DGUV Information 203-051 - Sicherheit und Gesundheitsschutz im Abwasserbereich Unterweisungshilfen

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Abschnitt 3 - Persönliche Schutzausrüstungen

Ist durch betriebstechnische Maßnahmen nicht ausgeschlossen, dass Beschäftigte in abwassertechnischen Anlagen Unfall- oder Gesundheitsgefahren ausgesetzt sind, müssen persönliche Schutzausrüstungen zur Verfügung stehen und getragen werden. Diese Arbeitshilfe erläutert dafür erforderliche Organisations- und Verhaltensmaßnahmen.

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Bild 3.1

bgi-8653_abb01.jpgAus Unfallanzeigen:

  • Zum Herausziehen einer Pumpe aus einem Schacht wurde ein Dreibock eingesetzt. Beim Hochziehen rutschte plötzlich ein Bein des Dreibocks weg. Das Gerät stürzte daraufhin um. Der Kollege wurde am Kopf getroffen.

  • Beim Einsatz in der Kanalreinigung war der Beschäftigte kurzzeitig am Straßenrand tätig. Dabei wurde er von einem PKW-Fahrer übersehen und angefahren. Der Beschäftigte trug keine Warnkleidung.

bgi-8653_abb02.jpgGefährdungen:

Verletzungen des Rumpfes, der inneren Organe, des Kopfes, der Hände und der Füße durch:

  • mechanische Einwirkungen, z.B.:

    • Stoß, Schlag,

    • Stich, Schnitt,

    • Absturz,

  • Physikalische Einwirkungen z.B.:

    • Lärm,

    • Vibration,

  • Einwirkungen durch Stoffe, z.B.:

    • Gase, Dämpfe,

    • Flüssigkeiten, z.B. Säuren, Laugen, Kraftstoffe, Lösemittel,

    • Aerosole, z.B. Nebel durch feinste Verteilung fester oder flüssiger Stoffe in der Umgebungsluft,

    • feste Stoffe, z.B. Ablagerungen,

  • klimatische Einwirkungen, z.B.:

    • Nässe, Kälte,

    • Sonneneinwirkung,

  • thermische Einwirkungen, z.B.:

    • Flamme und Hitze durch Kontakt und Strahlung bei thermischen Arbeitsverfahren, z.B. bei Schweißarbeiten,

  • elektrische Einwirkungen, z.B.:

    • spannungsführende Teile,

  • Ertrinkungsgefahr, z.B. bei starker Wasserführung in Kanälen,

  • übersehen werden im Verkehrsraum.

bgi-8653_abb03.jpgSchutzziel:

Ist durch betriebstechnische Maßnahmen nicht ausgeschlossen, dass Beschäftigte Unfall- oder Gesundheitsgefahren ausgesetzt sind, muss durch das Tragen geeigneter persönlicher Schutzausrüstungen eine gesundheitliche Schädigung ausgeschlossen werden (Bilder 3.1 und 3.2).

bgi-8653_abb04.jpgWeitere Informationen:

bgi-8653_abb05.jpgAllgemeine Anforderungen an persönliche Schutzausrüstungen

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Bild 3.2

  • Persönliche Schutzausrüstungen (PSA) müssen schützen, ohne selbst eine größere Gefahr mit sich zu bringen, z.B. kein Handschutz in gefährlicher Nähe sich drehender Maschinenteile.

  • PSA müssen den gesundheitlichen Erfordernissen des Trägers genügen, z.B. bei Fußbehinderungen orthopädische Sicherheitsschuhe zur Verfügung stellen.

  • PSA müssen für die Bedingungen am Arbeitsplatz geeignet sein. Es muss ermittelt werden, vor welchen möglichen Verletzungen und Erkrankungen Schutz erforderlich ist, vordringlich durch Gefährdungs- und Belastungsbeurteilungen.

  • PSA müssen ergonomische Bedingungen erfüllen, z.B. darf Schutzbekleidung den Träger nicht durch zu großes Gewicht, falschen Sitz und Schnitt behindern.

  • PSA müssen dem Träger angepasst werden können, wenn es die Art der Schutzausrüstung erfordert, z.B. durch einstellbare Kopfbänder oder Kinnriemen an Schutzhelmen.

  • Bei gleichzeitigem Einsatz verschiedener PSA müssen diese aufeinander abgestimmt sein.

  • Im Abwasserbereich hat die Arbeitskleidung auch die Funktion einer Schutzkleidung.

bgi-8653_abb05.jpgBesondere persönliche Schutzausrüstungen

Persönliche Schutzausrüstungen gegen Absturz:

  • Sind Arbeiten unmittelbar an Stellen mit Absturzgefahr erforderlich, kann durch Persönliche Schutzausrüstungen gegen Absturz

    • ein Absturz entweder ganz verhindert

      oder

    • die Person sicher aufgefangen werden, d.h. der Fallweg wird begrenzt und die auf den Körper wirkenden Stoßkräfte auf ein erträgliches Maß reduziert.

  • Als direkte Sicherung gegen Absturz nur Auffangsysteme einsetzen, die aus Auffanggurten nach DIN EN 361 Form A bestehen, in Verbindung mit z.B.:

    • Höhensicherungsgeräte,

    • Steigschutzeinrichtungen, die vorwiegend an Steigleitern oder Steigeisengängen angebracht sind (Bild 3.3).

    Hinweis:

    Durch Persönliche Schutzausrüstungen zum Halten und Retten kann ein Zurückhalten von der Absturzkante oder Halten gegen Abrutschen erfolgen, z.B. als Sicherung gegen Abtreiben im Wasser.

Persönliche Schutzausrüstungen gegen Ertrinken:

  • Besteht in umschlossenen Räumen, tiefen offenen Kanälen, Becken die Gefahr des Ertrinkens, müssen den Beschäftigten ohnmachtsichere Auftriebsmittel (Rettungswesten) zur Verfügung stehen und von ihnen getragen werden.

  • Bei Wassertiefen unter 1,35 m und geringer Strömungsgeschwindigkeit kann auf das Tragen von Rettungswesten verzichtet werden.

Schutzkleidung

Die Schutzkleidung soll insbesondere bewirken,

  • dass ein unmittelbarer Hautkontakt mit Abwasser vermieden wird, keine biologischen Arbeitsstoffe auf Beschäftigte einwirken oder unkontrolliert verschleppt werden,

  • dass Beschäftigte vor Nässe geschützt werden.

  • Geeignet ist eine Kombination (Overall), Bundjacke und Latzhose. Oftmals ist der Gebrauch einer Gummischürze sinnvoll (z.B. bei Abspritzarbeiten oder Umgang mit Gefahrstoffen).

  • Zum Schutz gegen Einwirkungen und Verschleppung von biologischen Arbeitsstoffen bei Laborarbeiten ist mindestens ein Laborkittel zu tragen.

Handschutz

Je nach Tätigkeit und Gefährdung müssen entsprechende Schutzhandschuhe ausgewählt und getragen werden.

  • Schutzhandschuhe gegen mechanische Gefährdungen (DIN EN 388 "Schutzhandschuhe gegen mechanische Risiken").

  • Flüssigkeitsdichte Schutzhandschuhe bei Arbeiten mit unmittelbarem Abwasser- und Schlammkontakt (vgl. DIN EN 374 Teil 1 - 5 "Schutzhandschuhe gegen Chemikalien und Mikroorganismen").

  • Dünnwandige, flüssigkeitsdichte Einmal-Handschuhe für Labortätigkeiten (DIN EN 455 Teil 1 "Medizinische Handschuhe zum einmaligen Gebrauch; Anforderungen und Prüfung auf Dichtigkeit").

    • Grundsätzlich besteht bei latexhaltigen Handschuhen die Möglichkeit einer sensibilisierenden Wirkung. Gepuderte Naturgummilatexhandschuhe sind durch puderfreie und allergenarme Latexhandschuhe oder andere geeignete Handschuhe zu ersetzen.

Fußschutz

  • Bei Reinigungs-, Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten z.B. in Gruben, Schächten, Pumpensümpfen und Rechenhäusern besteht die Möglichkeit eines Kontaktes mit biologischen Arbeitsstoffen im Fußbereich. Sandalen, Schuhe mit perforiertem Oberteil und offenem Fersenteil oder Stoffschuhe sind daher ungeeignet. Bei zahlreichen Tätigkeiten können Stiefel erforderlich sein.

  • Müssen aus Gründen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes Sicherheits-, Schutz- oder Berufsschuhe getragen werden, sollen sie der Zusatzanforderung bezüglich des Wasserdurchtrittes und der Wasseraufnahme der DIN EN 344 "Anforderungen und Prüfverfahren für Sicherheits-, Schutz- und Berufsschuhe für den gewerblichen Bereich" entsprechen.

Gehörschutz

  • In Lärmbereichen sind geeignete Gehörschützer zu tragen.

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Bild 3.3

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Bild 3.4

bgi-8653_abb05.jpgPersönliche Schutzausrüstungen bereitstellen und tragen

Pflichten des Unternehmers:

  • Der Unternehmer muss die Eigenschaften persönlicher Schutzausrüstungen (PSA) festlegen, damit sie einen Schutz gegenüber den zuvor ermittelten Gefahren aufweisen. Persönliche Schutzausrüstung muss vom Unternehmer zur Verfügung gestellt werden.

  • Bei Auswahl und Einsatz von PSA sind die Beschäftigten zu hören und an Entscheidungen zu beteiligen.

  • Der Unternehmer hat für den bestimmungsgemäßen Einsatz von PSA zu sorgen, z.B. dürfen PSA gegen Absturz nur zur Sicherung von Personen, nicht jedoch als Anschlagmittel für Lasten verwendet werden.

  • PSA dürfen von mehreren Personen nur wechselweise getragen werden, wenn sich dadurch keine Sicherheits-, Gesundheits- oder Hygieneprobleme ergeben.

  • Beschäftigte müssen im Einsatz der PSA unterwiesen werden. Unterweisungen sind vor dem ersten Einsatz, danach mindestens einmal jährlich durchzuführen. Hilfestellung für Unterweisungen liefern Benutzerinformationen der Hersteller.

  • Die Benutzung der PSA ist in der Dienst-/Betriebsanweisung festgelegt.

Pflichten der Beschäftigten:

  • PSA müssen in ordnungsgemäßem Zustand sein, d.h. einwandfrei funktionieren und hygienisch einwandfrei sein.

  • Erforderliche PSA müssen sachgemäß benutzt werden.

  • Unterweisungen, Dienst/Betriebsanweisungen und zusätzliche Anweisungen sind zu beachten.

  • Eine zusätzliche Anweisung ist z.B. die Festlegung eines Anschlagpunktes vor Ort mit entsprechender Anweisung der Beschäftigten, den Anschlagpunkt zu benutzen.

  • Der ordnungsgemäße Zustand von PSA muss überprüft werden, in der Regel durch Sichtprüfung auf offensichtliche Mängel vor Beginn und während des Tragens. Sichtprüfung, z.B. ob

    • Sichtscheiben von Schutzbrillen verfärbt oder zerkratzt sind,

    • die orangerote Farbe der Warnkleidung noch nicht verblasst ist.

  • Mängel an PSA sind unverzüglich zu melden, damit diese abgestellt werden können oder für Ersatz gesorgt werden kann.

  • Gefahrenbereiche sind zu verlassen oder gefährdende Tätigkeiten einzustellen, wenn durch Mängel die Schutzwirkung von PSA nicht mehr gegeben ist.