Abschnitt 6 - Eigenherstellung von Geräten und Anlagen für Forschungszwecke
Bei der Eigenherstellung von Geräten und Anlagen für Forschungszwecke ist folgendes Verfahren anzuwenden:
6.1
Einstufung des Gerätes: Unter welche Verordnung (ProdSV) zum ProdSG fällt es? Ist eine CE-Kennzeichnung erforderlich?
ja: Schritte 6.2 bis 6.7 abarbeiten,
nein: Schritte 6.2 bis 6.6 abarbeiten
6.1.1.
Die Maschinenverordnung (9. ProdSV) gilt nicht für Maschinen, die speziell für Forschungszwecke konstruiert und gebaut wurden und zur vorübergehenden Verwendung in Laboratorien bestimmt sind.
6.2
Risikobeurteilung durchführen (z. B. nach DIN EN ISO 12100: 2011-03)
6.3
Normenanwendung klären und umsetzen (Werkstoffauswahl, Dimensionierung, Sicherheitsbauteile etc.)
6.4
Technische Dokumentation zusammenstellen, diese verbleibt beim Hersteller
6.5
Ggf. benannte Stelle einbeziehen (siehe Glossar und Anhang IV der Maschinenrichtlinie)
6.6
Betriebsanleitung (bzw. Montageanleitung bei unvollständigen Maschinen) erstellen, diese ist dem Betreiber auszuhändigen. Die Betriebsanleitung ist in den Sprachen zu verfassen, die vom Betreiber akzeptiert und von den Benutzerinnen und Benutzern verstanden werden. Dies ist vertraglich festzulegen.
6.7
Konformitäts- bzw. Einbauerklärung erstellen, unterschreiben lassen (Unternehmensleitung) und gegebenenfalls erforderliches CE-Zeichen anbringen (Anhänge 1 und 2)
Bei der Unterschrift ist es sinnvoll, neben der fachlichen Überprüfung eine formelle Kontrolle durchzuführen (Anhang 5).
Abb. 2 Flussdiagramm Herstellung von Geräten und Anlagen für Forschungszwecke
Die verantwortliche Person muss dafür sorgen, dass das Verfahren eingehalten wird. Die Verantwortlichkeiten für die technische Umsetzung der einzelnen Entwurfs- und Herstellungsschritte sollten schriftlich dokumentiert sein. Das beschriebene Verfahren ist auch bei Kollaborationsverträgen einzuhalten.
Die Unterlagen nach Punkt 6.2 bis 6.6 sind immer zu erstellen.
Bei Experimenten mit sehr verschiedenen Bauteilen/Baugruppen ist eine Differenzierung erforderlich:
Testeinrichtungen (z. B. motorisch betriebene Probenhalter), sind einzeln oder in kleiner Serie gebaute Hilfseinrichtungen, Baugruppen oder modifizierte Serienteile für eine primäre Experimentiereinrichtung, bei denen im Einzelfall über eine Zertifizierungspflicht zu entscheiden ist. Ein Kriterium ist dabei die Gefahr, zum Beispiel auftretende Kräfte (siehe DIN EN 12453: 2017-11: maximal auftretende Kraft von 150 N auf eine Prüffläche von 80 mm Durchmesser) oder elektrische Gefährdung (maximale Berührungsspannung 50 V Wechselspannung).
Zusatzteile sind aus Industriefertigung hinzu gekaufte Serienteile (Pumpen, Antriebe, Netzteile etc.) sowie eindeutig als Maschinen zu definierende Zusatzteile, diese unterliegen immer der CE-Zertifizierung; darunter fällt auch die Labor- und Werkstättenausrüstung: Werkzeugmaschinen, Geräte, Messinstrumente.
Erläuterung zu "Maschinen, die speziell für Forschungszwecke konstruiert und gebaut wurden und zur vorübergehenden Verwendung in Laboratorien bestimmt sind" (9. ProdSV):
Zur vorübergehenden Verwendung im Laboratorium bedeutet: Nicht dauerhaft. Maßgebend für die Betrachtung ist dabei die Gesamtdauer des Experiments. Unter "vorübergehend" ist in der Regel ein Zeitraum von nicht mehr als drei Jahren zu verstehen.
Unter Laboratorien in Forschungseinrichtungen sind neben Laboratorien im engeren Sinne (vgl. DGUV Information 213-850 "Sicheres Arbeiten in Laboratorien") auch weitere Bereiche (Bauten oder Areale) zu verstehen, in denen Experimente durchgeführt werden. Diese Bereiche sind z. B. Versuchshallen (Abb. 3), Bauten für Experimente und Teilchenbeschleuniger (Abb. 4 und 5) sowie Areale für Feldforschung und Freiluft-Experimente (Abb. 6).
Abb. 3 Versuchshalle
Abb. 4 Bau für S3-Experimente
Abb. 5 Teilchenbeschleuniger
Abb. 6 Polarforschungsstation