BGI/GUV-I 506 - In guten Händen. Ihre gesetzliche Unfallversicherung Aufgaben, Leistungen und Organisation

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Abschnitt 4 BGI/GUV-I 506 - IV. Solidarische Gemeinschaft - wer uns trägt.
Finanzierung, Beitragssystem

Der Grundgedanke, dass der Arbeitgeber für seine Mitarbeiter die Verantwortung trägt, hat eine lange Tradition. Und ist nach wie vor aktuell. So entstehen sozialer Frieden und Stabilität im Arbeitsleben. Auf diesem Gedanken beruht auch die vor mehr als einem Jahrhundert eingeführte gesetzliche Unfallversicherung: Sie stellt eine Haftpflichtversicherung für den Unternehmer gegen die Risiken von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten seiner Mitarbeiter dar, indem sie Schadensersatzansprüche und damit Klagen ausschließt.

Konkret heißt das: Die gesetzliche Unfallversicherung löst die Haftung ab und entschädigt Arbeitnehmer im Falle eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit. Dafür entrichtet der Arbeitgeber Beiträge - sein finanzieller Aufwand bleibt also kalkulierbar, Klagen mit unabsehbarem Ausgang werden vermieden.

Umlage der Kosten

Diesem Prinzip entsprechend ist das Finanzierungssystem der gesetzlichen Unfallversicherung ausgestaltet. Die Mittel für Prävention, Rehabilitation und Entschädigung werden in vollem Umfang von den Arbeitgebern aufgebracht. Die Höhe der zu entrichtenden Beiträge entspricht genau den Ausgaben, die im Jahr zuvor benötigt werden (Umlageverfahren). Die Beitragsberechnung erfolgt aus diesem Grund rückwirkend für das abgelaufene Kalenderjahr. Die gesetzliche Unfallversicherung erwirtschaftet keine Gewinne. Umgelegt werden nur die tatsächlichen Kosten.

Soweit die Unfallkasse des Bundes und die Unfallversicherungsträger im Landes- und kommunalen Bereich zuständig sind, werden die Kosten der Unfallversicherung von den jeweiligen Gebietskörperschaften für ihren Bereich im Wesentlichen aus Steuermitteln getragen. Die Beiträge für Versicherte in privaten Haushalten sind von den Haushaltsführenden zu entrichten.

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Im Vergleich zu anderen Sozialversicherungen schlagen die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung nur sehr gering zu Buche. Im langjährigen Durchschnitt liegen die Beiträge für die Unternehmer bei etwa 1,3 Prozent.

Beitragssystem

Wie bei den anderen Sozialversicherungen ist die Beitragshöhe auch bei der gesetzlichen Unfallversicherung von der Höhe der Lohnsumme der Versicherten (Löhne und Gehälter) und den Ausgaben des jeweiligen Unfallversicherungsträgers abhängig. Zusätzlich spielt das Unfallrisiko im jeweiligen Gewerbe eine Rolle - ausgedrückt durch die Gefahrklasse. Der Beitragsfuß wird abhängig vom jeweiligen Finanzbedarf eines Jahres berechnet und ist für alle versicherten Unternehmer gleich, muss aber jedes Jahr neu festgelegt werden.

Der individuelle Beitrag wird nach der folgenden Formel berechnet:

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Ein Beispiel:

Wie errechnet sich nun der konkrete Beitrag zur gesetzlichen Unfallversicherung? Beispiel: Ein Bauunternehmen hat zwei Betriebsteile, eine Malerkolonne mit einer Lohnsumme von 200.000 Euro und einen Hochbaubetrieb mit 300.000 Euro. Der Verwaltungsteil kostet 100.000 Euro Lohnsumme. Bei einem durchschnittlichen Basisbeitrag ("Beitragsfuß") von 3,80 Euro je tausend Euro Lohnsumme errechnet sich der Beitrag für die Malerkolonne wie folgt:

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Der Hochbaubetrieb schlägt mit

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zu Buche. Der Verwaltungsteil ist auf Grund der niedrigeren Lohnsumme und der niedrigeren Gefahrklasse der preiswerteste, er kostet:

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Der gesamte Beitrag des Unternehmens läge also bei 13.110 Euro. Weil der Beitrag des ganzen Unternehmens wie beschrieben berechnet wird, ist es wichtig, die genaue Lohnsumme in den einzelnen Betriebsteilen exakt anzugeben.

Die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung können Unternehmen je nach individueller Unfallsituation mit Beitragszuschlägen, Beitragsnachlässen oder auch gestaffelten Prämien motivieren. Damit können sich Investitionen in Prävention in barer Münze auszahlen.

Exkurs:

Stichwort Überaltlastausgleich im Bereich der Berufsgenossenschaften

Ziel des Überaltlastenausgleich ist es, die Folgen des Strukturwandels für die Beitragsbelastung in den Branchen-Berufsgenossenschaften zu mindern. Hintergrund: Die Umlage zur Erhebung der Beiträge zu den Berufsgenossenschaften umfasst sowohl Aufwendungen für neu hinzugekommene Verpflichtungen aus Berufskrankheiten, Arbeits- und Wegeunfällen als auch für Renten aus früheren Jahren und Jahrzehnten (so genannte Altlasten).

Der so genannte Überaltlastausgleich ist dazu gedacht, die Lasten zwischen den Branchen zu verteilen: Jede Berufsgenossenschaft trägt danach zunächst ihre Rentenlasten in dem Umfang, den sie zu tragen hätte, wenn die aktuellen Strukturen schon immer so gewesen wären wie im aktuellen Geschäftsjahr. Die gegebenenfalls über diesem Betrag liegenden Rentenlasten, die so genannte Überaltlast, werden unter allen Trägern solidarisch aufgeteilt.

Ein weiterer Aspekt spielt eine Rolle: Bei Berufskrankheiten ist der Umstand zu berücksichtigen, das zwischen schädigender Einwirkung und Erkrankung häufig Jahre, mitunter Jahrzehnte vergehen (beim asbestbedingten Krebs beispielsweise im Schnitt 30 Jahre). Auch dieser Zeitdifferenz trägt der Überaltlastausgleich Rechnung. Daher werden die neuen Berufskrankheitenfälle entsprechend der Größe der Berufsgenossenschaft vor 25 Jahren gewichtet (dieser Wert entspricht der durchschnittlichen Latenzzeit). Aus dem Verhältnis der damaligen zur heutigen Größe der Berufsgenossenschaft ergibt sich der Anteil der Berufskrankheitenfälle, die die Berufsgenossenschaft heute tragen muss.

Ein Beispiel: War die Berufsgenossenschaft vor 25 Jahren doppelt so groß wie heute, so folgt daraus, dass sie bei ihrer heutigen Größe nur die Hälfte ihrer neuen Berufskrankheitenfälle selbst tragen muss. Die darüber liegenden Kosten trägt dagegen wieder die Solidargemeinschaft aller Berufsgenossenschaften. Belastet werden damit auch jene Berufsgenossenschaften, die im Gegenzug gewachsen und für den Großteil der in der Zukunft liegenden Fälle verantwortlich sind.

Der Überaltlastausgleich ist somit ein Weg, sowohl den Solidargedanken als auch die Prävention zu stärken.