Mischungsverhältnis der Komponenten ist deshalb exakt einzuhalten. Die genaue Dosierung erfolgt zum Beispiel mit Messbechern oder Waagen. Die Durchmischung ist intensiv - gegebenenfalls mit mechanischen Rührern - durchzuführen, damit keine "Nester" einer Komponente nach der Reaktion übrigbleiben.

Werden Epoxidharze durch Spritzen aufgetragen oder werden lösemittelhaltige Produkte eingesetzt, ist auf gute, erforderlichenfalls technische Lüftung zu achten.

Organisatorische Schutzmaßnahmen

Vor der Verarbeitung von Epoxidharzsystemen sind die Beschäftigten anhand einer schriftlichen Betriebsanweisung zu unterweisen. Wegen der großen Gefahr der Sensibilisierung sollte dabei besonderes Gewicht auf persönliche Hygiene und das Vermeiden von jeglichem Hautkontakt gelegt werden. Sind die Produkte einem GISCODE zugeordnet, stehen Entwürfe für Betriebsanweisungen in WINGISonline zur Verfügung.

Persönliche Schutzmaßnahmen

Hygiene

Wegen der großen Gefahr der Sensibilisierung ist besonderes Augenmerk auf die persönliche Hygiene zu legen. Bei Tätigkeiten mit Epoxidharzen darf auf keinen Fall gegessen, getrunken, geraucht oder geschnupft werden. Hautkontakt ist unbedingt zu vermeiden.

Von besonderer Bedeutung ist auch die Vermeidung des Hautkontaktes mit verschmutzten oder kontaminierten Oberflächen und Werkzeuggriffen. Keinesfalls dürfen mit kontaminierten Händen oder Schutzhandschuhen Türklinken, Telefonhörer etc. angefasst werden. Auch Schleifstäube können zu allergischen Reaktionen führen, sofern diese noch Restmonomere enthalten. Bei dennoch erfolgter Kontamination ist die Haut umgehend mit reichlich Wasser und einem hautverträglichen Reinigungsmittel zu reinigen. Epoxidharze und Härter dürfen nicht auf der Haut eintrocknen

Augenschutz

Beim Verarbeiten von Epoxidharzen - insbesondere beim Anmischen - ist eine Schutzbrille zu tragen, beim Spritzen besser eine Korbbrille. Ist Atemschutz erforderlich, schützt eine Vollmaske gleichzeitig die Augen.

Handschutz

Bei der Verwendung lösemittelfreier Epoxidharze weisen Schutzhandschuhe aus Butylkautschuk (Schichtdicke mind. 0,5 mm) eine gute Beständigkeit aus. Ebenso sind einige Nitrilkautschuk-Handschuhe geeignet. Da die Barrierewirkung von Nitrilkautschukhandschuhen stark von der Qualität des verwendeten Nitrilkautschuks und dem Fertigungsverfahren der Handschuhe abhängt, sind nicht alle Nitrilkautschukhandschuhe zum Schutz vor Epoxidharzen geeignet. Schutzhandschuhe, die bei einer Prüfung eine ausreichende Schutzwirkung gegenüber lösemittelfreien Epoxidharzprodukten aufgewiesen haben, können als aktuelle Übersicht unter www.gisbau.de sowie www.dguv.de/epoxidharze abgerufen werden.

Beide Handschuhmaterialien sind auch als Spritzschutz bei der Verarbeitung lösemittelhaltiger Produkte geeignet. Bei intensiverem Kontakt mit diesen Produkten ist zusätzlich auf die Lösemittelbeständigkeit des Handschuhmaterials zu achten. Auskunft über geeignete Schutzhandschuhe zu diesen Anwendungsfällen liefern die Sicherheitsdatenblätter der Produkte oder können bei den Herstellern der Schutzhandschuhe erfragt werden.

Der richtigen Verwendung von Schutzhandschuhen kommt große Bedeutung zu. So kommen erfahrungsgemäß beim Ausziehen der Handschuhe die Hände oft mit Epoxidharzen in Kontakt. Daher ist das kontaktfreie Ausziehen zu trainieren. Verunreinigte Handschuhe sollten vor dem Ausziehen ggf. vorgereinigt und danach entsorgt werden. Beschädigte Handschuhe sind umgehend auszutauschen. (www.dguv.de, webcode: d111060)

Hautschutz

Es ist Arbeitskleidung mit langen Ärmeln und langen Hosenbeinen zu tragen.

Vor jeder Pause und nach Arbeitsende sind die Hände und andere kontaminierte Hautpartien mit einem Hautreinigungsmittel und Wasser zu reinigen. Keinesfalls dürfen Lösemittel oder lösemittelhaltige Reiniger dafür verwendet werden.

Nach der Arbeit sind für die beanspruchten Hautpartien Hautpflegemittel zur Rückfettung und Regenerierung der Haut zu verwenden. Die Angaben im Hautschutzplan sind zu beachten.

Atemschutz

Der zu verwendende Atemschutz richtet sich nach dem Lösemittelgehalt und dem Anwendungsverfahren (zum Beispiel Spritzen). Beim Streichen im Außenbereich ist kein Atemschutz erforderlich. Im Innenbereich muss bei umfangreicheren Arbeiten mit lösemittelhaltigen Produkten Atemschutz entsprechend der Lösemittelkonzentration in der Luft am Arbeitsplatz z. B. eine Halbmaske mit einem Gasfilter Typ A getragen werden. Wird gespritzt, ist mindestens ein Kombinationsfilter A1P2 erforderlich, der zusätzlich Partikel zurückhält.

Je nach Aushärtungsgrad der Werkstücke können die bei der Bearbeitung freigesetzten Stäube noch mehr oder weniger hohe Anteile an nicht vollständig abreagierten, sensibilisierenden Rezepturbestandteilen des Epoxidharzes enthalten. Daher wird die Verwendung von partikelfiltrierenden Atemschutz Filterklasse P2 bei Staub freisetzenden Nachbearbeitungsschritten auch dann empfohlen, wenn die Arbeitsplatzgrenzwerte für Stäube eingehalten sind.

Arbeitsmedizinische Vorsorge

Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen sind verpflichtend bei belastenden Tätigkeiten mit unausgehärteten Epoxidharzen, bei denen Kontakt über die Haut oder die Atemwege besteht.

Beim ersten Auftreten von Hautveränderungen sollten Beschäftigte den Betriebsarzt bzw. die Betriebsärztin oder einen Hautarzt bzw. eine Hautärztin aufsuchen.

2.6.3 Polyesterharze

Eigenschaften und Gefahren

Bei den Polyesterharzen wird zwischen gesättigten und ungesättigten Harzen (UP-Harzen) unterschieden. Sie finden Verwendung für Spachtelmassen, Steinkitte. Für die Herstellung von Teilen aus glasfaserverstärkten Kunststoffen (GFK-Teilen) werden in der Regel UP-Harze verwendet.

UP-Harze bestehen aus polymerisationsfähigen Oligomeren, zum Beispiel aus Maleinsäure, Phthalsäure und Ethylenglykol und einem vinylischen Monomer, zum Beispiel Styrol. Als Härter werden üblicherweise Dibenzoylperoxid in Verbindung mit einem tertiären Amin oder Kobaltoctoat in Verbindung mit einem Ketonperoxid verwendet.

Während ausgehärtete Polyesterharze als gesundheitlich unbedenklich gelten, weisen die einzelnen Ausgangskomponenten erhebliche Gefahren auf:

  • Die Harzkomponente ist entzündbar und entwickelt Dämpfe, die im Gemisch mit Luft explosionsfähig sind. Sie reizt die Augen und die Haut.

  • Styrol ist eine intensiv riechende entzündbare Flüssigkeit, deren Dämpfe mit Luft ein explosionsfähiges Gemisch bilden. Styrol ist gesundheitsschädlich beim Einatmen und Verschlucken. Es reizt die Haut und die Schleimhäute, die Atemwege und die Augen. Es kann Schwindel, Kopfschmerzen und Übelkeit erzeugen und steht im Verdacht, das Kind im Mutterleib schädigen zu können. Konzentrationen über dem Arbeitsplatzgrenzwert (AGW) können bei langzeitiger Einwirkung zu bleibenden Nervenschädigungen wie verlängerten Reaktionszeiten und reduzierter Gedächtnisleistung führen.

  • Von Polyestersystemen mit Kobaltoctoat in Verbindung mit Ketonperoxid geht wegen des Kobalts eine schwerwiegende gesundheitsschädigende Wirkung aus. Aus diesem Grund sollten nach Möglichkeit Beschleuniger ohne Kobaltanteil verwendet werden.

  • Die gefährlichste Komponente ist der Härter. Die darin enthaltenen organischen Peroxide sind in Reinform brandfördernd und können durch Schlag, Reibung, Feuer oder andere Zündquellen zur Explosion gebracht werden. Meist sind sie deshalb phlegmatisiert, das heißt mit einem Stoff versetzt, der die Explosionsgefahr herabsetzt. Sie wirken reizend oder ätzend auf Haut und Schleimhäute und sind gesundheitsschädlich beim Verschlucken und bei Hautkontakt. Manche Peroxide wirken sensibilisierend.

Zur Reinigung von Werkzeugen und Werkstücken wird überwiegend Aceton eingesetzt. Aceton ist leichtentzündbar. Chlorkohlenwasserstoffe dürfen für Reinigungsarbeiten nicht verwendet werden.

Schutzmaßnahmen

Wegen der großen Produktvielfalt können an das jeweilige Gefahrenpotential angepasste Schutzmaßnahmen nur unter Beachtung des jeweiligen Sicherheitsdatenblattes und sonstiger Herstellerhinweise getroffen werden.

Ersatzstoffe, Ersatzverfahren

Polyesterharze weisen teilweise sehr spezifische Anwendungseigenschaften auf, sodass es nicht einfach ist, auf weniger gefährlichere Ersatzstoffe auszuweichen. Kommen aber verschiedene Produkte in Frage, ist anhand der jeweiligen Einstufung das weniger gefährliche Produkt auszuwählen. Auch sollte geprüft werden, ob das gewünschte Ergebnis nicht mit weniger gefährlichen oder ungefährlichen Werkstoffen (z. B. mineralischen Füllstoffen) erreicht werden kann.

Polyesterharze mit schwermetallhaltigen Pigmenten dürfen nicht verwendet werden.

Technische Schutzmaßnahmen

Absaugung und Lüftung

Der hohe Anteil an Styrol, dessen Dämpfe schwerer als Luft und leichtentzündlich sind, macht sowohl beim Mischen als auch bei und nach der Verarbeitung (bis das Harz ausgehärtet ist) intensive technische Lüftung notwendig. Bei begrenzten Arbeiten (z. B. Mischen) ist eine lokale Punktabsaugung ausreichend. Bei großflächiger Anwendung ist eine vor allem im Atembereich der Beschäftigten eine wirksame Raumlüftung erforderlich. Auf gute Durchlüftung von Senken, Kanälen und ähnlichen Vertiefungen ist besonders zu achten. Wird der AGW für Styrol eingehalten, besteht auch keine Explosionsgefahr.

Organisatorische Schutzmaßnahmen

Arbeitsräume, Aufbewahrung

Der Arbeitsbereich sollte mit schwerentflammbarem Papier ausgelegt werden, das anschließend entsorgt wird und so aufwändige Reinigungsarbeiten mit Lösemitteln erspart.

Für umfangreichere Arbeiten mit Polyesterharzen (zum Beispiel Laminieren) sind eigene Räume mit erhöhtem Luftwechsel einzurichten, siehe dazu DGUV Information 209-033 "Faserverstärkte Polyesterharze - Handhabung und sicheres Arbeiten".

Härter und Beschleuniger müssen getrennt von den anderen Komponenten aufbewahrt werden. Bei größeren Mengen ist sogar eine Lagerung in getrennten Räumen oder in einem Sicherheitsschrank vorgeschrieben. Lagerschränke oder -räume sind wirksam zu entlüften.

Anmischen des UP-Harzes

Peroxide neigen zur spontanen Zersetzung bei Kontakt, zum Beispiel mit Beschleunigern. Härter und Beschleuniger dürfen deshalb nicht in direkten Kontakt kommen!

Erst nach guter Durchmischung eines der beiden Zusatzstoffe mit dem flüssigen Harz darf der andere Zusatzstoff zugegeben werden. In jedem Fall sind die Herstelleranweisungen genau zu befolgen.

Betriebsanweisung, Unterweisung

Auf der Grundlage der Sicherheitsdatenblätter ist eine arbeitsplatzspezifische Betriebsanweisung zu erstellen. Die Unterweisung der Beschäftigten muss vor Aufnahme der Tätigkeit und in regelmäßigen Abständen erfolgen.

Persönliche Schutzmaßnahmen

Augenschutz

Beim Verarbeiten von Polyesterharzen - insbesondere beim Anmischen - ist eine Schutzbrille zu tragen, beim Spritzen eine Korbbrille. Ist Atemschutz erforderlich, schützt eine Vollmaske gleichzeitig die Augen.

Spritzer von organischen Peroxiden (Härter) können zur schnellen Erblindung führen!

Handschutz

Bei der Verwendung von Polyesterharzen müssen Schutzhandschuhe getragen werden. Das Handschuhmaterial ist dann entsprechend den Herstellerempfehlungen auszuwählen. In vielen Fällen kommen Handschuhe aus Nitril- oder Butylkautschuk in Frage.

Hautschutz

Es ist Arbeitskleidung mit langen Ärmeln und langen Hosenbeinen zu tragen.

Vor jeder Pause und nach Arbeitsende sind die Hände mit einem Hautreinigungsmittel und Wasser zu reinigen. Keinesfalls dürfen Lösemittel oder lösemittelhaltige Reiniger dafür verwendet werden.

Nach der Arbeit sind für die beanspruchten Hautpartien Hautpflegemittel zur Rückfettung und Regenerierung zu verwenden.

Atemschutz

Sind Lüftungsmaßnahmen nicht ausreichend, um die Einhaltung von Arbeitsplatzgrenzwerten (AGW) zu gewährleisten, muss Atemschutz getragen werden. In Innenräumen muss bei Überschreitung des AGW Atemschutz mit einem Gasfilter Typ A getragen werden. Wird gespritzt, ist ein Kombinationsfilter mindestens A1P2 erforderlich, der zusätzlich Partikel zurückhält. Alternativ können fremdbelüftete Atemschutzhauben eingesetzt werden. Beim Gebrauch von gebläseunterstützten Geräten mit einer Haube oder fremdbelüfteten Hauben bestehen keine Tragezeitbegrenzungen. Zudem ist keine Arbeitsmedizinische Vorsorge erforderlich.

Arbeitsmedizinische Vorsorge

Arbeitsmedizinische Vorsorge ist bei Einhaltung des AGW für Styrol nicht verpflichtend. Sie ist jedoch den Beschäftigten anzubieten. Beim ersten Auftreten von Hautveränderungen sollten Beschäftigte den Betriebsarzt oder die Betriebsärztin oder eine Hautärztin oder einen Hautarzt aufsuchen.

2.6.4 Quellschweißen (Kleben) von Kunststoffen

Eine Reihe von Kunststoffen ist leicht in Lösemitteln löslich oder quellbar. Diese Eigenschaft wird auch zum Kleben dieser Kunststoffe benutzt. Kunststoffklebstoffe bestehen aus - in der Regel eingedickten - Lösemitteln, die auf die Klebeflächen gleichmäßig aufgetragen werden. Die zu verklebenden Teile werden dann in lösemittelfeuchtem Zustand für kurze Zeit aufeinandergepresst. Nach dem Verdunsten des Lösemittels ist die Festigkeit der Verbindung mit der des Ausgangsstoffes vergleichbar. Diese Fügetechnik wird in der Praxis als "Lösungsmittelschweißen", "Quellschweißen" oder "Kaltschweißen" bezeichnet.

Nach dem Quellschweißverfahren können folgende Kunststoffe mit den jeweils angegebenen Lösemitteln verbunden werden:

Tabelle Nr. 16
Kunststoffe - Quellschweißen

KunststoffKurzzeichenLösemittel
Celluloseesterzum Beispiel
CA, CAB, CP
Aceton
PolystyrolPSDichlormethan (Methylenchlorid)
PolyvinylchloridPVCTetrahydrofuran (THF), Cyclohexanon, Butanon
Polymethylmethacrylat (zum Beispiel Plexiglas®) PMMADichlormethan (Methylenchlorid)
Polyisobutylen (zum Beispiel Oppanol®) PIBTestbenzin
Polycarbonat (zum Beispiel Makrolon®) PCDichlormethan (Methylenchlorid)
PolyamidPAWasserfreie Ameisensäure

Gefährdung

Die Gefahren beim Quellschweißen gehen insbesondere von den verwendeten Lösemitteln aus. Das wohl am häufigsten in größerem Umfang angewandte Verfahren in Werkstätten ist das Quellschweißen von PVC-Teilen. An dieser Stelle soll deshalb nur darauf eingegangen werden.

Kleber für PVC enthalten als Lösemittel Tetrahydrofuran (THF), Cyclohexanon und Butanon. Diese geruchsintensiven Lösemittel sind leicht entzündbar und gesundheitsschädlich, wenn sie eingeatmet oder durch die Haut aufgenommen werden. Sie reizen die Atemwege und die Augen und erzeugen Kopfschmerzen und Schwindel. Sie können die Haut entfetten und bei häufigem Kontakt zu Entzündungen der Haut führen. Teilweise können sie zu chronischen Erkrankungen führen.

PVC-Kleber sind leichtentzündbar. In der näheren Umgebung der Klebestelle besteht erhöhte Brandgefahr, bei umfangreicheren Klebearbeiten und ungenügender Lüftung sogar Explosionsgefahr. Die Lösemitteldämpfe sind erheblich schwerer als Luft und können am Boden über größere Entfernungen kriechen, sodass im ganzen Raum Brandgefahr besteht.

Schutzmaßnahmen

Ersatzverfahren

Als Alternative für das PVC-Quellschweißen bietet sich das Heißschweißen an, das ohne Lösemittel auskommt, siehe Abb. 34.

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Abb. 34
Heißschweißen von PVC-Rohren

Werden die Klebeflächen mit einem Heißluftgebläse oder heißen Gegenständen erhitzt, hält sich die thermische Zersetzung des PVC in Grenzen. Offene Flammen wie zum Beispiel Lötlampen dürfen dafür nicht eingesetzt werden, da dann die Chlorwasserstoffentwicklung durch die PVC-Zersetzung (Pyrolyse) erheblich wird. Auch die Entstehung anderer gefährlicher Zersetzungsprodukte ist dabei nicht auszuschließen.

Technische Schutzmaßnahmen

Absaugung und Lüftung

Klebearbeiten sollen nur in gut gelüfteten Räumen oder im Freien durchgeführt werden. Die Lüftung muss auch in Bodennähe wirksam sein. Bei umfangreicheren Klebearbeiten in Räumen oder Bereichen mit ungenügender Lüftung ist unbedingt eine lokale Absaugung notwendig. Be- und Entlüftungsgeräte müssen explosionsgeschützt ausgeführt sein.

Organisatorische Schutzmaßnahmen

Während der Klebearbeiten dürfen keine Zündquellen vorhanden sein. Es besteht absolutes Rauchverbot. Gefährdete Bereiche sind mit Schildern zu versehen, die auf das Verbot offener Flammen und die Explosionsgefahr hinweisen.

Bei Arbeiten in engen oder tiefliegenden Räumen, zum Beispiel in Schächten oder Kellern, ist eine schriftliche Erlaubnis des Vorgesetzten einzuholen, welche die notwendigen Schutzmaßnahmen festlegt, siehe hierzu auch die DGUV Regel 113-004 "Behälter, Silos und enge Räume, Teil 1: Arbeiten in Behältern, Silos und engen Räumen".

Persönliche Schutzmaßnahmen

Körperschutz

Hautkontakt mit PVC-Klebern ist durch das Tragen von Schutzkleidung oder bei kleineren Arbeiten von körperbedeckender Arbeitskleidung konsequent zu vermeiden. Reste des Verdickungsmittels haften hartnäckig und können nur schwer entfernt werden. Die Kleidung muss schwer entflammbar und antistatisch, zum Beispiel aus imprägnierter Baumwolle, sein. Stark benetzte Kleidung muss gewechselt werden.

Handschutz

Der direkte Hautkontakt mit Quellschweißmitteln ist zu vermeiden. Schutzhandschuhe bieten nur begrenzt Schutz. Es gibt kein Handschuhmaterial, das gegen die eingesetzten Lösemittelgemische beständig wäre. Als Spritzschutz und als Schutz vor kurzzeitiger Kontamination eignen sich Handschuhe aus Butylkautschuk. Baumwollunterziehhandschuhe sind zu empfehlen.

Hautschutz

Auf keinen Fall dürfen Lösemittel zur Hautreinigung verwendet werden. Nach Arbeitsende sind die Hände gründlich zu reinigen und mit einem Hautpflegemittel einzureiben.

Atemschutz

Bei ungünstigen Lüftungsverhältnissen, zum Beispiel bei Arbeiten in kleinen, schlecht gelüfteten Räumen oder in Schächten ist umluftunabhängiger Atemschutz einzusetzen, zum Beispiel Schlauchgeräte. Nur bei geringfügigen Arbeiten kommen Filtergeräte mit Gasfilter A, Kennfarbe braun, in Frage.

2.6.5 Thermische Zersetzungsprodukte von Kunststoffen

Bei erhöhten Temperaturen, wie sie bei Bearbeitung mit schnell laufenden Maschinen (z. B. beim Schleifen) sowie in der Nähe von Löt- und Schweißarbeiten auftreten, können manche Kunststoffe geringe Konzentrationen gesundheitsgefährlicher Inhaltsstoffe, zum Beispiel Weichmacher oder Flammschutzmittel, an die Umgebung abgeben. Werden Kunststoffe stärker erhitzt, zum Beispiel durch Flammeneinwirkung beim Schweißen, beim Hitzdrahtschneiden oder bei Bränden, zersetzen sie sich unter Bildung teilweise hochtoxischer Produkte. Abhängig von der Art und Zusammensetzung des Kunststoffes kann die Entwicklung von geruchsintensiven Emissionen schon bei Temperaturen von etwa 60 bis 80 °C beginnen. Zersetzung in größerem Umfang setzt bei vielen Kunststoffen bei etwa 200 bis 300 °C ein.

Beispiele:

Polystyrol wird beim Hitzdrahtschneiden umso stärker depolymerisiert (Bildung von Styroldämpfen), je heißer der Draht eingestellt wird. Polyvinylchlorid entwickelt bei der Zersetzung ab 200 °C Chlorwasserstoffgas. In der Flamme entstehen neben dem Hauptprodukt Chlorwasserstoff (Salzsäure) Dioxine und Furane. Aus dem besonders hitzestabilen Polytetrafluorethen (zum Beispiel Teflon) entstehen ab etwa 400 °C hochgiftige flüchtige Fluorverbindungen.

Es ist also generell darauf zu achten, dass die vom Hersteller oder Lieferanten angegebenen Verarbeitungstemperaturen nicht überschritten werden. Eine Aufstellung bekannter Zersetzungsprodukte von thermisch belasteten Kunststoffen enthält Tabelle 17.

Tabelle 17
Thermische Zersetzungsprodukte von Kunststoffen (Quelle: Institut für Arbeitsschutz der DGUV (IFA))

KunststoffKurzformFlüchtige Pyrolyseprodukte (Auswahl)
PolyoxymethylenPOMFormaldehyd
Epoxidharze auf Basis Bisphenol APhenol
Chloropren-KautschukCRChloropren (2-Chlor-1,3-Butadien) Chlorwasserstoff
PolystyrolPSStyrol
Acrylnitril-Butadien-Styrol-CopolymerABSStyrol, 1,3-Butadien Acrylnitril
PolycarbonatePCPhenol
PolyvinylchloridPVCChlorwasserstoff, Weichmacher (häufig Phthalsäureester)
Polyamid 6PA 6e-Caprolactam
Polyamid 66PA 66Cyclopentanon Hexamethylendiamin
PolyethylenHDPE LDPEUngesättigte aliphatische Kohlenwasserstoffe, aliphatische Aldehyde
PolytetrafluorethylenPTFEPerfluorierte ungesättigte Kohlenwasserstoffe (zum Beispiel Tetrafluorethen, Hexafluorpropen, Octafluorbuten)
PolymethylmethacrylatPMMAMethylmethacrylat
PolyurethanPURJe nach Typ sehr unterschiedlich, zum Beispiel FCKWs als Treibmittel, Ether, Glycolether, Diisocyanate, Cyanwasserstoff, aromatische Amine, chlorierte Phosphorsäureester als Flammschutzmittel
PolypropylenPPUngesättigte und gesättigte aliphatische Kohlenwasserstoffe
Polybutylenterephthalat (Polyester)PBTB1,3-Butadien Benzol
PolyacrylnitrilPANAcrylnitril, Cyanwasserstoff
CelluloseacetatCAEssigsäure

GISCODE, GISBAU-Information Informationen der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft

TRGS 400 "Gefährdungsbeurteilung für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen"