DGUV Information 212-007 - Chemikalienschutzhandschuhe

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Abschnitt 3.2 - Wie lange kann ein Chemikalienschutzhandschuh getragen werden?

Die Zeit, die ein Schutzhandschuh unter Praxisbedingungen getragen werden kann, ohne von dem chemischen Arbeitsstoff durchdrungen zu werden, wird als Tragedauer bezeichnet.

Mit der Tragedauer ist nicht die Durchbruchzeit gemeint, die unter Normbedingungen nach DIN EN 374-3 ermittelt wird.

Die bei Kontakt mit einem Gefahrstoff zu erwartende Tragedauer sollte dem Sicherheitsdatenblatt des jeweiligen chemischen Arbeitsstoffes entnommen werden oder sie ist in Zusammenarbeit mit dem Produkthersteller und dem Handschuhhersteller speziell zu ermitteln (siehe auch Handschuhdatenbank unter www.gisbau.de).

Die Eigenschaften der typischen Handschuhmaterialien (siehe Abschnitt 2.1) sind von der Zusammensetzung der Rohstoffe und dem Produktionsverfahren abhängig. Dies hat zur Folge, dass Schutzhandschuhe unterschiedlicher Hersteller, die aus augenscheinlich gleichem Material gefertigt sind, unterschiedliche Schutzwirkungen haben können ("Nitril" ist nicht gleich "Nitril").

Viele Faktoren, die durch den Arbeitsplatz und die Tätigkeit vorgegeben sind, haben Einfluss auf die Tragedauer.

Insbesondere sind zu beachten:

  • Handschuhmaterial und Materialstärke,

  • Arbeitsverfahren/Tätigkeit,

  • Art der Benetzung (Chemikalienspritzer oder Vollkontakt),

  • Dauer und Intensität des Kontaktes,

  • Verwendete Chemikalie, Einzelstoffe oder Zubereitungen und deren Verarbeitungstemperatur,

  • Erwärmung des Handschuhmaterials, thermische Beanspruchung,

  • Mechanische Beanspruchung des Handschuhs,

  • Alterung, Lagerung und Reinigung.

Grundsätzlich kann ein Schutzhandschuh über den vom Hersteller angegebenen maximalen Zeitraum hinaus bei Kontakt mit einer Chemikalie/Zubereitung nicht weiter verwendet werden, was bedeutet, dass selbst bei der höchsten Klasse 6 (entspricht > 480 min) eine Wiederverwendung nach acht Stunden nicht empfohlen werden kann.

Wenn im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung festgestellt wird, dass in einem optimierten Arbeitsablauf nur noch mit Flüssigkeitsspritzern zu rechnen ist, können gegebenenfalls auch Handschuhe mit geringerem Leistungsvermögen als im Sicherheitsdatenblatt angegeben, verwendet werden. Es muss dann sichergestellt sein, dass die Handschuhe nach dem Chemikalienkontakt kurzfristig gewechselt werden. Solche Handschuhe sollten gegenüber der verwendeten Chemikalie/Zubereitung mindestens den Schutzindex Klasse 1 (> 10 min) erreichen.

3.2.1
Probleme durch das Tragen von Schutzhandschuhen erkennen

Neben der gewünschten Schutzwirkung beim Tragen von Schutzhandschuhen können auch unerwünschte Nebeneffekte auftreten (siehe Anhang 6). Dazu gehören beispielsweise die Hauterweichung (Mazeration) oder allergische Reaktionen der Haut.

• Hauterweichung (Mazeration)

Die flüssigkeitsdichte Wirkung von Chemikalienschutzhandschuhen verhindert die Schweißabgabe nach außen, so dass die Haut mit zunehmender Tragedauer erweicht und aufquillt, wodurch ihre Barrierewirkung nachlässt. Durch diese vorgeschädigte Haut wird ein Eindringen von Irritantien, potenziell allergen (sensibilisierend) wirkenden Stoffen oder Infektionserregern gefördert.

• Allergene

Bei der Herstellung von Schutzhandschuhen werden unter anderem Hilfs-, Alterungsschutzmittel und Vulkanisationsprodukte verwendet. Hat ein Arbeitnehmer eine Kontaktallergie gegen einen solchen Produktionshilfsstoff erworben, so muss ihm ein Schutzhandschuh zur Verfügung gestellt werden, der das betreffende Allergen nicht enthält.

Unter http://www.gisbau.de/service/sonstiges/allergene/Start.html ist eine Liste mit Handschuhen eingestellt; die bei der Produktion jeweils verwendeten Produktionshilfsstoffe sind dort angegeben. Die Liste soll ermöglichen, geeignete Schutzhandschuhe auszuwählen, die das individuell bekannte Allergen nicht enthalten.

Bei Auswahl, Tragezeit usw. sollte der Betriebsarzt in die Entscheidung einbezogen werden.

3.2.2
Benutzung, Pflege, Lagerung, Entsorgung organisieren und festlegen

Aufgrund der möglichen Hauterweichung sollte ein Paar Schutzhandschuhe ohne Unterbrechung lediglich bis zur Durchfeuchtung des Innenfutters durch Schweiß getragen werden.

In der Praxis bietet es sich an, pro Mitarbeiter und Arbeitstag mehrere Paare Schutzhandschuhe zur Verfügung zu stellen, Unterziehhandschuhe aus Baumwolle zu verwenden oder die Tätigkeiten so zu organisieren, dass zwischendurch auch Tätigkeiten durchgeführt werden können, bei denen keine Schutzhandschuhe getragen werden müssen.

Bei der Lagerung von unbenutzten Chemikalienschutzhandschuhen ist darauf zu achten, dass diese nach Herstellerangaben sachgerecht erfolgt; hierzu gehört gegebenenfalls dunkle, trockene Lagerung.

Wenn Chemikalienschutzhandschuhe gereinigt oder entsorgt werden, müssen die Herstellerinformationen und gegebenenfalls Umweltvorschriften beachtet werden, da sie nach Kontakt mit Chemikalien eventuell als Sondermüll entsorgt werden müssen.

3.2.3
Schutzmaßnahmen gehören in die Betriebsanweisung

Für das Tragen von Schutzhandschuhen hat der Unternehmer eine arbeitsplatz- und tätigkeitsbezogene Betriebsanweisung zu erstellen. Der Entwurf einer solchen Betriebsanweisung befindet sich im Anhang 5 und ist auch auf der CD "WINGIS" enthalten. Der Entwurf muss durch betriebliche Angaben ergänzt werden.

Über die Maßnahmen werden die Versicherten in einer Unterweisung informiert.

Bei der Unterweisung sollte der Vorgesetzte auch auf die Hinweise der Versicherten eingehen, z.B. wenn sich Schutzhandschuhe in der Praxis nicht bewähren sollten. Nur dann, wenn auch bei der Umsetzung der Schutzmaßnahmen in die Praxis gut zusammengearbeitet wird, kann mit einem dauerhaften Erfolg gerechnet werden.