DGUV Information 213-026 - Sicherheit und Gesundheit im chemischen Hochschulpraktikum Grundwissen für Studierende

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Anhang 2 - Rechtsgrundlagen und Informationen

Systematik des Regelwerks

Bei Tätigkeiten mit chemischen Stoffen können Gefahren für Mensch und Umwelt auftreten. Um diesen Gefahren zu begegnen, wurde eine Reihe von Rechtsvorschriften erlassen, die sowohl das Herstellen und Inverkehrbringen (Import, Verkauf oder Abgabe an Dritte) als auch die Tätigkeiten mit Gefahrstoffen regeln. Hauptziel der Vorschriften ist es, Mensch und Umwelt vor stoffbedingten Schäden zu schützen (siehe Abbildung 46).

Seit 2007 ist die Verordnung (EG) 1907/2006 (REACH-Verordnung) für alle EU-Mitgliedstaaten unmittelbar bindend. Diese Abkürzung steht für Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals (Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe). Der gesamte Lebensweg einer Chemikalie soll erfasst und sicher gestaltet werden. Daher sind von REACH nicht nur die Hersteller oder Inverkehrbringer betroffen, sondern auch die Anwender. Der Hersteller bzw. Inverkehrbringer ist verpflichtet, im Sicherheitsdatenblatt genaue Angaben zu den physikalisch-chemischen Eigenschaften eines Stoffes, zu vorhandenen Gesundheits- und Umweltgefahren sowie zum sicheren Umgang, zum Transport und zur Lagerung zu machen.

Hersteller bzw. Inverkehrbringer sind in Europa verpflichtet, Chemikalien nach einheitlichen Vorgaben einzustufen und zu kennzeichnen. Diese Vorgaben sind in der Verordnung (EG) Nr.1272/2008 (CLP-Verordnung) enthalten. Die CLP-Verordnung regelt die Einstufung (Classification), Kennzeichnung (Labelling) und Verpackung (Packaging) von Stoffen und Gemischen. Die CLP-Verordnung basiert auf dem weltweit einheitlichen System zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien (Globally Harmonised System - GHS). Danach beschreiben Gefahrenklassen die Art der Gefahr, also die gefährlichen Eigenschaften, die von einem Stoff ausgehen. Innerhalb jeder Gefahrenklasse sind Abstufungen in Abhängigkeit von der Schwere der Gefahr vorgesehen, Gefahrenkategorien genannt.

Anhang 3 gibt im Kapitel 3.1 die Gefahrenklassen und Gefahrenkategorien wieder.

Für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen gibt die Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) den Rahmen der erforderlichen Maßnahmen vor. Die GefStoffV gilt sowohl für die gewerbliche Wirtschaft als auch für Behörden, Schulen und Hochschulen bzw. Universitäten und richtet sich an Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber und an alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Betrieb. Beamtinnen und Beamte, Schülerinnen und Schüler, Studierende und alle sonstigen an Hochschulen tätigen Personen (z. B. Stipendiatinnen und Stipendiaten) stehen in der Gefahrstoffverordnung den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gleich.

Detailregelungen zu Schutzmaßnahmen für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen sind in den Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) enthalten. Bei Umsetzung dieser Regeln kann der Arbeitgeber davon ausgehen, die Anforderungen der Gefahrstoffverordnung eingehalten zu haben. Insbesondere ist hier die TRGS 526 "Laboratorien" zu nennen. Die TRGS werden von Experten erarbeitet und im Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS) verabschiedet.

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Abb. 46
Vereinfachte Darstellung der Struktur des deutschen Arbeitsschutzrechts

Daneben stellen auch die Unfallversicherungsträger Regeln und Informationen zur Verfügung, die das staatliche Regelwerk erläutern und praktische Hilfen für die im Labor tätigen Personen enthalten. So enthält z. B. die DGUV Information 213-850 "Sicheres Arbeiten in Laboratorien" umfangreiche Hinweise zur technischen Ausstattung von Laboratorien sowie Bestimmungen für den sicheren Betrieb.

Praktische Informationen zum sicheren Umgang mit Stoffen, zu deren toxikologischer Wirkung und zu konkreten Schutzmaßnahmen (inkl. Hinweisen zur Ersten Hilfe) liefert GESTIS, die Stoffdatenbank der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV). Darüber hinaus informiert GESTIS über physikalisch-chemische Stoffdaten und die Einstufung und Kennzeichnung nach GHS gemäß der CLP-Verordnung (siehe auch Anhang 1 "Informationsquellen").

Regelungen für den sicheren Praktikumsbetrieb

(Gefährdungsbeurteilung, Betriebsanweisung und Unterweisung)

Zentrales Element des Arbeitsschutzes ist die Gefährdungsbeurteilung. Die Labor- oder Praktikumsverantwortlichen haben zunächst alle Gefährdungen für die Gesundheit und die Sicherheit ihrer Mitarbeitenden und/oder Studierenden festzustellen und sie unter folgenden Gesichtspunkten zu beurteilen:

  1. 1.

    gefährliche Eigenschaften der Stoffe und Gemische,

  2. 2.

    Informationen des Lieferanten zum Gesundheitsschutz und zur Sicherheit insbesondere im Sicherheitsdatenblatt,

  3. 3.

    Ausmaß, Art und Dauer der Exposition unter Berücksichtigung aller Expositionswege,

  4. 4.

    physikalisch-chemische Wirkungen,

  5. 5.

    Möglichkeiten einer Substitution,

  6. 6.

    Arbeitsbedingungen und Verfahren, einschließlich der Arbeitsmittel und der Gefahrstoffmenge,

  7. 7.

    Arbeitsplatzgrenzwerte und biologische Grenzwerte,

  8. 8.

    Wirksamkeit der getroffenen oder zu treffenden Schutzmaßnahmen,

  9. 9.

    Schlussfolgerungen aus der arbeitsmedizinischen Vorsorge,

  10. 10.

    Aspekte des Mutterschutzes.

Wie eine Gefährdungsbeurteilung im Zusammenhang mit Gefahrstoffen auszugestalten ist, wird insbesondere in der TRGS 400 dargestellt. Die Labor- oder Praktikumsverantwortlichen dürfen eine Tätigkeit mit Gefahrstoffen erst aufnehmen lassen, nachdem eine Gefährdungsbeurteilung vorgenommen wurde und die erforderlichen Schutzmaßnahmen getroffen wurden. Ziel der Maßnahmen muss es sein, die Exposition von Beschäftigten und Studierenden gegenüber Gefahrstoffen auf ein Minimum zu reduzieren.

In chemischen Laboratorien in Hochschulen kann davon ausgegangen werden, dass dieses Schutzziel eingehalten ist, wenn:

  • Die Hochschule sichergestellt hat, dass die technische Ausstattung des Labors den Anforderungen des Abschnitts 6 der DGUV Information 213-850 "Sicheres Arbeiten in Laboratorien" entspricht und die notwendigen wiederkehrenden Prüfungen der Arbeitsmittel und technischen Einrichtungen durchgeführt werden.

  • Die Bestimmungen für den sicheren Betrieb aus der DGUV Information 213-850 eingehalten werden, insbesondere:

    • mit den im Labor üblichen geringen Stoffmengen (unter laborüblichen Bedingungen) gearbeitet wird,

    • alle Arbeitsgänge mit akut toxischen, krebserzeugenden, keimzellmutagenen und reproduktionstoxischen Stoffen in geschlossenen Abzügen durchgeführt werden, solange nicht an den Apparaturen hantiert werden muss,

    • die Laboratorien und Praktikumsräume personell nicht überbelegt sind,

    • Entnahmebehälter für akut toxische Stoffe der Kategorie 1 und 2 innerhalb des Abzugs aufgestellt werden, bei Reaktionen frei werdende akut toxische Stoffe der Kategorie 1 und 2 oder ätzende Gase und Dämpfe in Kühlfallen oder Absorptionslösungen aufgefangen werden,

    • Druckgasflaschen für akut toxische Gase der Kategorie 1 und 2 in Sicherheitsschränken nach DIN EN 14470-2: 2006-11 oder in Abzügen aufgestellt werden,

    • der Kontakt mit hautresorptiven oder hautgefährdenden Stoffen durch die Arbeitsmethode (z. B. geschlossene Apparatur) oder durch geeignete persönliche Schutzausrüstung - PSA (Chemikalienschutzhandschuhe, ggf. Körper- und Gesichtsschutz) vermieden wird und

    • Wert auf persönliche Arbeitshygiene gelegt wird.

Gefährdungen, allgemeine Schutzmaßnahmen sowie Verhaltensregeln müssen in einer allgemeinen Betriebsanweisung, der sog. "Laborordnung", festgehalten werden. Die Beschäftigten und Studierenden müssen vor Aufnahme der Tätigkeiten im Labor von den Labor- oder Praktikumsverantwortlichen anhand dieser Betriebsanweisung auf Basis der Gefährdungsbeurteilung unterwiesen werden. Arbeitsmedizinisch-toxikologische Fragestellungen müssen in dieser Unterweisung enthalten sein, ebenso die Ergebnisse aus der Gefährdungsbeurteilung gemäß Mutterschutzgesetz.

Für Gefahrstoffe ist es notwendig, auf Grundlage des Sicherheitsdatenblattes Betriebsanweisungen zu erstellen. Für Stoffe mit vergleichbaren Eigenschaften und Gefährdungen können Gruppenbetriebsanweisungen erstellt werden.

Für einzelne Gefahrstoffe, Geräte oder Versuche können spezifische Unterweisungen anhand spezieller Betriebsanweisungen notwendig sein.

Sicherheitsdatenblätter und Betriebsanweisungen für Gefahrstoffe, aber auch Betriebsanweisungen für Geräte und Anlagen, müssen für die Beschäftigten und Studierenden zugänglich gemacht werden, dies kann auch auf elektronischem Weg geschehen.