DGUV Information 212-019 - Chemikalienschutzkleidung bei der Sanierung von Altlasten, Deponien und Gebäuden Schutz vor Gefahrstoffen und biologischen Arbeitsstoffen

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Abschnitt 4.2 - Wie wird auf Grundlage der Eigenschaften der Gefahrstoffe geeignete Chemikalienschutzkleidung ausgewählt?

Nach Ermittlung der vorliegenden Gefahrstoffe und/oder biologischen Arbeitsstoffe sowie den Gegebenheiten am Arbeitsplatz müssen die geeigneten Typen der Chemikalienschutzkleidung ausgewählt werden. Wird eine gleichzeitige Exposition zu mehreren Gefahrstoffen und/oder biologische Kontaminationen erwartet, z.B. bei der Sanierung von Altlasten oder Bauarbeiten auf Deponien, muss die CS-Kleidung vor allen diesen stofflichen Gefährdungen schützen.

Wichtig für die Auswahl ist das Wissen, in welchem Aggregatzustand (fest, flüssig, gasförmig) bzw. in welcher Erscheinungsform (Aerosol, massiver Feststoff, Flüssigkeitsspritzer, Oberflächenkontamination) der Gefahrstoff/biologische Arbeitsstoff vorliegt.

Feste Gefahrstoffe kommen meist als Partikel oder Fasern vor, wie Stäube, Künstliche Mineralfasern oder Asbest. Auch einige biologische Arbeitsstoffe kommen in Partikelform vor.

Flüssige Gefahrstoffe sind z.B. Säuren, Laugen, Lösemittel oder harzartige Komponenten von Klebstoffen. Hierzu gehören auch Reinigungs- oder Desinfektionsmittel, die in flüssigem Zustand ausgebracht werden müssen, z.B. bei der Desinfizierung oder Dekontamination der CS-Kleidung, bevor der Arbeitsbereich wieder verlassen wird. Flüssig gebundene biologische Arbeitsstoffe können z.B. in Abwässern vorliegen. Bei desinfizierenden Tätigkeiten zur Entfernung biologischer Arbeitsstoffe können diese anschließend auch in der Reinigungsflotte vorliegen.

Gasförmige Gefahrstoffe sind entweder Gase im eigentlichen Sinne1 oder Dämpfe von Stoffen, die unter Normalbedingungen als Flüssigkeiten oder Feststoffe auftreten, aber in Abhängigkeit von ihren physikalischen Eigenschaften ("Flüchtigkeit") je nach Umgebungstemperatur mehr oder weniger schnell verdunsten, d.h. in den gasförmigen Zustand übergehen. Dies sind z.B. leichtflüchtige Lösemittel aus Klebern oder Wirkstoffe aus Desinfektionsmitteln, die bei der Verarbeitung durch Verdunsten der Trägerflüssigkeit freigesetzt werden. Dämpfe können insbesondere dann entstehen, wenn Materialien oder Stoffe in heißem Zustand verarbeitet werden oder auf heiße Oberflächen treffen.

Aerosole sind Gemische aus festen (wie Staub) und/oder flüssigen Schwebeteilchen (wie Nebel) und einem Gas (Umgebungsluft). Sie entstehen beispielsweise wenn ein Lack im Spritzlackierverfahren oder wenn Oberflächenbehandlungsmittel in einem Sprühverfahren verarbeitet werden. Auch kann bei der Bearbeitung einer mit einem biologischen Arbeitsstoff kontaminierten Oberfläche (bei der trockenen Bearbeitung, im Sprüh- oder Spritzverfahren) dieser als Aerosol in die Umgebungsluft gelangen.

Ein weiteres Kriterium zur Auswahl der CS-Kleidung bzw. des notwendigen Leistungsvermögens ist die Art und der Umfang des Kontaktes zum Arbeitsstoff. Wenn im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung festgestellt wird, dass in einem optimierten Arbeitsablauf sicher nur mit Flüssigkeitsspritzern und nicht mit Vollkontakt ("Schwall") zu rechnen ist, ist das Leistungsvermögen der CS-Kleidung auch darauf abzustimmen, denn Schutzkleidung sollte nicht belastender als notwendig sein.

Insgesamt sind zu beachten:

  • Arbeitsverfahren, Tätigkeit,

  • Art der Benetzung (Spritzer oder Vollkontakt),

  • Dauer und Intensität des möglichen Kontaktes,

  • Verwendete Chemikalie, Einzelstoffe oder Zubereitungen und deren Verarbeitungstemperatur,

  • Vorhandene biologische Arbeitsstoffe und Menge des Vorkommens,

  • Mechanische Beanspruchung der CS-Kleidung (Gegebenheiten am Arbeitsplatz, Raum, Einbauten, enge Räume, etc.),

  • Möglichkeiten zu Lagerung und Reinigung sowie zur Vermeidung der Alterung von Schutzkleidung durch falsche Lagerung,

  • Möglichkeiten zur Dekontamination der CS-Kleidung,

  • Entsorgung der CS-Kleidung nach der Tätigkeit.

Danach kann der grundsätzliche Typ der Chemikalienschutzkleidung bestimmt werden. Meist treten jedoch mehrere Gefährdungen auf, so dass die CS-Kleidung eine Kombination der Typen darstellen muss.

Praktische Beispiele für die Auswahl geeigneter CS-Kleidung entsprechend der Tätigkeiten und Gefährdungen sind in der folgenden Tabelle gegeben (Tabelle 3). Ergeben sich durch spezielle Arbeitsverfahren oder zusätzliche Belastungen weitere Gefährdungen, müssen die Anforderungen, die an die CS-Kleidung gestellt werden, angepasst werden.

Beispiel:

Bei Reinigungsarbeiten nach einer Brandschadensanierung ist noch mit verschiedenen Gefahrstoffen zu rechnen, so dass die CS-Kleidung mindestens Typ 5/6 entsprechen muss. Ist eine zusätzliche Gefährdung wegen der Entfernung von Tierkadavern gegeben, muss eine CS-Kleidung nach Typ 3 eingesetzt werden, deren Nähte abgeklebt sind und es müssen Festlegungen zur Dekontamination getroffen werden.

Tabelle 3:
Anforderungen an Chemikalienschutzkleidung je nach Gefährdung, Beispiele

Anforderungen
Tätigkeiten/GefährdungenChemikalienschutzkleidung, mindestensZusätzliche Anforderungen wenn diese Tätigkeiten/Faktoren auftreten
Fassadenreinigung/Quarz/ReinigungsmittelTyp 5,
Chemikalienbeständigkeit beachten

  • bei Feuchtigkeitsstrahlarbeiten (Niederdruck) mind. Typ 4/5


Bodensanierung/Kohlenwasserstoffe, MineralöleTyp 5/6,
Chemikalienbeständigkeit beachten

  • bei Kontakt mit Flüssigphase Typ 4 besser Typ 3,

  • bei händischem Bodenaushub Typ 3


Reinigungsarbeiten nach Brandschadensanierung/verschiedenste GefahrstoffeTyp 5/6,
Chemikalienbeständigkeit beachten

  • bei Kontakt zu kontaminiertem Löschwasser mind. Typ 4

  • bei Tierkadaverbeseitigung Typ 3, abgeklebte Nähte und Festlegungen zur Dekontamination


SchimmelpilzsanierungTyp 5,
Chemikalienbeständigkeit beachten

  • bei Kontakt mit Wasser, wasserdichte Schutzkleidung


Zusätzlich zu diesen CS-Kleidungs-Typen werden weitere Persönliche Schutzausrüstungen notwendig sein, z.B. Atemschutz, Fußschutz.

Abhängig von der auftretenden Konzentration des Gefahrstoffes/biologischen Arbeitsstoffes ist die notwendige Barriereleistung der CS-Kleidung festzulegen. Dies kann aus der Herstellerinformation entnommen werden oder in Absprache mit dem Hersteller erfolgen.

Muss die Chemikalienschutzkleidung in einem Bereich verwendet werden, in dem mit mechanischer Belastung zu rechnen ist, z.B. in einem engen Raum, muss die CS-Kleidung besondere Reißfestigkeit aufweisen.

Gase sind Stoffe, die unter Normalbedingungen (20°C und 1013 mbar) schon gasförmig sind.