DGUV Information 204-022 - Erste Hilfe im Betrieb

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Abschnitt 6.7 - 6.7 Weiterbildung

Ersthelfer oder Ersthelferinnen müssen auch dann helfen können, wenn eine bestimmte Gefährdung Kenntnisse und Fähigkeiten verlangt, die in der Erste-Hilfe-Aus- bzw. Fortbildung nicht vermittelt werden.

Rechtsgrundlagen:
§ 10 Abs. 2 Satz 2 Arbeitsschutzgesetz
§ 26 Abs. 4 der DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention"

Die Ausbildung in Erster Hilfe erstreckt sich auf einfache, vom Laien leicht erlern- und beherrschbare, ohne besondere Hilfsmittel durchzuführende Maßnahmen. Unfälle, z. B. infolge Einwirkens chemischer Stoffe, können jedoch Maßnahmen notwendig machen, die einzelnen Ersthelfern oder Ersthelferinnen zusätzlich vermittelt werden müssen.

Im Erste-Hilfe-Lehrgang wird die Erste Hilfe bei Vergiftungen und Verätzungen behandelt. Es werden jedoch nur einfache Maßnahmen gelehrt, ohne dass auf die besonderen Verhältnisse bei bestimmten gefährlichen chemischen Stoffen eingegangen wird, die vornehmlich in der Industrie und chemischen Laboratorien vorkommen. Dort, wo der Gefährdung infolge Einwirkens derartiger Stoffe nur durch besondere Maßnahmen oder Mittel begegnet, aber auch dort, wo hierdurch ein besserer Erfolg erreicht werden kann, bedarf es einer gezielteren und intensiveren Weiterbildung der Ersthelfer oder Ersthelferinnen.

Die Weiterbildung geeigneter Ersthelfer oder Ersthelferinnen kann insbesondere durch den Betriebsarzt oder die -ärztin entsprechend der im Einzelnen im Betrieb vorhandenen chemischen Stoffe erfolgen. Feststehende Weiterbildungsprogramme gibt es nicht.

Gegenstand der Weiterbildung dürften zunächst folgende Grundsätze sein:

  • Die Ersthelfer oder die Ersthelferinnen müssen über Art und Wirkungsweise der Gefahrstoffe, mit denen sie es im Ernstfall zu tun bekommen, unterrichtet sein.

  • Sie müssen darüber unterrichtet sein, wie sie sich selbst bei der Hilfeleistung gegen eine eigene Gefährdung zu schützen haben.

Folgende Maßnahmen müssen ihnen stets geläufig sein:

  • Verletzte unter Beachtung der eigenen Sicherheit aus Gefahrbereich in frische Luft bringen

  • bei lebensbedrohlichen Zuständen stets vorrangig übliche Notfallhilfe (Beatmung, Herz-Lungen-Wiederbelebung) gewähren (Ausnahme bei 4-DMAP-Gabe)

  • bei Verdacht auf Aufnahme eines Giftes durch die Haut und bei Einwirken ätzender Stoffe auf die Haut kontaminierte Kleidung entfernen, Haut ausgiebig mit Wasser spülen

  • stets chemischen Stoff angeben und für ärztliche Hilfe sorgen

Im Weiteren sind die Besonderheiten beispielsweise bei Einwirken folgender Stoffe zu behandeln:

  • Bei Augenverätzungen durch Laugen und Säuren kommt es darauf an, dass die Augen sofort ausgiebig mit Wasser gespült werden. Wo keine stationären Augenduschen zur Verfügung stehen, müssen Augenspülflaschen zur Hand sein.

  • Phenol muss sofort zur Vermeidung einer tödlichen Vergiftung von der Haut abgewaschen werden, am besten mit Polyethylenglykol 400.

  • Bei lokalen Verätzungen durch Flusssäure muss die Haut ausgiebig mit Wasser gespült und anschließend mit Calciumglukonat behandelt, bei großflächigen Verätzungen ein Calciumglukonat-Vollbad durchgeführt werden.

  • Die tödliche Folge einer Cyanwasserstoffvergiftung wird am sichersten durch 4-Dimethylaminophenol (4-DMAP) verhindert. Dies gilt auch bei Vergiftungen durch Schwefelwasserstoff, Methylmercaptan und ähnliche Verbindungen.

  • Eine Methanolvergiftung bekämpft man durch Ethylalkohol.

  • Bei Einwirken von Reizgasen ist es sehr wichtig, dass zunächst für absolute Körperruhe gesorgt und schnellstmöglich ein cortisonhaltiges Spray inhaliert wird. Diese Maßnahmen dürfen vor allem bei den auf den mittleren Atemtrakt wirkenden Reizgasen (z. B. Schwefeldioxid, Chlorgas, Bromgas, Phosgen und Diisocyanate) und den auf die unteren Atemwege wirkenden Reizgasen (z. B. nitrose Gase, Ozon, Stickstoffdioxid, Kobaltchlorid, Cadmiumoxidrauch und Zinkchlorid) nicht vergessen werden.

Bei entlegenen Arbeitsplätzen, die nicht in den üblichen Hilfsfristen errreicht werden können, sind weitere Beispiele für Weiterbildungen:

  • Erste Hilfe bei Offshorearbeiten, z. B. an Windkraftanlagen auf hoher See oder

  • spezielle blutstillende Maßnahmen, z. B. bei Forstarbeiten.

Welche Maßnahmen den Ersthelfern oder Ersthelferinnen im Einzelfall beizubringen sind, ist betriebsärztlich unter Berücksichtigung der betrieblichen Gegebenheiten anhand der Literatur und der einschlägigen Informationen der Unfallversicherungsträger in eigener Verantwortung zu entscheiden und Ersthelfer oder Ersthelferinnen sind gründlich weiterzubilden. Die Teilnahme an der Weiterbildungsmaßnahme sollte bescheinigt werden.