DGUV Information 209-024 - Minimalmengenschmierung in der spanenden Fertigung

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Abschnitt 3.2 - Kauf von Neumaschinen, Nachrüstung und Umrüstung

Bei Nachrüstung, Umrüstung, etc. müssen gemäß europäischer Maschinenrichtlinie grundlegende Dinge beachtet werden. Diese sind im Folgenden beschrieben.

3.2.1
Erläuterung wichtiger Begriffe

CE-Kennzeichnung

Der Hersteller einer verwendungsfertigen Maschine ist verpflichtet, die Übereinstimmung seines Produktes mit den Anforderungen aller zutreffenden europäischen Richtlinien (z.B. Maschinenrichtlinie, EMV-Richtlinie) schriftlich zu erklären ("EG-Konformitätserklärung"). Dadurch bestätigt der Hersteller, dass seine Maschine die grundlegenden Sicherheitsanforderungen, also auch die Anforderungen für den Brand- und Explosionsschutz erfüllt. Dies wird als sichtbares äußeres Zeichen durch die Anbringung des CE-Zeichens an der Maschine zum Ausdruck gebracht.

Risikobeurteilung

Im Rahmen der CE-Kennzeichnung ist der Hersteller verpflichtet, eine Risikobeurteilung über alle von seiner Maschine ausgehenden Gefahren anzufertigen. Es müssen dabei alle Gefahren und die getroffenen Gegenmaßnahmen während des gesamten Lebenszyklus einer Maschine von der Herstellung bis zur Demontage berücksichtigt werden.

Bestimmungsgemäße Verwendung

In der Betriebsanleitung muss unter anderem die bestimmungsgemäße Verwendung der Maschine beschrieben sein. Die bestimmungsgemäße Verwendung beschreibt den Zweck, für den die Maschine konzipiert wurde und für den sie (im Rahmen der durch den Hersteller vorgesehenen Betriebsarten) eingesetzt werden darf. Es empfiehlt sich daher, die bestimmungsgemäße Verwendung genau zur Kenntnis zu nehmen und zu überlegen, ob die beabsichtigte Verwendung der Maschine damit abgedeckt wird.

Wesentliche Veränderung

Eine Veränderung der Maschine gilt als "wesentlich" wenn sie zu einer Risikoerhöhung führt, die ein neues Sicherheitskonzept an der Maschine erfordert (siehe nachfolgende Abbildung). Wird die Maschine "wesentlich verändert" hat dies zur Folge, dass sie als Neumaschine eingestuft wird und somit eine EG-Konformitätserklärung ausgestellt und die Maschine mit dem CE-Zeichen gekennzeichnet werden muss. Wer also Maschinen durch An- oder Umbauten "wesentlich verändert" wird im Sinne der EG-Maschinenrichtlinie wie ein Hersteller tätig und muss die Konformität der umgebauten Maschine mit allen zutreffenden europäischen Richtlinien (z.B. Maschinenrichtlinie, EMV-Richtlinie) neu erklären. Achtung: Dies gilt auch für so genannte Altmaschinen, also Maschinen, die noch nach alten Vorschriften vor dem Inkrafttreten der Maschinenrichtlinie im Jahr 1993 in den Verkehr gebracht worden sind und noch nicht CE-gekennzeichnet waren.

Für den Begriff "Wesentliche Veränderung" existiert keine gesetzliche Definition. Es muss daher im Einzelfall überprüft werden, ob es sich bei vorgenommenen Änderungen um "wesentliche" Veränderungen handelt. Die folgende Abbildung soll demjenigen, der eine Umrüstung vornimmt eine Hilfestellung geben, wie eine Entscheidung, ob es sich um eine wesentliche Veränderung handelt getroffen werden kann.

3.2.2
Kauf von neuen Maschinen für die MMS-Bearbeitung

Wesentliche Veränderung einer Maschine

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Beim Kauf von neuen Maschinen sollte sich der Anwender davon überzeugen, dass seine Anwendung im Rahmen der bestimmungsgemäßen Verwendung liegt. Anhand der Betriebsanleitung oder durch Rücksprache mit dem Hersteller sollte daher abgeklärt werden, ob die Maschine für MMS-Anwendungen geeignet ist. Eventuell ist hierfür dann eine Zusatzausrüstung erforderlich. In aller Regel wird die Zusatzausrüstung aus einer Absauganlage bestehen. Um ein zur Maschinenrichtlinie konformes Gesamtsystem, bestehend aus Maschine und Absauganlage*, zu erhalten, sind folgende Vorgehensweisen hilfreich:

  • Die Maschine wird inklusive Absauganlage bestellt. Der Hersteller ist für die Konformität des Gesamtsystems Maschine-Absauganlage verantwortlich und nimmt die CE-Kennzeichnung vor.

  • Der Anwender möchte die Absauganlage separat von einem anderen Hersteller erwerben oder an eine bereits vorhandene Absauganlage anschließen. In diesem Fall bestellt er eine Maschine, die für MMS-Bearbeitung zwar nicht verwendungsfertig, jedoch grundsätzlich geeignet ist. Die Maschine wird in dieser Form bestimmungsgemäß nur für eine Bearbeitung ohne Absaugung einsetzbar sein. Die CE-Konformitätserklärung ist mitgeliefert und das CE-Zeichen auf der Maschine angebracht. In der Betriebsanleitung erklärt der Hersteller, unter welchen Umständen eine MMS-Bearbeitung möglich ist und welche Parameter (z.B. Volumenstrom, Luftwechselzahl) hierbei eingehalten werden müssen. Außerdem sollte der Hersteller in der Dokumentation eine genaue Schnittstellenbeschreibung zum Anschluss der Absauganlage mitliefern. Mit der unter anderem vorgegebenen Absauganlage kann dann der Betreiber die Maschine bestimmungsgemäß für die MMS-Bearbeitung verwenden. Die Absauganlage kann entweder Bestandteil des Gebäudes sein oder einzeln mit CE-Kennzeichnung oder als Standgerät (ebenfalls mit CE-Kennzeichnung) beigestellt werden. In allen genannten Fällen muss gewährleistet sein, dass die Absaugung bei MMS-Bearbeitung "sicher" funktioniert. Dies kann z.B. durch ausreichend kurz bemessene Wartungsintervalle der Absaugung oder Einbindung eines Störungswächters oder einer Konzentrationsüberwachung in den Not-Halt-Kreis der Maschine erreicht werden.

3.2.3
Vorhandene Maschinen umrüsten

Die Umrüstung von bereits vorhandenen Maschinen auf Minimalmengenschmierung kann von der einfachen Nachrüstung von Dosiergeräten bis zum Eingriff in die Maschinensteuerung reichen. Jede Veränderung an der Maschine sollte daraufhin überprüft werden, ob sie zu einer Risikoerhöhung führt, z.B. kann eine durch Minimalmengenschmierung mögliche höhere Bearbeitungsgeschwindigkeit zu zusätzlichen Risiken durch Feinabrieb führen; ein Eingriff in die Maschinensteuerung kann sicherheitsrelevante Funktionen betreffen. Somit stellt sich bei jeder Änderung an einer Maschine die Frage, ob eine wesentliche Änderung nach Abschnitt 3.2.1 vorliegt. Es empfiehlt sich daher folgende Vorgehensweisen einzuhalten:

Umrüstung beauftragen

Wird die Umrüstung nicht selbst vorgenommen, sondern beauftragt, sollte der Auftragnehmer unbedingt auf die Thematik "wesentliche Änderung" hingewiesen werden. Es sollte eine entsprechende Überprüfung und Bestätigung verlangt werden, ob er bei der Umrüstung eine wesentliche Änderung vornimmt. Oder es sollte von vorneherein vertraglich festgelegt werden, dass der jeweilige Auftragnehmer für die Konformität der umgerüsteten Maschine mit den relevanten europäischen Richtlinien verantwortlich ist. Der Auftraggeber kann so vermeiden, selbst die Konformitätsverantwortung zu übernehmen, die CE-Kennzeichnung vorzunehmen und die EG-Konformitätserklärung auszustellen. Dies empfiehlt sich insbesondere bei der aufwändigeren Umrüstung auf Minimalmengenschmierung mit innerer Zuführung.

Selbst umrüsten

Wird die Umrüstung auf Minimalmengenschmierung selbst vorgenommen, sollte mit Hilfe einer Risikobeurteilung, gegebenenfalls in Rücksprache mit dem Hersteller oder einer zuständigen Prüfstelle (BG-Grundsatz: Aufgabenbereiche der Prüf- und Zertifizierungsstellen im BG-PRÜFZERT [BGG 903]), ermittelt werden, ob sich eine Risikoerhöhung ergibt. Das Ablaufschema in Abschnitt 3.2.1 dient als Unterstützung um festzustellen, ob eine wesentliche Veränderung vorliegt oder nicht. Im Falle einer wesentlichen Veränderung gilt der Anwender rechtlich als Hersteller und muss die Konformität neu erklären und die umgerüstete Maschine mit dem CE-Zeichen versehen. Hilfestellung zur Risikobeurteilung gibt die DIN EN 14121-1.

Die am Beispiel der Absauganlage aufgezeigten Vorgehensweisen gelten sinngemäß auch für alle anderen für die MMS-Bearbeitung eventuell erforderlichen Zusatzaustattungen der Maschine.