DGUV Information 213-040 - Gefahrstoffe bei der Aufbereitung von Schwimm- und Badebeckenwasser

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Abschnitt 1.4 - 1.4 Festlegung von Schutzmaßnahmen

In Abhängigkeit vom Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung müssen geeignete Schutzmaßnahmen festgelegt werden. Lässt sich aus der Gefährdungsermittlung das Auftreten gefährlicher Stoffe in der Luft am Arbeitsplatz nicht sicher ausschließen, so ist zu ermitteln, ob die Belastungen für die Beschäftigten mit den vorgesehenen Schutzmaßnahmen minimiert worden sind. Als Wirkungskontrolle können Gefahrstoffmessungen erforderlich sein.

1.4.1 Ersatzstoffe und Ersatzverfahren

An erster Stelle der Schutzmaßnahmen steht der Ersatz von Stoffen oder Verfahren, die eine Gefahr für Mensch oder Umwelt darstellen, durch weniger gefährliche. So sind Teilvakuumanlagen durch Vollvakuumanlagen nach DIN 19606 "Chlorgasdosieranlagen zur Wasseraufbereitung - Anlagenaufbau und Betrieb" zu ersetzen.

1.4.2 Technische Schutzmaßnahmen

Technische Maßnahmen sind dann erforderlich, wenn Ersatzstoffe und Ersatzverfahren nicht zur Verfügung stehen oder nach Einführung von Ersatzstoffen und Ersatzverfahren weiterhin mit einem Freiwerden von Gefahrstoffen zu rechnen ist.

Technische Maßnahmen sind z. B. der Einsatz geschlossener Anlagen oder Punktabsaugungen im Technikraum. Die Wirksamkeit dieser Maßnahmen muss regelmäßig, mindestens jedoch alle 3 Jahre, überprüft werden. Hinweise auf erforderliche Lüftungs- und Absaugungsmaßnahmen werden im Lexikonteil gegeben.

1.4.3 Organisatorische Maßnahmen

Grundsätzlich sind bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen folgende organisatorische Maßnahmen durchzuführen:

  • Begrenzung der Anzahl der Beschäftigten, die den Gefahrstoffen ausgesetzt sind.

  • Vermeidung der Exposition unbeteiligter Personen, z. B. durch Trennung gefahrstoffbelasteter Bereiche von anderen Bereichen.

  • Minimierung der Expositionszeiten.

  • Getrennte Aufbewahrung von Straßen- und verschmutzter Arbeitskleidung, um eine Gefährdung durch Kontamination der Straßenkleidung zu vermeiden.

  • Verschüttete Gefahrstoffe mit geeigneten Bindemitteln aufnehmen und einer geordneten Beseitigung zuführen. Das geeignete Bindemittel ist im jeweiligen Sicherheitsdatenblatt unter Abschnitt 6 "Maßnahmen bei unbeabsichtigter Freisetzung" aufgeführt. Weitere Hinweise sind in den jeweiligen Unterkapiteln des Kapitels 2 "Gefahrstofflexikon" in dieser DGUV Information enthalten.

  • Nicht mehr benötigte Gefahrstoffe sind sachgerecht zu entsorgen.

  • Die Unternehmensleitung hat dafür zu sorgen, dass zur Ersten Hilfe und zur Rettung aus Gefahr die erforderlichen Einrichtungen und Sachmittel sowie das erforderliche Personal zur Verfügung stehen. Insbesondere muss die erforderliche Anzahl an Erste-Hilfe-Personal ausgebildet werden und vor Ort verfügbar sein sowie die erforderliche Erste-Hilfe-Ausrüstung zur Verfügung stehen.

  • Arbeitsunfälle bei Tätigkeiten mit gefährlichen chemischen Stoffen können spezielle Maßnahmen der Ersten Hilfe erfordern, die nicht Gegenstand der allgemeinen Erste-Hilfe-Ausbildung sind. Für diese Maßnahmen ist eine Zusatzausbildung des Erste-Hilfe-Personals und der Betriebssanitäter und -sanitäterinnen erforderlich, die die Absprache mit dem Betriebsarzt bzw. Betriebsärztin und die Berücksichtigung der betriebsspezifischen Gegebenheiten voraussetzt. Beispiel: Nach Einatmen reizender Gase und Stäube ist ein Lungenödem möglich.

Weitere Hinweise auf geeignete organisatorische Maßnahmen werden im Lexikonteil gegeben.

1.4.4 Bereithaltung und Lagerung von Gefahrstoffen

Die Bereithaltung ist von der Lagerung von Gefahrstoffen am Verwendungsort zu unterscheiden. Als Bereithaltung gilt, wenn Gefahrstoffbehälter an den zur Entnahme vorgesehenen Stellen als Reservebehälter an Entnahmeeinrichtungen angeschlossen sind oder zum baldigen Anschluss aufgestellt sind, soweit dies für den Fortgang der Arbeiten erforderlich ist. So ist zum Beispiel der Chlorgasraum ein Betriebsraum und kein Lagerraum für Gefahrstoffe.

Gefahrstoffe sind so zu lagern, dass sie die menschliche Gesundheit und die Umwelt nicht gefährden und ein Missbrauch oder ein Fehlgebrauch nach Möglichkeit verhindert wird. Dabei sind folgende Grundsätze der TRGS 510 "Lagerung von Gefahrstoffen in ortsbeweglichen Behältern" immer zu beachten:

  • Gefahrstoffe dürfen grundsätzlich nur an dafür vorgesehenen Orten gelagert werden, z. B. Lagerraum bzw. Lagerbereiche. Davon ausgenommen sind Kleinmengen oder bereitgehaltene Gefahrstoffe. Die Mengengrenzen sind von den Eigenschaften der jeweiligen Stoffe abhängig. Nähere Angaben hierzu sind im Lexikonteil enthalten.

  • Gefahrstoffe dürfen grundsätzlich nicht in Verkehrswegen, Pausen-, Bereitschafts- und Sanitärräumen gelagert werden.

  • Gefahrstoffe müssen so gelagert werden, dass sie für Unbefugte nicht zugänglich sind.

  • Gefahrstoffe dürfen nur in Behältern aufbewahrt werden, die aus Werkstoffen bestehen, die den zu erwartenden Beanspruchungen standhalten. Insbesondere müssen sie so beschaffen sein, dass vom Inhalt nichts ungewollt nach außen gelangen kann. Außerdem müssen die Gefahrstoffgebinde vorschriftsmäßig nach Gefahrstoffverordnung und TRGS 201 "Einstufung und Kennzeichnung bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen" gekennzeichnet sein. Originalgefäße entsprechen in der Regel diesen Anforderungen. Originalgefäße unterliegen jedoch auch einem Alterungsprozess und sollten deshalb regelmäßig einer Sichtprüfung unterzogen werden. Es besteht die Gefahr der Versprödung oder Verformung durch Diffusion, wenn Gefahrstoffe in nicht dafür vorgesehenen Kunststoffbehältern aufbewahrt werden.

  • Gebinde sind stets verschlossen aufzubewahren.

  • Gefahrstoffe dürfen wegen der Verwechslungsgefahr nicht in Lebensmittelbehältern oder Getränkeflaschen aufbewahrt oder gelagert werden.

  • Behälter sind nach der Entnahme von Gefahrstoffen wieder fest zu verschließen.

  • Behälter mit flüssigen Gefahrstoffen zur Wasseraufbereitung müssen in eine Auffangeinrichtung gestellt werden.

  • Einander ähnliche, leicht zu verwechselnde handelsübliche Gebinde für Chemikalien, die heftig oder unter Freisetzung von gefährlichen Gasen miteinander reagieren können, sind örtlich getrennt (sortenrein) zu lagern. Die Behältnisse der einzelnen Gefahrstoffe sollen farblich unterscheidbar sein. Dies gilt z. B. für Isocyanursäureverbindungen und Hypochlorite und deren wässrige Lösungen, wie Natriumhypochloritlösung und Salzsäure.

Darüber hinaus können weitergehende Anforderungen der TRGS 510 erforderlich sein. Diese sind dann ggf. im fachspezifischen Teil ausgeführt.

1.4.5 Persönliche Schutzausrüstungen

Wenn trotz technischer und organisatorischer Maßnahmen eine Gefährdung der Beschäftigten durch Gefahrstoffe nicht ausgeschlossen werden kann, müssen zusätzlich persönliche Schutzausrüstungen zur Verfügung gestellt und benutzt werden. In der DGUV Regel 107-001 "Betrieb von Bädern" ist die erforderliche Schutzausrüstung in Kapitel 5.14 näher ausgeführt. Das Benutzen von belastender persönlicher Schutzausrüstung darf jedoch keine ständige Maßnahme sein. Beschädigte oder anderweitig unbrauchbar gewordene Schutzausrüstung darf nicht weiter verwendet werden und ist zu ersetzen!

Zu den wichtigsten Schutzausrüstungen bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen zählen: Augen-, Atem-, Hand- und Hautschutz sowie Schutzkleidung und Fußschutz.

Augenschutz

Besteht die Gefahr, dass bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen mit einer Gefährdung der Augen zu rechnen ist, so ist geeigneter Augenschutz zu benutzen. Bewährt haben sich Gestellbrillen mit Seitenschutz, Korbbrillen und Gesichtsschutzschirme. Im Lexikonteil werden Tätigkeiten aufgeführt, bei denen Augenschutz benutzt werden muss.

Atemschutz

Ergibt die Gefährdungsbeurteilung, dass Grenzwerte überschritten werden können, ist geeigneter Atemschutz zur Verfügung zu stellen und zu benutzen.

Die Beschäftigten sind vor Beginn der Tätigkeit anhand von praktischen Übungen im Tragen von spezieller persönlicher Schutzausrüstung (z. B. Atemschutzgeräten) zu unterweisen. Hinweise zur Auswahl geeigneter Atemschutzgeräte und -filter sind im Lexikonteil und in der DGUV Regel 112-190 "Benutzung von Atemschutzgeräten" enthalten.

Die Beschäftigten haben den ordnungsgemäßen Zustand der Atemschutzgeräte vor jeder Benutzung auf sichere Funktion und erkennbare Mängel hin zu prüfen. Liegen offensichtliche Mängel vor, dürfen diese nicht mehr benutzt werden. Atemschutzmasken besitzen häufig Dichtlippen und Ventile aus Gummi. Diese können verspröden. Darüber hinaus sind Atemschutzgeräte halbjährlich von einer befähigten Person auf ihren einwandfreien Zustand zu prüfen (siehe DGUV Regel 107-001 "Betrieb von Bädern").

Die Lagerfristen und Gebrauchsdauer von Atemschutzfiltern sind hierbei zu beachten. Filter von Atemschutzgeräten sind nur dann sicher wirksam, wenn sie vor Ablauf der Lagerfrist (vom Hersteller auf dem Filter angegeben) ersetzt werden. Sie sind spätestens sechs Monate nach dem Öffnen, sofern sie nicht bereits vorher erschöpft sind, zu ersetzen. Das Öffnungsdatum ist auf dem Filter zu vermerken.

Die Arbeitgeber haben sicherzustellen, dass Träger bzw. Trägerinnen von Atemschutzgeräten hierfür geeignet sind (DGUV Vorschrift 1). Träger bzw. Trägerinnen von Atemschutzgeräten sind, abhängig von der Art des Atemschutzgerätes, gemäß der arbeitsmedizinischen Regel AMR 14.2 "Einteilung von Atemschutzgeräten in Gruppen" einer arbeitsmedizinischen Vorsorge zuzuführen.

Schutzkleidung und Fußschutz

Bei allen Tätigkeiten mit Gefahrstoffen, bei denen mit Hautkontakt zu rechnen ist, müssen geeignete Schutzkleidung und Fußschutz benutzt werden. Die Auswahl des geeigneten Materials ist von den verwendeten Gefahrstoffen abhängig und muss daher auf den Einzelfall abgestimmt werden. Als Material ist PVC sowohl für Schürzen als auch für Schutzstiefel geeignet. Weitere Hinweise sind im Lexikonteil zu finden.

Schutzhandschuhe

Bei der Arbeit in Einrichtungen der Wasseraufbereitung wird die Haut der Hände auf verschiedene Art und Weise belastet, z. B. durch Arbeiten mit Säuren und Laugen bzw. mit säure- oder laugenhaltigen Produkten (reizende bzw. ätzende Stoffe). Bei allen Tätigkeiten mit Gefahrstoffen, bei denen mit Hautkontakt zu rechnen ist, müssen Chemikalienschutzhandschuhe getragen werden, siehe Anhang 6. Die Auswahl des geeigneten Handschuhmaterials ist von den verwendeten Gefahrstoffen abhängig und muss daher auf den Einzelfall abgestimmt werden. Hinweise sind im Lexikonteil zu finden. Für die in der Wasseraufbereitung verwendeten Chemikalien mit Ausnahme der Gase (Chlor und Ozon) sind Chemikalienschutzhandschuhe z. B. aus Nitrilkautschuk (Materialstärke mindestens 0,35 mm) geeignet.

Hautschutzmittel

Hautschutzmittel sind äußerlich auf die Haut aufzubringende Mittel, die vor einer hautbelastenden Tätigkeit auf die Haut aufgetragen werden.

Hautschutzmittel können bei wiederholtem kurz- oder längerfristigem Kontakt gegenüber milden Irritantien (H312, H315, EUH66) eingesetzt werden. Hautschutzmittel schützen nicht vor Einwirkungen ätzender, akut toxischer, sensibilisierender und hautresorptiver, krebserzeugender, keimzellmutagener und reproduktionstoxischer Gefahrstoffe. Daher ist bei der Handhabung von Wasseraufbereitungschemikalien das Tragen geeigneter Chemikalienschutzhandschuhe unbedingt erforderlich.

Weitere Informationen liefert die DGUV Information 212-017 "Auswahl, Bereitstellung und Benutzung von beruflichen Hautmitteln".

1.4.6 Hygienische Maßnahmen

Grundsätzlich sind bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen folgende hygienische Maßnahmen einzuhalten:

  • Für die Schutz- und Arbeitskleidung zur Wasseraufbereitung einerseits und Straßenkleidung andererseits muss eine getrennte Aufbewahrungsmöglichkeit vorhanden sein.

  • Auch bei geringfügigen Tätigkeiten mit Gefahrstoffen ist geeignete persönliche Schutzausrüstung zu tragen.

  • Mit Gefahrstoffen verunreinigte Arbeitskleidung (z. B. Arbeitskittel) muss vor dem Betreten von Publikumsbereichen, der Kantine oder Cafeteria usw. abgelegt werden.

  • In Arbeitsbereichen, in denen mit Gefahrstoffen umgegangen wird, darf nicht gegessen, getrunken oder geraucht werden.

  • In Technikräumen, in denen mit Gefahrstoffen umgegangen wird, oder in zumutbarer Nähe, muss eine Waschgelegenheit vorhanden sein (z. B. ein Waschbecken, ausgestattet mit Hautreinigungsmitteln und Einmalhandtüchern).

  • Die Hautreinigung sollte schonend erfolgen. Die Verwendung spezieller Hautreinigungsmittel, die neben waschaktiven Substanzen Reibe- oder gar Lösemittel enthalten, sollten nur dann verwendet werden, wenn dies unumgänglich ist.

  • Werden bei den Tätigkeiten in der Wasseraufbereitung konsequent Chemikalienschutzhandschuhe getragen, ist die Anwendung spezieller Hautreinigungsmittel oft nicht erforderlich.

  • Nach Hautreinigungsmaßnahmen und nach Arbeitsende ist die Anwendung von Hautpflegemitteln sinnvoll und notwendig. Diese werden zur Förderung der Regeneration der Haut eingesetzt. Hautpflege ist nur dann wirksam, wenn sie regelmäßig angewendet wird.

  • Die Auswahl der Hautpflegemittel ist von der beruflichen Belastung der Hände abhängig. Wichtigstes Kriterium ist der Fettanteil des Mittels. Eine durch die berufliche Tätigkeit stark ausgetrocknete und fettarme Haut benötigt ein Hautpflegemittel mit einem höheren Fettanteil als eine Haut, die nur gering belastet und nicht ausgetrocknet ist.

  • Hautreinigungs- und Hautpflegemittel sollten aus hygienischen Gründen den Beschäftigten in Spendern angeboten werden. Die Verwendung von Dosen, Tiegeln etc. führt allzu leicht dazu, dass der Inhalt verschmutzt und verkeimt.

Es ist sinnvoll, unter Mitwirkung des Betriebsarztes oder der Betriebsärztin für jeden Arbeitsbereich im Bäderbetrieb einen Hand- und Hautschutzplan zu erstellen, der für die verschiedenen Arbeiten die geeigneten Schutzhandschuhe und Hautreinigungs- bzw. Hautpflegemittel enthält.

Bei Unverträglichkeiten gegenüber Schutzhandschuhen sowie Hautreinigungs- und Hautpflegemitteln ist unbedingt der Betriebsarzt oder die Betriebsärztin aufzusuchen.

1.4.7 Arbeitsmedizinische Vorsorge

Im Regelfall ist bei Tätigkeiten mit den beschriebenen Wasseraufbereitungschemikalien keine arbeitsmedizinische Pflichtvorsorge notwendig. Allerdings können Beschäftigte jederzeit eine arbeitsmedizinische Wunschvorsorge in Anspruch nehmen.

Trägern bzw. Trägerinnen von Atemschutzgeräten der Gruppe 1 (z. B. Partikelfilter P1 und P2) ist nach der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge eine Angebotsvorsorge anzubieten, bei Atemschutzgeräten der Gruppen 2 und 3 (alle Gasfilter, Partikelfilter P3) ist eine Pflichtvorsorge zu veranlassen, siehe auch Arbeitsmedizinische Regel AMR 14.2 "Einteilung von Atemschutzgeräten in Gruppen".

Bei Atemschutzgeräten ohne Gerätegruppe, z. B. gebläseunterstütze Atemschutzgeräte, ist keine arbeitsmedizinische Pflichtvorsorge oder Angebotsvorsorge erforderlich.