DGUV Information 215-510 - Beurteilung des Raumklimas Handlungshilfe für kleine und mittlere Unternehmen

Online-Shop für Schriften

Jetzt bei uns im Shop bestellen

Jetzt bestellen

Abschnitt 3.1 - 3.1 Stufe 1: Raumklimabeobachtung mittels Fragebogen zur Bewertung des Raumklimas

Erfahrungsgemäß sind in vielen Fällen die Raumklimaprobleme leicht erkennbar. Lösungsmöglichkeiten können auch ohne den Einsatz von Fachleuten gefunden und umgesetzt werden. Dazu reicht es zunächst aus, selbst die Arbeits- und Raumklimasituation zu beobachten, zu bewerten und gegebenenfalls Verbesserungsmaßnahmen zu ergreifen.

Die Raumklimabeobachtung (Stufe 1) soll in die Lage versetzen:

  • Informationen über die allgemeine Arbeitssituation, die Arbeitsbedingungen und damit einhergehende Raumklimabedingungen zu sammeln

  • technische und organisatorische Maßnahmen festzulegen, die unmittelbar umgesetzt werden können, um Gefährdungen durch das Raumklima zu vermindern

  • zu bestimmen, ob eine "Raumklimaanalyse" (Stufe 2) notwendig ist

Zunächst ist die jeweilige Arbeitssituation oder Arbeitsbedingung zu benennen, von der bekannt oder bei der wahrscheinlich ist, dass bei dieser ein Raumklimaproblem auftritt.

Dann werden die Beschäftigten befragt, da sie die Arbeitssituation am besten kennen. Dabei ist mit dem Fragebogen zur Bewertung des Raumklimas (siehe Anhang 1) die Situation anhand der vorgegebenen Fragen zu bewerten.

Bei wechselnden Raumklimasituationen (tageszeitlich, jahreszeitlich) wird empfohlen, auch den ungünstigsten Fall zu berücksichtigen. Dieser sollte aber relevant auf das zu beobachtende Raumklima bezogen sein.

Die bei der Raumklimabeobachtung festgestellten Bewertungen dürfen nicht gemittelt werden! Jede Situation/jedes Problem ist getrennt zu bewerten.

Es ist anzumerken, dass es bei diesem Vorgehen nicht nur auf die Bewertung ankommt, sondern auch auf das Auffinden der Gründe, die zu dieser Bewertung führen und die Feststellung, ob und wie die Situation verbessert werden kann.

Die Bewertung ist so angelegt, dass die Null in jedem Falle der optimalen Situation (geringste Belastung) entspricht.

Falls ein oder mehrere Parameter hiervon abweichen, sollten Maßnahmen getroffen werden. Je stärker die Abweichung von Null ausfällt, umso dringender ist die Suche nach Lösungen.

Eine beispielhafte Auflistung möglicher Maßnahmen findet sich in Anhang 2.

Unter Berücksichtigung der Maßnahmen kann anhand des Fragebogens die künftige Situation erneut bewertet werden. Ist diese Vorhersage schwer zu treffen, erscheint sie unzuverlässig oder weicht die künftige Situation von Null ab, so weist dies darauf hin, dass es einer weitergehenden Raumklimaanalyse nach Abschnitt 3.2 bedarf, um das Gefährdungspotenzial abzuschätzen und zusätzliche Maßnahmen zu bestimmen.

Anzumerken ist, dass sich eine Abweichung vom Optimum aus arbeitstechnischen, sicherheitstechnischen oder technologischen Gründen ergeben kann.

Beispiele für das Abweichen vom Optimum:

  • Arbeiten in Kühlräumen bei -5 °C Lufttemperatur (Bewertung -3). Hier muss geprüft werden, ob die Kältebelastung durch organisatorische (Aufenthaltszeiten, Aufwärmphasen) oder personenbezogene Schutzmaßnahmen (Bekleidung) kompensierbar ist. Die Lufttemperatur und damit auch die diesbezügliche Bewertung lassen sich hingegen nicht ändern.

  • Aus arbeitstechnischen Gründen vorgegebene körperliche Arbeit, ohne Möglichkeiten einer kurzfristigen Reduzierung.

  • Aus sicherheitstechnischen Gründen erforderliche spezielle Bekleidung, z. B. gegen Feuchte, Chemikalien, Hitze, Strahlung, Kälte.

In den vorgenannten oder ähnlich gelagerten Beispielen ist auf jeden Fall eine sorgfältige Abwägung zwischen der Abweichung vom Optimum und den Gründen hierfür zu treffen. In Zweifelsfällen (wenn beispielsweise ein zusätzlicher Parameter vom Optimum abweicht) empfiehlt sich auch hier eine weitergehende Raumklimaanalyse durch Fachleute.

Das folgende Ablaufschema zeigt die Vorgehensweise zur Beurteilung des Raumklimas.

bgi-7003_abb01.jpg

Abb. 1 Ablaufschema zur "Beurteilung des Raumklimas".

** Gegebenenfalls Anhang 4 und 6 (Büroarbeitsplätze und ähnliche Arbeitsplätze) und Anhang 5 (Raumlufttechnische Anlagen) beachten!

3.1.1 Wärmebelastete Arbeitsplätze - Risikograph Klima

Wärmebelastete Arbeitsplätze können dann gegeben sein, wenn Lufttemperaturen über 26 °C (Bewertung 1 oder darüber) und gegebenenfalls relative Luftfeuchten über 50 % (Bewertung 0 oder darüber) generell oder über längere Zeiträume vorliegen.

Es besteht dann die Möglichkeit, an diesen Arbeitsplätzen mittels einfacher Messung von Lufttemperatur und relativer Luftfeuchte und mittels Anwendung des "Risikograph Klima - wärmebelastete Arbeitsplätze" genauere Informationen über die Raumklimasituation zu erhalten, ohne eine Raumklimaanalyse zu veranlassen.

Dies ist allerdings nur dann möglich, wenn gleichzeitig folgende Bedingungen nach Anhang 1 eingehalten sind:

  • keine oder nur geringe Wärmestrahlung erkennbar (Bewertung 0 oder 1),

  • keine Zugerscheinungen (Bewertung 0),

  • leichte Arbeit (Bewertung 0 oder 1)

und

  • leichte, die Arbeit nicht behindernde Bekleidung (Bewertung 0).

Die gemessene Lufttemperatur und relative Luftfeuchte werden in den "Risikograph Klima" eingetragen.

Beispiel (siehe auch Anhang 3):

Bei einer gemessenen Lufttemperatur von 30 °C und relativen Luftfeuchte von 50 % ergibt sich zunächst Schnittpunkt 1. Schnittpunkt 2 ergibt sich, indem eine waagerechte Gerade vom Schnittpunkt 1 zum linken Rand des Diagramms gezogen wird. Der Punkt 3 ergibt sich aus der gemessenen Lufttemperatur von 30 °C. Verbindet man die Punkte 2 und 3 durch eine Gerade, so wird der grün-gelb-rot markierte Bereich geschnitten.

bgi-7003_abb02.jpg

Liegt der Schnittpunkt im gelben Bereich, wie im Beispiel dargestellt, sind Maßnahmen angezeigt. In der Regel handelt es sich hierbei um Maßnahmen zur Reduzierung der erhöhten Lufttemperatur oder relativen Luftfeuchte.

Liegt der Schnittpunkt im grünen Bereich, so sind keine weiteren Maßnahmen angezeigt. Liegt der Schnittpunkt im roten Bereich, ist ein Hinweis auf einen möglichen Hitzearbeitsplatz gegeben. Hier liegt erhöhter Handlungsbedarf vor. Gegebenenfalls ist eine weitergehende Raumklimaanalyse unter Hinzuziehung von Fachleuten erforderlich.

ccc_1944_20161201_04.jpgSiehe auch DGUV Information 213-002 "Hitzearbeit erkennen - beurteilen - schützen".

Der Bereich behaglicher Lufttemperatur und relativer Luftfeuchtigkeit liegt bei 22 °C +/- 2 °C und 45 % +/- 15 %. Die im Diagramm des Risikographs Klima grün markierte Fläche kennzeichnet diesen Bereich. Unter den vorstehend genannten Einschränkungen wäre dies der an Arbeitsplätzen generell anzustrebende Raumklimazustand aus Lufttemperatur und relativer Luftfeuchtigkeit. Anzumerken ist, dass die Beurteilung von Büroarbeitsplätzen und ähnlichen Arbeitsplätzen nach Abschnitt 3.1.4 und Anhang 4 vorzunehmen ist.

3.1.2 Kältebelastete Arbeitsplätze

Bei Lufttemperaturen unterhalb von +10 °C liegen kältebelastete Arbeitsplätze vor (Bewertung -1 oder darunter). Dort können in Abhängigkeit von den Lufttemperaturen besondere Maßnahmen notwendig werden. Gesundheitliche Risiken infolge Kälteeinwirkung können in diesen Bereichen beispielsweise durch Benutzung entsprechender Bekleidung oder Verkürzung der Expositionszeit reduziert werden.

ccc_1944_20161201_04.jpgSiehe auch DIN 33 403-5 "Klima am Arbeitsplatz und in der Arbeitsumgebung - Teil 5: Ergonomische Gestaltung von Kältearbeitsplätzen".

Bei Zugerscheinungen infolge kalter Luft (Bewertung -2) sind die Ursachen hierfür zu ermitteln und gegebenenfalls zu beseitigen. Beispielhafte Maßnahmen sind in Anhang 2 aufgeführt.

3.1.3 Tätigkeiten mit wechselnden klimatischen Belastungen

Gesundheitlich problematisch sind Arbeiten mit abwechselndem Aufenthalt in warmen und kalten Bereichen. Dies trifft insbesondere für den Wechsel vom warmen in den kalten Bereich zu. Auch wenn der Aufenthalt im kalten Bereich nur kurzzeitig notwendig ist, sollte entsprechend isolierende Bekleidung benutzt werden.

3.1.4 Büroarbeitsplätze und ähnliche Arbeitsplätze

An Büroarbeitsplätzen und ähnlichen Arbeitsplätzen sollte ein behagliches Raumklima angestrebt werden. Bei diesem Raumklimazustand stehen die vom Menschen gebildete Wärme und die erforderliche Wärmeabgabe an das Umfeld im Gleichgewicht. Subjektiv empfindet man diesen Zustand als klimaneutral, d. h. man hat weder ein Bedürfnis nach kühleren noch nach wärmeren Umgebungsbedingungen. Allerdings ist die Schwelle zur Unzufriedenheit mit dem Raumklima gerade im behaglichen Bereich niedrig.

Das Raumklima kann örtlich ungünstig durch z. B. Sonneneinstrahlung, PC-Abwärme sowie kalte oder warme Oberflächen beeinflusst werden. Für Büroarbeitsplätze und ähnliche Arbeitsplätze wird der "Fragebogen zur Bewertung des Raumklimas an Büroarbeitsplätzen und ähnlichen Arbeitsplätzen" (Anhang 4) empfohlen. Hier werden Hinweise zu Maßnahmen und zum Einsatz von Fachleuten gegeben. Zur weiteren Abklärung kann der Fragebogen "Raumlufttechnische Anlagen" (Anhang 5) herangezogen werden.

Je nach Ausführung, Ausstattung und Nutzung eines Raumes können zusätzliche Faktoren wirksam werden. Dies können chemische Faktoren, mikrobiologische Faktoren sowie Gerüche sein. Der Fragebogen "Innenraumbelastung an Büroarbeitsplätzen und ähnlichen Arbeitsplätzen" in Anhang 6 gibt einfache Hinweise auf diesbezügliche Probleme. Dieser soll helfen, mögliche Ursachen zu erkennen, um deren negative Auswirkungen zu beseitigen oderzu mindern.

ccc_1944_20161201_04.jpgSiehe auch Report"Innenraumarbeitsplätze - Vorgehensempfehlung für die Ermittlungen zum Arbeitsumfeld"; online unter www.dguv.de Webcode: d6274.