DGUV Information 209-064 - Sichere Reifenmontage

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Abschnitt 2.2 - Montage von Großreifen (Lkw, Landmaschinen, Erdbewegungsmaschinen usw.)

Bedingt durch die Größe, das Gewicht, die Konstruktion der Felgen, zum Teil hohe Drücke bis 10 bar, lange Einsatzdauer (insbesondere im landwirtschaftlichen Bereich), erschwerte Einsatzbedingungen (z.B. in Steinbrüchen) usw., ist das Gefährdungspotenzial bei der Montage dieser Räder und Reifen wesentlich höher als bei Pkw-Rädern.

Entsprechend werden auch an die Montage/Demontage besondere Anforderungen gestellt. Über die im Abschnitt 2.1 beschriebenen Montagevorgänge hinaus ist dabei Folgendes besonders zu beachten:

2.2.1
Umgang

Bei Rädern oder Reifen, deren Durchmesser 1,5 m oder deren Gewicht 200 kg übersteigt, dürfen Montage, Demontage und Transport nur von mindestens zwei Personen durchgeführt werden (Bild 2-4). Das freie Rollen dieser Räder bzw. Reifen ist nicht erlaubt. Grundsätzlich müssen Einrichtungen verwendet werden die sicherstellen, dass das Rad bzw. der Reifen gegen Umfallen gesichert ist. Solche Einrichtungen sind z.B. spezielle Transportgeräte (Bild 2-5) oder Flurförderzeuge mit geeigneten Lastaufnahmemitteln (siehe hierzu auch Abschnitte 4.13.1 und 5.17.1 der BG-Regel "Fahrzeug-Instandhaltung" [BGR 157]).

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Bild 2-4: Positionieren eines Schlepperrades - Aufnahme durch die Reifenmontiermaschine

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Bild 2-5: Transporteinrichtung für Großräder mit integrierter Raddrehrichtung

2.2.2
Abnahmen des Rades vom Fahrzeug

Dabei beachten:

  • Fahrzeug gegen Wegrollen sichern;

  • Hebeeinrichtung, z.B. Wagenheber, an den vom Fahrzeughersteller vorgegebenen Punkten ansetzen und Rad freiheben;

  • eventuell vorhandene Radkappen mit Werkzeug lösen, dabei Handschuhe tragen (Radkappen haben häufig einen scharfen Grat);

  • Lage des Scheibenrades zur Nabe/Bremstrommel kennzeichnen;

  • Luft ablassen, bei Zwillingsbereifung von beiden Reifen;

  • Scheibenrad durch kreuzweises Lösen der Radmuttern abnehmen, bei Verwendung von Druckluftschraubern lärmarme Schrauber verwenden;

  • Achtung: Bei Montagen unter dem Fahrzeug: Fahrzeug auf Unterstellböcke absetzen;

  • beim Abnehmen des Rades ergonomisch günstige Körperhaltung beachten (siehe Abschnitt 4).

2.2.3
Transport des Rades zur Reifenmontiermaschine

Dabei beachten:

  • durch Bodenunebenheiten, Richtungswechsel usw. besteht die Gefahr, dass das Rad umfallen und Personen quetschen kann. Deshalb sollen alle Räder ausschließlich mit Transportmitteln bewegt werden (siehe Abschnitt 2.2.1 und Beispiel im Bild 2-5).

2.2.4
Arbeiten mit der Montiermaschine

Dabei beachten:

  • Betriebsanleitung des Herstellers der Maschine kennen und beachten;

  • Felge auf der Montiermaschine zentrisch so aufspannen, dass die Montage über die kurze Felgenseite erfolgt;

  • mit der Abdrückschaufel beide Wulste abdrücken; gegebenenfalls muss bei fest sitzenden Wulsten durch Weiterdrehen der Felge an mehreren Stellen abgedrückt werden;

  • bei mehrteiligen Felgen Seiten-, Verschluss- und Schrägschulterring demontieren;

  • alle Auswuchtgewichte entfernen;

  • Wulste und Felgenhorn mit Montagepaste einstreichen;

  • beim Lösen des Reifens über die kurze Felgenseite Verspannungen vermeiden, um den Wulst nicht zu beschädigen (z.B. dadurch, dass dem Reifen zeitlich Gelegenheit gegeben wird, in die vorgesehene Position zu gleiten);

  • Ventil überprüfen und gegebenenfalls ersetzen (Gummiventile sollten grundsätzlich erneuert werden);

  • alle Metallteile (Felgen, Verschlussringe) reinigen und gegebenenfalls entrosten;

  • alle Teile auf Schäden überprüfen, fachgerecht beurteilen und gegebenenfalls Hersteller zu Rate ziehen;

  • Montage des Reifens entsprechend Abschnitt 2.1;

  • bei Verwendung eines neuen Schlauches bzw. Wulstbandes auf richtige Größe achten, gebrauchte Teile gründlich kontrollieren; Schlauch und Wulstband talkumieren und faltenfrei einlegen; Luft einfüllen, bis der Schlauch glatt anliegt.

2.2.5
Reifen mit Luft befüllen

Dabei beachten:

Nach der BG-Regel "Fahrzeug-Instandhaltung" (BGR 157) müssen alle genannten Räder während der Befüllung wegen der zum Teil hohen Drücke, großer Luftvolumen oder mehrteiligen Felgenkonstruktionen sicher befestigt werden. Als sicher gelten grundsätzlich nur formschlüssige Befestigungen. Dies können z.B. sein

  • formschlüssige Einspannung mit der Montiermaschine (Bild 3-4) - nur bei einteiligen Felgen zulässig -,

  • Befestigung des Rades mittels Felgenwächter (Bilder 2-7 und 2-9),

  • Einbringung des Rades in eine geschlossene und gegen zu erwartende Berstdrücke konstruierte Befülleinrichtung (Bild 2-11).

Letztere sollte bevorzugt eingesetzt werden, weil sie den höchsten Schutz gegen wegfliegende Teile gewährleistet. In Verbindung mit einer automatischen Befülleinrichtung bietet sie außerdem den Vorteil, dass sich der Monteur während der Befüllung bereits anderen Aufgaben widmen kann.

Formschlüssige Einspannung auf der Montiermaschine, Verwendung eines Felgenwächters sowie Befüllen mittels Befüllkäfig bieten zwar einen Schutz gegen das gefährliche Fortfliegen des Rades, nicht jedoch gegen die Druckwelle beim Bersten oder gegen fortgeschleuderte Teile des Rades. Ein umfassenderer Schutz ist nur durch Einhaltung eines Sicherheitsabstandes von ca. 2,5 m (Bilder 2-7 und 2-8) zu realisieren. Das bedeutet, dass auch die Schlauchlänge vom Stecknippel bis zur Befülleinrichtung mind. 2,5 m betragen muss.

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Bild 2-6: Befüllung mit zu kurzem Befüllschlauch, dadurch zwangsläufig Aufenthalt im Gefährdungsbereich!

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Bild 2-7: Sicherheitsabstände bei Verwendung eines "Reifenwächters"

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Bild 2-8: Sicherheitsabstand bei Verwendung eines Befüllkäfigs

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Bild 2-9: Anwendung eines Felgenwächters

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Bild 2-10: Automatische Befüllung mit Bedienung außerhalb des Gefährdungsbereiches

Zusammengefasst sollte bei der Befüllung Folgendes beachtet werden:

  • sichere formschlüssige Befestigung des Rades (Bild 3-4) oder Einbringung in einen Befüllkäfig (Bild 2-1 und Bild 2-11);

  • bei Befüllung außerhalb eines Käfigs Sicherheitsabstand von ca. 2,5 m einhalten; dabei wird empfohlen, den Sicherheitsbereich farblich auf dem Boden zu markieren (Bilder 2-7 und 2-8);

  • bei manueller Befüllung langsam füllen und Pausen einlegen, damit sich der Reifen setzen kann;

  • bei mehrteiligen Felgen korrekten Sitz der Ringe kontrollieren und gegebenenfalls mit vorsichtigen Hammerschlägen korrigieren (Bild 2-9).

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Bild 2-11: Großreifenbefülleinrichtung mit Befüllcomputer

Die Kennlinien der Wulste müssen einen gleichmäßigen Abstand zu den Felgenhörnern aufweisen.

Maximale Setzdrücke nicht überschreiten. Diese betragen bei

Lkw- und Flurförderzeugreifen10,0 bar
Erdbewegungsmaschinenreifen6,0 bar
Traktorackerschlepper und Gradereifen3,5 bar
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Bild 2-12: Deformierte Befülleinrichtung nach Reifenexplosion

2.2.6
Auswuchten

Dabei beachten:

Vielfach bietet der Markt Auswuchtmaschinen ohne Schutzhaube an. Deren Verwendung ist nur dann zulässig, wenn

  • die Drehzahl unter 100 min-1 liegt und der Felgendurchmesser weniger als 20 Zoll beträgt sowie

  • eine Gefährdung durch umlaufende Teile der Spanneinrichtung vermieden ist, z.B. durch Verkleidung oder glatt rund laufende Gestaltung (Bild 2-3).

2.2.7
Rad am Fahrzeug befestigen

Dabei beachten:

Auflageflächen der Bremstrommel und Felge müssen gründlich gereinigt werden, um eine spannungsfreie Radmontage zu gewährleisten. Auch wenn sichergestellt ist, dass die Bremsstäube asbestfrei sind, ist bis heute die Wirkung der Inhaltsstoffe dieser Stäube bezüglich ihres gesundheitsgefährdenden Potenzials weitgehend unbekannt.

Deshalb sollte vorzugsweise eine Staub bindende Nassreinigung durchgeführt werden. Wird mit Stahlbürste und Pinsel gearbeitet, sind Staubsauger, wenn Asbestfreiheit nicht sichergestellt ist, nur baumustergeprüfte Entstauber der Kategorie K1 zu verwenden.

  • Übrige Vorgehensweise entsprechend Abschnitt 2.1.8.