DGUV Information 203-043 - Beeinflussung von Implantaten durch elektromagnetische Felder

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Abschnitt 5.5 BGI/GUV-I 511 - Ermittlung und Bewertung der Störbeeinflussung

Die Ermittlung und Bewertung der Störbeeinflussbarkeit eines Herzschrittmachers kann nach folgenden Verfahren erfolgen:

  • Vergleich der Exposition mit zulässigen Werten,

  • Überprüfung und Bewertung anhand der Herzschrittmacheraktion eines implantierten Herzschrittmachers mittels Untersuchungen am Arbeitsplatz,

  • Überprüfung und Bewertung anhand der Herzschrittmacheraktion eines implantierten Herzschrittmachers mittels Messungen im Labor.

Um die Störbeeinflussung eines implantierten Herzschrittmachers ermitteln und bewerten zu können, sind spezielle Kenntnisse sowohl auf dem Gebiet elektromagnetischer Felder als auch auf dem Gebiet der Medizin/Medizintechnik notwendig.

5.5.1 Vergleich der Exposition mit zulässigen Werten

Werden vom Implantathersteller keine implantatspezifischen zulässigen Werte angegeben, lassen sich diese durch unterschiedliche Verfahren feststellen.

5.5.1.1 Anwendung der Norm E DIN VDE 0848-3-1

In der Norm E DIN VDE 0848-3-1 "Sicherheit in elektrischen, magnetischen und elektromagnetischen Feldern; Teil 3-1: Schutz von Personen mit aktiven Körperhilfsmitteln im Frequenzbereich von 0 Hz bis 300 GHz" sind Störschwellen angegeben, bei deren Einhaltung eine Beeinflussung von Herzschrittmachern ausgeschlossen werden kann. Aus den Störschwellen und der programmierten Wahrnehmungsschwelle (dokumentiert im Herzschrittmacherpass) lassen sich mit Hilfe der angegebenen Umrechnungsformeln zulässige Spitzenwerte elektrischer und magnetischer Felder bestimmen.

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In Anhang 4 ist die Ermittlung zulässiger Werte nach E DIN VDE 0848-3-1 beschrieben.

Hinweis:

Die in der E DIN VDE 0848-3-1 genannten Sicherheitswerte beziehen sich auf Implantate mit unipolaren Elektrodensystemen (ungünstigster Fall).

5.5.1.2 Ermittlung zulässiger Werte anhand individueller Implantateigenschaften

Die in der Norm E DIN VDE 0848-3-1 festgelegten Werte sind meist zu restriktiv, da sie auf vereinfachten Modellen mit ungünstigen Körpergeometrien basieren.

Sind die Implantateigenschaften bekannt, lassen sich individuelle zulässige Werte ermitteln (siehe Anhang 3).

Für die Ermittlung eines individuellen zulässigen Wertes ist es relevant, ob es sich um ein einkanaliges oder ein mehrkanaliges Herzschrittmachersystem handelt. Dabei sind insbesondere die Betriebsart, die programmierte Empfindlichkeit, die Anzahl und Art der verwendeten Elektroden (uni-/bipolar) sowie die tatsächlichen wirksamen Schleifenflächen relevant.

Die tatsächlichen wirksamen Schleifenflächen sollten nach Möglichkeit anhand von Röntgenbildern bestimmt werden und in die Berechnung der Störschwelle einfließen.

In Anhang 4 ist die Ermittlung zulässiger Werte anhand des individuellen Herzschrittmachersystems beschrieben.

5.5.2 Überprüfung und Bewertung anhand der Herzschrittmacheraktion eines implantierten Herzschrittmachers am Arbeitsplatz

5.5.2.1 Überprüfung mit Telemetriegerät/Programmiergerät

Der Herzschrittmacherträger befindet sich mit Telemetriegerät an seinem Arbeitsplatz bzw. in den Bereichen, in denen er sich während seiner Arbeitszeit und der Arbeitspausen aufhält. Über das intrakardiale EKG (IEKG) werden die herzeigenen Signale, die Markerkanäle und die induzierten Störspannungen beobachtet und aufgezeichnet. Hierzu muss das Telemetrie-/Programmiergerät störfest sein. Die ermittelten Daten sind von einem Mediziner dahingehend auszuwerten, ob ein ungestörter Betrieb des Herzschrittmachers am Arbeitsplatz gewährleistet ist.

5.5.2.2 Überprüfung mit EKG-Messgerät

Der Herzschrittmacherträger befindet sich mit EKG-Gerät an seinem Arbeitsplatz. Über das EKG werden die herzeigenen Signale sowie die Herzschrittmacheraktionen beobachtet und aufgezeichnet. Dazu muss das EKG-Messgerät entsprechend störfest sein (Messleitungen). Geeignet sind beispielsweise Geräte ohne Zuleitungen, wie sie in der Notfallmedizin verwendet werden.

Die ermittelten Daten sind von einem Mediziner dahingehend auszuwerten, ob ein ungestörter Betrieb des Herzschrittmachers am Arbeitsplatz gewährleistet ist.

5.5.3 Überprüfung der Störbeeinflussung mittels Messungen an einem Laborplatz

Der Herzschrittmacherträger wird unter Laborbedingungen definierten - entsprechend den am Arbeitsplatz gemessenen - elektrischen, magnetischen oder elektromagnetischen Feldern ausgesetzt, die über Leistungsverstärker und geeignete Spulen oder Elektroden erzeugt werden.

Mit den in Abschnitt 5.5.2 beschriebenen messtechnischen Untersuchungen lassen sich der ungestörte Betrieb und gegebenenfalls dessen Grenzen erkennen. Diese Untersuchungen müssen unter Aufsicht eines Kardiologen, der gegebenenfalls auch Veränderungen an den Einstellungen des Herzschrittmachers (Empfindlichkeit, Betriebsart) vornimmt, erfolgen.