BGI/GUV-I 506 - In guten Händen. Ihre gesetzliche Unfallversicherung Aufgaben, Leistungen und Organisation

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Abschnitt 1 BGI/GUV-I 506 - I. Die gesetzliche Unfallversicherung - wer wir sind.
Organisation und Funktion

Die Wenigsten wissen, dass es sie gibt, doch für Viele steht sie ein: Die gesetzliche Unfallversicherung. Sie sichert ab bei Arbeits- und Wegeunfällen sowie Berufskrankheiten. Versichert sind neben Arbeitnehmern und Auszubildenden auch weitere Personengruppen, so Schüler in allgemein- und berufsbildenden Schulen, Studierende und Kinder in Tageseinrichtungen (Kitas) sowie land- und forstwirtschaftliche Unternehmer und ihre Familien. Mit rund 70 Millionen Versicherten stellt sie einen wichtigen Zweig der sozialen Sicherung dar.

Dennoch führt sie in der öffentlichen Wahrnehmung ein Schattendasein, dessen Grund denkbar einfach ist: Sie ist die einzige (Pflicht-)Versicherung, deren Versicherte keine Beiträge entrichten. Vielmehr kommen alleine ihre Arbeitgeber oder in Schule und Verwaltung der Bund, die Länder oder die Kommunen für die Kosten auf.

Damit sind gleich zwei Parteien abgesichert: Im Falle eines Wege-, Schüler- oder Arbeitsunfalls bzw. einer Berufskrankheit genießt der Versicherte vollen Schutz. Dies umfasst sowohl eine Akutversorgung als auch wenn nötig eine Rehabilitation sowie eine Entschädigung bzw. Rente. Zugleich sind Unternehmen und Einrichtungen, bei denen der Versicherte beschäftigt ist, von einer Haftung befreit - denn diese übernimmt vollständig die gesetzliche Unfallversicherung. Mit der Entrichtung der Beiträge und einer wirksamen Prävention kommt der Arbeitgeber somit seiner gesetzesmäßigen Verantwortung gegenüber seinen Mitarbeitern nach.

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Die gesetzliche Unfallversicherung handelt auf Grundlage des Sozialgesetzbuchs VII. Aufgabe der gesetzlichen Unfallversicherung ist zum einen die Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren. Zum anderen sorgt sie im Fall des Falles dafür, die Gesundheit und die Leistungsfähigkeit der Versicherten wiederherzustellen, und zwar mit allen geeigneten Mitteln.

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Karola Lindequist, Flugbegleiterin, Air Berlin:

"Ausgezeichneten Service können wir unseren Gästen nur dann bieten, wenn wir gesund sind. Dabei helfen uns die Präventionsangebote unserer Berufsgenossenschaft."

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Wie die gesetzliche Kranken-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung ist die gesetzliche Unfallversicherung ebenfalls eine Pflichtversicherung. Ihre Grundlage ist das Sozialgesetzbuch, insbesondere das Siebte Buch (SGB VII). Sie lässt sich durch keine private Unfall- oder Haftpflichtversicherung ersetzen.

Praxistipp:

Ein neues Unternehmen anmelden

Jeder Unternehmer muss für die Sicherheit und die Gesundheit seiner Mitarbeiter sorgen. Er ist verpflichtet, die Eröffnung seines Unternehmens spätestens nach einer Woche beim zuständigen Unfallversicherungsträger zu melden. Beiträge fallen nur dann an, wenn er Mitarbeiter beschäftigt.

Auskünfte über das Procedere und darüber, welche Berufsgenossenschaft oder Unfallkasse zuständig ist, erteilen gern die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung oder die DGUV.

Ein neues Unternehmen anmelden: Wie geht das? Informationen unter: www.dguv.de Webcode: d2136 oder DGUV-Infoline: 01805 188088 (14 Cent/Minute aus dem deutschen Festnetz, ggf. abweichende Gebühren aus Mobilfunknetzen)

Berufsgenossenschaften und Unfallkassen -

die Säulen der gesetzlichen Unfallversicherung

Die gesetzliche Unfallversicherung wird im Alltag von den Berufsgenossenschaften für die gewerbliche Wirtschaft und die Landwirtschaft und den Unfallkassen für öffentliche Einrichtungen mit Leben gefüllt: Sie kümmern sich umfassend um die Menschen, die

  • einen Arbeitsunfall

  • einen Wegeunfall

  • einen Schul-, Hochschul- oder Kitaunfall

  • eine Berufskrankheit

erleiden. Der Versicherungsschutz erfasst unter anderem alle abhängig Beschäftigten, Schüler, Studierende und Kinder in Kindergärten sowie Haushaltshilfen und ehrenamtlich Tätige. Die Leistungen beginnen direkt bei der medizinischen Erstbehandlung, erstrecken sich, wenn nötig, über eine Rehabilitation und gegebenenfalls über eine Entschädigung durch Renten. Ebenso stehen Mittel für die soziale und berufliche Wiedereingliederung zur Verfügung. Grundsätzlich gilt in der gesetzlichen Unfallversicherung der Leitsatz "Rehabilitation vor Rente" - das heißt mit einer Rehabilitation nach modernsten Gesichtspunkten soll dem Betroffenen die Rückkehr in den Beruf und ein möglichst selbstständiges und selbst bestimmtes Leben ermöglicht werden.

Die gewerblichen Berufsgenossenschaften sind nach Branchen gegliedert. Sie sind für alle rund drei Millionen Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft zuständig. Die Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand arbeiten meist in einem einzelnen Bundesland. Länderübergreifend organisiert sind die Feuerwehr-Unfallkassen, bundesweit tätig sind die Eisenbahn-Unfallkasse, die Unfallkasse Post und Telekom und die Unfallkasse des Bundes. In den Bereich der öffentlichen Unfallversicherungsträger fallen rund 28 Millionen Menschen, darunter auch alle Kinder in Tageseinrichtungen und Schulen sowie Studierende.

Die Berufsgenossenschaften und Unfallkassen sind Mitglieder des Spitzenverbandes "Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung" (DGUV), der ihre Interessen vertritt, so zum Beispiel auf politischer Ebene. Daneben unterstützt er seine Mitglieder in allen übergreifenden Fragen, entwickelt gemeinsame Maßnahmen der Prävention, fördert die Weiterentwicklung der Rehabilitation und kümmert sich um neue Methoden und Ansätze in der Aus- und Fortbildung. Und nicht zuletzt unterhält der Spitzenverband eigene Forschungsinstitute, die sich auf die komplexen Ursachen-Wirkungszusammenhänge beruflicher Einwirkungen und gesundheitlicher Risiken spezialisiert haben. Über eine Forschungsförderung werden zusätzlich geeignete Projekte Dritter gefördert und finanziert.

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Info:

Hintergrund

Seit dem 1. Juni 2007 werden die gewerblichen Berufsgenossenschaften und die Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand von einem gemeinsamen Spitzenverband vertreten. Der neu geschaffene Verband "Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung" (DGUV) mit Sitz in Berlin ist aus der Fusion des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften (HVBG) und des Bundesverbandes der Unfallkassen (BUK) entstanden. Neben Berlin befinden sich Geschäftsstellen der DGUV in Sankt Augustin und München. Institute und Akademien unterhält die DGUV darüber hinaus an den Standorten Bad Hersfeld, Bochum, Dresden, Hennef und Sankt Augustin. Internet: www.dguv.de

Vorbeugen ist besser

In der gewerblichen Wirtschaft und im öffentlichen Dienst ereignen sich jährlich fast eine Million meldepflichtige Arbeitsunfälle und etwa 1,3 Millionen meldepflichtige Schulunfälle. Und das, obwohl das Risiko, bei der Arbeit oder in der Schule durch einen Unfall verletzt zu werden, in den letzten zwanzig Jahren um mehr als die Hälfte zurückgegangen ist.

Was nicht vergessen werden darf: Hinter den Zahlen verbergen sich viele menschliche Schicksale. Ziel Nummer eins ist es daher, Unfälle und Erkrankungen noch weiter einzudämmen - unabhängig von der zweifelsohne erfolgreichen Bilanz. Und deshalb ist es wichtig und richtig, dass sich die gesetzliche Unfallversicherung intensiv um eine effektive Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren kümmert.

Die Prävention ist als eine der Aufgaben von Berufsgenossenschaften und Unfallkassen auch gesetzlich festgelegt. Gemeinsam mit den Akteuren vor Ort - zum Beispiel Sicherheitsfachkräfte, Sicherheitsbeauftragte und Betriebsärzte - wird daran gearbeitet, Chefs und Mitarbeiter, Erzieher, Lehrkräfte und Kinder für die täglichen Gefahren zu sensibilisieren und zu einem achtsamen Verhalten zu bewegen. Die Verantwortung für die Durchführung der Präventionsmaßnahmen im Betrieb trägt der Unternehmer, doch Unterstützung erhält er von den Spezialisten "seiner" Berufsgenossenschaft oder Unfallkasse, die beraten, prüfen und informieren. Zusätzlich entwickeln hoch spezialisierte Experten in den Forschungsinstituten der gesetzlichen Unfallversicherung ständig verbesserte Produkte und Verfahren - oft in Kooperation mit den Herstellern - um auch auf diesem Wege zu mehr Schutz und Sicherheit für die Versicherten zu gelangen (siehe auch Kapitel V).

Reinhard Gurke, Brandmeister, Feuerwehr Fürstenwalde:

"In der Ausbildung spielt der Aspekt Sicherheit eine immer größere Rolle. Ich finde das gut - wir wollen ja auch immer sicher vom Einsatz nach Hause kommen."

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Aus der Praxis in die Praxis

Dem Präventionsgedanken geschuldet ist auch die Organisationsform der gesetzlichen Unfallversicherung: Berufsgenossenschaften und Unfallkassen sind Körperschaften öffentlichen Rechts. Sie erfüllen die ihnen gesetzlich übertragenen Aufgaben in paritätischer, das heißt mit gleichmäßig verteilten Rechten ausgestatteter Selbstverwaltung durch die Arbeitgeber und die Versicherten (Arbeitnehmer). Hierdurch werden die Interessen von Arbeitgeber- und Versichertenseite gleichermaßen gewährleistet. Die Rechtsaufsicht hat der Staat. Alle sechs Jahre finden Sozialwahlen statt, bei denen Arbeitgeber und Versicherte ihre Mitglieder für die Vertreterversammlung der jeweiligen Unfallversicherungsträger wählen.

Die Vertreterversammlung beschließt die Satzung sowie sonstiges autonomes Recht. Sie bestimmt den Vorstand. Beide Organe sind paritätisch - also je zur Hälfte - mit Vertretern der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer besetzt. Das bedeutet: In allen wichtigen Fragen müssen sich die Sozialpartner einigen. An der Spitze der Verwaltung jedes Unfallversicherungsträgers steht der Geschäftsführer. Er gehört dem Vorstand beratend an und führt die laufenden Verwaltungsgeschäfte.

Die Mitglieder der Selbstverwaltung entscheiden sowohl über den Haushalt, den Gefahrtarif und den Stellenplan der Verwaltungen. Das garantiert ein Höchstmaß an Kosten- und Aufwandstransparenz in der gesetzlichen Unfallversicherung. Auch bei den Entschädigungsleistungen, zum Beispiel Renten, sitzen Arbeitgeber und Arbeitnehmer in den Entscheidungsgremien.

Die bisherigen Erfolge der gesetzlichen Unfallversicherung - vor allem in der Prävention - werden auf die besondere Praxisnähe der Arbeit zurückgeführt. Die Berufsgenossenschaften und Unfallkassen sind eben keine anonymen Verwaltungsapparate, sondern werden von engagierten Selbstverwaltungen aus Arbeitgeber- und Versichertenvertretern getragen. Beide Seiten bringen ihre praktischen und branchenspezifischen Erfahrungen mit ein - zum Vorteil aller Beteiligten.

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