DGUV Information 203-059 - Sicherheit beim Betreiben von Wasserkraftwerken

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Abschnitt 6.2 - Ober- und Unterwasserbauwerke

6.2.1
Rechenpodien

Bei Arbeiten auf Rechenpodien sind u.a. folgende Gefährdungen vorhanden:

  • Absturzgefährdungen (siehe Abs. 5)

  • Gefährdungen durch Ertrinken (siehe Abs. 5)

  • Stolpern an Schienen von Rechenreinigungsmaschinen (RRM)

  • Rutschgefährdungen durch Wasser und Eis

  • Quetsch- und Scherstellen an und zwischen Rechenreinigungsmaschinen und festen Bauteilen sowie beim Setzen und Ziehen von Dammtafeln

  • Gefährdungen beim Umgang mit großem Treibgut

  • Gefährdungen durch Gefahrstoffe (Abs. 9)

  • Gefährdungen im Sinne der BioStoffV (Abs. 9).

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Abb. 6.2.1.1: Übersicht eines Rechenpodiums mit RRM

6.2.1.1
Gefährdungen durch Sturz- und Stolperstellen

Erhabene Schienen von Rechenreinigungs- und Krananlagen sowie Abdeckungen in Verkehrswegen, z.B. Gitterroste und Betonplatten/-deckel, können im Bereich von Rechenpodien Stolperstellen sein. Stolperstellen sind daher mit konstruktiven Maßnahmen zu vermeiden.

Aus konstruktiven Gründen, z.B. der Statik des Rechenpodestes oder der Standsicherheit von Rechenreinigungsmaschinen oder Kranen, können aufgesetzte Schienen erforderlich sein.

Sind Stolperstellen aus baulichen Gründen nicht zu vermeiden, sind die damit verbundenen Gefährdungen mit technischen Maßnahmen zu reduzieren. Sind technische Maßnahmen nicht möglich, ist auf die Gefährdungen durch Unterweisungen und Kennzeichnung der Stolperstellen hinzuweisen.

Stolpergefährdungen durch unebene Rostabdeckungen, Holzbohlen

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Abb. 6.2.1.1.1: Beispiel für eine baulich bedingte Stolperstelle. Die Stolperstelle ist zu kennzeichnen!

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Abb. 6.2.1.1.2: Die Stolperstellen an den Aushebeprofilen der Gitterroste werden z.B. durch ein Versetzen der Profile auf die Unterseiten der Gitterroste konstruktiv beseitigt.

6.2.1.2
Rechenreinigungsmaschinen (RRM)

Es wird insbesondere unterschieden zwischen hydraulischen und Seil oder Ketten getriebenen Rechenreinigungsmaschinen. Rechenreinigungsmaschinen können zusätzlich mit einem Kran und einem Treibgutgreifer ausgestattet sein.

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Abb. 6.2.1.2.1: Hydraulische RRM

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Abb. 6.2.1.2.2: RRM mit Seilzug

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Abb. 6.2.1.2.3: RRM mit Kettenzug

Der Zutritt von unbefugten Personen zum Verfahr- und Schwenkbereich der RRM ist durch technische Maßnahmen, z.B. durch Umzäunungen, zu verhindern.

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Abb. 6.2.1.2.4: Beispiel für eine Umzäunung einer hydraulischen RRM an einem öffentlichen Verkehrsweg

Beim Betrieb von Rechenreinigungsmaschinen treten in der Regel folgende Gefährdungen auf:

  • Gefährdungen durch Verfahr- und Betriebsbewegungen

  • Quetsch-, Scher- und Einzugstellen an Konstruktionsteilen

  • Gefährdungen durch Treibgut.

Durch die Verfahr- und Betriebsbewegungen der Rechenreinigungsmaschinen und Krane werden verschiedene Quetsch- und Scherstellen zu feststehenden Teilen der Umgebung gebildet. Besondere Gefährdungen liegen bei selbsttätig anlaufenden und automatisch betriebenen Anlagen vor.

Bei einem Abstand ≥ 0,5 m zwischen den bewegten und feststehenden Teilen wird in der Regel nicht von einer Quetsch- oder Scherstelle ausgegangen.

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Abb. 6.2.1.2.5: Weitläufiges Rechenpodium;
Bei Verfahrbewegungen der RRM entstehen z.B. Quetschgefahren zwischen der Gebäudewand und der Maschinenkonstruktion oder zwischen dem Fahrwerk und den Schienen.
Die Spülrinne mit einer Tiefe < 1 m bedarf keiner Sicherung durch ein Geländer.

Für alle Verfahr- und Schwenkbewegungen von RRM gilt:

  • Der Gefahrenbereich von RRM wird nur durch befugte Personen betreten.

    Zum Gefahrenbereich der Anlagen zählen alle Bereiche um die bewegten Anlageteile zuzüglich der Schwenkbereiche der Krane und der Hydraulikarme.

  • An den Zugängen der Verfahrbereiche von RRM wird durch Sicherheitskennzeichnung auf die Gefährdungen hingewiesen.

  • Vor Anlauf und während der Verfahr- und Schwenkbewegungen warnen optische und akustische Signale vor den Gefährdungen.

  • Zum Schutz vor Gefährdungen durch Verfahr- und Schwenkbewegungen kommen geeignete technische Schutzeinrichtungen zum Einsatz.

    Geeignete Schutzeinrichtungen stellen sicher, dass nach ihrem Auslösen die Anlagen zum Stillstand kommen, bevor Personen von diesen erfasst werden. Als Technische Schutzeinrichtungen können z.B. eingesetzt werden:

    • Lichtschranken, Laserscanner,

    • Schaltleisten und -leinen.

  • Die Verfahr- und Schwenkbewegungen der Anlagen können durch leicht erreichbare und ausreichend viele NOT-AUS-Schaltgeräte gestoppt werden.

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Abb. 6.2.1.2.6: Schematische Darstellung der Verfahr- und Schwenkbereiche (Gefahrenbereiche) einer RRM. Durch Öffnen der Zugangstüren wird die RRM elektrisch abgeschaltet.

Der Automatikbetrieb der Anlagen ist nur zulässig, wenn sich keine Personen im gesamten Verfahr- und Schwenkbereich aufhalten.

Bei manueller Steuerung der Anlagen halten sich Personen nur im Verfahrbereich auf, wenn der Anlagenführer den Verfahrbereich vollständig einsehen kann oder der Anlagenführer eindeutige Verfahranweisungen durch einen Einweiser erhält.

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Abb. 6.2.1.2.7: Beispiel für eine Not-Aus-Schaltleine an einer Rechenreinigungsanlage

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Abb. 6.2.1.2.8: Beispiel für eine Verkleidung eines Zahnantriebes einer seilgetriebenen RRM. Der untere Teil der Verkleidung ist zur Demonstration der Gefahrstelle abgenommen.

Quetsch-, Scher, und Einzugstellen an Seil- und Umlenkrollen und an Zahnrädern von Rechenreinigungsmaschinen sind zu verkleiden.

Verkleidungen sind gegen mögliche Beschädigungen durch Treibgut entsprechend stabil ausgeführt.

Ist eine Ausführung bestehender Anlagen mit Verkleidungen aus betriebstechnischen Gründen nicht möglich, wird der Eingriff in die Gefahrstellen z.B. durch eine Absperrung in ausreichendem Abstand verhindert.

Zu Sicherheitsabständen gegen das Erreichen von Gefährdungsbereichen siehe auch DIN EN ISO 1385.7

6.2.1.3
Gefährdungen beim Umgang mit Treibgut

An den Einlaufrechen schwemmt regelmäßig Treibgut an. Hauptsächlich besteht das Treibgut aus Holz und anderen organischen und nichtorganischen Abfällen. In Abhängigkeit der Wasserführung können große Mengen von Treibgut anfallen. Hierbei kann es zu einer Verdichtung des Treibgutes vor den Rechenanlagen kommen - große Treibgutstücke wie Baumstämme und Äste neigen zum Verkeilen, und es kommt zu Störungen an den Rechenreinigungsanlagen.

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Abb. 6.2.1.3.1: Große Treibgutmengen vor dem Einlauf eines Wasserkraftwerkes

Beim Bergen von Treibgut werden stationäre oder mobile Krane eingesetzt. Vor dem Verladen in Container ist bei großen Treibgutstücken in der Regel ein Zerlegen durch Einsatz von Hand- und Motorkettensägen erforderlich. Unter Spannung stehende Äste stellen erhebliche Gefährdungen dar.

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Abb. 6.2.1.3.2: Verladen von sperrigem Treibgut

Motorkettensägenarbeiten dürfen gemäß Abs. 3.4 nicht allein durchgeführt werden. Folgende Anforderungen sind zu berücksichtigen:

  • Der Unternehmer beauftragt nur körperlich und fachlich geeignete Personen mit Motorkettensägearbeiten. Die fachliche Qualifikation wird durch die Teilnahme an einem Ausbildungslehrgang erreicht. Die fachliche Qualifikation wird durch wiederkehrende Schulungen aufrecht gehalten. Die körperliche Eignung kann z.B. durch eine arbeitsmedizinische Untersuchung nachgewiesen werden.

  • Die Personen unterziehen sich einer arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchung nach dem Grundsatz "Lärm" (G 20).

  • Der Unternehmer stellt die erforderlichen persönlichen Schutzausrüstungen zur Verfügung. Die Personen benutzen die persönlichen Schutzausrüstungen.

    Die persönliche Schutzausrüstung besteht aus Schutzhelm, Gehörschutz, Gesichtsschutz, Handschutz, Schnittschutzhose, Schutzschuhe mit Schnittschutz.

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Abb. 6.2.1.3.3: Beispiel für den Einsatz einer Motorkettensäge bei der Beseitigung von Treibgut an einer Rechenreinigungsanlage

Siehe auch Broschüre "Waldarbeit" der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft

Es ist zu beachten, dass der Großteil des Treibguts den Anforderungen der Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen unterliegt.

Biologische Arbeitsstoffe sind u.a. Mikroorganismen, die bei Menschen Infektionen, sensibilisierende oder toxische Wirkungen hervorrufen können.

Beim Bergen von Treibgut, wie z.B. Flaschen, Dosen oder Fässer, die Gefahrstoffe beinhalten können, sind persönliche Schutzausrüstungen zu benutzen. Das Handhaben von Gebinden, deren Inhaltsstoffe nicht zu identifizieren sind, ist betrieblich zu regeln.