DGUV Information 203-051 - Sicherheit und Gesundheitsschutz im Abwasserbereich Unterweisungshilfen

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Abschnitt 9 - Rettung und Erste Hilfe

Bei einem Notfall in abwassertechnischen Anlagen müssen notwendige Maßnahmen zur Rettung und Ersten Hilfe unverzüglich, d.h. schnell und sicher eingeleitet und durchgeführt werden können. Diese Arbeitshilfe erläutert dafür erforderliche Organisations- und Verhaltensmaßnahmen.

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Bild 9.1

bgi-8653_abb01.jpgAus Unfallanzeigen:

  • Bei der Rettungsübung rutschten die Füße des Dreibocks auseinander. Das umstürzende Gerät traf den Mitarbeiter unglücklich am Kopf.

  • Für die Rettung des Verletzten aus dem Schacht musste der Kollege erst Hilfe holen. Das Rettungsgerät war aufgrund der Kurzfristigkeit der Arbeiten nicht mitgenommen worden.

bgi-8653_abb02.jpgGefährdungen:

Durch Schadenfälle gefährdete oder durch Unfall verletzte Beschäftigte müssen unverzüglich aus Gefahrenbereichen gerettet werden. Eine Verschlimmerung der Unfallfolgen kann z.B. eintreten, wenn

  • Rettungsmaßnahmen

    • nicht schnell genug erfolgen, z.B. aufgrund mangelhafter Organisation oder fehlender Übung,

    • mit ungeeigneten oder unzureichenden Rettungsausrüstungen durchgeführt werden,

  • Erste Hilfe nicht oder nicht sachgerecht geleistet werden kann, z.B. wenn Ersthelfer fehlen.

Bei Rettungsmaßnahmen eingesetzte Beschäftigte sind gefährdet, wenn Rettungsausrüstungen

  • ungeeignet sind,

  • nicht oder nicht schnell genug verfügbar sind und z.B. zur Rettung in gefährliche Atmosphäre ohne umluftunabhängige Atemschutzgeräte eingestiegen wird.

bgi-8653_abb03.jpgSchutzziel:

Rettungsmaßnahmen müssen so durchgeführt werden, dass die dabei eingesetzten Beschäftigten nicht gefährdet werden. Durch wirksame Erste-Hilfe-Maßnahmen muss sichergestellt sein, dass Verletzte unverzüglich versorgt und ggf. der ärztlichen Versorgung zugeführt werden (Bild 9.1)

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Bild 9.2

bgi-8653_abb04.jpgWeitere Informationen:

  • Unfallverhütungsvorschrift "Abwassertechnische Anlagen" (BGV/GUV-V C5)

  • Unfallverhütungsvorschrift "Grundsätze der Prävention" (BGV/GUV-V A1)

  • Regel "Sicherheitsregeln für Arbeiten in umschlossenen Räumen von abwassertechnischen Anlagen" (BGR/GUV-R 126)

  • Information "Anleitung zur Ersten Hilfe bei Unfällen" (BGI/GUV-I 510-1)

    • als Aushang für Betriebsstätten

  • Information "Anleitung zur Ersten Hilfe bei Unfällen" (BGI 510-3)

    • als Registerausführung für Fahrzeuge und Betriebsstätten

  • Siehe auch Film "Retten eines Kollegen aus der Kanalisation" der BG Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse (auf beiliegender DVD).

bgi-8653_abb05.jpgOrganisatorische Maßnahmen

Schnelle und sichere Rettung:

  • Arbeitsgruppen und Kolonnen müssen bei Notfällen Rettungsmaßnahmen selbstständig einleiten und durchführen können (Bild 9.2).

  • Notrufe sofort über Funk oder Telefon absetzen.

  • Notrufnummern für Rettungsdienst und Feuerwehr müssen in den Fahrzeugen an ortsveränderlichen Arbeitsstätten gut sichtbar angebracht sein. Zusätzlich müssen sie aus mitzuführenden Alarmplänen und Anleitungen zur Ersten Hilfe bei Unfällen hervorgehen.

  • Über die bei Unfällen zu treffenden Maßnahmen müssen Beschäftigte mindestens jährlich, mündlich und arbeitsplatzbezogen unterwiesen werden.

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Bild 9.3

Hinweis:

Jede Kette ist so stark wie ihr schwächstes Glied. Die Ausbildung in Erster Hilfe soll dazu beitragen, die ersten zwei Glieder der Rettungskette zu stärken.

Ersthelfer:

  • Die Zusammensetzung einer Kolonne ist auf den Notfall abzustimmen.

  • Bei einer Kolonne von zwei oder mehr Beschäftigten muss außerhalb umschlossener Räume mindestens ein Ersthelfer zur Verfügung stehen.

  • Ersthelfer müssen in einem acht Doppelstunden umfassenden Erste-Hilfe-Lehrgang ausgebildet sein.

  • Regelmäßige Fortbildung durch Teilnahme an einem vier Doppelstunden umfassenden Erste-Hilfe-Training mindestens alle zwei Jahre.

Rettungsausrüstung:

  • Beim Einsteigen oder Arbeiten in umschlossene Räume von abwassertechnischen Anlagen muss für jede Kolonne geeignete Rettungsausrüstung in betriebsicherem Zustand vor Ort zur Verfügung stehen.

  • Die Zusammenstellung der Rettungsausrüstung muss sich aus der Gefährdungsbeurteilung ergeben.

  • Geeignete Rettungsausrüstungen sind z.B.:

    • ein frei tragbares, von der Umgebungsatmosphäre unabhängig wirkendes Atemschutzgerät das für die Fremdrettung von Personen und für Arbeitseinsätze geeignet ist, z.B. Regenerationsgerät oder Pressluftatmer,

    • PSA zum Retten, z.B. mit einem Höhensicherungs-Rettungshubgerät,

    • eine betriebsfertige explosionsgeschützte Handleuchte,

    • ein Verbandskasten DIN 13 157 "Erste-Hilfe-Material; Verbandskasten C",

    • ein Feuerlöscher,

    • ggf. eine Rettungsweste nach DIN EN 399 "Rettungswesten und Schwimmhilfen; Rettungswesten 275 N" mit einem Auftrieb von 275 Newton zum Schutz gegen Ertrinken.

bgi-8653_abb05.jpgVerhalten bei Notfällen

  • Bei Notfällen in umschlossenen Räumen abwassertechnischer Anlagen müssen in Not geratene oder durch Unfall verletzte Kollegen schnell und sicher gerettet werden.

  • Rettungsmaßnahmen nach Weisung des Aufsichtführenden der Kolonne oder selbstständig einleiten.

Notruf:

  • Sofort Notruf gemäß Dienst-/Betriebsanweisung an Rettungsdienst, Feuerwehr oder Betriebszentrale mittels Telefon oder Funk absetzen. Notfall kurz und umfassend beschreiben. Zum Notruf gehört:

    • die Unfallart mit der Anzahl der Verletzten, z.B. "Zwei Kollegen im Kanal bewusstlos",

    • die Unfallursache, z.B. "Gas im Kanal",

    • der Unfallort, z.B. Straße und Hausnummer, ggf. Anfahrtweg beschreiben.

  • Rettungskräfte einweisen.

Rettungsgeräte:

Bei der Rettung von Kollegen mittels Abseil- und Rettungshubgerät muss

  • dieses mindestens von einem an der Einstiegstelle stehenden Kollegen bedient werden können,

  • während des Anhebens der zu rettende Kollege beobachtet werden.

Erste Hilfe:

Nach der Rettung soweit erforderlich Erste-Hilfe-Maßnahmen durchführen.

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Bild 9.4

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Bild 9.5

bgi-8653_abb05.jpgRettungsübungen

  • Erforderliche Maßnahmen zur Rettung aus umschlossenen Räumen abwassertechnischer Anlagen müssen in regelmäßigen Abständen, mindestens einmal jährlich, praxisnah geübt werden (Bild 9.5).

  • Rettungsübungen sollten aus zweckmäßigen Gründen die ebenfalls erforderlichen Atemschutzübungen beinhalten (siehe hierzu Arbeitshilfe Kapitel 4 "Atemschutz").

  • Soweit Übungsgeräte vorhanden sind, kann auch hiermit praxisnah geübt werden.

  • Außerbetriebliche Rettungskräfte z.B. die örtliche Feuerwehr an der Übung beteiligen.

Übungsvorbereitung:

  • Übungen auf die betriebliche Situation und Kolonnenstärke abstellen.

  • Einteilung der Kolonne vornehmen.

  • Ersthelfer und Atemschutzgeräteträger auswählen.

  • Übungsablauf erklären, ggf. Stichwort zur Erklärung des Notfalles festlegen, z.B. "Gas im Kanal - ein Kollege ohnmächtig".

  • Alle für das Einsteigen erforderlichen Schutzmaßnahmen durchführen, z.B. Lüftung und Kontrollmessung.

  • Abseil- und Hubrettungsgerät oberhalb der Einstiegstelle in Stellung bringen, dabei

    • Dreibock gegen Verschieben und Auseinandergleiten der Füße sichern,

    • Fahrzeug gegen Bewegung sichern, wenn ein am Fahrzeug schwenkbar angebrachter Kranarm eingesetzt wird.

  • Rettungsausrüstung in Nähe der Einstiegstelle bereitstellen.

  • Persönliche Schutzausrüstungen kontrollieren.

  • Die Handhabung der Seilsicherung und Durchführung der Sichtverbindung festlegen.

Übungsdurchführung:

  • Beschäftigte einsteigen lassen.

  • Den Notfall erklären.

  • Notrufe simulieren lassen.

  • Atemschutzgeräteträger einsteigen lassen.

  • Der in Not geratene Beschäftigte wird mittels Rettungshubgerät gerettet.

  • Die Übung wird abschließend besprochen und ggf. in geänderter Besetzung wiederholt.

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Bild 9.6