DGUV Information 203-051 - Sicherheit und Gesundheitsschutz im Abwasserbereich Unterweisungshilfen

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Abschnitt 7 - Lüftung - Maßnahmen gegen gefährliche Atmosphäre

Durch Lüftung abwassertechnischer Anlagen kann gefährliche Atmosphäre vermieden werden. Diese Arbeitshilfe erläutert dafür erforderliche Organisations- und Verhaltensmaßnahmen.

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Bild 7.1

bgi-8653_abb01.jpgAus Unfallanzeigen:

  • Es wurde die natürliche Belüftung der Kanalstrecke als ausreichend angesehen. Die Inspektionsarbeiten mussten jedoch aufgrund akuter Atembeschwerden der beiden Beschäftigten abgebrochen werden.

  • Offensichtlich war der erzeugte Luftstrom für den Kanalquerschnitt nicht ausreichend. In dem Kanal vorhandene Gase waren deshalb nicht ausreichend abgeführt worden. Zudem war auf Kontrollmessungen verzichtet worden.

bgi-8653_abb02.jpgGefährdungen:

Beschäftigte sind gefährdet, wenn in umschlossenen Räumen abwassertechnischer Anlagen Stoffe in gefahrdrohender Menge oder Konzentration,

  • von außen eingebracht werden, z.B. durch Einleitung von Gefahrstoffen,

  • durch biologische Vorgänge entstehen, z.B. durch Gärung und Fäulnis,

  • durch chemische Reaktionen entstehen, z.B. beim Vermischen von Abwässern.

  • Beispiele:

    • Gase oder Dämpfe, durch die Brände oder Explosionen entstehen können, z.B. Methan, Benzindämpfe,

    • Sauerstoffmangel, der zum Ersticken führen kann,

    • sehr giftige, giftige oder gesundheitsschädliche Stoffe, z.B. Schwefelwasserstoff und Kohlendioxid.

bgi-8653_abb03.jpgSchutzziel:

Ist in umschlossenen Räumen abwassertechnischer Anlagen gefährliche Atmosphäre vorhanden oder kann diese entstehen, ist durch geeignete und ausreichende Lüftungsmaßnahmen sicherzustellen, dass Beschäftigte in den Räumen nicht gefährdet werden (Bild 7.1).

bgi-8653_abb04.jpgWeitere Informationen:

bgi-8653_abb05.jpgLüftungsmaßnahmen

  • Lüftung ist natürlich oder technisch möglich.

  • In Dienst-/Betriebsanweisungen kann z.B. objektbezogen festgelegt sein, welche Lüftungsmaßnahmen zu treffen sind.

  • Lüftungsmaßnahmen sind ausreichend, wenn

    • der Sauerstoffgehalt 20,9 Vol.-% beträgt und damit keine Erstickungsgefahr besteht,

    • die Konzentration brennbarer Gase und Dämpfe unter 10 % der unteren Explosionsgrenze (UEG) liegt,

    • die Konzentration giftiger Gase und Dämpfe unterhalb der jeweiligen Arbeitsplatzgrenzwerte liegt.

  • Vor dem Einsteigen und nachfolgend bei den Arbeiten kontinuierliche Messungen durchführen (siehe Arbeitshilfe Kapitel 6 "Messen").

Natürliche Lüftung:

  • Natürliche Lüftung kann aufgrund der örtlichen Bedingungen ausreichend sein, wenn z.B.:

    • gefährliche Atmosphäre erfahrungsgemäß nicht auftreten kann, z.B. in Regenwasserkanälen ohne Ablagerungen bzw. nach vorhergehender Hochdruckreinigung und

    • vor und hinter Ein- und Ausstiegsschächten die benachbarten Schachtdeckel entfernt und der Kanal vor dem Einsteigen über eine bestimmte Zeitdauer durchlüftet wird (Bild 7.3).

    • Ein Nachweis kann nur durch das Freimessen erfolgen.

  • Die Lage von Schächten, die Beschaffenheit von Schachtabdeckungen und das Gefälle der Kanalstrecke und viele andere Faktoren können die natürliche Lüftung beeinflussen.

  • In Pumpensümpfen und Gruben ist natürliche Lüftung in der Regel nicht ausreichend.

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Bild 7.2

bgi-8653_abb05.jpgTechnische Lüftung

  • Technische Lüftung ist blasend oder saugend durchführbar.

  • Eine wirksame Lüftung kann im Regelfall nur durch blasende Belüftung sichergestellt werden. Die Ansaugstelle des Belüftungsgerätes sollte z.B. bei einem Schacht unter Beachtung der Windrichtung 5 m vom Schacht entfernt und in ca. 1,50 m Höhe angeordnet sein, um das Ansaugen ausgespülter Gase zu vermeiden.

  • Technische Lüftung so lange in Betrieb halten, wie sich Beschäftigte in umschlossenen Räumen aufhalten, Gase oder Dämpfe vorhanden sind oder entstehen können.

  • Zum Belüften ist die Verwendung von reinem Sauerstoff oder mit Sauerstoff angereicherter Luft nicht zulässig.

  • Technische Lüftung ist ausreichend bei einem

    • Luftstrom von mindestens 600 m3/Stunde und m2 in Kanälen,

    • sechs- bis achtfachen Luftwechsel pro Stunde in sonstigen umschlossenen Räumen, z.B. Schächten, Pumpensümpfen und Regenbecken.

Blasende Belüftung (Bild 7.3):

  • Durch Frischluftzufuhr zum Arbeitsbereich hin mit ausreichend leistungsfähigen Belüftungseinrichtungen.

  • Blasende Belüftung ist einzusetzen, wenn eine Durchlüftung oder Abluft gegeben ist (z.B. Kanalisation).

  • Ansaugstellen für Frischluft müssen so liegen, dass das Ansaugen von gesundheitsschädlichen Gasen und Dämpfen aus der Atmosphäre, z.B. Auspuffgasen vermieden wird.

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Bild 7.3

Absaugung:

  • Bei saugender Belüftung wird die schnelle Vermischung, Verdünnung und Abführung von Gasen nicht erreicht.

  • Es besteht die Gefahr verstärkter Führung gesundheitsschädlicher oder explosionsgefährlicher Gase zur Arbeitsstelle hin, wenn im unmittelbaren Arbeitsbereich abgesaugt wird.

  • Bei brand- und explosionsgefährlichen Stoffen nur Absaugeinrichtungen in explosionsgeschützter Ausführung verwenden.