DGUV Information 204-022 - Erste Hilfe im Betrieb

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Abschnitt 3.3 - 3.3 Verantwortliche Personen - Übertragung von Pflichten

Verantwortlich für die betriebliche Erste Hilfe oder das betriebliche Rettungswesen ist nach § 21 Abs. 1 Sozialgesetzbuch VII der Unternehmer oder die Unternehmerin bzw. nach § 3 Abs. 1 Arbeitsschutzgesetz der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin (Alleininhaber, die Gesellschafter einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts oder die Vorstandsmitglieder eines nicht rechtsfähigen Vereins). Nach § 13 Abs. 1 Arbeitsschutzgesetz sind neben diesen auch andere Personen für die Erfüllung der dem Unternehmer oder der Unternehmerin obliegenden Arbeitsschutzpflichten verantwortlich. Zu nennen sind gesetzliche Vertreter bzw. Vertreterinnen von minderjährigen Unternehmensinhabern bzw. -inhaberinnen, das vertretungsberechtigte Organ einer juristischen Person wie der Vorstand einer Aktiengesellschaft oder Genossenschaft, das Mitglied eines solchen Organs oder der Geschäftsführer bzw. die Geschäftsführerin einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die vertretungsberechtigten Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft, z. B. einer offenen Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft.

Eine weitere Gruppe verantwortlicher Personen bilden Führungskräfte, die mit der Leitung eines Unternehmens oder eines Betriebs ganz oder zum Teil in eigener Verantwortung beauftragt sind und die in ihrem Aufgabenbereich selbstständig im Unternehmersinn Entscheidungen zu treffen haben. Ein Betrieb wird zum Teil geleitet, wenn es sich um einen organisatorisch und räumlich getrennten Unternehmensbereich wie eine Zweigstelle oder eine besondere Produktionsanlage handelt, aber auch, wenn innerhalb eines Großbetriebs die Werks- oder Abteilungsleitung die Aufgaben für diesen Bereich eigenverantwortlich wahrzunehmen hat. Es ist nicht notwendig, dass diese Leitungsorgane der oberen Ebene mit den Pflichten des Arbeitsschutzes bzw. der Unfallverhütung und der Ersten Hilfe ausdrücklich betraut werden. Die Wahrnehmung dieser Aufgaben ist Bestandteil der übertragenen Arbeitgeberfunktionen. Es ist jedoch zu Beweiszwecken angebracht, die Aufgaben und Befugnisse schriftlich zu fixieren, zum Beispiel im Geschäftsverteilungsplan eingehend zu beschreiben. Von dieser Gruppe müssen Personen der mittleren und unteren Führungsebene, wie Bereichsleitung, Meister bzw. Meisterinnen oder dergleichen, unterschieden werden, die ebenfalls unternehmerische Aufgaben des Arbeitsschutzes in eigener Verantwortung wahrnehmen. Sie bedürfen hierfür eines ausdrücklichen, d. h. schriftlichen Auftrags nach § 13 Abs. 2 Arbeitsschutzgesetz. Die Schriftform bedeutet nach § 126 Bürgerliches Gesetzbuch die Unterzeichnung durch eigenhändige Unterschrift des Auftraggebers. Bei ihnen knüpft die Verantwortlichkeit für den Arbeitsschutz nicht an die Übertragung von betrieblichen Führungsaufgaben an. Darüber hinaus müssen die Personen die übertragenen Aufgaben selbstständig und frei, d. h. in eigener Verantwortung erledigen können. Fachkunde und Zuverlässigkeit dieser Personen müssen gewährleistet sein. Zur Wirksamkeit der Pflichtenübertragung bedarf es einer Übernahmeerklärung desjenigen, der zu beauftragen ist. Diese muss nicht schriftlich erfolgen, sollte aber zum Zwecke der Rechtssicherheit als Verpflichtung im Arbeits- bzw. Dienstvertrag, als Hinweis auf den Organisationsplan oder in einer Zusatzvereinbarung in der durch § 13 der DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention" vorgesehenen Form festgehalten werden. Entsprechende Regelungen für Betriebe, die unter bergbehördlicher Aufsicht stehen, enthalten die §§ 58 bis 62 Bundesberggesetz sowie § 23 Allgemeine Bundesbergverordung.

Betriebsärzte oder -ärztinnen fallen nicht unter den in § 13 Arbeitsschutzgesetz aufgeführten Personenkreis. Sie haben im Betrieb - ausgenommen in ihrem eigenen Fachbereich gegenüber ihrem Hilfspersonal - nach dem Arbeitssicherheitsgesetz keine Anordnungsbefugnisse. Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe e) und Nr. 4 Arbeitssicherheitsgesetz haben sie die Unternehmen lediglich zu unterstützen, sie insbesondere bei der Organisation der Ersten Hilfe zu beraten und bei der Einsatzplanung und Schulung der Helfer mitzuwirken. Mit Rücksicht auf diese ihnen zugewiesenen Stabsfunktionen dürften den Betriebsärzten oder -ärztinnen im Allgemeinen keine Entscheidungs- und Weisungsbefugnisse zustehen, sodass sie für eine Pflichtenübertragung nicht ohne weiteres in Betracht kommen.

Bei den Unternehmerpflichten nach der DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention" ist zwischen solchen, die die Organisation des betrieblichen Rettungswesens betreffen und nicht ohne Einsatz finanzieller Mittel erfüllt werden können, und solchen zu unterscheiden, die mehr mit der Durchführung der Ersten Hilfe zusammenhängen und nicht entscheidend von bereitgestellten Mitteln abhängen, z. B. die Verpflichtung nach § 24 Abs. 4, Verletzte einem/einer von dem Unfallversicherungsträger bestimmten Arzt oder Ärztin zuzuleiten, oder die nach § 24 Abs. 6, die Erste Hilfe im Einzelfall zu dokumentieren, oder die nach § 4, die Versicherten über das Verhalten bei Arbeitsunfällen zu unterweisen.

Der fachliche Bezug dieser Pflichten lässt es direkt sinnvoll erscheinen, sie dem Betriebsarzt oder der -ärztin, die als Werksarzt oder -ärztin im Unternehmen angestellt sind, zu übertragen. Aber auch die anderen Pflichten aus der DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention" können ihm oder ihr im Einzelfall übertragen werden, wenn die notwendigen Entscheidungs- und Weisungsbefugnisse mit eingeräumt werden. Ob z. B. die Entscheidungsbefugnisse über die Errichtung eines Erste-Hilfe-Raumes oder die Installation besonderer Alarm- und Meldeeinrichtungen nach § 24 Abs. 1 in Verbindung mit § 25 Abs. 1 und 4 oder über Einrichtungen der Ersten Hilfe, die nicht ausdrücklich in der DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention" aufgeführt sind, wie etwa die Anlage eines Start- und Landeplatzes für Rettungshubschrauber oder die Anschaffung eines Rettungswagens oder auch die Befugnisse zur Einstellung von Betriebssanitätern oder -sanitäterinnen und zur Bestellung von Ersthelfern oder Ersthelferinnen gemäß §§ 26 und 27 zweckmäßigerweise auf den Betriebsarzt bzw. die -ärztin delegiert werden, hängt wesentlich von der Größe des Unternehmens, seiner Führungsstruktur, vom sonstigen Aufgabenbereich des Betriebsarztes oder der -ärztin und letzten Endes auch davon ab, welche Stellung ihm oder ihr im Unternehmen eingeräumt werden soll.