DGUV Information 209-051 - Keimbelastung wassergemischter Kühlschmierstoffe

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Anhang 2 - Organismenlisten

Auswahlkriterien und Hinweise

Diese Auflistung gibt einen allgemeinen Überblick über die mittels Kultivierungsverfahren am häufigsten nachgewiesenen Bakterien und Schimmelpilze aus Betriebsproben wassergemischter Kühlschmierstoffe, Proben aus der Luft im Arbeitsbereich und der Außenluft.

Die Ergebnisse können zur Gefährdungsbeurteilung nach Biostoffverordnung herangezogen werden.

Mittels Kultivierungsverfahren können nur wachstumsfähige Organismen auf dem jeweiligen Nährmedium nachgewiesen werden. Um wieviel Prozent der vorhandenen Mikroorganismen in einer Betriebsprobe es sich dabei handelt, ist nicht ermittelbar. Auch der Begriff Gesamtkoloniezahl darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass es nicht möglich ist, alle vermehrungsfähigen Mikroorganismen in einer Probe nachzuweisen. Darüber hinaus unterliegt das Mikroorganismenspektrum (Art und Anzahl der einzelnen Mikroorganismen) eines Kühlschmierstoffs auch permanenten Schwankungen. In Betriebsproben können z. B. nur eine einzige Mikroorganismenart oder viele verschiedene Arten in jeweils unterschiedlichen Konzentrationen vorkommen.

Die Luftproben wurden in Arbeitsbereichen genommen, in denen mit wassergemischten Kühlschmierstoffen umgegangen wird. Zu jeder Luftprobe im Arbeitsbereich erfolgte in der Regel auch eine Probennahme in der Außenluft als Referenzprobe.

Die Materialproben waren ausschließlich Betriebsproben unterschiedlicher wassergemischter Kühlschmierstoffe. Nicht zu jeder Materialprobe erfolgte auch gleichzeitig eine Luftprobennahme; somit ist ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Luft- und Materialproben nicht zwangsläufig gegeben.

Die Auflistung der Mikroorganismen erfolgt getrennt nach Bakterien- und Schimmelpilzarten alphabetisch und in Häufigkeitskategorien:

+++= sehr häufig(in Betriebsproben 20-mal oder häufiger nachgewiesen)
++= häufig(in Betriebsproben 10- bis 19-mal nachgewiesen)
+= selten(in Betriebsproben weniger als 10-mal nachgewiesen)

Die Untergrenze der Auflistung liegt bei einem Nachweis in mindestens 3 Proben. Bakterien- und Schimmelpilzarten, die nur ein- oder zweimal nachgewiesen wurden, sind in den Organismenlisten nicht enthalten.

Weiterhin erfolgen Angaben zum natürlichen Vorkommen der Mikroorganismen. Wie der Auflistung zu entnehmen ist, handelt es sich fast ausnahmslos um weitverbreitete Bakterien und Schimmelpilze aus der Umwelt (Wasser, Boden, Luft) oder vom Menschen (z. B. Abschilferungen der Haut), die den Risikogruppen 1 und 2 zugeordnet sind. "Klassische Krankheitserreger", z. B. nach dem Infektionsschutzgesetz, konnten nicht nachgewiesen werden. (siehe auch Abschnitt 4.1, 4.2)

Erläuterungen zu den Abschnitten A) und B)

()=Bei den in Klammern befindlichen Namen handelt es sich um ältere Bezeichnungen oder Synonyme des jeweiligen Organismus.
sp.=Abkürzung für Spezies; umfasst mehrere Arten, die in unterschiedliche Risikogruppen eingestuft sein können.

A) Organismenliste Bakterien

ArtVorkommen in"natürliches Vorkommen"
BakterienKühlschmierstoffLuft ArbeitsbereichAußenluft
Aerococcus urinae+++Urogenital-Trakt, Umwelt
Aerococcus viridans+Umwelt, Haut, Schleimhaut
Aeromonas veronii+Wasser
Alcaligenes faecalis-Gruppe++ubiquitär, Wasser, Boden
Bacillus cereus+ubiquitär, Boden
Bacillus licheniformis++Boden
Brevibacillus brevis (Bacillus b.)+Boden
Brevundimonas diminuta (Pseudomonas d.)++Wasser
Brevundimonas vesicularis (Pseudomonas v.)+++Boden, Wasser
Burkholderia cepacia (Pseudomonas c.)++ubiquitär, Wasser, Boden
Chromobacterium violaceum+Boden, Wasser
Chryseobacterium indologenes (Flavobacterium i.)+ubiquitär, Wasser, Boden
Citrobacter freundii+Darmbewohner
Comamonas testosteroni (Pseudomonas t.)++Boden
Corynebacterium propinquum++Haut, Schleimhaut
Corynebacterium pseudogenitalium+Urogenital-Trakt
Corynebacterium pseudotuberculosis+Umwelt, Boden
Corynebacterium sp.+++Boden, Pflanzen, Schleimhaut; einige Arten pathogen
Cupriavidus pauculus (Wautersia paucula, Ralstonia p.)+Umwelt
Kocuria kristinae (Micrococcus k.)+Boden, Haut, Urogenital-Trakt
Kocuria rosea (Micrococcus r.)++ubiquitär, typischer Luftkeim
Kytococcus sedentarius (Micrococcus s.)+Boden, Wasser, Haut
Micrococcus luteus+++++++ubiquitär, typischer Luftkeim
Micrococcus lylae+++++Boden, Wasser, Haut
Moraxella sp.+Schleimhaut; einige Arten pathogen
Ochrobactrum anthropi+ubiquitär, Wasser, Boden; Entzündungserreger
Pseudomonas aeruginosa++Wasser, Boden; Entzündungserreger
Pseudomonas alcaligenes+++ubiquitär, Wasser
Pseudomonas fluorescens+++ubiquitär, Wasser
Pseudomonas luteola++ubiquitär, Abwässer, feuchte Bereiche
Pseudomonas oleovorans subsp. lubricantis+ubiquitär; Wasser, Kühlschmierstoff
Pseudomonas oleovorans subsp. oleovorans (Pseudomonas pseudoalcaligenes)+++ubiquitär, Wasser, Kühlschmierstoff
Pseudomonas putida++ubiquitär, Wasser
Pseudomonas sp.+ubiquitär, Wasser, Boden
Shewanella putrefaciens (Alteromonas p.)+++ubiquitär
Sphingomonas paucimobilis (Pseudomonas p.)+++Boden
Staphylococcus auricularis++Haut
Staphylococcus epidermidis+Haut, Schleimhaut; Entzündungserreger
Staphylococcus haemolyticus++Haut, Schleimhaut
Staphylococcus hominis++Haut, Schleimhaut
Staphylococcus intermedius+Haut von Tieren; Entzündungserreger
Staphylococcus saprophyticus-Gruppe (subsp. saprophyticus oder bovis)+++++Mensch, Tier; Entzündungserreger
Staphylococcus sp.++ubiquitär, Wasser, Boden, Haut, Schleimhaut; einige Arten: Entzündungserreger
Staphylococcus warneri+Haut
Stenotrophomonas maltophilia (Pseudomonas m., Xanthomonas m.)+ubiquitär, Wasser
Streptococcus anginosus subsp. anginosus+Mundraum des Menschen
Streptococcus vestibularis+Mundraum des Menschen
Streptomyces thermoviolaceus+Boden, Holz
Trueperella pyogenes (Arcanobacterium pyogenes, Corynebacterium pyogenes, Actinomyces pyogenes)+Haut, Schleimhaut
Weeksella virosa+ubiquitär, Wasser, Boden

Nachweis Bakterien

Kultivierungsverfahren: Spatelverfahren und aerobe Bebrütung auf Casein-Soja-Pepton-(CaSo)-Agar bei 30 ˚C über mindestens 48 Stunden. Einzelne Arten, wie z. B. Pseudomonaden, wurden zusätzlich auf Selektivmedien angezüchtet. Identifizierung über standardisierte physiologische Testsysteme (z. B. API, Firma BioMerieux; Crystal, Firma Becton Dickinson) oder molekularbiologische (PCR/Sequenzierung) oder sonstige weiterführende Verfahren (z. B. MALDI-TOF).

B) Organismenliste Schimmelpilze

ArtVorkommen in"natürliches Vorkommen"
SchimmelpilzeKühlschmierstoffLuft ArbeitsbereichAußenluft
Acremonium strictum-Gruppe+Boden, Blätter, Heu; Feuchteindikator in Innenräumen
Alternaria alternata (Alternaria tenuis)++ubiquitär, Boden, Pflanzen, Lebensmittel
Aspergillus clavatus++ubiquitär, Boden, Kot, Getreide
Aspergillus flavus++Lebensmittel, organisches Material; Mykotoxinbildner
Aspergillus fumigatus+++++++++Boden, Kompost
Aspergillus nidulans+ubiquitär, Boden
Aspergillus niger+++++ubiquitär, Boden, Pflanzen
Aspergillus ochraceus oder Aspergillus westerdijkiae+ubiquitär, Boden, Kompost, Kaffeebohnen
Aspergillus restrictus-Gruppe+Innenraum, Lebensmittel
Aspergillus sp.++ubiquitär
Aspergillus versicolor++ubiquitär, Boden; Innenraumbelastung
Aureobasidium pullulans var. pullulans (Pullularia pullulans)+++ubiquitär, Pflanzen, Lebensmittel
Botrytis cinerea+++Pflanzenmaterial, Weintrauben (Edelfäule)
Chrysonilia sitophila+Pflanzen, Mehl, Futtermittel
Cladosporium cladosporioides+++ubiquitär, typ. für Außenluft
Cladosporium herbarum++++ubiquitär, typ. für Außenluft
Cladosporium sp.+++++++ubiquitär, typ. für Außenluft
Eurotium sp.+++ubiquitär, Boden, Innenraumbelastung
Fusarium oxysporum++feuchte Umgebung
Fusarium solani++ubiquitär, Boden, Pflanzen
Fusarium sp.+++Pflanzen, Boden, feuchte Umgebung
Fusarium verticillioides (Fusarium moniliforme)++ubiquitär, Getreide
Geotrichum sp.+Boden, Wasser, Abwässer, Sputum, saure Lebensmittel
Mucor racemosus++Boden, Lebensmittelverderber, Getreide, Mist, Kompost
Penicillium aurantiogriseum-Gruppe+Pflanzen, Boden
Penicillium brevicompactum+Lebensmittel, Weinkeller, Erde, Laub, Innenraum
Penicillium chrysogenum (Penicillium notatum)++++++ubiquitär, Innenraumbelastung, Lebensmittel
Penicillium chrysogenum-Gruppe+ubiquitär, Lebensmittel, Innenraum; Zersetzervon organischem Material
Penicillium corylophilum+Boden, Pflanzen, Lebensmittel
Penicillium rugulosum+Boden, Pflanzen, Innenraumbelastung
Penicillium sp.+++++++ubiquitär, feuchte Umgebung
Phoma betaeweltweit, Boden, Pflanzen, feuchte Innenräume
Trichoderma sp.+ubiquitär, Boden, Pflanzen, Holz, Innenraum, Lebensmittel
Ulocladium sp.+Boden, Pflanzen, Holz, Papier, Fasern, feuchte Innenräume
Wallemia sebi+Pflanzen, Innenraum, Haus-, Matratzenstaub, Lebensmittel

Nachweis Schimmelpilze

Kultivierungsverfahren: Spatelverfahren und aerobe Bebrütungauf DG-18- oder Malzextrakt-Agar bei 25 ˚C über 7 bis 14 Tage.

Aspergillus fumigatus auf MEA-Agar bei 37 ˚C.

Identifizierung anhand der Koloniemorphologie und mikroskopischer Präparate in Fachlaboratorien.

C) Bewertung der Organismenlisten

Bakterien

Im Artenspektrum der Luftproben aus dem Arbeitsbereich und der Außenluft finden sich durchaus Übereinstimmungen, sodass anzunehmen ist, dass ein Teil der nachgewiesenen Bakterien in der Luft im Arbeitsbereich aus der Außenluft stammt.

Es fällt jedoch auf, dass es kaum Übereinstimmungen zwischen den Bakterienarten aus den Kühlschmierstoff- und den Luftproben gibt.

Hierfür können mehrere Gründe in Frage kommen:

  • Da nicht zu jeder Materialprobe auch immer Luftproben durchgeführt werden, ist die Anzahl von Material- und Luftproben unterschiedlich. Daher ist ein direkter Vergleich von Material- und Luftproben am selben Arbeitsplatz nur eingeschränkt möglich.

  • Bei Material- und Luftproben handelt es sich um völlig unterschiedliche Probenahmeverfahren. Insbesondere bei Luftproben stellt die Probenahme selbst eine erheblichen "Stressfaktor" für Bakterien dar und es ist nicht auszuschließen, dass Bakterien nicht erfasst oder geschädigt werden, sodass kein weiteres Wachstum mehr erfolgt.

  • Bakterien sind Organismen, die zum Überleben Wasser/Feuchtigkeit benötigen; in der Luft sind sie in der Regel nicht über längere Zeit lebensfähig. Es ist davon auszugehen, dass vor allem gegenüber Austrocknung empfindlichere Arten den Prozess einer Luftprobenahme schlechter überleben (s. o.).

  • Aufgrund von technischen Umgebungsbedingungen, wie Einhausung von Anlagen, Maschinenabsaugung, werden Bakterien aus den Kühlschmierstoffen zurückgehalten und nicht in die Umgebungsluft freigesetzt.

In Kühlschmierstoffproben werden vorrangig Bakterienarten der Gattung Pseudomonas nachgewiesen; die Art Pseudomonas oleovorans oleovorans (alter Name: Pseudomonas pseudoalcaligenes) ist am häufigsten.

Pseudomonaden sind als "typische Wasserkeime" sehr empfindlich gegenüber Austrocknung und können in der Luft nur eine begrenzte Zeit überleben. Daher findet man sie nur selten in Luftproben.

Auch Kokken, wie Micrococcus luteus, die auch in der Luft sehr verbreitet sind, können in Kühlschmierstoffproben vorkommen.

In der Luft im Arbeitsbereich und in der Außenluft dominieren neben den bereits erwähnten Mikrokokken(Micrococcus luteus, Micrococcus lylae) insbesondere auch Staphylokokken. Viele dieser Arten sind natürliche Besiedler von Mensch und Tier und werden über Hautabschilferungen in die Luft getragen, wie z. B. Staphylococcus saprophyticus, St. hominis, St. epidermidis.

Ebenso typisch für die Luft sind Bacillus-Arten wie z. B. Bacillus cereus.

Schimmelpilze

Bei den Schimmelpilzen überwiegen sowohl in der Luft am Arbeitsbereich als auch in der Außenluft die typischen Vertreter wie Cladosporium, Penicillium und Aspergillus-Arten, sodass man davon ausgehen kann, dass die nachgewiesenen Schimmelpilze im Arbeitsbereich aus der Außenluft stammen. Einige der genannten Arten sind auch Bestandteile von "Biofilmen".

Andererseits kann nicht ausgeschlossen werden, dass diese Arten als "Anflugsporen", d. h. durch Einflug von Sporen in Kühlschmierstoffsysteme gelangen und bei einer Probenahme erfasst werden, ohne dass zwangsläufig eine Besiedlung des Kühlschmierstoffs vorliegen muss.

Aus Kühlschmierstoffproben sind am häufigsten Fusarien nachweisbar, sowohl in "Biofilmen" als auch in der Emulsion ("fließende Welle"). Da ihre Sporen nicht gut luftgängig sind, werden sie in Luftproben nicht nachgewiesen.

Schwarze Hefen, wie z. B. Aureobasidium pullulans, werden nur selten aus Kühlschmierstoff-Proben isoliert.